Titel: | Bestimmung der freien Säuren in Gerbebrühen; von B. Kohnstein, techn. Chemiker und F. Simand, k. k. Adjunct. |
Autor: | B. Kohnstein , Ferdinand Simand |
Fundstelle: | Band 256, Jahrgang 1885, S. 84 |
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Bestimmung der freien Säuren in Gerbebrühen; von
B. Kohnstein, techn.
Chemiker und F. Simand, k. k.
Adjunct.
(Schluſs der Abhandlung von S. 38 d. Bd.)
Bestimmung der freien Säuren in Gerbebrühen.
Im Nachstehenden lassen wir die Beleganalysen folgen.
I) Mit Wasserdämpfen flüchtige
organische Säuren („fette Säuren“).
a) Beiläufig 80cc der verdünnten
Säuren wurden mit Magnesiumoxyd versetzt, tüchtig bis zum Verschwinden der sauren
Reaction geschüttelt, filtrirt, in 20 bis 25cc die
Magnesia gefällt (10cc Ammon und 10 bis 15cc einer 10procentigen Natriumphosphatlösung) und
auf die entsprechende Säure gerechnet:
Versuch
Säure
100cc enthalten g
Unterschied
berechnet
gefunden
123
Ameisensäure
0,3840,3160,189
0,3900,3210,197
+ 0,006+ 0,005+ 0,008
456
Essigsäure
0,4340,3620,217
0,4280,3640,168
– 0,006+ 0,002– 0,049
789
Propionsäure
0,5540,3300,490
0,5520,2900,185
– 0,002– 0,040– 0,005
101112
Buttersäure
0,5350,4900,392
0,5260,4860,387
– 0,009– 0,004– 0,005
b) 100cc der verdünnten Säuren,
welche neben 0,4 Proc. Gerbstoff 0,3 Proc. Schwefelsäure enthielten, wurden unter
öfterem Nachfüllen auf 300cc destillirt und in
einem Theile des Destillates die Säure titrimetrisch bestimmt:
Versuch
Säure
100cc enthalten g
Unterschied
berechnet
gefunden
13
Ameisensäure
0,384
0,390
– 0,077
14
Essigsäure
0,271
0,257
– 0,014
1516
Propionsäure
05610,370
0,5720,389
+ 0,011+ 0,019
17
Buttersäure
0,491
0,514
+ 0,023
c) Bei diesen Versuchen waren neben den entsprechenden Säuren
immer auch 0,35 bis 0,6 Proc. Gerbstoff (Eiche, Fichte und Valonea) vorhanden; 80cc wurden mit 3g
frisch geglühter Magnesia versetzt, unter öfterem Schütteln einige Stunden stehen
gelassen, dann wie bei (a) verfahren:
Versuch
Säure
100cc enthalten g
Unterschied
berechnet
gefunden
18
Ameisensäure
0,437
0,439
+ 0,002
192021222324
Essigsäure
1,7101,7101,1501,1501,5751,428
1,6801,7111,1571,1211,5561,412
– 0,030+ 0,001+ 0,007–
0,031– 0,019– 0,016
25
Propionsäure
0,277
0,268
– 0,009
2627
Buttersäure
0,6300,268
0,5870,251
– 0,043– 0,017
II) Nichtflüchtige organische
Säuren: Milchsäure.
a) Diese Versuche wurden so durchgeführt wie oben unter I a:
Versuch
Säure
100cc enthalten g
Unterschied
berechnet
gefunden
282930
Milchsäure
0,4230,3410,276
0,4180,3530,276
– 0,005+ 0,012– 0,015
b) Diese Versuchsreihe wurde unter denselben Umständen wie I c
durchgeführt:
Versuch
Säure
100cc enthalten g
Unterschied
berechnet
gefunden
31323334353637
Milchsäure
1,0811,0810,7140,6850,6850,4740,474
1,1041,0380,7120,6800,6620,4360,429
+ 0,023– 0,043– 0,002–
0,005– 0,023– 0,038– 0,045
III) Mineralsäuren:
Schwefelsäure.
a) Folgende Versuche wurden ähnlich wie unter I a und II a
ausgeführt:
Versuch
Säure
100cc enthalten g
Unterschied
berechnet
gefunden
383940
Schwefelsäure
0,3010,2510,209
0,2610,2460,201
– 0,040– 0,005– 0,008
b) Gemäſs den Untersuchungen I c und II b wurden auch hier die
Versuche bei Gegenwart von Gerbstoff vollführt:
Versuch
Säure
100cc enthalten g
Unterschied
berechnet
gefunden
414243444546
Schwefelsäure
1,8701,8701,9351,9351,5401,540
1,8321,8601,9041,9131,5421,498
– 0,038– 0,010– 0,031–
0,022+ 0,002– 0,042
IV) Säuregemische.
1) Essigsäure, Schwefelsäure und Brühe.
a) Etwa 80cc des Gemisches mit
0,4 Proc. Gerbstoff wurden mit 3g Magnesiumoxyd
versetzt, einige Stunden unter tüchtigem Schütteln stehen gelassen, filtrirt und in
einem Theile des Filtrates die Magnesia (als Mg2P2O7) bestimmt und
auf Essigsäure gerechnet.
Gesammtsäure auf Essigsäure gerechnet : 0,593 Proc.
b) Weitere 100cc der saueren
Brühe wurden unter öfterem Nachfüllen von destillirtem Wasser auf 300cc destillirt und die Essigsäure titrimetrisch
bestimmt. Die Schwefelsäure wurde durch Differenz gefunden.
Ver-such
Säure
100cc enthalten g
Unter-schied
Bemerkung
berech-net
gefun-den
47
Essigsäure
0,114
0,108
– 0,006
Durch Destillation bestimmt,
Schwefel-säure
0,419
0,396
– 0,023
Durch Differenz aus der Ge- sammtsäure und
gefundenen Essigsäure ermittelt.
2) Propionsäure, Schwefelsäure und Brühe.
a) Beiläufig 80cc wurden mit
3g Magnesiumoxyd versetzt und wie bei 1 die
Gesammtsäuremenge ermittelt.
Gesammtsäure auf Propionsäure gerechnet: 0,908 Proc.
b) Eine zweite Probe des Filtrates wurde eingedampft und bis zur
Veraschung der propionsauren Magnesia geglüht, mit Kohlensäure haltigem Wasser
befeuchtet und zur Trockene gebracht, der Rückstand mit heiſsem Wasser aufgenommen,
das Magnesiumcarbonat abfiltrirt, ausgewaschen, in Salzsäure gelöst, als Mg2P2O7 bestimmt und auf Propionsäure gerechnet.
c) In dem Filtrate vom Magnesiumcarbonate wurde durch Bestimmung
der an Schwefelsäure gebundenen Magnesia die Schwefelsäure (als H2SO4) ermittelt.
d) Auf indirekte Weise kann man die Menge der Schwefelsäure auch
aus der Differenz der Gesammtsäure und der gefundenen Propionsäure bestimmen,
Ver-such
Säure
100cc enthalten g
Unter-schied
Bemerkung
berech-net
gefun-den
48
Propionsäure
0,561
0,542
– 0,019
Aus der durch Glühen entsanden- denen MgCO3 gefunden
Schwefel-säure
0,251
0,216
– 0,035
Im Filtrate von MgCO3
direkt bestimmt (Mg2P2O7)
0,251
0,242
– 0,009
Indirekt durch Differenz aus Gesammtsäure und
gefunde- ner Propionsäure ermittelt.
3) Buttersäure, Schwefelsäure und Brühe.
Ver-such
Säure
100cc enthalten g
Unter-schied
Bemerkung
berech-net
gefun-den
49
Buttersäure
0,654
0,640
– 0,014
Durch Destillation gefunden.
Schwefel-säure
0,335
0,332
– 0,003
Im Filtrate von MgCO3
direkt bestimmt
0,335
0,282
– 0,053
Durch Differenz aus Gesammt- säure und
gefundener Butter- säure erhalten.
Die Gesammtsäure, auf Buttersäure berechnet, betrug 1,146 Proc.
(nach 1 a gefunden). Aus dem Magnesiumcarbonate wurde ebenfalls die Buttersäure zu
0,646 Proc. gefunden, gibt gegenüber der genommenen Menge derselben von 0,654 Proc.
einen Unterschied von 0,008 Proc.
4) Essigsäure, Propionsäure, Schwefelsäure und Brühe.
Ver-such
Säure
100cc enthalten g
Unter-schied
Bemerkung
berech-net
gefun-den
50
Flüchtige org.Säuren,
aufEssigsäuregerechnet
0,496
0,468
– 0,028
Durch Destillation ermittelt.
Schwefel-säure
0,252
0,281
+ 0,031
Durch Differenz aus Gesammt- säure und
gefundener Essig- säure bestimmt.
Die Gesammtsäure, auf Essigsäure berechnet, wurde zu 0,812 Proc.
ermittelt. Essigsäure war enthalten 0,271 Proc. Propionsäure 0,277 Proc. (beide
berechnet); dies entspricht auf Essigsäure bezogen 0,496 Proc.
5) Essigsäure, Buttersäure, Schwefelsäure und Brühe.
Ver-such
Säure
100cc enthalten g
Unter-schied
Bemerkung
berech-net
gefun-den
51
Flüchtige org.Säuren,
aufEssigsäurebezogen
0,606
0,591
– 0,015
Durch Destillation bestimmt.
0,606
0,649
+ 0 043
Aus der durch Glühen ent- standenen MgCO3 gefunden.
Schwefel-säure
0,252
0,267
+ 0,015
Im Filtrate von MgCO3
direkt bestimmt (Mg2P2O7).
Essigsäure war enthalten 0,271 Proc. Buttersäure 0,491 Proc.
(beide berechnet)–, entspricht auf Essigsäure bezogen 0,606 Proc.
6) Essigsäure, Milchsäure, Schwefelsäure und Brühe.
Ver-such
Säure
100cc enthalten g
Unter-schied
Bemerkung
berech-net
gefun-den
52
Essigsäure
0,338
0,316
– 0,022
Durch Destillation bestimmt
Milchsäure
0,171
0,220
+ 0,049
Aus der MgCO3 nach
Abzug der schon bestimmten Essig- säure gefunden.
Schwefel-säure
0,252
0,201
– 0,051
Direkt aus dem Filtrate von MgCO3 gefunden (Mg2P2O7).
0,252
0,206
– 0,045
Durch Differenz aus Gesammt- säure und
gefundenen orga- nischen Säuren ermittelt
Die Gesammtsäure, auf Essigsäure bezogen, ergab 0,715 Proc.
Durch Eindampfen und Glühen ergab sich für die organischen Säuren
0,463 Proc. Essigsäure.
Von der Gesammtmenge diese organischen Säuren abgezogen, bleiben
0,252 Proc. Essigsäure, welche 0,206 Proc. Schwefelsäure entsprechen.
Vermindert man die Menge der organischen Säuren um die durch
Destillation gefundene Essigsäure, so erhält man 0,147 Proc. Essigsäure, welche
0,220 Proc. Schwefelsäure äquivalent ist.
7) Essigsäure, Milchsäure, Schwefelsäure und Brühe.
Ver-such
Säure
100cc enthalten g
Unter-schied
Bemerkung
berech-net
gefun-den
53
Essigsäure
0,215
0,201
– 0,014
Durch Destillation gefunden.
Milchsäure
0,232
0,233
+ 0,001
Aus der MgCO3 nach
Abzug der schon bestimmten Essig- säure erhalten.
Schwefel-säure
0,352
0,344
– 0,008
Direkt aus dem Filtrate von MgCO3 gefunden (Mg2P2O7).
Die Summe der gesammten organischen Säuren, auf Essigsäure
gerechnet, ist gleich 0,356 Proc.
In den Gerbebrühen sind immer auch geringe Mengen phosphorsaurer
Salze gelöst enthalten. Wie aus folgendem Versuche zu ersehen, ist die Menge jedoch
viel zu klein, um wesentlichen Einfluſs auf die Endzahlen zu nehmen. Ein Gemenge von
Essigsäure, Milchsäure, Schwefelsäure und Brühe wurde
Ver-such
Säure
100cc enthalten g
Unter-schied
Bemerkung
berech-net
gefun-den
54
Essigsäure
0,209
0,199
– 0,010
Durch Destillation gefunden.
Milchsäure
0,179
0,185
+ 0,006
Aus der MgCO3 nach
Abzug der schon bestimmten Essig- säure bestimmt.
Schwefel-säure
0,264
0,216
– 0,048
Direkt aus dem Filtrate von MgCO3 gefunden (Mg2P2O7).
Gesammts.,auf Essigs.gerechnet
0,651
0,639
– 0,012
mit so viel einer 10procentigen Natriumphosphatlösung
versetzt, daſs in 100cc etwa 0g,1 letzteren Salzes enthalten war, viel mehr als
unter normalen Verhältnissen in Gerbebrühen vorkommt. Hernach wurden mit
Magnesiumoxyd die einzelnen Säuren auf vorher beschriebene Weise bestimmt.
Die geringen Mengen Kalk und Magnesia, welche in den jedesmal zu
den Versuchen frisch hergestellten Brühen enthalten waren und von letzterer nur
0,005 bis 0g,009 Mg2P2O7 in
100cc betrugen, wurden vernachlässigt.
Enthält eine Brühe neben wenig Säure viel Gerbstoff, so muſs auch
mehr Magnesiumoxyd verwendet werden, um letzteren niederzuschlagen. In solchen
Fällen saugen wir den Magnesiumniederschlag auf einer Arzberger-Zulkowsky'schen Wasserluftpumpe ab und erhalten dann genügend
Flüssigkeit zu den Analysen.
Das zur Bestimmung verwendete Magnesiumoxyd muſs von Kohlensäure
frei sein, da sonst durch die Kohlensäure ein Theil der gerbsauren Magnesia in
Lösung geht und die Endzahlen zu hoch gefunden werden; ebenso darf es kein
Calciumoxyd enthalten, indem dasselbe dann an Stelle von Magnesiumsalzen Kalksalze
bilden und das Ergebniſs, da der Kalk vor dem Fällen der Magnesia entfernt wird,
sich zu niedrig stellen würde. (4k krystallisirtes
MgSO47H2O wurden
in Wasser gelöst, mit 100g käuflicher gelöster
Oxalsäure versetzt, mit Ammoniak übersättigt, mit Essigsäure angesäuert und 48
Stunden stehen gelassen; es fällt aller Kalk mit etwas Magnesia. Aus dem Filtrate
wurde dann die Magnesia mit Natriumcarbonat niedergeschlagen, mittels
Filtrirröhrchen nach Zulkowsky [vgl. 1877 225 * 162] unter Zuhilfenahme der Wasserluftpumpe
vollständig ausgewaschen, getrocknet und für jeden Versuch stark geglüht.)
Beim Bestimmen der Gesammtmenge organischer Säuren neben
Schwefelsäure hat man zu beachten, daſs nur so lange und am gewöhnlichen
Bunsen-Brenner geglüht wird, bis die organischen Säuren zerstört sind, um ein
Zersetzen der schwefelsauern Magnesia in höherer Hitze hintanzuhalten, in welchem
Falle die Schwefelsäure zu niedrig gefunden würde.
Zum Schlusse wollen wir noch die Säurebestimmung in
einem ganzen Oberleder-Farbengange aus einer Fabrik
anführen, die mit Fichtenrinde arbeitet. 100cc
enthalten in Gramm:
Nr. derFarbe
Gesammtsäureauf
Essigsäuregerechnet
Flüchtige organ.Säuren, auf
Essig-säure gerechnet
Nichtflüchtigeorgan. Säuren,auf
Milchsäuregerechnet
Bemerkung
1234567
0,2050,628–0,6880,5690,5090,487
0,0500,2370,3720,4260,4320,4530,456
0,2320,586–0,3930,2060,0840,047
Keine Schwefel-säure enthalten
Bei dieser Tabelle wollen wir aufmerksam machen, daſs die Essigsäuremenge
gleichmäſsig steigt und die Milchsäuremenge von der 2. Farbe an ebenso abnimmt. Wenn
man auch nicht aus einem einzigen Versuche bezieh. einer einzigen Farbenreihe einen
bestimmten Schluſs ziehen kann, so deuten diese Ergebnisse doch vielleicht darauf
hin, daſs aus einem Gemische von Milchsäure und Essigsäure Hautblöſse die erstere
lieber aufnimmt als letztere; ausgeschlossen ist aber auch nicht, daſs sich
Milchsäure in flüchtige fette Säuren umgewandelt hat. Doch dies sei nur nebenbei
erwähnt, da F. Simand eine gröſsere diesbezügliche
Arbeit seit längerer Zeit durchführt.
Die eben beschriebene Methode ist jedoch nicht anwendbar, wenn Phosphorsäure (nach
Ador) Weinsäure (nach Monneins) Oxalsäure zum Schwellen verwendet wurde und diese Säuren daher
hauptsächlich in den Brühen enthalten sind. Wenn dieselben, insbesondere die
ersteren, in der Praxis auch keine weitere Anwendung gefunden, so ist die
Möglichkeit doch nicht ausgeschlossen, daſs an den Gerberei-Fachchemiker die Aufgabe
herantritt, diese Säuren in Gerbebrühen zu bestimmen. Um dies zu ermöglichen, wird
jetzt in der k. k. Versuchsstation eine Methode ausgearbeitet und durchgeprüft,
welche in allen Fällen anwendbar sein soll und sich darauf gründet, die färbenden
organischen Substanzen als Gerbstoff u. dgl. mit von Mineralsalzen vollständig
befreitem Spodium zu entfernen und in dem sehr schwach gefärbten oder farblosen
Filtrate titrimetrisch mittels Natronlauge die Acidität zu bestimmen. Die Arbeit
wird, wenn sie zum Abschlusse gediehen, veröffentlicht werden.
Wien, Laboratorium der k. k.
Versuchsstation für Lederindustrie, Februar 1885.