Titel: | Neues constantes Element mit übermangansaurem Alkali von hoher Spannung und unerreichter Stromstärke; von E. Vohwinkel, Chemiker in Wien. |
Autor: | E. Vohwinkel |
Fundstelle: | Band 256, Jahrgang 1885, S. 219 |
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Neues constantes Element mit übermangansaurem
Alkali von hoher Spannung und unerreichter Stromstärke; von E. Vohwinkel, Chemiker in
Wien.
Vohwinkel's constantes Element mit übermangansaurem
Alkali.
Die Versuche, welche bisher, u.a. von Koosen (vgl. Wiedemann: Elektricitätslehre, Bd. 1 S. 78) unternommen
wurden, um die energisch oxydirende Wirkung des durch verdünnte Säuren aus den
Alkalisalzen der Uebermangansäure entwickelten Ozons für galvanische Elemente
nutzbar zu machen, haben zu keiner praktischen Verwendung solcher Elemente geführt.
Zumeist wurde sehr verdünnte Schwefelsäure als Batterieflüssigkeit in Anwendung
gebracht, wodurch eine rasche Belegung beider Elektroden des Elementes mit
Manganhyperoxydhydrat erfolgte. Auch die Wahl des theuren Platins als negativer
Elektrode, welche auſserdem eine groſse Oberfläche erhalten muſste, lieſs von der
Anwendung zurückschrecken.
Es lag nun für den Verfasser nahe, sein neues Chromsäure-Element (vgl. 1885 255 431. 256 23) der Verwendung für die
übermangansauren Alkalien anzupassen. Zu diesem Behufe erhielt der Einsatz des
Elementes eine groſse Anzahl nur 1mm weiter
Löcher, um sowohl das Herabfallen der kleinen Krystalle des Kalisalzes zu
verhindern, als auch um deren Auflösung zu fördern. Dann muſste die Belegung der
sehr gut zu amalgamirenden Zinkelektrode mit dem hydratirten Braunstein verhindert
werden, wozu sich verdünnte Schwefelsäure von etwa 25° B. als geeignet erwies. Der
Niederschlag von Braunstein auf der negativen (Platin-Blei-) Elektrode war freilich
nicht ganz zu vermeiden, zeigte sich aber als nicht besonders nachtheilig. Die
nachfolgend beschriebenen Versuche mögen darthun, daſs dieses
Uebermangansäure-Element als eine werthvolle Vermehrung der elektrischen Rheomotore
zu betrachten ist. Die genaue Prüfung der Verwendbarkeit für elektrische Beleuchtung
u. dgl., die Kosten derselben, wie sie für das Chromsäure-Element bereits gegeben
wurden, muſs einem späteren Zeitpunkte vorbehalten bleiben. Zu bemerken ist noch,
daſs die übermangansauren Alkalien keine Chlorverbindungen enthalten dürfen, da sich
sonst Chlor in lästiger Weise entwickelt.
1. Versuch: Nachdem der Bleicylinder des benutzten kleinen
Elementes (26 auf 14cm) mit Schwefelsäure von 250
B., der Einsatz mit 300g krystallisirtem
übermangansaurem Kali gefüllt war, wurde letzterer wie üblich herabgelassen und eine
amalgamirte Zinkplatte, mit Weglassung der Thonzelle, eingehängt. Das Element
besteht in dieser Anordnung nur aus den beiden Elektroden, welche mit der verdünnten
Schwefelsäure in Berührung sind, und dem Einsatze mit dem Salze. Die Spannung (mit
dem Siemens'schen Torsionsgalvanometer gemessen) ergab
2,3 Volt, die Stromstärke lieferte bei beständiger Verbindung des Elementes mit der
Weber'schen Tangentenbussole folgende
Ergebnisse:
nach Stunden
¼
½
1
2
3
3½
4
4½
5
5½
6
6½
7
7½
8
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Grad
72
74
74
73
73
72
72,5
73
74
74,5
74
73,5
72,5
72
71
um von diesem Zeitpunkte ab in weiteren 3 Stunden (also
im Ganzen in 11 Stunden) auf 61,5° zu fallen. Da der magnetische Reductionsfactor
der angewendeten Bussole 5,12 war, so gaben z.B. 73° die Stromstärke von 16¾ in
Ampère. Eine derart gleichmäſsige Stromentwickelung war meines Wissens noch bei
keinem kräftigen Elemente zu verzeichnen.
Vergleichsweise seien hier die Stromstärken eines Grove'schen und Daniell'schen Elementes, jedes dieser Elemente mit etwa 160qc negativer Elektrodenfläche, für mehrere Stunden
Dauer, angeführt. Das Grove'sche Element erhielt 780g 40°-Salpetersäure, der Elektrodenabstand war in
beiden Elementen 35mm, d. i. nur halb so viel wie
bei dem untersuchten Uebermangansäure-Elemente.
Grove nach Stunden
½
1
2
2½
3
3½
4
4½
5
5½
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Grad
83,5
84
79
76
73,5
71
73,5
81
76
71
Tangenten
8,78
9,51
5,14
4,01
3,37
2,9
3,37
6,31
4,01
2,9
Daniell
Grad
37,5
39
41
43
43
43,5
Das Platin-Element, bei welchem nach 3½ Stunden die
verdünnte Schwefelsäure des Zinkes erneuert wurde, zeigte demnach während des 5½
Stunden dauernden kurzen Schlusses die bedeutenden Schwankungen von 9,51 zu 2,9
wirklicher Stromstärke, während die Stromänderungen des Uebermangansäure-Elementes
durch 8 Stunden innerhalb der Werthe 3,6 und 2,9 lagen.
2. Versuch: Das Element wurde wie vorher beschickt, dagegen statt
der Zinkplatte von 65mm Breite ein gut
amalgamirter Zinkcylinder von letzterem Durchmesser – demnach 3 mal so groſser
Oberfläche – eingehängt. Sobald nach dem Herunterstellen des Einsatzes die
rosenrothe Lösung des Mangansalzes sichtbar wurde, zeigten die Meſsinstrumente die hohe
Spannung von 2,3 Volt und die bedeutende Stromstärke von 35 Ampère an. Wenn dafür
gesorgt wurde, daſs der Bleibehälter genügend Krystalle enthielt, so konnte diese
Stärke des Stromes ziemlich lange erhalten werden.
Ein constanter Strom von solcher Stärke ist bisher bei keinem galvanischen Elemente
erreicht worden. Die Dauer desselben erscheint bei der geringen Löslichkeit des
Kalisalzes durch die Anwendung des Natronsalzes gesicherter. Die Stromstärke von 35
Ampère verlangt zum Messen Kupferdrähte von mindestens 3mm Durchmesser; solche von 2mm,5
erleiden Erwärmung und sind deshalb untauglich. Dieses Element wird für
galvanokaustische Zwecke die besten Dienste leisten. Bei Unterbrechung des Stromes
hat man nur nöthig, den Einsatz heraufzustellen, um der weiteren Lösung des
übermangansauren Salzes Einhalt zu thun. Der einmal in Lösung befindliche Theil
dieses Salzes, wenn nicht durch den Strom verbraucht, muſs als verloren betrachtet
werden. Wie schon die wässerige Lösung des Mangansalzes activen Sauerstoff abdunsten
läſst, so ist dies in erhöhtem Maſse bei der schwefelsauren Lösung der Fall;
letztere zersetzt sich allmählich von selbst in saures schwefelsaures Kali,
Manganhyperoxydhydrat und Ozon. Diese Entwickelung des Sauerstoffes ohne Beihilfe
des elektrischen Stromes erklärt auch die hohe elektromotorische Kraft des
Elementes. Die chemische Verbindungswärme des Zinkes erscheint, im Gegensatze zu
allen anderen Elementen, ganz erhalten. Beträgt dieselbe z.B. bei den
Chromsäure-Elementen 99790c für das Molekül, da
6300° für die Reduction der Chromsäure zu Chromoxyd abgerechnet werden müssen, so
kommen im vorliegenden Falle 106090° in der elektromotorischen Kraft zum Ausdrucke.
Das ausgeschiedene Manganhyperoxydhydrat sinkt als ein feines braunes Pulver theils
zu Boden, theils überzieht es als dünne Kruste die innere Fläche des Bleicylinders,
letzteres besonders von dem Zeitpunkte an, wo der Vorrath des Mangansalzes
verbraucht ist. Das Element bietet dann eine andere negative Elektrode dar, die
Spannung sinkt auf 1,8 Volt, die Stromstärke ist der letzteren und dem erhöhten
inneren Widerstände entsprechend geringer. Ein Theil des hydratirten reinen
Braunsteins wird zu schwefelsaurem Manganoxydul reducirt, dessen blaſsrothe. Farbe
in der Flüssigkeit sichtbar ist. Auch zeigt der innere Ueberzug des Cylinders eine
mit zahllosen Furchen versehene Oberfläche, welche wohl der Wasserstoffentwickelung
zuzuschreiben sind.
3. Versuch: Eine Erhöhung der elektromotorischen Kraft des vorher
beschriebenen Elementes auf 2,8 bis 2,9 Volt wird erreicht, wenn man dasselbe mit
einem Thoncylinder, welcher alkalische Lauge von etwa 250 B. enthält, versieht und
den Zinkcylinder in diese stellt. Die Stromstärke ergibt sich zu 13 bis 15 Ampère,
da der innere Widerstand ein erhöhter ist und bald noch mehr zunimmt. Abgesehen
davon, daſs die Thoncylinder einer baldigen Zerstörung durch die starke Lauge
anheimfallen, ist dieses Element durchaus constant und praktisch verwendbar.
Wenn es gelänge, den ganzen Sauerstoff der übermangansauren-Salze – von demjenigen,
welcher für die Bildung des Manganoxydules nöthig ist, abgesehen – für die Depolarisation nutzbar zu
machen, so würde das Element eine billigere Verwendung zulassen. Gegenwärtig können
nur ungefähr 1½ von den 4 Sauerstoffatomen des Salzes als verwerthbar angesehen
werden, d. i. ungefähr 24 von 158 Th., Verluste unberücksichtigt gelassen.
Liebhaber von Smee'schen Elementen können mein Element
in gleicher Art wie dieses wirken lassen, aber mit viel gröſserer Stärke, wenn sie
den Bleicylinder mit der verdünnten Schwefelsäure (1 : 10) füllen und eine
amalgamirte Zinkelektrode einhängen. Die Form 26 auf 14cm liefert mit einer Zinkplatte von 65mm
Breite einen Strom von 10, mit einem Zinkcylinder von 15 Ampère, unter massenhafter
Entwickelung von Wasserstoff, welche einem lebhaften Rauschen gleicht.