Titel: | Neuere Bleichverfahren. |
Fundstelle: | Band 256, Jahrgang 1885, S. 557 |
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Neuere Bleichverfahren.
Patentklasse 8. Mit Abbildungen auf Tafel 34.
Neuere Bleichverfahren.
Um Leinen und Jute zu
bleichen, sollen die Stoffe nach dem von C. A. Martin in
Wildenfels (D. R. P. Nr. 31413 vom 6.
Juli 1884) angegebenen Verfahren zuerst in einer aus Soda und Terpentinöl
bestehenden Lauge und dann einige Male mit einer Soda und Benzin haltenden Lauge gekocht werden.
Nach jeder Kochung sind die Stoffe in einem mit schwefelsaurer Thonerde versetzten
Chlorbade und in einem schwach sauren Wasserbade zu behandeln.
E.
Hermite in Rouen (* D. R. P. Nr. 30790 vom 4. November 1883) will zur
Herstellung von Bleichflüssigkeiten für Textilstoffe
und besonders für Papierzeug Lösungen von Chlornatrium
oder Chlorkalium in Gegenwart eines Metalles mittels Elektricität zerlegen.
Eine Anzahl Elemente wird dadurch gebildet, daſs man metallisches. Blei in eine
Lösung von Seesalz eintaucht und den elektrischen Strom hindurchleitet. Zu diesem
Zwecke setzt man in die Holzkufen A (Fig. 5 Taf. 34) die
porösen Zellen B und als negative Elektrode die
Bleicylinder C hinein. Um die Zellen B wird ein zweiter Bleicylinder D aufgestellt, welcher als positive Elektrode dient. Die Zelle sowie auch
die Kufen werden mit Seesalzlösung gefüllt, welche durch die Pumpe G aus dem Behälter H nach
dem Behälter K gehoben wird, von wo die Lösung in die
verschiedenen Elemente zur Vertheilung gelangt. Jede Holzkufe A hat am Boden ein Ablaſsrohr a, durch welches die am positiven Pole erzeugte Lösung von Chlorblei in
eine Pfanne E geleitet wird, deren Inhalt sich in einem
Behälter F sammelt. Die am negativen Pole gebildete
Alkalilauge wird durch die gemeinschaftlich in eine Kammer L mündenden Rohre b vom Boden der Zellen B durch die Pumpe M
abgesaugt und in den Behälter N geschafft, um sie in
gewöhnlicher Weise zum Bleichen u. dgl. zu verwenden.
Die Lösung von Chlorblei soll nun in Gegenwart der Faserstoffe elektrolytisch zerlegt
werden. Auf den Boden der Kufe eines gewöhnlichen Papierstoff-Holländers wird, wie aus Fig. 6 Taf. 34 hervorgeht,
eine Bleiplatte a gelegt, welche den Boden der Kufe
bedeckt und an beiden Enden mit Kupferstangen b
verbunden ist; die zu dem negativen Pole des Strom Wechslers einer Dynamomaschine
führen. Ueber diese Bleiplatte ist ein Holzrahmen c
gelegt, welcher zur Unterstützung eines. Drahtnetzes oder, noch besser, von
gelochten Platten d aus gebranntem Thon dient. Oberhalb
dieses Drahtnetzes oder der Thonplatten wird eine Kohlenplatte c oder ein Platinblech gelegt, welches durch eine
zweite Kupferstange f mit dem positiven Pole des
genannten Stromwechslers verbunden ist. Ueber die Kohlenplatte wird wieder ein
Holzrahmen gelegt, welcher ein zweites Drahtnetz oder gelochte Platten s von gebranntem Thon trägt. Das Papierzeug wird auf
diese Platten s gelegt und die Kufe mit Wasser und
Chlorblei, Chlorzink oder irgend einem anderen Chlormetalle gefüllt. Unter dem
Einflüsse des elektrischen Stromes wird das Chlormetall zerlegt; das Metall schlägt
sich auf der Bleiplatte a nieder und füllt den Raum
aus, welcher zwischen letzterer Platte und den gelochten Platten d aus gebranntem Thon besteht. Das frei werdende Chlor
entwickelt und vertheilt sich in dem die Kufe anfüllenden Papierzeuge und bleicht
dasselbe. Gegen das Ende der Arbeit nimmt man das Blei, welches sich abgesetzt hat, durch eine
Oeffnung in der Wand der Kufe heraus und gebraucht dasselbe, um eine frische Menge
Alkalichlorid zu zerlegen, wobei es sich wieder in Chlorblei verwandelt, welches
alsdann abermals auf die beschriebene Weise verwendet wird.
Einfacher ist der ältere Vorschlag von A. Lidoff und W. Tichomiroff in ihrem Buche: Le blanchiment électrique (Moskau 1883), unmittelbar concentrirte
Salzlösungen der Elektrolyse zu unterwerfen, wobei sich freies Chlor,
unterchlorigsaure und chlorsaure Salze bilden, welche vortheilhaft zum Bleichen
verwendet werden.
Nach L. Naudin (Génie
civil, 1883 Bd. 3 S. 367) werden die zu bleichenden Stoffe in einen
Behälter C (vgl. Fig. 7 Taf. 34) gepackt.
Die in dem geschlossenen Behälter A durch die mit einer
Dynamomaschine M verbundenen Elektroden a und e theilweise in
Hypochlorit übergeführte Kochsalzlösung flieſst durch Rohr n auf die Stoffe, während die erschöpfte Bleichflüssigkeit mittels Pumpe
P durch Rohr g zur
Wiederanreicherung den Elektroden zugeführt wird. Etwa entweichendes Chlor wird in
B durch eine Alkalilösung gebunden. Das Verfahren
ist jedenfalls beachtenswerth (vgl. Dobbie 1882 246 155).
Nach R.
Reichling in Bernburg (* D. R. P. Kl. 55 Nr. 30636 vom 10. Mai 1884) werden zu
bleichende Papierhalbzeuge in dicht verschlossene, mit
einem doppelten Boden aus Filtersteinen versehene Kammern A (Fig.
8 und 9 Taf. 34) gebracht. Die mit Siebröhren e
verbundenen Rohre a und die am tiefsten Punkte des
unteren Bodens mündenden Rohre v sind durch Hähne so
mit einander verbunden, daſs sie mit. der äuſseren Luft, der Pumpe C sowie den Behältern D
und E für Chlorwasser und verdünnte Schwefelsäure in
Verbindung gebracht werden können. Ein Wasserbehälter steht durch das Rohr l mit den Rohren a und
durch das Rohr c mit den Kammern in Verbindung, während
die von der Decke der Kammern A ausgehenden Rohre k zu einem Gasometer für Kohlensäure führen.
Die Kammern A werden durch das Rohr s aus den darüber liegenden Holländern mit dem
gemahlenen, gut ausgewaschenen Halbstoff gefüllt. Das überflüssige Wasser läſst man
durch Rohre v zunächst abflieſsen, verbindet dann
dieselben durch entsprechende Hahnstellung mit der Pumpe C, welche den Rest des Wassers absaugt und eine Luftverdünnung bewirkt.
Dann wird die Verbindung mit der Pumpe unterbrochen und die Kammern werden mit dem
Behälter D, welcher die verdünnte Chlorwasserlösung
enthält, verbunden, so daſs in Folge der Luftverdünnung das Bleichwasser von selbst
durch die Rohre a und v
angesaugt wird und, durch die Siebrohre e bezieh. der
Bodenöffnung hindurchtretend, den Halbstoff allseitig und gleichmäſsig durchtränkt,
Darauf werden die Hähne in den Rohren k geöffnet, so
daſs die unter einem bestimmten Drucke stehende Kohlensäure in den oberen Theil der
Kammern überströmt, strömt, das Chlorwasser vor sich her herab nach dem Behälter D zurückdrückt und den Halbstoff nach und nach von oben
nach unten durchdringt. Wenn die Kohlensäureschicht bis an die Siebrohre e heranreicht, wird der Verbindungshahn der Rohre a und v geschlossen, damit
die Kohlensäure nicht austreten kann, sondern gezwungen wird, durch den Stoff bis
auf den Boden vorzudringen. Sobald nun die Kohlensäure durch das Rohr v austritt (ein Anzeichen, daſs der Stoff ganz von
derselben durchdrungen ist), wird die Verbindung mit dem Behälter D abgestellt und der Stoff etwa ½ Stunde lang der
Einwirkung der Kohlensäure überlassen. Hierauf wird bei entlastetem Gasometer durch
die Pumpe C aus dem Behälter D wieder Chlorwasser in die Kammern gedrückt, welches die nicht
verbrauchte Kohlensäure in den Gasometer zurücktreibt. Dann wird umgekehrt wiederum
das überschüssige Chlorwasser in der oben erläuterten Weise durch Kohlensäuredruck
verdrängt und dieser Prozeſs etwa 12 Stunden hindurch wiederholt.
Da in Folge der Anordnung der Siebrohre e das
Chlorwasser beim jedesmaligen Eindrücken in die Kammern sich gleichmäſsig durch den
ganzen Stoff vertheilt, so vollzieht sich der Bleichprozeſs in sehr regelmäſsiger
Weise und wird in den meisten Fällen in genanntem Zeiträume eine gute Bleiche
erzielt; nötigenfalls kann der Prozeſs beliebig länger ausgedehnt werden. Zuletzt
wird der Stoff mit Hilfe der Pumpe C aus dem Behälter
E mit verdünnter Schwefelsäure durchtränkt und
schlieſslich durch die Rohre a und c abwechselnd von oben und unten mit reinem Wasser
ausgewaschen. Das Wasser wird dann mittels der Pumpe C
wieder in solchem Grade abgesaugt, als es für die weitere Verwendung des
betreffenden Halbstoffes erwünscht erscheint. Beim Entleeren der Kammern können die
Siebrohre e behufs bequemeren Arbeitens und Reinigens
herausgenommen werden.