Titel: | Ueber Neuerungen im Hüttenwesen. |
Fundstelle: | Band 256, Jahrgang 1885, S. 506 |
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Ueber Neuerungen im Hüttenwesen.
(Patentklasse 40. Fortsetzung des Berichtes S. 317
d. Bd.)
Ueber Neuerungen im Hüttenwesen.
Nach F. C. G. Müller (Stahl und
Eisen, 1885 S. 179) ist der Tiegelstahlprozeſs
zur Herstellung von Edelstahl unentbehrlich. Der bei den auf einem österreichischen
Tiegelstahlwerke ausgeführten Versuchen zur Herstellung der Tiegel verwendete
Graphit bestand aus etwa 75 Proc. Kohlenstoff, 13 Proc. Kieselsäure, 8 Proc.
Thonerde, 1,8 Proc. Eisenoxyd, 0,2 Proc. Kalk und 2 Proc. Wasser, der benutzte Thon
aus 50,1 Proc. Kieselsäure, 33,6 Proc. Thonerde, 2,8 Proc. Eisenoxyd, 3,2 Proc.
Kali, 0,5 Proc. Magnesia und 10,1 Proc. Wasser. Die Tiegel wurden mit einem Einsatze
von 20 bis 30k im laufenden Betriebe mit den
anderen Tiegeln zusammen in den Siemensofen gesetzt und bei hartem Stahl 5 Stunden,
bei weichem 6 Stunden erhitzt (vgl. A. Brand S. 229 d.
Bd.).
In einem Tiegel aus 3 Th. Graphit und 3,25 Th. Thon wurde
steirisches weiches Roheisen (I), 1mal (II), 2mal (III) und 3mal umgeschmolzen (IV)
und enthielt:
I
II
III
IV
Kohlenstoff
3,593
3,709
3,773
3,636
Mangan
2,038
1,910
1,856
1,864
Silicium
0,075
0,578
0,765
1,069
Gefrischter Rohstahl (I), 1mal (II) und 2mal (III)
geschmolzen:
I
II
III
Kohlenstoff
0,939
1,193
1,268
Mangan
0,240
–
0,224
Silicium
0,021
0,358
0,628
Phosphor
0,012
–
–
Schwefel
0,000
0,000
–
Gefrischtes Schmiedeisen (I), 1mal (II) und 2mal (III)
geschmolzen:
I
II
III
Kohlenstoff
0,048
0,251
0,350
Mangan
0,083
–
–
Silicium
0,021
0,081
0,257
Phosphor
0,041
–
–
Während der Block des einmal geschmolzenen Eisens noch voller
Blasen war, erstarrte das zweimal geschmolzene vollkommen dicht.
Bei den beiden folgenden Versuchen in Tiegeln aus 5 Th. Graphit
und 1 Th. Thon zeigte sich nach jeder Schmelzung der Tiegel oberhalb des Stahles
durchlöchert, so daſs also Feuergase zum Inhalte gelangen konnten. Später wurden
zwei neue Versuche ausgeführt mit Tiegeln, welche nur in ihrem unteren Theile aus 5
Th. Graphit und 1 Th. Thon, oben aber die gewöhnliche Mischung 1 : 1 enthielten.
Diese blieben heil.
Gefrischter Rohstahl (I), 1mal (II) und 2mal (III) im
Graphittiegel geschmolzen. Die Tiegel brannten oben durch:
I
II
III
Kohlenstoff
0,915
1,130
1,450
Mangan
0,214
–
0,192
Silicium
0,031
0,313
0,622
Gefrischtes Schmiedeisen (I), 1mal (II) und 2mal (III) im
Graphittiegel geschmolzen. Die erste Schmelze war porös, die zweite dient. Die
Tiegel brannten oben durch:
I
II
III
Kohlenstoff
0,048
0,720
0,675
Mangan
0,114
–
0,091
Silicium
Spur
0,290
0,624
Gefrischter Rohstahl (I), 1mal (II) und 2mal (III) in
Graphittiegeln geschmolzen. Die Tiegel blieben heil. Man hatte jedesmal 1 Proc.
Braunstein in den Tiegel gethan:
I
II
III
Kohlenstoff
0,910
1,308
1,623
Mangan
0,140
0,565
0,738
Silicium
0,049
0,203
0,350
Gefrischtes Schmiedeisen (I), 1mal (II) und 2mal (III) im
Graphittiegel geschmolzen. Der Tiegel blieb heil. Die Schmelze II erstarrte porös,
III dicht:
I
II
III
Kohlenstoff
0,040
0,671
1,336
Silicium
0,023
0,302
0,658
Gefrischter Rohstahl (I), 1mal (II) und 2mal (III) im neuen
englischen Graphit-Thontiegel geschmolzen:
I
II
III
Kohlenstoff
1,125
1,148
1,106
Mangan
0,179
–
0,141
Silicium
0,023
0,350
0,609
Gefrischtes Schmiedeisen (I), im einmal gebrauchten englischen
Tiegel geschmolzen (II) und in dem nämlichen Tiegel nochmals geschmolzen (III).
Beide Schmelzen erstarren porös:
I
II
III
Kohlenstoff
0,090
0,324
0,390
Mangan
0,093
–
0,101
Silicium
0,019
0,202
0,393.
In Graphit-Thontiegeln der gebräuchlichen Gattung, sowie in Tiegeln, welche beliebig
reicher an Graphit sind, wird somit harter und weicher Rohstahl nahezu 0,3 Proc.
Silicium aufnehmen. In Tiegeln erster Gattung erfährt harter wie weicher Stahl eine
Anreicherung von 0,2 Proc. Kohlenstoff. In Graphittiegeln zweiter Art wird bei
Werkzeugstahlhitze 0,45 Proc., bei Sensenstahlhitze 0,6 Proc. Kohlenstoff
hinzukommen. Das Mangan verhält sich ganz indifferent. Aus zugesetztem Braunsteine
wird vom Stahle im Tiegel Mangan reducirt und zwar unter gleichzeitiger Verminderung
des Siliciumgehaltes. Wenn Feuergase zu dem flüssigen Stahle im Tiegel treten, wird
nur der Kohlenstoff angegriffen, nicht auch das Silicium und Mangan.
Die im Graphit enthaltene Kieselsäure scheint besonders leicht reducirbar zu sein.
Schwieriger wird Silicium aus einem an Thonerde reichen Thone reducirbar sein.
Chamottetiegel, welche an den Stahl so gut wie gar kein Silicium abgeben, macht der
Bochumer Verein z.B. aus rheinischem Thon mit 38
bis 40 Proc. Thonerde und 48 bis 50 Proc. Kieselsäure unter Zusatz von nur 5 Proc.
Kokes. Ein Versuch, welchen Wasum ausführte, zeigte,
daſs ein Stahl mit 0,7 Kohlenstoff nur 0,04 Silicium aufgenommen hatte.
Ein anderer bemerkenswerther Umstand ist der, daſs bei der Reaction 2C + SiO2 = Si + 2CO auch Kohlenoxydgas frei wird, und zwar
für je 0,1 Th. Silicium 1,25 vom Stahlvolumen bei 0°. Dieses in molekularer
Vertheilung entbundene Gas wird unzweifelhaft vom Stahle aufgelöst. Es macht aber
den Stahl nicht unruhiger, veranlaſst kein Spratzen oder lebhafte Gasentwickelungen,
da ja das gleichzeitig eintretende Silicium die Löslichkeit gerade für Kohlenoxyd so
auffallend erhöht.
Müller glaubt nicht, daſs man die Gase auf rein
physikalischem Wege sozusagen aus dem Stahle herauskochen kann, und stützt diese
Ansicht durch folgenden von Wasum in Bochumer Tiegeln
ausgeführten Versuch: Es wurde fertiges Thomasmetall ohne jeden Zusatz in einen glühenden Tiegel
gegossen, sofort in den Tiegelofen eingesetzt und darin 3 Stunden lang
ausgeschmolzen. Das auffallende Ergebniſs war, daſs dieses Metall beim Eingieſsen in
eine Guſsform stärker spratzte und stieg als dasjenige, welches unmittelbar gegossen
wurde. Die Analyse des nicht ausgeschmolzenen Metalles (I) sowie des
ausgeschmolzenen (II) ergab folgende Werthe:
I
II
Kohlenstoff
0,015
0,020
Silicium
0,011
0,023
Phosphor
0,023
0,034.
Nach L. Schneider (Oesterreichische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1885 * S. 257)
wurde eine Wolfram-Eisenlegirung, welche:
Eisen
68,363 Proc.
Wolfram
28,181
Mangan
0,986
Kobalt und Nickel
Spur
Silicium
0,233
Phosphor
0,008
Schwefel
Spur
Kohlenstoff
1,882
enthielt und ein specifisches Gewicht von 9,306 gegen Wasser
von 17° hatte, in groben Stücken mit Salzsäure gekocht und, nachdem die
Wasserstoffentwickelung aufhörte, das auf den Stücken lose haftende Krystallpulver
mit den Fingern abgerieben und dies mit denselben Stücken mehrmals wiederholt. Das
so erhaltene metallische Pulver wurde noch wiederholt mehrere Stunden mit Salzsäure
gekocht, schlieſslich mit Wasser, kochender Aetzkalilösung, Alkohol und Aether
gewaschen und im Wasserstoffstrome geglüht. Man erhielt auf diese Weise etwa 40
Procent eines metallischen Rückstandes, welcher aus zwei durch den Magnet trennbaren
Legirungen besteht, während nur Spuren von Wolfram in Lösung gingen.
Der gröſste Theil – und zwar 90 Procent dieses Rückstandes –
besteht aus licht stahlgrauen, vollkommen unmagnetischen Körnern, welche aus gut
ausgebildeten, einzelnen oder verwachsenen regelmäſsigen Octaedern bestehen.
Dieselben sind so hart, daſs sie Glas ritzen, lassen sich jedoch in Folge ihrer
groſsen Sprödigkeit in der Achatreibschale leicht zerreiben. Der Eisengehalt
derselben schwankt zwischen 24 und 31 Proc., der Kohlenstoffgehalt zwischen 1,4 und
1,6 Proc. An der Luft erhitzt, verglimmt das Pulver zu einem braunen unmagnetischen
Pulver, welches durch Glühen im Wasserstoffstrome wieder Wolframeisen gibt, wobei
die Krystalle ihre Form behalten; durch kochende Salzsäure läſst sich aus denselben
kein Eisen ausziehen.
Um das Verhalten des Eisens gegen den Magnet in einer anderen
Legirung damit zu vergleichen, wurde das vollkommen unmagnetische Pulver eines
Ferromangans, welches 57,6 Proc. Mangan, 35,0 Proc. Eisen und 5,87 Proc. chemisch
gebundenen Kohlenstoff enthielt, durch Glühen an der Luft oxydirt. Hierbei bildete
sich Eisenoxyduloxyd; das ganze Pulver wurde in Folge dessen magnetisch und nach dem
Reduciren im Wasserstoffstrome konnte das metallische Eisen mit dem Magnete
ausgezogen werden. Daſs Wolfram auf die chemischen Eigenschaften des Eisens auch bei
bloſs mechanischer Anlagerung einen bedeutenden Einfluſs ausübt, zeigt übrigens
schon das zu diesem Versuche verwendete Wolfram eisen, welches gegen eine Lösung von
Kupferchlorid sich vollkommen indifferent verhielt. Die mikroskopische Betrachtung
der zerdrückten Krystalle bestätigte die Vermuthung, daſs dieselben hohl sind; dem entsprechend
haben dieselben nur 3,67 sp. G.
Der magnetische Theil des durch Behandeln von Wolframeisen mit
Salzsäure erhaltenen Rückstandes ist schwarzgrau, metallisch und hat, unter dem
Mikroskope betrachtet, ein schaumartiges Aussehen. Dieselben enthalten 68,1 Proc.
Eisen, 27,7 Proc. Wolfram und 4,1 Proc. Kohlenstoff. Durch Erhitzen an der Luft
verglimmt auch dieses Pulver unter etwa 31 Proc. Sauerstoffaufnahme und bleibt
magnetisch. Durch Glühen im Wasserstoffstrome wird es ebenfalls wieder leicht zu
Wolframeisen reducirt, aus welchem sich durch Salzsäure ein groſser Theil des Eisens
ausziehen läſst. Der nach dem Kochen mit Salzsäure bleibende Rückstand enthält nur
mehr etwa 40 Proc. Eisen.
Beide Wolframlegirungen blieben auch beim Kochen eines 23,5 Proc.
Wolfram enthaltenden Roheisens mit Salzsäure zurück; nur erhielt man etwas mehr von
der eben beschriebenen magnetischen, unkrystallisirten Legirung. Die Trennung der
zwei Legirungen durch wiederholtes sorgfältiges Ausziehen mit dem Magnete gelingt
sehr gut.
Wolframstahl folgender Zusammensetzung:
Eisen
85,00 Proc.
Wolfram
11,028
Mangan
1,490
Silicium
0,263
Phosphor
0,007
Kohlenstoff
2,147
mit Salzsäure erwärmt, hinterlieſs 13,1 Proc. feines
unmagnetisches Pulver, welches 22 Proc. Eisen und 1,1 Proc. chemisch gebundenen
Kohlenstoff enthielt, also einen in Bezug auf chemische Zusammensetzung der oben
besprochenen krystallisirten Legirung entsprechenden Rückstand, während Wolfram
haltiger weicher Stahl beim Behandeln mit Salzsäure von der Verdünnung 1 zu 8 Th.
Wasser nur Spuren Eisen haltendes Wolfram und zwar in so feiner Vertheilung
zurückläſst, daſs es sich selbst in Aether nur sehr langsam zu Boden setzt.
Die besprochenen Legirungen sind nur als Wolfram zu betrachten, welches je nach
seiner Oberflächenbeschaffenheit mehr oder weniger Eisen enthält, das durch
Contactwirkung vor der Auflösung durch Säuren geschützt wird. Bemerkenswerth hierbei
ist jedoch der Kohlenstoffgehalt des zurückgehaltenen Eisens, welcher stets ein viel
höherer ist als jener der übrigen umhüllenden Eisenmasse. Es findet also
gleichzeitig mit dem Erstarren des Wolframs eine Trennung von höher gekohltem Eisen
statt und erscheint mithin die Annahme gerechtfertigt, daſs die Gegenwart desselben
zur Verflüssigung des Wolframs nothwendig war, ja daſs vielleicht im geschmolzenen
Zustande irgend eine chemische Bindung stattgefunden habe, aus welcher sich das
Wolfram, ähnlich dem Graphit im Roheisen, beim Erkalten in Octaedern ausscheidet.
Durch das Entziehen des Kohlenstoffes bei der Stahlbildung, wodurch die
umschlieſsende Masse zäher und schwerflüssiger wird, und durch mechanische
Bearbeitung desselben schwinden die einer Krystallbildung günstigen Bedingungen; das
Wolfram bleibt daher beim Behandeln mit Säuren in feiner Vertheilung zurück, hält
jedoch bei hohem Kohlenstoffgehalte des Stahles immerhin noch beträchtliche Mengen
Kohleneisen, bis es endlich bei dem an Kohlenstoff armen Wolframeisen als unendlich feines
Pulver in der Eisenmasse eingebettet erscheint.
Die gröſsere Widerstandsfähigkeit des Wolframstahles gegen
atmosphärische Einflüsse, sowie die Eigenschaft, schönen Damast anzunehmen, ist aus der Beimengung des Wolframs zu
erklären. Die Härte des Eisens wächst bekanntlich mit dem Gehalte von an und für
sich harten Legirungen desselben mit Kohlenstoff', Silicium, Phosphor u. dgl.
Aehnlich wirkt das Wolfram; nur bleibt dasselbe chemisch ungebunden, während die
erstgenannten Elemente mit Eisen chemische Verbindungen eingehen, welche sich durch
Härte auszeichnen. Daher kann eine groſse Härte des Stahles auch nur durch groſse
Mengen Wolfram erreicht werden.
Zur Reinigung von Kupfer wird nach W.
Braun in Frankfurt a. M. (D. R. P. Nr. 31276 vom 27. Mai 1884) durch das geschmolzene
Metall unter möglichstem Luftabschlusse gasförmige Salzsäure hindurch geleitet.
Dadurch soll das Kupferoxydul als Chlorkupfer verflüchtigt werden, ohne daſs Gefahr
vorliegt, das Kupfer durch andere Stoffe zu verunreinigen. Alle dem Kupfer
beigemengten Metalle, welche in der Form von Oxyden darin enthalten sind, ferner
alle Metalle, welche in Glühhitze die Salzsäure zersetzen, werden dabei gleichzeitig
entfernt. Es entsteht ein sehr geschmeidiges, blasenfreies Kupfer von hoher
elektrischer Leistungsfähigkeit. Dasselbe kann in Formen, welche mit einem
indifferenten Gase (z.B. Kohlensäure, Leuchtgas) gefüllt sind, blasenfrei gegossen
werden. Für einfache Formen genügt Schmelzen in passend gestalteten Tiegeln ohne
Umgieſsen. Das sogen. Garpolen von Oxydul haltigem Kupfer soll ebenfalls durch diese
Behandlung mit Chlorwasserstoff ersetzt werden.
Der Sauerstoffgehalt von Metallen und Legirungen muſs
nach A. Ledebur (Chemikerzeitung, 1885 S. 301) durch Glühen im Wasserstoffstrome bestimmt
werden, da derselbe nicht selten mit einem Theile des Metalles zu Oxydul verbunden
von dem übrigen Metalle gelöst ist, so daſs z.B. das Glühen im Stickstoffstrome
denselben nicht frei machen kann. War der Sauerstoff einfach gelöst und entweicht er
beim Erstarren, z.B. beim Silber, so veranlaſst er undichte Güsse (vgl. 1882 245 293).
Legirt man in einem solchen Falle das betreffende Metall mit einem anderen Körper,
dessen chemische Verwandtschaft zum Sauerstoffe in der betreffenden Temperatur
stärker ist, so daſs derselbe eine wirkliche chemische, beim Erstarren nicht
zerfallende Verbindung mit demselben eingeht, so muſs offenbar die Gasentwickelung,
das Spratzen, aufhören oder nachlassen, sofern nicht etwa noch eine andere Ursache
dafür vorhanden ist. Aus diesem Grunde jedenfalls wird das Spratzen des Silbers
abgemindert, wenn Kupfer mit demselben legirt wird; noch kräftiger als Kupfer wirkt
das leicht oxydirbare Zink. Daſs durch dieses Mittel das Hebel nicht immer
vollständig zu beseitigen ist, zumal wenn das Sauerstoff lösende Metall im groſsen
Ueberschusse zugegen ist, erklärt sich leicht. Die Einwirkung des behufs der
Sauerstoffentziehung zugesetzten Körpers verläuft um so weniger rasch, je geringer
die Menge desselben und je weniger stark seine eigene Verwandtschaft zum Sauerstoffe
ist; eine gewisse Menge gelösten – nicht gebundenen – Sauerstoffes wird also
immerhin zurückbleiben können, zumal wenn durch die Berührung mit der Luft oder mit
den Verbrennungsgasen Gelegenheit zu stets erneuter Sauerstoffaufnahme gegeben
ist.
Ist der Sauerstoff gebunden, bleibt er also beim Erstarren in dem Metalle zurück, so
verändert derselbe unmittelbar die Eigenschaften der Metalle. Kupferoxydul im Kupfer
bewirkt z.B. Abnahme der Dehnbarkeit in der Kälte und erzeugt bei gröſserem Gehalte
Rothbruch; aber ein mäſsiger Kupferoxydulgehalt ist freilich häufig unentbehrlich,
um die Auflösung von Wasserstoffgas zu hindern, welches beim Erstarren Blasenbildung
hervorrufen würde, und um der noch nachtheiligeren Einwirkung anderer im Werkkupfer
auftretender Stoffe, z.B. des Wismuths, entgegen zu wirken. Ein Eisenoxydulgehalt
des Eisens ruft Rothbruch hervor; ein Nickeloxydulgehalt des Nickels beeinträchtigt
dessen Dehnbarkeit u. dgl. Enthält dagegen das Metall Stoffe, welche reducirend auf
das gelöste Oxydul einwirken können, so kann ebenfalls Gasentwickelung und undichter
Guſs entstehen. Eisenoxydul im geschmolzenen Eisen gibt z.B. mit vorhandenem
Kohlenstoffe Kohlenoxyd, Dasselbe wird zweifellos beim geschmolzenen Nickel der Fall
sein, sofern dasselbe Nickeloxydul oder andere durch Kohlenstoff reducirbare
Metalloxyde neben Kohlenstoff enthält. Im geschmolzenen Schwarzkupfer wirkt
gebildetes Kupferoxydul zerstörend auf Schwefelkupfer unter Entwicklung von
Schwefligsäure u.s.f. Schon sehr kleine Mengen der in solcher Weise gebildeten Gase
können sehr deutliche Wirkungen hervorrufen, da ihr Rauminhalt in der gewöhnlich
hohen Temperatur des geschmolzenen Metalles sich um ein Vielfaches vergröſsert.
Der Sauerstoff läſst sich unschädlich machen, wenn man Stoffe zusetzt, welche eine
gröſsere Verwandtschaft zum Sauerstoffe haben und deren Sauerstoffverbindungen im
Metallbade unlöslich sind, daher ausgeschieden werden, oder welche die Eigenschaften
des Metalles minder ungünstig beeinflussen als die ursprünglich vorhandene
Sauerstoffverbindung. Die durch Einwirkung von Eisenoxydul auf Kohle, von
Kupferoxydul auf Schwefel u.s.w. hervorgerufene Gasentwickelung kann offenbar nicht
eintreten, wenn das neu entstehende Oxydul nicht durch Kohle oder Schwefel zerlegt
wird. Zur Zerstörung des Eisenoxyduls im flüssigen Eisen benutzt man Mangan, zur
Zerstörung des Kupferoxyduls in der Bronze Phosphor u.s.f. In verschiedenen Metallen
und Legirungen wurden folgende Sauerstoffmengen in Hunderttheilen gefunden:
Gewöhnliches Handelskupfer
0,227
Kupferblech
0,124
Unter einer Salzdecke geschmolzenes und gegossenes Kupfer,
dicht
0,092
Gegossene Bronze mit 4 Proc. Zinn aus der kgl.
Geschützgieſserei Spandau
0,070
Geschützbronze ebendaher mit 10 Proc. Zinn
0,051
Glockenbronze aus einer zersprungenen, in früherer Zeit
gegossenen Glocke mit 72,5 Proc. Kupfer, 23,7 Proc. Zinn, 1,8 Proc.
Blei
0,126
Manganbronze aus Spandau mit 0,14 Proc. Mangan, 1,55 Proc.
Eisen, 5,86 Proc. Zinn
0,036
Phosphorbronze ebendaher mit 0,004 Proc. Phosphor
0,038
Berliner Guſsmessing
0,033
Wiener Guſsmessing, für Blechdarstellung bestimmt
0,015
Guſsnickel aus Pfannenstiel, spröde, undehnbar
0,304
Dehnbares Nickel ebendaher (ohne Magnesiumzusatz erzeugt), zu
einem Bleche ausgewalzt und gebördelt
0,084
Fleitmann'sches Nickelblech (mit
Magnesiumzusatz erzeugt) aus Iser- lohn, dehnbar
0,095
Neusilber, gegossen
0,061