Titel: | Ueber Versuche mit Dynamitkanonen. |
Fundstelle: | Band 254, Jahrgang 1884, S. 248 |
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Ueber Versuche mit Dynamitkanonen.
Mit Abbildungen auf Tafel
18.
Ueber Versuche mit Dynamitkanonen.
Mit der kürzlich (1884 253 73) beschriebenen Dynamitkanone
sind im Fort Lafayette nach dem Army and Navy Journal
neuere Proben mit sehr befriedigendem Ergebnisse angestellt worden. Der erste Schuſs
wurde mit einem blinden Geschosse von 19k Gewicht
gemacht und traf 0m,61 vom Zielpunkte entfernt die
Scheibe. Beim 2. Schusse wurde das Geschoſs mit 7k,6, beim 3. mit 7k,7, beim 4. und 5. mit
6k,8 75procentigem Dynamit geladen. Bei allen
diesen Schüssen war die Abweichung vom Ziele geringer als 914mm; die Geschosse warfen bei ihrer Explosion
groſse Trichter aus, wobei Erde und Steine über 30m in die Höhe geschleudert wurden. Der letzte Schuſs erfolgte mit einem
Geschosse von 10k unter 22° Höhenwinkel und bei
36at Luftdruck gegen die See; die erreichte
Flugweite betrug 2000m. Nach dem Vorschlage des
Lieutenant Zalinski sollen diese Dynamitkanonen auf
eigenen schnellfahrenden Booten an der Längenseite derselben, Steuer- und Backbord
je eine, so angebracht werden, daſs, wenn geladen, das Hinterstück durch Senken
unter den Wasserspiegel gegen feindliche Geschosse geschützt werden kann.
Eine andere Art Werfens von Dynamitgeschossen ist von
F. H. Snyder im Scientific
American, 1884 Bd. 50 S. 295 angegeben und in Fig. 14 bis 16 Taf. 18
abgebildet. Snyder verwendet eine gewöhnliche
12pfündige Rodmann-Kanone mit Pulverladung und, an Stelle der Kugel, mit einem
Dynamitgeschosse. Bisher war eine solche Verwendung unthunlich, weil die Explosion
des Pulvers sofort auf das Dynamit übertragen wurde. Es läſst sich in der Weise
helfen, daſs Buffervorrichtungen eingeschaltet werden. Fig. 16 Taf. 18 zeigt das
geladene Rohr für ein Seegeschoſs. B ist die
Dynamitladung, A ein hölzerner Stiel mit den Rippen C, welche beim Auftreffen auf das Wasser zur Führung
dienen. Der eine Buffer (Fig. 14) besteht aus drei
Platten W und S aus Holz
oder Papiermasse, mit umgebogenen Lederscheiben L;
zwischen der Platte W und dem Pfropfen X befindet sich eine convexe Kupferscheibe F. Die ganze Vorrichtung ist um den Bolzen J drehbar befestigt und liegt zwischen Pulverladung und
Holzstiel- die Lederscheiben dienen als Gasdichtung, die Kupferscheibe als Buffer.
Der zweite Buffer (Fig. 15) ist in einer rückwärtigen Fortsetzung G der Dynamitkammer angebracht, welche den Stiel übergreift. Er ist ein
mit vielen Kanälen E versehener Kautschukcylinder D mit einer fest schlieſsenden Kappe K und wirkt sowohl durch den Kautschuk, wie durch in
den Höhlungen eingeschlossene Luft. Bei Landgeschossen entfällt die Nothwendigkeit
der Führung und damit der lange Holzstiel, so daſs nur ein kurzes Holzstück zur
Uebertragung eingeschaltet ist; ein 8zölliges Seegeschoſs hat sonach 2m,74 Länge, das Landgeschoſs aber nur 0m,91. Bei den Versuchen wurde aus einer
12pfündigen Rodmann-Kanone (11cm,78) mit rasch
verbrennendem FF-Jagdpulver ein Geschoſs mit 2k,27
Dynamitladung auf 1200m geworfen; die Seegeschosse
tanzten noch auf groſse Entfernung auf dem Wasser fort, ohne zu sinken. In Folge des
geringen Geschoſsgewichtes ist der Rücklauf der Geschütze geringer.
Die Regierung der Vereinigten Staaten Nordamerikas sieht sich nach den Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und
Geniewesens, 1884 S. 189 durch die bisherigen Ergebnisse veranlaſst,
ausgedehnte amtliche Versuche in Sandy Hook anzustellen.