Titel: | Untersuchungen über Schmieröle; von S. Lamansky. |
Autor: | S. Lamansky |
Fundstelle: | Band 256, Jahrgang 1885, S. 176 |
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Untersuchungen über Schmieröle; von S. Lamansky.
(Fortsetzung der Abhandlung Bd. 248 S.
29.)
Lamansky, Untersuchungen über Schmieröle.
Im Vorliegenden will ich die weiteren Ergebnisse meiner Untersuchungen mittheilen,
welche ich hauptsächlich beim Prüfen der verschiedenen Schmiersubstanzen bei sehr
groſsen Belastungen erhalten habe. Diese Versuche wurden in den Werkstätten der
Warschauer Eisenbahn mit Hilfe des Apparates von Napoli
und Deprez (vgl. 1877 226 *
30) bezieh. von F. Lux (vgl. 1882 243 * 24) angestellt, welch letzterer von der Maschinenfabrik Klein, Schanzlin und Becker in Frankenthal ausgeführt
wird und eine Verbesserung der Thurston'schen
Einrichtung (vgl. 1875 225 * 538. 1880 236 493) erstrebt.
Der Apparat von Napoli und Deprez hat vor allen anderen bekannten Apparaten, welche zur Untersuchung
von Schmierölen benutzt werden, den Vortheil, daſs bei Versuchen mit demselben immer
eine bestimmte Menge des zu untersuchenden Oeles der Prüfung unterworfen wird, in
Folge dessen man eine regelmäſsige Vergleichung der Schmieröle unter einander
ausführen und feststellen kann, welches Oel in bestimmten Mengen und bei bestimmter
Belastung und Geschwindigkeit sich durch die gröſste Beständigkeit des
Reibungscoefficienten auszeichnet. Mit diesem Apparate arbeitete ich längere Zeit
und untersuchte in einer und derselben Weise sowohl organische, als auch Mineralöle
von verschiedenen russischen Fabriken.
Der allgemeine Gang meiner Untersuchungen bestand in
Folgendem. Auf die sich drehende Platte des Apparates von Napoli und Deprez wurde eine bestimmte Menge
des zu untersuchenden Oeles gegossen, gewöhnlich 30cc, so daſs 1cc auf 1qc der Reibungsfläche kam. Mit diesem Oele machte
ich meine Versuche im Verlaufe von 3 bis 4 Stunden, wobei die Drehung der Platte
immer gleich blieb, die Belastung sich aber von 5 bis 33k auf 1qc änderte, oder bei ein und
derselben Belastung wechselte die Umdrehungsgeschwindigkeit der Platte so, daſs die
Dauer einer Umdrehung 0,75, 0,50 und 0,35 Secunden betrug. Bei allen Versuchen
dieser Art wurde nach je 625 Umdrehungen die Temperatur am Thermometer abgelesen,
welches in die obere Platte eingestellt war und sich beständig in ein und derselben
Entfernung von der Reibungsfläche befand. Ebenso wurden die Temperaturveränderungen
des Arbeitsraumes während des Versuches beobachtet. Man war so im Stande, die Grenze
der Belastung und der Geschwindigkeit für jedes der zu untersuchenden Oele zu bestimmen und dadurch
festzustellen, welches Oel für diese oder jene Maschine mehr oder weniger tauglich
sei.
Nachdem ich auf diese Art zuerst die Grenze der Belastung, welche das in bestimmter
Menge genommene Oel aushalten kann, bestimmt hatte, unterwarf ich dasselbe folgender
Untersuchung. Während 3 bis 4 Stunden lieſs ich das Oel bei ein und derselben
Belastung und Geschwindigkeit arbeiten und bestimmte, in wie weit die Reibung in
dieser Zeit dieselbe blieb und um wie viel die Temperatur der Reibungsfläche stieg.
Durch einen solchen Versuch war man im Stande, die Beständigkeit der Schmieröle
verschiedenen Ursprunges zu bestimmen.
In Tab. I (S. 178/180) sind die Ziffern, welche ich durch diese Versuche mit dem
Apparate von Napoli und Deprez erhielt, zusammengestellt. Die Oele sind nach ihrer Zähigkeit
geordnet. In der oberen Hälfte befinden sich Oele organischen Ursprunges, in der unteren die Mineralöle. In der ersten Spalte sind die Bezeichnungen der Oele
angegeben, unter welchen sie im Handel vorkommen. Die Namen, welche den Mineralölen
gewöhnlich gegeben werden, dienen nur zu dem Zwecke, die Mineralöle einer Firma von
denen einer anderen zu unterscheiden; doch werden diese Bezeichnungen nicht immer
passend gewählt, ja zuweilen entsprechen sie nicht einmal den Eigenschaften der
Oele. In der zweiten Spalte ist die specifische Zähigkeit angegeben, welche bei 19°
mit Hilfe des Apparates bestimmt wurde, den ich bereits in meiner früheren
Abhandlung beschrieben habe. In der dritten Spalte ist die Dichtigkeit der Oele bei
15° angeführt. Darauf sind in den nachfolgenden Spalten für jede Belastung die
folgenden Gröſsen angegeben: 1) die Reibung (Mittelzahl) in Kilogramm, 2) die
Reibungscoefficienten, 3) die Versuchsdauer, die in Form eines Bruches bezeichnet
ist, wobei der Zähler die Gesammtzahl der Umdrehungen, welche von der Platte im
Verlaufe des Versuches gemacht werden, angibt, der Nenner dagegen die Zahl einer
Umdrehung in Hundertstel von Secunden, und endlich 4) das Ansteigen der Temperatur
gleichfalls als Bruch, dessen Zähler die Temperaturänderung, welche das in die obere
Platte eingestellte Thermometer während des Versuches zeigte, und dessen Nenner die
Temperaturänderung des umgebenden Raumes angibt.
Diese Versuche, in denen das Oel, wie aus den Ziffern ersichtlich, welche die
Gesammtzahl der Umdrehungen der Platte angeben, bei jeder Belastung einer ziemlich
langen Prüfung unterworfen wurde, bestätigen, daſs der Reibungscoefficient von der
Zähigkeit der Oele abhängt. Flüssige Oele, d.h. solche, deren Zähigkeit am
geringsten ist, haben den kleinsten Reibungscoefficienten, aber dieselben halten
keine groſsen Belastungen aus; mit anderen Worten, sie können nicht zum Schmieren
von schweren Maschinen benutzt werden.Vgl. F. Fischer 1880 236 494. Tower und Browne 1885 255
136.Red. Dichte, zähere Oele, wie z.B.
unter den
Tabelle I.
Textabbildung Bd. 256, S. 178
Reibungscoefficient bei der
Belastung k/qc; Benennung der Oele; Organische Oele; Walrathöl; Huile vierge; Rüböl, helles; Rüböl, mechan. ger.;
Oleum ricinum italicum; Mineralöle; Maschinenöl; Oleonaphta II, R.; Oleonid 12,
R.; Mineralöl von Pastuchow; Erdölrückstände von Nobel; Waggonöl 0, G.;
Oleonaphta I, R.; Waggonöl; Maschinenöl 1a, G; Cylinderöl, G; Spec. Zähigkeit
bei 19°; Mittlere Reibung k; Reibungscoefficient; Dauer des Versuches; Erhöhung
der Temperatur
Zu Tabelle I: Erdölrückstände, Nobel.
Reibungscoefficient bei der
Belastung 33k/qc
Mittlere Reibung k
Reibungs-coefficient
Dauer desVersuches
Erhöhung derTemperatur
4,368
0,0088
\frac{6875}{0,75''}
\frac{13,6-21,0}{13,0-13,5}
organischen Oelen das Ricinusöl und unter den Mineralölen das
Cylinderöl von Glück, zeigen bei verhältniſsmäſsig
geringer Belastung einen sehr groſsen Reibungscoefficienten. Diese Oele können nur
dann zum Schmieren benutzt werden, wenn die Metalltheile stark erwärmt sind, weil
sie dann eine viel geringere Zähigkeit besitzen und bedeutend besser schmieren.
Wie mit dem Apparate von Napoli und Deprez machte ich auch besonders viele Versuche mit dem
Apparate von Thurston, wobei ich die Möglichkeit hatte,
die Achse mittels Dampf zu erwärmen und so den Einfluſs der Temperatur auf die
Eigenschaft der dicken Schmieröle zu bestimmen. Alle diese Versuche zeigen, daſs ein
Oel nur dann gut schmieren kann, wenn es flüssig ist. In den angeführten Tabellen
für das Cylinderöl sind zwei Versuchsreihen, die bei einer Belastung von 15k angestellt wurden, angeführt; in der einen war
die Anfangstemperatur der Platte 17,8°, in der anderen 34,6° (die Platte war
erwärmt); im letzteren Falle erwies sich der Reibungscoefficient bedeutend kleiner
als im ersteren.
Beim Gebrauche von Ricinusöl für Schmieren der Uebertragungswellen, wie es in einigen
Fabriken geschieht, findet unzweifelhaft ein durchaus überflüssiger Verlust an
nützlicher Arbeit statt. Auſserdem sind alle dichten Oele, besonders jene
mineralischer Herkunft, deren Zähigkeit sich beim kleinsten Temperaturwechsel
ändert, ein sehr unbeständiges Schmiermaterial, weil man die mit demselben
geschmierten Maschinen niemals in einem gleichmäſsigen Gange unterhalten kann.
Ueberhaupt unterscheiden sich in dieser Hinsicht die flüssigen organischen Oele
(Walrathöl und Olivenöle) durch ihre gröſste Beständigkeit und werden deswegen in
der Praxis mit vollkommenem Rechte zu den besten Schmierstoffen gerechnet und
sollten bei vergleichenden Versuchen immer als Muster benutzt werden.
Die Mineralöle, deren verhältniſsmäſsige Zähigkeit zwischen 55 bis 70 schwankt,
unterscheiden sich durch ihre Fähigkeit zu schmieren wenig von einander, obgleich
sie im Handel unter verschiedenen Namen erscheinen und zu sehr verschiedenen Preisen
verkauft werden. Zu diesen Mineralölen muſs man auch die Erdölrückstände, welche
dieselbe specifische Zähigkeit und dieselben physikalischen Eigenschaften besitzen,
wie z.B. das Oel von Pastuchow und Frolow, rechnen
(vgl. Tabelle I)
In meiner ersten Abhandlung habe ich schon mitgetheilt, daſs die Erdölrückstände,
welche eine Zähigkeit von 55 bis 60 besitzen, sehr gut als Schmieröle gebraucht
werden können. Aus Tab. I (S. 180), in welcher die Ergebnisse der groſsen
Versuchsreihen zusammengestellt sind, sehen wir, daſs von allen Mineralölen die
Erdölrückstände die gröſste Belastung aushalten. Bei einem Drucke von 33k/qc konnte ich
noch ziemlich lange arbeiten (6875 Umdrehungen) und die Reibung blieb ziemlich
gleichmäſsig. Daſs die Erdölrückstände als gute Schmieröle dienen können, war schon
früher bekannt, was übrigens nicht auffallen kann, weil diese Rückstände, ihren
physikalischen Eigenschaften nach, sich durchaus nicht von den anderen mineralischen
Flüssigkeiten, welche aus dem Roherdöle erhalten werden, unterscheiden. Alle diese
Flüssigkeiten werden wohl „Oele“ genannt, haben aber durchaus nicht die
Eigenschaften, welche den Fetten und Oelen organischen Ursprunges eigenthümlich
sind; sie geben keine Emulsionen, was ja eine charakteristische Eigenthümlichkeit
der eigentlichen Oele ist, und deshalb können die Erdölrückstände natürlich mit eben
demselben Rechte als „Oele“ bezeichnet und als Schmieröle gebraucht werden.
Die Durchsichtigkeit und die rothgelbe Farbe, wodurch sich, um einen kaufmännischen
Ausdruck zu gebrauchen, die höheren Sorten der Mineralöle unterscheiden, steigern
nicht ihren Werth als Schmieröle. In der Praxis ist es schon längst bekannt, daſs
viele dunkle, billige Mineralöle ebenso gut zum Schmieren gebraucht werden können,
wie die theuren, durchsichtigen Oele von rothgelber Farbe. Ebenso zeigen meine in
Tab. I angeführten Versuche, daſs der Reibungscoefficient eines dunklen Waggonöles
von Ragosin nicht gröſser ist als der des Oleonaphta I.
Wenn die Fabrikanten sich bemüht haben, den Oelen Durchsichtigkeit und eine
bestimmte Färbung zu geben, so hatten sie natürlich hierbei nur die Absicht,
dieselben den organischen Oelen ähnlicher zu machen.
Um zu beweisen, daſs die Erdölrückstände als gute Schmieröle dienen können, will ich
hier zwei längere Versuchsreihen anführen, welche ich mit denselben angestellt habe.
Dieselben können gleichzeitig als bester Beweis dienen, um zu zeigen, daſs mit dem
Apparate von Napoli und Deprez ganz übereinstimmende Endzahlen erhalten werden, wenn man nur die
Versuche immer unter denselben Bedingungen wiederholt, was natürlich unmittelbar für
diese Untersuchungsmethode spricht.
Diese zwei am 31. März und am 1. April 1884 angestellten Versuche (vgl. Tab. II S.
182) wurden mit Absicht unter möglichst gleichen Bedingungen ausgeführt. Die Menge
der zu untersuchenden Erdölrückstände war in beiden Fällen 30cc. Die Belastung wurde in derselben Weise
verändert, indem unter jeder Belastung die Planscheibe eine gleiche Anzahl von
Umdrehungen machte. Die Temperatur des Arbeitsraumes endlich, in welchem diese
Versuche angestellt wurden, blieb
Tabelle II: Erdölrückstände von Nobel
Belastungk/qc
Zeit
AllgemeineZahl der Um-drehung
MittlereReibungk
Reibungs-coefficient
Temperaturder oberenPlanscheibe
Zimmer-tempera-tur
31. März
8h07'
0
–
–
12,8
13,0
5
625
1,450
0,0180
13,1
5
1250
1,450
0,0180
13,4
15
1875
2,150
0,0081
13,6
15
2500
2,150
0,0081
14,0
19
3125
2,250
0,0081
14,4
19
3750
2,250
0,0078
14,8
23
4375
2,600
0,0078
15,4
23
5000
2,600
0,0075
16,0
25
5625
2,650
0,0075
16,6
25
6250
2,650
0,0071
17,0
25
9h28'
6875
2,650
0,0071
17,5
14,5
27
7500
2,650
0,0071
17,8
27
8125
2,650
0,0065
18,4
27
8750
2,650
0,0065
18,6
29
9375
2,650
0,0065
18,9
29
10000
2,650
0,0061
19,2
29
10625
2,650
0,0061
19,6
31
11250
2,850
0,0061
20,2
31
11875
2,850
0,0061
20,7
31
12500
2,850
0,0061
20,9
33
13125
3,100
0,0063
21,2
33
10h53'
13750
3,150
0,0064
21,5
13,5
1. April
8hl7'
0
–
–
14,0
13,0
5
625
1,400
0,0171
14,4
5
1250
1,400
0,0171
14,6
15
1875
2,200
0,0097
14,8
15
2500
2,200
0,0097
15,1
19
3125
2,300
0,0080
15,5
19
3750
2,300
0,0080
15,9
23
4375
2,600
0,0075
16,5
23
5000
2,600
0,0075
16,8
25
5625
2,700
0,0072
17,2
25
6250
2,750
0,0073
17,6
25
9h39'
6875
2,750
0,0073
18,2
14,0
27
7500
2,750
0,0068
18,4
27
8125
2,750
0,0068
18,8
27
8750
2,800
0,0069
19,2
29
9375
2,800
0,0064
19,6
29
10000
2,800
0,0064
19,8
29
10625
2,800
0,0064
20,2
31
11250
2,950
0,0065
20,4
31
11875
2,950
0,0065
20,8
31
12500
3,000
0,0066
21,0
33
13125
3,124
0,0063
21,2
33
11h5'
13750
3,164
0,0064
21,4
15,0
unverändert. Aus diesen Versuchen folgt die Beständigkeit des
Reibungscoefficienten bei ein und derselben Belastung, was am besten die
Tauglichkeit der Erdölrückstände als Schmieröle beweist. Wenn man die Billigkeit der
Erdölrückstände in Betracht zieht, so ist dieses Ergebniſs ohne Zweifel für diejenigen,
welche die Mineralöle in groſsen Mengen gebrauchen, wie z.B. die Eisenbahnen, sehr
wichtig. Es wäre deshalb sehr erwünscht, daſs auf irgend einer Eisenbahn der Versuch
gemacht würde, die Eisenbahnwagen mit Erdölrückständen zu schmieren; natürlich muſs
dabei berücksichtigt werden, daſs diese Rückstände keine festen mechanischen
Beimengungen und kein Wasser enthalten und daſs sie die Zähigkeit besitzen, welche
ich oben angezeigt habe.
Auſserdem ist in Tabelle III ein weiterer Versuch angeführt, welcher ebenso unter
denselben Bedingungen, mit einem Gemenge gleicher Theile von Erdölrückständen und
von hellem Rüböle ausgeführt worden ist:
Tabelle III.
Belastung k/qc
Zeit
Allgemeine Zahl der Um-drehungen
Mittlere Reibung k
Reibungs-coefficient
Temperatur der oberen Planscheibe
Zimmer-tempera-tur
17. November
5
7' 06''
625
0,900
0,0110
13,2
13,4
5
14' 17''
1250
0,850
0,0113
13,2
15
22' 13''
1375
1,500
0,0066
13,5
15
30' 34''
2500
1,500
0,0066
13,8
19
37' 08''
3125
1,700
0,0059
14,4
19
45' 04''
3750
1,700
0,0059
14,8
23
52' 29''
4375
1,800
0,0052
15,2
23
60' 32''
5000
1,800
0,0052
15,6
25
68' 09''
5625
2,000
0,0053
16,2
25
75' 33''
6250
2,000
0,0053
16,6
25
85' 16''
6875
2,000
0,0053
17,2
27
93' 09''
7500
2,000
0,0049
17,8
27
101' 15''
8125
1,950
0,0046
18,2
27
109' 32''
8750
1,950
0,0046
18,8
29
117' 29''
9375
1,950
0,0044
19,2
29
125' 57''
10000
2,000
0,0045
19,6
29
134' 35''
10625
2,000
0,0045
19,9
31
–
–
6,000
0,0137
–
16,0
Bei diesem Versuche, ebenso wie bei den zwei oben angeführten
Versuchen mit Erdölrückständen, beobachtete ich die allgemeine Erscheinung, daſs mit
Zunahme der Belastung die Reibung anfangs ziemlich bedeutend zunimmt, dann weniger,
darauf bei einer bestimmten Zunahme der Belastung sogar unverändert bleibt,
schlieſslich aber eine bestimmte Grenze erreicht, über welche hinaus schon die
kleinste Zunahme der Belastung eine bedeutend gröſsere Zunahme der Reibung
hervorruft. Wenn wir alle Versuchsreihen, welche in Tabelle III angeführt sind,
unter einander in Bezug auf die Zunahme der Reibung mit der Zunahme der Belastung
und dem Auftreten der oben erwähnten Grenze vergleichen, so ist zu sehen, daſs bei
den Versuchen mit einem Gemenge gleicher Theile von Erdölrückständen und von Rüböl
die Reibung für alle Belastungen bedeutend kleiner ist als in den Versuchen mit
Rückständen allein; dafür wird aber die Grenze, bei welcher die Reibung eine
bedeutende Zunahme erfährt, früher erreicht, d.h. bei geringerer Belastung. So ist bei den Versuchen
mit Erdölrückständen allein die Reibung bei einer Belastung von 31 und 33k/qc noch nicht
sehr groſs, während bei den Versuchen mit einem Gemenge von Erdölrückständen mit
Rüböl dieselbe bei Zunahme der Belastung von 29 auf 31k 3 mal vergröſsert wird. Diese allgemeine Erscheinung der Abnahme der
Gröſse der Reibung und das Nichtaushalten von groſsen Belastungen erklärt sich durch
die Verringerung der Zähigkeit des Oeles; in der That erhält man durch das
Hinzufügen von weniger zähem Rüböl zum zäheren Mineralöle ein Gemenge, welches die
mittlere Zähigkeit besitzt.
Der Gebrauch eines Gemenges von Mineralöl mit den billigsten Pflanzenölen zum
Schmieren von Maschinen ist, besonders zum Schmieren der Eisenbahnwagen, schon
längst auf vielen Eisenbahnen verbreitet. So z.B. ist auf einigen Eisenbahnen
Frankreichs und Belgiens ein Gemenge gleicher Theile von russischem Waggonöl mit
Rüböl (huile de colza) in Gebrauch.
Ich habe eine Reihe von Versuchen ausgeführt, um zu bestimmen, in welchem
Verhältnisse man das Mineralöl mit dem Rüböle mischen muſs, um das vortheilhafteste
Schmieröl zu erhalten. Es wurden Gemenge geprüft, in welchen auf 1 Th. Waggonöl 1, 2
und 3 Th. Rüböl kamen. Aus diesen Versuchen folgt, daſs ein Gemenge gleicher Theile
Waggonöl und Rüböl am zweckmäſsigsten ist, so daſs also der wissenschaftliche
Versuch vollkommen die auf französischen Eisenbahnen praktisch aufgestellte Regel
bestätigt.
Mit dem Apparate von Napoli und Deprez habe ich an Oelen von geringer Zähigkeit, wie z.B. Walrathöl,
Olivenöl (huile vierge) und einem leichten Mineralöle
(Oleonid, R.), welche zum Schmieren von schnell
laufenden Maschinen gebraucht werden, eine längere Versuchsreihe angestellt, um die
Abhängigkeit der Gröſse der Reibung von der Geschwindigkeit der Bewegung zu
bestimmen. Dabei wurde ein und dieselbe Menge Oel bei einem Drucke von 5, 19 und
15k/qc
ziemlich lange bei drei verschiedenen Geschwindigkeiten untersucht und die Gröſse
der Reibung für die drei genannten Belastungen bestimmt. Diese Versuche zeigten,
daſs überhaupt mit der Zunahme der Geschwindigkeit sich auch die Reibung bedeutend
vergröſsert, aber dieser Einfluſs der Geschwindigkeit auf die Reibung ist bei
geringen und groſsen Belastungen viel bemerkbarer als bei mittleren. Eine noch
genauere Abhängigkeit der Reibung von der Belastung und der Geschwindigkeit kann man
zu meinem Bedauern mit solchen Apparaten, wie die von Napoli und Deprez, welche nur zu
vergleichenden Versuchen der Werthe verschiedener Oele benutzt werden, nicht zeigen;
zu diesem Zwecke sind viel genauere Meſsapparate und andere Versuchsverhältnisse
erforderlich.
Auſser dem Apparate von Napoli und Deprez diente mir zur Untersuchung der Oele – wie schon
oben erwähnt – noch der von Lux abgeänderte Thurston'sche Apparat, welcher aus einer Welle besteht,
an deren freiem Ende
ein Rahmen in Form eines Pendels befestigt ist. Die Welle, an welcher die Versuche
mit den Oelen angestellt werden, ist zwischen zwei Lagerschalen eingeschlossen, von
denen beide mit verschiedener Stärke angedrückt werden können. In Folge der Reibung
wird entweder der Rahmen bezieh. das Pendel von der lothrechten Richtung abgelenkt.
Die Ablenkung wird mit Hilfe eines besonderen Apparates auf der Trommel
angeschrieben, so daſs die Möglichkeit geboten ist, die Veränderung der Reibung
während eines langen Zeitraumes zu beobachten. Zur Untersuchung von Oelen ist dieser
Apparat sehr unbequem, weil die zwischen den beiden eisernen Lagerschalen
eingeklemmte Achse sich sehr schnell und stark erwärmt. Diese Erwärmung erreicht bei
groſsen Belastungen nach 3000 bis 4000 Umdrehungen 60 bis 70°. Für das zu
untersuchende Oel ist dies eine ganz auſsergewöhnliche Bedingung, da die sich
reibenden Theile in einer Maschine sich gewöhnlich nicht bis zu einer so hohen
Temperatur erwärmen. Diese Erscheinung läſst sich übrigens leicht erklären. In allen
Maschinen wird auf die Achse nur von einer Seite ein Druck ausgeübt, d.h. die Achse
dreht sich gewöhnlich in der einen Lagerschale, die andere dagegen liegt frei und
dient nur zur Befestigung. So z.B. dreht sich eine Uebertragungswelle auf der
unteren Lagerschale, auf eine Eisenbahnwagenachse dagegen übt nur die obere einen
Druck aus. Auf diese Art ist jeder Punkt der reibenden Fläche während einer jeden
halben Umdrehung keinem Drucke unterworfen. Im Thurston'schen Apparate dagegen erleiden alle Punkte der reibenden Fläche
fortwährend ein und denselben Druck, da die beiden Zapfen gleichzeitig und mit
derselben Stärke auf die Welle drücken. Von den neueren Forschern ist diese
Unbequemlichkeit dieser Apparate bereits erkannt worden; so z.B. wurden vor kurzer
Zeit vom Ingenieur Trautwein in London Versuche über
Schmieröle angestellt (vgl. Engineering, 1883 Bd. 36 *
S. 451), wobei der Apparat, welcher zur Untersuchung diente, so construirt war, daſs
ein Druck auf die Achse nur von einer Seite, nämlich von der oberen eisernen Hülse
ausgeübt wurde. Ebenso benutzte Hirn (vgl. 1859 153 231) bei seinen noch im J. 1855 gemachten Versuchen
einen Apparat, wo der Druck auf die Achse ebenso nur von einer Seite ausgeübt wurde.
Eine andere Unbequemlichkeit des in Rede stehenden Apparates besteht darin, daſs das
Schmieren der Achse mit Hilfe eines Dochtes geschieht. Dieses Verfahren, welches
wohl in der Praxis angewendet wird, bietet aber bei der Bestimmung der Gröſse der
Reibung viele Schwierigkeiten, da man unmöglich regelmäſsig schmieren kann,
besonders wenn man die geringen Veränderungen der Reibung während eines ziemlich
langen Zeitraumes beobachten will.
Da der zu meinen Versuchen benutzte Apparat eine hohle Welle besaſs, so konnte ich,
indem ich durch dieselbe Dampf hindurchlieſs, auch Talg und die dichteren Oele,
welche zum Schmieren der Dampfcylinder gebraucht werden, untersuchen. Der Querdurchmesser der
Welle des Apparates betrug 60mm, die Länge 72mm. Die Gesammtbelastung, welche durch die beiden Zapfen auf die Achse übertragen
wurde, änderte sich von 500 bis 3000k. Die
Umdrehungsgeschwindigkeit der Welle war ziemlich ungleichmäſsig, da die Versuche in
einer groſsen Werkstatt, in welcher eine groſse Anzahl von schweren Drehbänken durch
eine Dampfmaschine in Bewegung gesetzt wurden, stattfanden; gewöhnlich betrug die
Dauer von 1000 Umdrehungen der Welle zwischen 2,5 bis 4 Minuten.
Mit diesem Apparate führte ich die Versuche in der Art aus, daſs die Oele bei
verschiedener Belastung geprüft wurden, wobei die Achse entweder mittels eines
Dochtes oder durch fortwährendes reichliches Zugieſsen der Oele geschmiert wurde.
Ebenso wie in dem Apparate von Napoli und Deprez wurden auch hier die Temperaturveränderungen
mittels eines Thermometers, welches in die oberen Zapfen in einer bestimmten
Entfernung von der Reibungsfläche eingestellt war, beobachtet. Bei den Versuchen,
bei welchen das Schmieren mittels eines Dochtes stattfindet, ist es leider recht
schwierig, genaue Endzahlen zu erhalten; denn beim Wiederholen ein und desselben
Versuches ist es schwer, so übereinstimmende Ziffern zu erzielen, wie es z.B.
diejenigen sind, welche ich mit dem Apparate von Napoli
und Deprez für die Erdölrückstände erhalten habe. Ich
begnüge mich hier mit dem Anführen nur einiger Versuchsziffern in Tabelle IV, welche
ich mit dem Apparate von Thurston sowohl beim Schmieren
mittels eines Dochtes, als auch beim reichlichen Zugieſsen des Schmieröles erhalten
habe. Bei diesen Versuchen, in welchen die Prüfung des Oeles ebenfalls ziemlich
lange fortgesetzt wurde, machte die Achse bis zu 25000 Umdrehungen; die ganze
Belastung betrug 2600k. In der Mehrzahl der
Versuche, in denen die Welle mittels eines Dochtes geschmiert wurde, erwärmte sich
dieselbe so rasch, daſs man sie abkühlen muſste. Gewöhnlich lieſs ich durch die
Achse, um sie rascher abzukühlen, kaltes Wasser flieſsen.
Auch aus diesen Versuchen ist die Abhängigkeit des Reibungscoefficienten von der
Zähigkeit des Oeles klar zu ersehen. Eine Vergleichung dieser Oele nach ihren
Reibungscoefficienten läſst sich am besten aus dem beim reichlichen Zugieſsen des
Oeles erhaltenen Ergebnisse anstellen, weil man bei dieser Methode sicher sein kann,
daſs die Bedingungen, unter welchen die verschiedenen Oele geprüft wurden, immer
dieselben geblieben waren. Die besten Schmieröle sind die Oele organischen
Ursprunges und von geringer Zähigkeit, wie das Walrathöl und das Olivenöl. Als das
unvortheilhafteste Oel erwies sich hierbei das sehr dichte, zähe Ricinusöl,
namentlich dann, wenn es auf eine kalte Achse gegossen wird; wird dagegen die Achse
mittels Dampf erwärmt, so ist der Reibungscoefficient dieses Oeles bedeutend
geringer. Vergleicht man die Reibungscoefficienten ein und desselben Oeles, z.B.
Tabelle IV.
Benennung
Spec. Zähigkeitbei 11°
Schmieren mittels eines Dochtes
Reichliches Zugieſsen
desSchmieröles
Bemerkung
Belastungauf die Achsek
AllgemeineZahl der Um-drehungender
Welle
Reibungs-coefficient
Erhöhung derTemperatur
Belastungauf die Achsek
AllgemeineZahl der Um-drehungender
Welle
Reibungs-coefficient
Erhöhung derTemperatur
Walrathöl
8
2600
–
0,0054
–
2600
25000
0,0028
25,0–53,7
Huile vierge
23
2000
–
0,0095
–
2600
20000
0,0042
25,0–55,0
Helles Rüböl
22
2600
2000
0,0075
52,5–72,5
2600
3000
0,0056
53,0–60,0
Ricinusöl
250
–
–
–
–
2600
12000
\frac{0,0114}{0,0066}
\frac{30,0-93,7}{72,6-83,7}
Vor d. Versuche Achse mit Dampf erwärmt
Maschinenmineralöl von
Pastuchow
55
2600
9000
0,0057
31,0–75,0
2600
15000
0,0033
76,0–58,7
Ebenso
Erdölrückstände
55
–
–
–
–
2600
12000
0,0085
28,7–80,0
Mischung gleicher TheileErdölrückstände u. Rüböl
40
–
–
–
–
2600
12000
0,0066
28,7–78,0
Waggonöl, R
70
2600
12000
0,0061
16,2–61,2
2600
17000
0,0038
23,0–53,7
Oleonaphta 0, R
121
–
–
–
–
2600
12000
\frac{0,0065}{0,0038}
\frac{27,0-64,0}{78,7-63,7}
Ebenso
Cylinderöl, G
191
–
–
–
–
2600
\frac{21000}{12000}
\frac{0,0076}{0,0057}
\frac{31,2-93,7}{83,0-72,5}
Ebenso
Mineraltalg von Pastuchow
–
–
–
–
–
2400
3000
0,0075
42,5–58,7
Ebenso
Rindstalg
–
–
–
–
–
2600
3000
0,0050
75,0–74,0
Ebenso
des Walrathöles, die beim Schmieren mittels eines Dochtes und
beim reichlichen Schmieren durch Zugieſsen erhalten werden, so findet man, daſs im
letzteren Falle ein 2 mal kleinerer Reibungscoefficient erhalten wird als beim
Schmieren mittels eines Dochtes. Zu demselben Schlusse gelangte auch Hirn bei seinen schon erwähnten Untersuchungen über die
Reibung. Hirn fand zwischen den Reibungscoefficienten
des Walrathöles und des Olivenöles (beim reichlichen Schmieren) dasselbe
Verhältniſs, welches auch aus meinen Versuchen folgt, daſs der Reibungscoefficient
des Walrathöles 1½mal kleiner ist als der des Olivenöles. Ebenso folgt aus diesen
Versuchen, daſs ein Gemenge gleicher Theile Mineralöl (Erdölrückstände) und Rüböl
besser schmiert als das Mineralöl allein. Dichte Mineralöle, welche, wie z.B. das
Cylinderöl von Glück, bei gewöhnlicher Temperatur in
den Versuchen mit dem Apparate von Napoli und Deprez so schlecht schmieren, ergaben, als die Achse
mittels Dampf auf 78° bis 83° erwärmt wurde, sehr gute Erfolge.
Die zum Vergleichen der Schmierfähigkeit des Mineraltalges und des gewöhnlichen
Rindstalges angestellten Versuche ergaben für letzteres günstigere Ziffern. Mit den
verschiedenen Sorten von Rindstalg, welche im Handel anzutreffen sind, erhält man
übrigens verschiedene Ergebnisse.
Die Tabelle IV enthält die Reibungscoefficienten verschiedener dichten Oele, die bei
ein und derselben Belastung und Geschwindigkeit bei zwei Versuchen erhalten worden
sind; in dem einen wurde die Welle mittels Dampf erwärmt und in dem anderen erwärmte
sie sich selbst durch Reibung. Im letzteren Falle war der Reibungscoefficient immer
gröſser als im ersteren. In beiden Versuchen war aber, sowohl zu Anfang, als auch zu
Ende des Versuches, die reibende Fläche der Achse vollkommen rein und gut polirt, so
daſs nicht der geringste Unterschied bemerkt werden konnte. Es folgt hieraus, daſs
man bei ein und derselben Temperatur für ein und dasselbe Oel zwei verschiedene
Reibungscoefficienten erhält, je nachdem die Achse vorher durch Dampf bis auf eine
gewisse Temperatur gebracht wird, oder sich selbst durch Reibung bis zu dieser
Temperatur erwärmt. Diese Verschiedenheit läſst sich nicht anders erklären als
dadurch, daſs beim Erwärmen der Achse durch Reibung die Oberfläche eine solche
Veränderung erleidet, welche mit dem Auge nicht zu bemerken ist und deren Gröſse
nicht ermittelt werden kann.
Nach den erwähnten Versuchen Trautwein's übt der
Oberflächenzustand einen bedeutenden Einfluſs auf die Gröſse der Reibung aus, welche
verschieden ist je nach der Richtung, in welcher sich die Achse dreht. Trautwein hat nämlich die Beobachtung gemacht, daſs,
wenn die Richtung der Drehung der Achse verändert wird, eine gröſsere Reibung
stattfindet als dann, wenn die Drehung schon einige Zeit lang gedauert hat. Diese
Erscheinung erklärt er auf die Weise, daſs bei der Drehung in einer Richtung die
oberen Fasern des Metalles nach einer Seite hin glatt gestrichen werden; wenn
dagegen die Richtung der Bewegung geändert wird, so werden die einen Fasern durch
die anderen abgerieben. Jedenfalls ist der Einfluſs des Zustandes der Reibungsfläche
auf die Gröſse der Reibung der letzteren sehr bedeutend und wir müssen zugeben, daſs
wir keine Mittel haben, uns zu überzeugen, ob der Zustand der Oberflächen in zwei
verschiedenen Fällen wirklich derselbe war, oder nicht. Dieser Umstand ist sehr
wichtig, sobald wir das mathematische Verhältniſs zwischen dem inneren
Reibungscoefficienten des Schmieröles, der Temperatur und dem Reibungscoefficienten
der sich reibenden Oberflächen feststellen wollen. Alle jetzigen Methoden und
Apparate, welche zu vergleichenden Bestimmungen des Werthes der Schmieröle benutzt
werden, können noch nicht zur Lösung der theoretischen Fragen über die Reibung
dienen und alle durch derartige Versuche ermittelte Reibungscoefficienten können
nicht die Bedeutung von absoluten Gröſsen beanspruchen. Petersburg, im Januar
1885.