Titel: | Ueber Versuche an einer Corlissmaschine. |
Fundstelle: | Band 256, Jahrgang 1885, S. 289 |
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Ueber Versuche an einer
Corliſsmaschine.
Mit Abbildungen.
Delafond, über Versuche an einer Corliſsmaschine.
Auf den Schneider'schen Werken zu Creusot wurden im J.
1883 umfangreiche Versuche an einer Corliſsmaschine (550mm Bohrung und 1100mm Hub) durchgeführt,
über welche F. Delafond, Ingénieur en chef des mines zu
Châlon-sur-Saône, in den Annales des mines, 1884 Bd. 6
S. 197 ff. ausführlich berichtet.
Ein Theil der Versuche diente zur Feststellung des Zusammenhanges zwischen indicirter und effectiver
Leistung, welche letztere durch Bremsung
ermittelt wurde. Die beistehend skizzirte Bremse wird in dieser Gestalt zu Creusot
seit Jahren verwendet und ist für bedeutende Arbeitsleistungen – während der
Versuche an 200e – geeignet. Die Spannung der
Bremse regelt sich selbstthätig. Der Spannhebel B wird
mittels der Wageschale t belastet und stützt sich
überdies auf eine Feder w. Ist nun z.B. die Reibung am Umfange zu groſs, so wird mit
den Backen M der ganze Zaum in der Drehungsrichtung
mitgenommen; hierbei drückt sich aber die Feder u
zusammen und verringert durch Entlastung des Hebelendes die Anpressung der
Backen.
Textabbildung Bd. 256, S. 289 Bei der verwendeten Bremse miſst der kurze Hebelarm 0m,20, der Hebelarm der Wageschale r 1m,80, jener der
Feder u 2m,25. Das
Gewicht auf der Schale ist 80 bis 330k, die
Spannung der Feder beträgt 10 bis 100k und wird an
einer sorgfältig hergestellten Eintheilung nach einem Zeiger abgelesen. In den
meisten Fällen genügt die Veränderlichkeit der Federspannung, um bei bestimmtem
Gewichte P auf der Hauptwageschale R und p am Spannhebel auf
der Schale r alle Aenderungen der Reibung
auszugleichen, ohne daſs der Hebel zu sehr aus der Wage kommt. Der Beobachter
braucht dann nur die Federspannungen abzulesen und deren Mittelwerth n zu bestimmen.
Sind L, l und l1 die Hebelarme von P,
p und π, so ist das Moment der Reibung durch
die Gleichung Pl – pl +
πl1 gegeben.
Das einseitige Uebergewicht des langen Bremshebels ist an der Schale R ausgeglichen. Im Berichte ist nichts darüber gesagt,
in wie weit die Rollenreibung bei R störend
auftritt.
Bei verschiedenen Dampfspannungen und verschiedenen Füllungen wurden mit Condensation
33 Versuche, ohne Condensation 13 Versuche durchgeführt, wobei die Maschine vom
Leergange bis zu 191e effectiv (216e,5 indicirt) belastet war.
Das Ergebniſs dieser Versuche wird ausgedrückt durch die Beziehung zwischen der
indicirten Leistung N1
und der effectiven Ne
bei Condensation: Ne =
– 16 + 0,902 Ni, bei
Auspuff: Ne = – 12 +
0,945 Ni. Hierbei
erscheint der gröſsere Widerstand bei Condensation durch die mit der Leistung
steigende Luftpumpenarbeit sowie vielleicht auch durch die gröſseren Drücke am
Kolben gerechtfertigt.
Die einzelnen Versuche zeigen deutlich die Verringerung des Nutzeffectes bei höheren
Einströmspannungen. Eine ganz genaue Formel müſste daher von der Dampfspannung
abhängig gestaltete Coefficienten erhalten, würde wohl auch als lineare Gleichung
nicht ausreichen.
In dem Berichte wird versucht, den Unterschied zwischen 2,5k/qc und 5k/qc Einströmdruck
durch (nicht bis zum Leergange gültige) besondere Formeln auszudrücken:
bei
2,5k/qc
gilt
annähernd:
Ne = – 22 +
0,99 Ni,
bei
5k/qc
„
„
Nc= – 26 + 0,98 Ni
,
doch sind diese Formeln entschieden nicht zu billigen, nachdem
es sachlich unmöglich ist, daſs der Betrag der zusätzlichen Reibung, welcher mit Ni wächst, nur 0,01 Ni bezieh. 0,02 Ni betragen sollte.
Von hervorragender Bedeutung ist eine zweite Reihe von Versuchen über den Dampfverbrauch der Maschine.
Die Construction der Versuchsmaschine (vgl. 1884 253 *
182) ist theilweise nicht die vortheilhafteste. Die schädlichen Räume sind
entschieden unnöthig groſs; dieselben betragen, durch Füllung mit Wasser gemessen,
vorn 3,58, hinten 3,74 Procent des vom Kolben durchlaufenen Volumens. Ebenso ist
auch die Dampfmantelung eine unvollständige. Der Cylinder besteht aus zwei
gesonderten Endstücken, welche die Schiebergehäuse enthalten, und aus einer
Mitteltrommel, die doppelwandig (eingebüchst) ist und den Dampfmantel bildet. Es
sind hierbei die ersten 15 Proc. des Hubes ungeheizt und ebenso entbehren die Deckel
jeder Heizung.
Die Einrichtungen für die Versuche waren mit groſser Sorgfalt und bedeutenden Kosten
getroffen. Die Maschine arbeitete an der Bremse. Der Dampf wurde durch einen eigenen
Locomotivkessel geliefert, dessen Spannung bis 7,75k/qc gehalten werden konnte. Die Speisung
erfolgte durch einen kleinen dauernd arbeitenden und einen groſsen aushelfenden
Injector aus einem Behälter, welcher durch gemessene Wassermengen aus einem
Meſsgefäſse von 1500l Inhalt nachgefüllt und zum
Schlusse wieder auf ursprünglichen Stand abgeglichen wurde.
Ein merkwürdiges Verfahren wurde beobachtet, um die unregelmäſsigen Dampfabgänge beim
Anlassen der Maschine zu vermeiden: Die Maschine wurde vor jedem Versuche zuerst von
der allgemeinen Dampfleitung des Werkes aus angelassen, auf die gewünschte Füllung
gestellt und in richtige Umlaufszahl gebracht; auf ein gegebenes Zeichen wurde
möglichst rasch das Ventil zur allgemeinen Leitung geschlossen, jenes zum
Versuchskessel geöffnet, die Umlaufszahl an dem Hubzähler abgelesen und die Bremse
entsprechend der nunmehrigen Leistung belastet. Im Versuchskessel war der
Wasserstand unmittelbar vorher bei geschlossenem Ventile abgelesen worden. Nach
Beendigung des Versuches wurde dieser Stand durch Nachspeisen wiederhergestellt.
Auf Grund dieser Maſsregeln glaubte man, sich mit kurzen
– gewöhnlich nur etwa einstündigen – Versuchen begnügen zu dürfen;
Referent befürchtet aber sehr, daſs die Genauigkeit der Versuche hierdurch
wesentlich gelitten hat. Obzwar bei geschlossenen Ventilen der Wasserspiegel weniger
schwankt, so sind doch je nach dem Stande des Feuers in Folge verschieden starken
Aufwallens Täuschungen möglich. Diese und die unvermeidlichen kleinen Ablesefehler
in Folge der Schwankungen des Wasserspiegels verursachen Fehler, welche gegenüber
der geringen Speisewassermenge so kurzer Versuche ganz beträchtlich sein können.
Auch wurde wiederholt beobachtet, daſs der Wärmeaustausch der Wände, z.B. nach
Anstellung der Mantelheizung, den richtigen Beharrungszustand erst nach einiger Zeit
erreicht und daſs eine frühere Arbeitsweise auf die folgende Einfluſs nehmen kann.
Es ist dies sehr zu bedauern, da die Versuche sonst an Zahl und Mannigfaltigkeit
einzig dastehen.
Es liegen an 70 Versuche vor, welche mit oder ohne Condensation, mit den
verschiedensten Füllungen und Dampfspannungen, mit oder ohne Mantelheizung
vorgenommen wurden; letztere ist auch mit Dampf von höherer Spannung als jener im
Cylinder versucht worden, womit ein Vorschlag G.
Schmidt's (mit Erfolg) verwirklicht scheint.
Die Ergebnisse der Versuche sind in der Tabelle S. 292 und 293 wiedergegeben; im
Originaltexte sind sie überdies graphisch dargestellt.
Die letzten drei Versuche wurden mit auf Compression gestellter Auslaſssteuerung
vorgenommen; bei allen anderen hat keine Compression stattgefunden.
Die angegebenen Werthe des Verbrauches umfassen stets die ganze Speisewasser menge, also den Dampfverbrauch einschlieſslich der in
dem Mantel niedergeschlagenen Menge, ausgedrückt in nassem Dampf.
Für eine kritische Beleuchtung der Versuchergebnisse erweisen sich die mitgetheilten
Werthe der Dampfverluste als sehr dienlich.
Die Maschine ist als tadellos dicht erprobt; der
Unterschied zwischen der Speisewassermenge (abzüglich Mantelwasser) und der aus dem
Indicatordiagramme berechneten Dampfmenge kann demnach als während
Textabbildung Bd. 256, S. 292
Mit Condensation und Dampfmantel;
ohne Dampfmantel; Charakter des Versuches; Nr. des Versuches; Dauer in Minuten;
Angestrebte Kesselspannung at; Wirklich erzielte Anfangsspannung at;
Füllungsgrad; Luftleere, cm Quecksilbersäule; Minutliche Umlaufzahl; Indicirt;
effectiv; stündlich; für 1e ind. und Stunde; für 1e eff. und Stunde; während des
Versuches; auf 1k verbrauchten Dampf; Gewicht in g Hub; in % des geliefert.
Dampfes; nachverdampft in g auf 1 Hub; condensirt oder nachverdampft in %
gelieferten Dampfes; Arbeit in e; Dampfverbrauch in k; Im Dampfmantel
condensirt. Wasser in k; Condens. während Einström. Während der Expansion;
Bemerkungen; Gang ungleichmäſsig; Kesselspg. schwer zu halten; Gang etwas
ungleichförmig; Gang ungleichförmig
Textabbildung Bd. 256, S. 293
Ohne Condensation, mit Dampfmantel;
Ohne Condensation, ohne Dampfmantel; Mit Condensation und Dampfmantel;
Kesselsrg. schwer zu halten; Gang etwas ungleichmäſsig; Wegen Dampfverlusten am
Kessel erhöhter Verbrauch; Veränderliche Spannung; Kesselspg. schwer zu halten;
Etwas ungleichmäſsig; Variable Spannung; Steuerung auf Compression
eingestellt
der Einströmung in den Cylinder niedergeschlagen angesehen
werden. Diese Mengen in Gramm auf den Hub nach den Füllungsgraden als Abscissen
wurden ebenfalls zeichnerisch dargestellt und zwar für jede Kesselspannung
gruppenweise gesondert. Diese Darstellung ist nachstehend wiedergegeben.
Textabbildung Bd. 256, S. 294Mit Condensation ohne Mantel;
Schädlicher Raum; Procent Füllung Der Verlauf der Condensation im Cylinder bei bestimmten Spannungen und
verschiedenen Füllungsgraden drückt sich durch Curven aus, von denen man einige
Gesetzmäſsigkeit erwarten möchte; dieselben zeigen – abgesehen von den Schwankungen
bei den kleineren Drücken – das Gesetz, daſs die Cylindercondensation bei einer gewissen
Füllung ein Maximum wird, sodann bei wachsender Füllung abnimmt.
Die Uebereinstimmung ist allerdings eine ziemlich unvollkommene. Es muſs aber
berücksichtigt werden, daſs die Curven eigentlich die Wassermenge am Ende der
Einströmperiode (Differenz zwischen Speisewassermenge für den Hub und aus dem
Indicatordiagramme berechneter Dampfmenge am Ende der Einströmung) darstellen. Die
Curven enthalten also auch alle Ungenauigkeiten der Beobachtungen und können
hierdurch beträchtliche Störungen erfahren, nachdem z.B. ein Fehler von 5 Proc. in
dem ermittelten Verbrauche von beiläufig 1000 bis 3000k stündlich auf den einfachen Hub 7 bis 20g entfallen läſst, während die aufgetragenen Werthe zwischen 10 und 105g und der Mehrzahl nach zwischen 20 und 45g für den einfachen Hub liegen. Diese Werthe
enthalten überdies auch noch die Dampfnässe, welche dieselben steigend mit der
absoluten Verbrauchsmenge vergröſsern muſs.
Hinsichtlich der Dampfnässe wird bemerkt, daſs zwei calorimetrische Versuche durch
die Richtigstellung mittels der Einspritzwassermenge ergeben haben, daſs die Dampfnässe nur etwa 2,2 Procent betrage. Darauf hin
wurde die Dampfnässe nicht weiter berücksichtigt und als ganz unbedeutend angesehen.
Es dürfte aber kaum einem Zweifel unterliegen, daſs diese Voraussetzung eine
unzutreffende ist. Der verwendete Locomotivkessel konnte unmöglich unter allen
Umständen so trockenen Dampf geben, besonders, da er bei einigen VersuchenDie stündliche Dampferzeugung betrug in diesen Fällen an 3000k oder mit Rücksicht auf den
Dampfverbrauch des speisenden Injectors (mindestens 10 Procent der
gespeisten Wassermenge) an 3300k. Die
Gröſse der Heizfläche ist nicht angegeben. Eine Skizze des Kessels in 0,01
n. Gr. erlaubt aber, die Wasserspiegelfläche zu schätzen; dieselbe kann 5
bis 6qm betragen, so daſs auf 1qm Wasserspiegel stündlich 550 bis 660k Dampf erzeugt würden. Hiernach sind die
angenommenen 2,2 Proc. selbst bei der kleinsten Dampferzeugung von 700 bis
1000k stündlich schon kaum
zureichend.Bei den sehr genauen und ausführlichen Versuchen, welche Director Pechar auf der Dux-Bodenbacher Eisenbahn
veranstaltete, ermittelte Prof. Gollner
nachfolgende – mir freundlichst mitgetheilte – Werthe der Dampfnässe an
einem Locomotivkessel mit Nepilly'scher
Feuerung (vgl. 1882 243 * 283. 1883 248 223) von 140qm Heizfläche, 5qm,78
Wasserspiegelfläche bei mittlerem Stande:Stündliche Dampferzeugung408340283760kStündlich auf 1qm
Wasserspiegel 716,5 705,2 650kDampfnässe17,724,621,8Proc.Calor. Wirkungsgrad des Kessels, be-zogen auf
den Heizwerth der Kohle71,272,977,8Proc.Der Versuchskessel zu Creusot arbeitete auch mit Blasrohr, zu welchem der
Dampf aus der Hauptleitung des Werkes genommen wurde. derart
angestrengt wurde, daſs es sehr schwierig war, den Kesseldruck zu erhalten.
(Schluſs folgt.)