Titel: | Ueber die Gehaltsbestimmung von Essig und Essigsäure. |
Autor: | F. |
Fundstelle: | Band 257, Jahrgang 1885, S. 74 |
Download: | XML |
Ueber die Gehaltsbestimmung von Essig und
Essigsäure.
Mit Abbildungen.
Ueber die Gehaltsbestimmung von Essig und Essigsäure.
Bekanntlich wird das Eigengewicht des Essigs durch seine Nebenbestandtheile, deren
Menge und Beschaffenheit je nach den verwendeten Rohstoffen sehr verschieden sind,
so stark beeinfluſst, daſs alle sogen. Essigwagen
durchaus trügerische Angaben liefern. Noch weniger brauchbar ist das specifische
Gewicht der Essigessenz, da dasselbe bei höheren Gehalten wieder abnimmt (vgl. Gehlen 1835 56 448. Tom 1836 59 237).
J. und Ph. Taylor (1823 12
352) schlug vor, das Eigengewicht des Essigs vor und nach der Neutralisation mit
Kalk zu bestimmen, wobei er als Normalessig solchen bezeichnete, von welchem 100
Theile 14,5 Th. krystallisirtes kohlensaures Natrium sättigten; das Verfahren ist
mangelhaft.
R. Fresenins (1843 90 * 210)
bestimmt die durch den Essig ausgetriebene Kohlensäure gewichtsanalytisch, C. Jehn (1878 227 590) durch
Messen.
Völker (1823 12 360) empfahl,
die Stärke des Essigs mit Kalkwasser zu bestimmen. A.
Chevallier (1835 56 448) und Lassaigne (1846 99 133)
neutralisirten den Essig mit trockenem kohlensaurem Natrium, Guibour
(1847 103 439) mit Natriumcarbonatlösung, während Fr. Otto (1840 76 * 280)
kohlensaures Kalium verwendet; oder aber er versetzt in einem passend getheilten
Röhre (Acetimeter richtiger Oxymeter) den zu prüfenden Essig mit Ammoniakflüssigkeit bis zur
Neutralisation. Letzteres Verfahren wurde von C.
Wagenmann (1842 84 452), Oechsle (1835 56 448), J. Pohl (1862 163 * 365), A. Herb (1867 186 149) und
Löwenherz (Technische
Erläuterung zum Branntweinregulativ, Berlin 1880) im Wesentlichen
beibehalten. P. Bronner (1861 162 290) beschreibt die Herstellung der Probelösungen. Die Einwürfe von
Nicholson (1856 139 441)
gegen diese maſsanalytische Bestimmung durch Neutralisation mit Alkalien wurden von
Fr. Otto (1857 144 450)
widerlegt.
Einen praktisch sehr brauchbaren Apparat zur Gehaltsbestimmung von Essig und
Essigessenz liefern neuerdings Hartmann und Hauers in
Hannover. Eine Kiste enthält eine Flasche mit Normalkalilauge, eine solche mit
Indicatorflüssigkeit, einen kleinen Stechheber, einen Cylinder mit Milchglasbelag
(vgl. Fig. 1) als Essigprober und ein Mischgefäſs für 50- und
80procentige Essigessenz und 100procentigen Eisessig (vgl. Fig. 2), sowie folgende Gebrauchsanweisung:
Fig. 1., Bd. 257, S. 75
Fig. 2., Bd. 257, S. 75
Fig. 3., Bd. 257, S. 75
Essig-Prüfung. Man nehme den Cylinder
Fig. 1., spüle denselben mit dem zu prüfenden
Essig unter tüchtigem Schütteln 2 mal rein und schwenke den Flüssigkeitsrest aus.
Sodann gieſse man den zu prüfenden Essig ein, bis die Flüssigkeitsoberfläche etwas
über dem Nullpunkte steht und ziehe mittels eines Stechhebers so viel Flüssigkeit
wieder heraus, bis die obere Linie 0-0 (Fig. 3) der
Flüssigkeitsoberfläche mit dem Nullstriche abschneidet. Zu diesem Zwecke tauche man
den Stechheber, welchen man vor dem Gebrauche stets einige Male ausschwenken muſs,
mit seinem spitzen Ende in die Flüssigkeit, schlieſse dann seine obere Oeffnung mit
dem befeuchteten Zeigefinger und ziehe denselben hoch, bis die Spitze sich eben
unterhalb der Oeffnung des Cylinders befindet. Entnahm man zu viel Flüssigkeit, so
lasse man durch Lüften des Zeigefingers so viel niedertropfen, bis der Nullpunkt
einsteht. Ist dies erreicht, so setze man 2 Tropfen Indicatorflüssigkeit hinzu und
gieſse aus der des besseren Ausflieſsens wegen nicht ganz mit Normallauge gefüllten
Gebrauchsflasche vorsichtig so lange ein, bis man bemerkt, daſs die in dem Cylinder
auftretenden rothen Wolken langsamer verschwinden. Jetzt darf man nur tropfenweise
Normallauge zusetzen und muſs abwechselnd durch Verschlieſsen des Cylinders mit dem
Daumen und zweimaliges Umkehren seinen Inhalt mischen, um so genau den
Sättigungspunkt des Essigs zu erreichen. Man beachte, daſs hierbei keine Flüssigkeit
wegspritzt. Sobald nach diesem Eintropfen und Umkehren die ganze Flüssigkeit roth
bleibt, ist die Sättigung eingetreten. Man setze dann den Cylinder auf eine
wagerechte Fläche, lasse denselben 1 Minute ruhig stehen und lese nach der oberen Linie 0-0 der
Flüssigkeitsoberfläche die Procente ab, welche angeben, wie viel Gewichtsprocente absoluter Essigsäure (C2H4O2 bezieh. C2
H4
O4) der Essig
enthält.
Essigessenz-Prüfung. Man nehme das
Meſsgefäſs Fig. 2, spüle es mit Wasser 2mal rein und
fülle es, je nachdem man 50-, 80- oder 100procentige Waare zu prüfen hat, oder einen
ähnlichen Gehalt vermuthet, bis zur unteren Marke der entsprechenden Procentzahl mit
destillirtem oder Regenwasser, so daſs, wenn das Meſsgefäſs auf einer wagerechten
Tischplatte steht, die obere Linie der
Flüssigkeitsoberfläche mit dem Striche zusammenfällt. Zum genauen Einstellen bediene
man sich wieder des Stechhebers in der oben angedeuteten Weise. Sodann gieſse man
die Essigessenz langsam ein, bis der obere Strich erreicht ist, warte mindestens 2 Minuten, bis die augenscheinliche Mischung
der Essenz mit dem Wasser beendet ist, und füge, wenn nöthig, noch einige Tropfen
Essenz hinzu, bis die obere Linie der Flüssigkeitsoberfläche mit dem Striche (100cc) genau
zusammenfällt. Man warte wieder 2 Minuten, verschlieſse dann das Gefäſs mit dem
Daumen, kehre um, schüttle so durch und wiederhole dieses Umkehren und Schütteln
2mal.
Auf diese Weise hat man die Essigessenz genau auf das 10 fache
verdünnt (also z.B. eine 50procentige Essenz auf 5procentigen Essig gebracht) und
ist nun in der Lage, das erhaltene Gemisch mit dem Essigprober genau auf dieselbe
Weise zu prüfen, wie es oben angegeben ist. Die dabei gefundene Gehaltsziffer hat
man mit 10 zu multipliciren, um den Gehalt der ursprünglich zur Prüfung vorliegenden
Essigessenz zu erfahren.
Referent hat sich durch wiederholte Versuche überzeugt, daſs man mit diesen Apparaten
sehr leicht und schnell bei Essig bis auf etwa 0,1 bei Eisessig bis 1 Proc. genaue
Ergebnisse erhält.
F.