Titel: | Neuerungen an Heizungseinrichtungen für Eisenbahnwagen. |
Fundstelle: | Band 257, Jahrgang 1885, S. 140 |
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Neuerungen an Heizungseinrichtungen für
Eisenbahnwagen.
Mit Abbildungen.
Neuerungen an Heizungseinrichtungen für Eisenbahnwagen.
Wie im Hannoverschen Gewerbeblatt, 1885 S. 19 berichtet
wird, sollen die Kosten der für Eisenbahnwagen hauptsächlich Verwendung findenden
Heizverfahren folgende sein: Die Gesammtkosten der Dampfheizung betragen 0,5 bis 0,75 Pf. für Wagen und Kilometer, Einzelöfen im Wagen selbst aufgestellt brauchen für 4
bis 5 Pf. Brennmaterial für Wagen und Stunde, während Luftheizung, wobei die Oefen unter den Wagen angeordnet sind, 0,7 bis 0,9
Pf. Kosten für Wagen und Kilometer verursachen, ferner Preſskohlenheizung etwa 5 bis 7 Pf. für Coupe und Stunde kostet (vgl. auch
Quassowski 1883 248 135.
E. Meyer 1883 249 275).
Es wird ferner mitgetheilt, daſs die Lilliehöök'sche
Dampfheizung (vgl. 1880 238 * 400) nunmehr auf allen
schwedischen Bahnen und in wenig abgeänderter Weise auch auf der sächsischen
Staatsbahn eingeführt worden ist. Bei der letzteren beträgt der Kohlenverbrauch für
Coupe und Kilometer ungefähr 0k,046.
Fig. 1, Bd. 257, S. 140
Eine für jeden Wagen besonders eingerichtete Dampfheizung wird, wie der Techniker, 1885 *
S. 126 mittheilt, von der Standard Car Heating and
Ventilating Company in Pittsburg ausgeführt. Hierbei erhält jeder Wagen
einen eigenen kleinen Dampfkessel, welcher im Untergestelle angebracht wird und nur
aus zwei zusammengenieteten Stücken, einem schalenförmigen Behälter und einem
gewölbten Deckel besteht, wie Fig. 1 zeigt. Der
Kessel enthält 45l Wasser und wird in den
Feuerraum eingehängt, welcher aus zwei in einander gesteckten Blechcylindern
gebildet ist, deren Zwischenraum man mit einem Gemische von Schlackenwolle und
Asbest ausfüllt. Seitlich schlieſsen an den Feuerkasten zwei lange und schräg
liegende Füllschächte an, welche in der Mitte unter dem Wagen an den Seiten
desselben münden. Bei Indienststellung des Zuges werden die Schächte mit
Anthracit-Kohlen gefüllt, welche dann durch das beim Fahren entstehende Schütteln
selbstthätig nach dem Feuerraume vorrücken, ähnlich wie bei gewöhnlichen Füllöfen.
Eine Füllung der
Schächte soll für 20 Stunden genügen. Für die Zuführung der Luft unter den Feuerrost
ist eine selbstthätige Regelung mittels Dampfdruck (vgl. Bechern und Post 1882 245 * 55. Martini 1884 255 * 181)
angeordnet, indem der Dampf im Kessel in einem auf diesen gesetzten Gehäuse gegen
eine mit ihrem Rande eingespannte elastische Scheibe drückt, auf welcher ein durch
Gewicht beschwerter Stift lastet. Dieser drückt auf den kurzen Arm eines
Doppelhebels, dessen längerer Arm eine in dem Luftzuführungskanale eingesetzte
Drosselklappe verstellt. Die Feuergase ziehen in einem Rohre unter dem Boden des
Wagens und dann in einer Ecke desselben, in welcher der Abort eingerichtet ist, in
die Höhe; hierdurch wird das die schlechte Luft aus letzterem abführende Abluftrohr
angewärmt. Die Heizröhren, welche in beliebiger Weise durch den Wagen gelegt werden,
sind zur Vergröſserung der Heizfläche mit Drahtspiralen umwickelt (vgl. Fig. 2). Für die während der kalten Jahreszeit
erforderliche Vorwärmung der in den Wagen einzuführenden Frischluft wird diese von
auſsen an einem Ende des Wagens in einen durchbrochenen Kasten geführt, in welchen
Heizröhren mit Drahtspiralen eingelegt sind, und so erwärmt in den Wagen
eingeleitet.
Fig. 2., Bd. 257, S. 141
Für die Heizung mittels Wärmflaschen, welche mit heiſsem
Wasser gefüllt sind, werden im Scientific American
Supplement, 1885 S. 7632 zwei hier schon bekannte Verfahren zur Erwärmung der gefüllten Flaschen mitgetheilt. Die eine
Methode wird von der französischen Orleans-Eisenbahn-Gesellschaft benutzt und
besteht in der Einleitung eines Dampfstrahles in die mit Wasser gefüllten Flaschen;
diese Erwärmung derselben ist jedoch zeitraubend und verursacht Schwierigkeiten
bezüglich des dichten Anschlusses des Dampfzuleitungsrohres an die Flaschen (vgl.
1879 234 * 371). Einfacher und handlicher erscheint die
zweite von Regray angegebene Einrichtung, welche die
französische Ostbahn-Gesellschaft in Gebrauch hat. Hierbei werden die kalten
Wärmflaschen in eine endlose, breite Kette eingehängt, welche wie bei dem
Paternosterwerk über zwei Rollen läuft und durch Riementrieb und Zahnradvorgelege
von einer kleinen Dampfmaschine aus langsam bewegt wird. Die Kette führt abwärts in
einen unter dem Fuſsboden angeordneten ziemlich hohen Behälter, welcher durch
eingeleiteten Dampf stets kochendes Wasser enthält. Die Flaschen tauchen somit in
dieses heiſse Wasserbad, gehen in diesem ab- und aufwärts, gelangen dann wieder auf der Kette über den
Fuſsboden, werden hierbei durch am Apparate angebrachte Bürsten abgewischt und
rutschen dann selbstthätig nahe unter der oberen Rolle auf ein Abrutschblech, von
welchem ein Arbeiter die erhitzte Wärmflasche abnimmt. Das Auflegen der Flaschen auf
der anderen Seite erfolgt auch durch Vermittelung eines geneigt liegenden
Zuführbleches, auf welches ein anderer Arbeiter die kalte Wärmflasche aufgibt, so
daſs dieselbe nach der Kette rutscht und sich in diese einlegt. Mit Hilfe eines
solchen Apparates werden 288 Wärmflaschen in der Stunde erhitzt, so daſs die
aufgelegte Wärmflasche nach 12½ Secunden wieder abgenommen wird. (Vgl. auch Verloop's Heizkessel 1881 239 * 196.)
Fig. 3, Bd. 257, S. 142
In anderer Weise will A. Ancelin in Paris
(Oesterreichisch-Ungarisches Patent Kl. 20 vom 28. April 1884) die Wiedererwärmung von Wärmflaschen ausführen,
insbesondere solcher, welche mit essigsaurem Natron gefüllt werden (vgl. 1881 241 106 und 1885 256 * 31).
Hierbei sollen eine gröſsere Anzahl von Wärmflaschen in einen feststehenden oder
beweglichen Kessel gestellt und in diesem einem Dampf bade ausgesetzt werden. Das
Innere des Kessels ist mit durchbrochenen Zwischenwänden C (Fig. 3) versehen, um die einzelnen
Wärmflaschen von einander zu trennen; diese Wände können derart unter sich und mit
einem gelochten Boden verbunden sein, daſs die Wärmflaschen mit ihnen zusammen auf
einmal aus dem Kessel herausgezogen werden können, was für feststehende Apparate bei
Verwendung eines Flaschenzuges zweckmäſsiger erscheinen kann. Ist der Kessel
lothrecht aufgestellt, so erfolgt die Erwärmung der Wärmflaschen in kürzerer Zeit;
jedoch erfordert das Ausheben und Einsetzen der Flaschen eine besondere
Hebevorrichtung; ein wagerechter Heizkessel ermöglicht ein leichteres Auswechseln
der Flaschen; jedoch geht deren Erwärmung langsamer vor sich. Die Vortheile beider
Aufstellungen können dadurch vereinigt werden, daſs der Kessel um Zapfen O drehbar angeordnet wird, wie die Figur zeigt. Diese
Zapfen sind dann hohl und wird durch den einen der Dampf zugeführt, durch den
anderen das niedergeschlagene Wasser abgeleitet. Die Auswechselung der Wärmflaschen
erfolgt hierbei bei wagerechter oder schwach geneigter Lage des Kessels, während die
Erwärmung derselben
bei lothrechter Stellung vor sich geht. Das Rohr b
führt den Dampf aus dem Hohlzapfen in den Kessel, während durch das Rohr t, welches von der tiefsten Stelle des Kessels ausgeht,
das Niederschlagswasser nach dem anderen Zapfen geleitet wird. Es können auch die
Zapfen voll und die Zu- und Ableitungsrohre biegsam angeordnet werden. Das Drehen
des Kessels soll mittels eines Handgriffes oder durch ein passendes Getriebe
erfolgen. Der Dampf, welcher in die neben einander aufgestellten Kessel eingeleitet
wird, muſs zweckmäſsig stets gleichen Druck haben, damit die Erwärmung immer
innerhalb desselben Zeitraumes erfolgt:, hierzu schaltet Ancelin in die Dampfzuleitung einen Druckregler ein. Es soll ferner das
Niederschlagswasser wieder zur Speisung des Dampfkessels verwendet werden, weshalb
Ancelin zwei geschlossene Gefäſse anordnet, welche
abwechselnd mit den Erwärmungskesseln und dem Dampferzeugungskessel in Verbindung
gebracht werden derart, daſs wenn eines der Gefäſse mit Niederschlagswasser gefüllt
ist, wobei durch einen Lufthahn das Gefäſs mit der äuſseren Luft in Verbindung
steht, um eine Druckverminderung zu erzeugen, das Gefäſs von den Erwärmungskesseln
abgesperrt und andererseits die Leitung geöffnet wird, welche seinen unteren Theil
mit dem Dampferzeuger verbindet, während man in den oberen Theil frischen Dampf aus
letzterem einströmen läſst; in Folge dessen flieſst das Niederschlagswasser in den
Dampfkessel.
Statt auf die beschriebene Weise Dampf in die Erwärmungskessel einzuführen, dessen
Spannung durch einen Regelungsapparat gleich hoch erhalten wird, können auch in die
dabei mit Wasser gefüllten Kessel Rohrschlangen eingelegt werden, durch welche der
Dampf geleitet wird, so daſs die Wärmflaschen in einem Wasserbade erhitzt werden.
Lassen sich die Erwärmungskessel in einer gewissen Höhe über dem Dampferzeuger
anordnen, so können die Sammelgefäſse für das Niederschlagswasser weggelassen
werden; der Dampf wird dann von dem Dampferzeuger nach den Kesseln geleitet und
strömt von diesen wieder unmittelbar nach dem Dampferzeuger zurück. Hierbei müssen
aber die Heizkessel mit Sicherheitsventilen versehen werden, damit der Druck nicht
zu hoch steigt. Die Heizkessel können endlich auch über freiem Feuer statt durch
Dampf erhitzt werden, wenn dies die Verhältnisse auf kleineren Bahnhöfen zweckmäſsiger erscheinen lassen.