Titel: Der sogen. Clapp-Griffiths-Prozess zur Flusseisenerzeugung.
Fundstelle: Band 257, Jahrgang 1885, S. 21
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Der sogen. Clapp-Griffiths-Prozeſs zur Fluſseisenerzeugung. Mit Abbildungen auf Tafel 3. Der sogen. Clapp-Griffiths-Prozeſs zur Fluſseisenerzeugung. Ueber die von Clapp und Th. Griffiths in Blacnavon angegebenen Neuerungen an feststehenden Bessemeröfen ist in D. p. J. 1883 247 * 331 und 1884 252 250 bereits kurz berichtet worden. In der Zwischenzeit hat sich der sogen. Clapp-Griffiths-Prozeſs nicht allein über England, seiner Heimath, sondern auch über Amerika weiter ausgedehnt, sich u.a. auch auf den Remy'schen Blechwerken bei Rasselstein am Rhein eingeführt, so daſs weitere Mittheilungen über diesen Gegenstand erwünscht erscheinen können. Der Clapp-Griffiths' Prozeſs besteht nicht in einem neuen Verfahren, sondern die Neuerungen betreffen nur die Oefen. Das Verfahren ist das bekannte von Bessemer vorgeschlagene Windfrischen und zwar mit Hilfe feststehender Oefen, wie sie früher in Schweden und versuchsweise auch in Kärnthen gebräuchlich waren.Vermuthlich wurden die Schweden, als sie den Bessemerprozeſs zuerst auszuführen suchten, auf die Anwendung dieser von den in England üblichen kippbaren Birnen abweichenden Oefen durch Ersparniſsrücksichten gebracht. Die alten feststehenden schwedischen Oefen hatten die Gestalt eines niedrigen Kupolofens, welcher oben einen etwas gebogenen Hals zur seitlichen Abführung der Flamme besaſs. Etwas über dem schrägen Boden, an dessen tiefstem Punkte ein Abstich angebracht war, mündeten etwa 6 Düsen, welche liegend radial angeordnet waren. Das Roheisen wurde in einem Kupolofen umgeschmolzen und dann mittels einer Rinne durch eine Thür in den Bessemerofen eingelassen. Erreichte das Eisenbad die Höhe der Düsen, so muſste der Wind angelassen werden. Derselbe hatte nur einen Druck von ¼ bis ⅓at, da die geringe über den Düsen stehende Eisensäule einen höheren Winddruck nicht benöthigte. Hatte er das Eisen auf den gewünschten Grad entkohlt, so setzte man Spiegeleisen hinzu und stach das Bad in eine Form ab. Der Satz hatte gewöhnlich ein Gewicht von 1000 bis 1500k. Der Wind muſste natürlich so lange in das Eisenbad eingelassen werden, als dasselbe die Düsen noch bedeckte. Die Kosten für eine derartige Anlage stellten sich ihrer gröſseren Einfachheit wegen geringer als die für eine englische Bessemeranlage. Das Verfahren in den schwedischen Oefen konnte sich aber nicht halten, weil es auf unrichtigen Grundsätzen beruhte. Es wird auch mit den neuen Verbesserungen eine unvollkommene Ausführung des englischen Bessemerverfahrens bleiben, welche voraussichtlich kaum neben letzterem auf die Dauer den Platz zu behaupten vermöchte. Bedenken erregt z.B. die schlechte Windvertheilung des schwedischen Ofens gegen die der englischen Birne. Während bei letzterer 100 und noch mehr feine Windstrahlen das Eisenbad in seiner ganzen Höhe durchströmen, blasen beim schwedischen Ofen nur ungefähr 6 starke Windstrahlen von der Seite in das Bad hinein, so daſs sie dasselbe nur in seiner halben Höhe berühren. Die Folge hiervon muſs sein, daſs die Blasezeit länger dauert und also auch ein gröſserer Verschleiſs des Futters durch das längere Verweilen des Eisens im Ofen eintritt. Auſserdem können in Folge des geringeren Winddruckes nur kleinere Mengen Wind in den schwedischen Ofen eingeblasen werden, im Vergleiche mit der englischen Birne. Bei letzterer wird der Wind abgestellt, sowie beim Kippen das Eisen die Düsen nicht mehr berührt, was innerhalb einiger Secunden bewirkt werden kann. Beim schwedischen Ofen konnte man aber den Wind erst dann abstellen, wenn das Bad unter die Düsen gesunken war. Verzögerte sich aber der Abstich durch irgend welche Umstände, so muſste der Wind, trotzdem das Eisen fertig geblasen war, doch weiter einströmen. Ob man dabei den Wind so weit drosselte, daſs nur eine solche Menge in das Eisenbad trat, um letzteres am Eintritte in die Düsen zu verhindern, ist nicht bekannt. Doch liegt dieses Aushilfsmittel so nahe, daſs es zweifellos ausgeführt worden ist. Als fernerer Uebelstand der schwedischen Oefen muſs das Abstechen des Eisenbades angesehen werden, welches umständlicher zu sein scheint als das Ausgieſsen durch Kippen der Birne. Gegen diese erheblichen Nachtheile verschwinden die geringeren Anlagekosten, welche sich übrigens bei Neuanlagen mit denen eines englischen Werkes fast gleich stellen, und der verminderte Auswurf, die Folge des geringeren Winddruckes, fast vollständig. Clapp und Griffiths haben nun an dem eigentlichen schwedischen Prozeſs nur die Windzuführung an den Oefen geändert. Die dazu nothwendigen Vorrichtungen sind aber so umständlicher Natur und stehen in gar keinem Verhältnisse zu dem dadurch erzielten Erfolge, daſs man daran zweifeln muſste, ob diese Neuerungen den schwedischen Oefen zu weiterer Einführung verhelfen würden. Diese Ansicht erhält eine Bestätigung dadurch, daſs die neuesten Clapp-Griffiths'schen Oefen den ganzen Ballast der patentirten Neuerungen nicht besitzen, sondern im Wesentlichen die alten Constructionen darstellen, mit dem alleinigen Unterschiede, daſs für eine Auswechselung der Böden Sorge getragen wird. Ob diese Verbesserung genügt, um den schwedischen Ofen neben der englischen Birne das Feld behaupten zu lassen, muſs die Erfahrung lehren. Referent glaubt, daſs dies nicht der Fall sein kann, wenn auch dem schwedischen Ofen in der Kleinbessemerei, welche in der Zukunft eine Rolle spielen kann, für den Anfang eine gewisse Bedeutung beigelegt werden mag. Nach den neuesten Nachrichten aus Amerika bezieh. nach dem Iron Age, 1885 Heft 9 und 11 haben die amerikanischen Clapp-Griffiths-Werke, welchen die englischen Werke als Muster gedient haben, folgende in Fig. 1 bis 4 Taf. 3 skizzirte Einrichtung. Die Oefen bestehen aus 2 Theilen, von denen der obere mittels 4 Armen auf Trägern fest verlagert ist, während der untere Theil mittels eines hydraulischen Kolbens in bekannter Weise gesenkt und durch ein anderes Bodenstück ersetzt werden kann. Der Obertheil ist mit einer etwas gebogenen Haube versehen, zur Abführung der Flamme in den seitlich stehenden Schornstein. Der Untertheil nimmt etwa 1000k Eisen auf und wird durch Keile mit dem Obertheile verbunden. Die Fuge wird einfach mit plastischem Thon verschmiert, da das Eisenbad dieselbe nie erreicht. Das Futter der Oefen besteht aus Ganister und ist im Untertheile etwa 305mm dick. Die Düsen liegen 229mm über dem Boden; das Eisen steht 203 bis 254mm über dem Düsenmittel. Um die Düsen herum ist ein gemeinschaftlicher Windkasten angeordnet, welcher vor jeder Düse mit einer Thür versehen ist, deren 3 Federschlösser durch Drehen eines Handgriffes leicht geöffnet werden können. Nach Beendigung des Blasens wird der Windzutritt, wie man es jedenfalls auch früher in Schweden machte, so weit vermindert, daſs das Eisen gerade abgehalten wird, in die Düsenkanäle einzutreten. Vor dem Einlassen eines neuen Postens hat man dann nur nöthig, die Windkastenthüren zu öffnen und die Düsen von Ansätzen zu reinigen. Die Verbindung der feststehenden Windleitung mit dem Windkasten wird auf eine leicht lösbare Weise bewirkt. Auf einer Seite des Ofens liegt der Abstich, diesem gegenüber die Einfüllöffnung und hierneben der Schlackenabstich. Die Anlage Fig. 3 und 4 besitzt 1 Kupolofen und 2 Clapp-Griffiths-Oefen, kann aber auf die doppelte Gröſse erweitert werden. Zwischen dem Kupolofen K und den in einer Reihe aufgestellten Windfrischöfen B befindet sich ein Schienengeleise, auf welchem eine fahrbare Gieſspfanne a läuft. In diese wird das Eisen aus dem Kupolofen in abgewogener Menge mit Hilfe einer Rinne eingeführt und die Pfanne dann durch Kippen mittels eines am Boden derselben anfassenden Flaschenzuges und einer Rinne in den Ofen entleert. Die Arbeitsohle der Oefen liegt 3m über der Hüttensohle und vor jedem Abstiche eine drehbare Fahrbahn F, auf welcher ein Wagen mit der Gieſspfanne p läuft. Unter dieser Fahrbahn stehen auf einem Wagen die Formen in Gruppen zu 4, 5 oder 6 Stück. Die Bühnen zum Heben und Senken der Ofenuntertheile sind durch Schienen und Drehscheiben mit dem Trockenraume T verbunden. Die Trocknung wird durch unmittelbare Verbrennung von Kokes o. dgl. in den Untertheilen bewirkt; dieselben werden dabei unter kleine Rauchfänge b gefahren. Das Fortbewegen der auf Wagen stehenden Untertheile findet durch den Flaschenzug c statt, d ist das Flügelgebläse für den Kupolofen und G die Gebläsemaschine für die beiden Windfrischöfen, welche einen Dampfcylinder von 406mm Durchmesser, einen Windcylinder von 1219mm Durchmesser und einen Hub von 762mm besitzt. Die 3 Dampfkessel D sind 1m,11 im Durchmesser und 7m,92 lang. In Fig. 3 sind noch P die Preſspumpen, U der Accumulator und S ein Sammelbecken. Mit 2 Kupolöfen will man in 24 Stunden 150t Blöcke erzeugen. Das Eisen kann in den Clapp-Griffiths-Oefen auf jeden Grad der Weichheit gebracht werden. Bemerkenswerth ist die in Folge der verhältniſsmäſsig niedrigen Temperatur des Eisenbades starke Verschlackung des Siliciums. Je geringer aber der Siliciumgehalt des Fluſseisens ist, um so höher kann sein Phosphorgehalt steigen, ohne dasselbe unbrauchbar zu machen. R. W. Hunt in Troy, welcher in dieser Richtung bemerkenswerthe Versuche anstellte, fand, daſs Eisen mit 0,08 Proc. Kohlenstoff, 0,01 Proc. Silicium, 0,5 Proc. Phosphor, 0,48 Proc. Mangan und 0,09 Proc. Schwefel eine gleichmäſsige Schweiſsbarkeit, eine groſse Weichheit besitzt, kalt gebogen und ausgeplattet werden konnte, wie zahlreiche Qualitätsproben bewiesen, welche Hunt dem American Institute of Mining Engineers bei seiner letzten Versammlung vorlegte. 9 Zerreiſsversuche mit runden, 12mm,7 dicken und 20cm langen Stäben ergaben: Absolute Zugfestigkeit 58k/qmm, Elasticitätsgrenze 42k/qmm, Dehnung 21,8 Proc. Querschnittsverminderung 30,9 Proc. Eine theilweise Entphosphorung des Eisens ist in den Clapp-Griffiths-Oefen nicht ausgeschlossen, weil man durch verschieden hoch gelegene Schlackenabstiche die Schlacke sofort nach ihrer Bildung während der ganzen Blasezeit abziehen kann. Dies ist der einzige Vortheil, welcher – seine praktische Bewährung vorausgesetzt – die Oefen lebensfähig machen könnte. Bei jedem Frischprozesse findet im Anfange der Rohfrischperiode ein Uebergang des zu Phosphorsäure oxydirten Phosphors in die Schlacke statt. Beim Puddeln zapft man zu diesem Zwecke die Schlacke ab. Beim Bessemern in der englischen Birne ist dies aus praktischen Rücksichten unthunlich. Beim schwedischen Ofen ist es aber durchführbar. Da hierbei die Phosphorsäure unmittelbar nach ihrer Bildung mit dem Eisen nicht mehr in Berührung kommt, so kann sie auch nicht mehr reducirt und dem Eisen wieder zugeführt werden. Inwieweit die Entphosphorung möglich ist, muſs wohl die Praxis lehren. Bewahrheitet sie sich, so kann der Clapp-Griffiths'sche Ofen, d. i. der alte schwedische Ofen mit auswechselbarem Boden, besonders für Deutschland, wo an Phosphor reichere Erze in groſsen Mengen vorkommen, Bedeutung erlangen.

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