Titel: | Verhalten Fehling'scher Lösung gegen Tannin; von A. Sonnenschein. |
Autor: | A. Sonnenschein |
Fundstelle: | Band 256, Jahrgang 1885, S. 556 |
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Verhalten Fehling'scher Lösung gegen Tannin; von
A. Sonnenschein.
Sonnenschein, über Verhalten Fehling'scher Lösung gegen
Tannin.
Bei Zuckerbestimmung im Weine wird fast allgemein Fehling'sche Lösung benutzt; bei der Unbeständigkeit derselben ist es von
vorn herein zu erwarten, daſs auch andere Stoffe als Traubenzucker reducirend auf
sie einwirken. Auf diese Thatsache wurde ich durch meinen verehrten Lehrer Prof. J. J. Pohl und durch Kayser in der Zeitschrift für analytische
Chemie, 1885 S. 313 aufmerksam gemacht.
Da bei der Herstellung des Weines Tannin in denselben gelangt, so suchte ich zunächst
dessen Verhalten gegen Fehling'sche Lösung
festzustellen. Ich fand nun, daſs Tannin reducirend auf dieselbe einwirkt, und
diesbezügliche quantitative Bestimmungen scheinen mir zu zeigen, daſs das
Reductionsvermögen ein constantes sei: 0g,2983
käufliches Tannin wurden in Wasser gelöst und auf 500cc gebracht. 25cc dieser Lösung = 0g,014915 Tannin wurden mit 25cc
Fehling'scher Lösung in einem Becherglase 5 Minuten
gekocht, das Cu2O durch ein kleines Papierfilter von
der Flüssigkeit getrennt, mit heiſsem Wasser ausgewaschen, nach dem Trocknen Filter
mit dem Niederschlage verascht, die Asche mit Salpetersäure befeuchtet und nochmals
geglüht und gewogen. Zwei Bestimmungen ergaben für 25cc obiger Tanninlösung 0g,0362 und 0g,0361, im Mittel 0g,03615 CuO. 1g CuO entspricht daher
0g,4126 Tannin und 0g,4245 Traubenzucker. Nimmt man in einem Weine
einen Gesammtgerbsäuregehalt von 0g,02 in 100cc und Weingerbsäure-Tannin an, so entsprechen
denselben 0g,0485 CuO = 0g,0206 Traubenzucker; es wird also um den
Procentgehalt Gerbsäure an Zuckerprocent mehr gefunden.
Nach Mittheilung des Prof. J. J. Pohl reducirt auch
Glycerin Fehling'sche Losung. Quantitative Bestimmungen
habe ich in dieser Richtung noch nicht gemacht. Da nun aber auch die anderen
Bestandtheile des Weines, wie Bernsteinsäure u. dgl., ähnlich wirken dürften, so
wird man bei Zuckerbestimmungen im Weine mit Fehling'scher Lösung immer einen Fehler von einigen Zehntelprocenten und mehr
machen.
Auf dieses Verhalten des Tannins eine Gerbsäure-Bestimmung zu gründen, scheint im
voraus unthunlich wegen der Gegenwart anderer organischer Substanzen in den Gerbstoffbrühen, denen
ebenfalls ein Reductionsvermögen zukommen dürfte.
Wien, Laboratorium des Prof. Oser,
Mai 1885.