Titel: | Ueber chlorsaures Chromoxyd; von Dr. E. Lauber, techn. Direktor, und C. Weinreb, Colorist in Pabianice. |
Autor: | E. Lauber , Carl Weinreb |
Fundstelle: | Band 257, Jahrgang 1885, S. 290 |
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Ueber chlorsaures Chromoxyd; von Dr. E. Lauber,
techn. Direktor, und C. Weinreb, Colorist in Pabianice.
Lauber und Weinreb, über chlorsaures Chromoxyd.
Das von Storch und de
Coninck (vgl. 1877 225 296) entdeckte chlorsaure Chromoxyd hat trotz der
von den Entdeckern und nachher von Dépierre und Tartarinoff (1878 228 260) veröffentlichten Erfahrungen
einen gröſseren Eingang in die Druckindustrie aus verschiedenen Gründen nicht finden
können. Die oxydirende Einwirkung des bei der Zersetzung des chlorsauren Chromoxydes
im Dämpfen entstehenden Chlorperoxydes auf die Faser, welche ohne Zweifel eine
Bildung der Witz'schen Oxycellulose zur Folge hat,
lieſs die Fachgenossen bald von den angestellten Versuchen abgehen, die bei der
Zersetzung des chlorsauren Chromoxydes, wenn wir so sagen dürfen, im status nascens auftretende Chromsäure zu benutzen. Erst
Storch gelang es, durch geeignete Maſsregeln den
gefährlichen Wirkungen des Chlorperoxydes zu begegnen und den Uebergang des
chlorsauren Chromoxydes in Chromsäure für die Technik nutzbringend anzuwenden. Der
Gedanke, welcher ihn zur besonderen Verwendung des chlorsauren Chromoxydes führte,
lag in den wohlbekannten Thatsachen, daſs bei der Fabrikation der sogen. Chromwaare
Dampfalizarinroth und Rosa bei Einwirkung der heiſsen Chromirbäder sehr stark leiden
muſsten, daſs sie einen bräunlichen Ton annahmen, der trotz allen Seifens, Chlorens
und Verhängens in feuchtem Zustande an der Luft nicht vollständig wieder
wegzubringen war; ferner in dem weiteren Uebelstande, daſs das wegen seiner Echtheit
und Schönheit so schnell beliebt gewordene Methylenblau der Badischen Anilin- und Sodafabrik eben im Chromirbade einen sehr
unangenehmen, schmutzig grünen Ton annahm, welcher seine Anwendung in der Chromwaare
einfach unmöglich machte.
Bekanntlich stellte man das billige Chrombraun zuerst durch Mischen einer
Cachoulösung mit verschiedenen Farbhölzern dar, denen man neben Thonerdemordant noch
chlorsaures Kali zusetzte. Man führte die Waare nach dem Dämpfen durch eine Mischung
von Kaliumbichromat, Soda und Kochsalz, um das unlösliche Oxydationsproduct des
Catechins, das sich in Mischung mit den Thonerdefarblacken von Rothholz und anderen
noch in löslicher Form auf der Faser befand, als dunkelbraunen unlöslichen Farbstoff
hervorzurufen, welcher durch die genannten Farbholzlacke nüancirt wurde. Welchen
Werth das im Chromirbade befindliche Chlornatrium haben soll, ist nicht recht
ersichtlich und hat es deshalb Storck durch
Chlorammonium ersetzt, welches vortreffliche Dienste in dem Falle leistet, wo man
alkalische Cachoulösung aufgedruckt hat und chromiren will, da das freie Alkali mit
Chlorammonium Alkalichlorid bildet, während Ammoniak mit den Wasserdämpfen
entweicht. Später ersetzte man das Rothholz durch Fuchsin.
Storck hat nun den Uebergang des chlorsauren Chromoxydes
in Chromsäure benutzt, um dieses Chrombraun durch Oxydation auf der Faser selbst
schon als fertige Farbe hervorzurufen, und ist es ihm auch in vorzüglichster Weise
gelungen. Dem gefährlichen Auftreten des Chlorperoxydes begegnete er dadurch, daſs
er die Waare vor dem Dämpfen in einer kräftig erwärmten Hänge mit guter Lüftung
einige Tage oxydirte, so daſs das Chlorperoxyd Gelegenheit hatte, rasch zu
entweichen und also die Faser nicht angreifen konnte. Er beobachtete ferner beim
kämpfen die Vorsichtsmaſsregel, nur einzelne Stücke auf einer Rolle aufzuwickeln und
den freien Dampf einige Zeit mit voller Kraft durch die fleiſsig gedrehte Waare
durchstreichen zu lassen, so daſs der entweichende Dampf das im Dämpfen noch
entstehende Chlorperoxyd mitreiſsen muſste. Heute aber ist die Anwendung eine noch
bequemere geworden durch den Gebrauch des seit seiner ersten Einführung wesentlich
einfacher gebauten und verbesserten Mather und
Platt'schen Oxydationsapparates (1877 224 * 543) und
wenn man die Waare nach dem Drucke 3mal bei 100° (bei 210° F.) durchläſst und, beim
Dämpfen die eben erwähnte Vorsichtsmaſsregel beachtet, so hat man angegriffene Waare
nie zu befürchten.
Storck hat das chlorsaure Chromoxyd in der Druckfarbe
selbst durch Mischen von Chromalaun und chlorsaurem Baryt hervorgerufen. Man darf
dabei nicht auſser Acht lassen, daſs ein groſser Theil des theuren chlorsauren
Barytes dazu dienen muſste, das schwefelsaure Kali des Chromalauns in chlorsaures
Kali umzuwandeln, was für die eigentliche Reaction, d.h. den Uebergang des
chlorsauren Chromoxydes in Chromsäure werthlos ist; überdies gestattete der hohe
Preis des chlorsauren Barytes überhaupt eine allgemeinere Anwendung des Dampf braun
nicht und muſste daher
gesucht werden, das chlorsaure Chromoxyd auf billigere Weise darzustellen, was auch
Einem von uns schon vor mehreren Jahren auf folgende Weise gelungen ist.
Eine Lösung von 60k Chromalaun in 80l heiſsem Wasser wird mit einer Lösung von 20k Ammoniaksoda in 60l Wasser gefällt und der entstandene Niederschlag mit heiſsem Wasser gut
ausgewaschen. Nachdem der Niederschlag gut abgetropft ist, löst man denselben in der
Kälte in 10k Schwefelsäure von 66° B., wobei man
Sorge zu tragen hat, daſs ein kleiner Theil des Niederschlages ungelöst bleibt, um
die Anwesenheit von freier Schwefelsäure zu vermeiden. Man filtrirt von dem
zurückgebliebenen Niederschlage ab und gibt eine Lösung von 22k chlorsaurem Kali in 50l Wasser zu, rührt gut durch und läſst einige Tage
an einem kühlen Orte stehen. Das schwefelsaure Kali krystallisirt aus und in der
Lösung bleibt das chlorsaure Chromoxyd, gemischt mit chlorsaurem Natron, welches von
dem im gefällten Chromoxydhydrate befindlichen Natron herrührt, da bekanntlich bei
der Fällung von Chromsalzen mit fixem Alkali stets von dem letzteren bedeutende
Mengen chemisch gebunden zurückgehalten werden. Will man ein von chlorsaurem Alkali
möglichst freies chlorsaures Chrom, so nimmt man die Fällung des Chromalauns mit
Potasche anstatt mit Soda vor; es krystallisirt dann das entstehende schwefelsaure
Kali mit dem aus dem chlorsauren Kali entstehenden Sulfat gleichzeitig aus.Das auf diese Weise hergestellte chlorsaure Chromoxyd wird unter dem Namen
Lauber's Oxydationsbeize von den Firmen:
Nauman und Ortlieb in Wien sowie von Englert und Dr. Becker in Prag
geliefert.
Das auf die beschriebene Weise dargestellte chlorsaure Chromoxyd hat, abgesehen von
dem Gehalte an Alkalisalz ganz die Eigenschaften des von Storch und Coninck (1878 228 262) beschriebenen, nicht basischen chlorsauren
Chromoxydes. Von einer Bestimmung des Chromoxydgehaltes wurde aus dem Grunde
abgesehen, weil eben unser chlorsaures Chromoxyd Alkali haltig ist und in Folge
dessen bei der Fällung als Alkali haltiges Chromoxydhydrat niedergeschlagen
wird.
Was nun die Anwendung dieser „Oxydationsbeize“, wie wir unser chlorsaures
Chromoxyd nennen wollen, betrifft, so eignet sie sich vorzüglich zur Darstellung von
Dampfcachou, in Folge dessen also auch von Dampf-Chrombraun. Zur Anwendung von
Dampfschwarz mit Blauholz eignet sie sich nach den von uns angestellten Versuchen
weniger, da zur Fixation des Hämatoxylins eine bloſse Oxydation nicht genügend ist,
sondern noch ein Metalloxyd zur Bildung des schwarzen Farblackes nöthig ist.Wie aus den von uns mitgetheilten Thatsachen hervorgeht, sieht man, daſs die
Coloristen auch unwillkürlich kleine Mengen chlorsauren Chromoxydes für
Dampfschwarz stets verwendeten und zwar insofern als nahezu sämmtliche
Vorschriften für Blauholzdampfschwarz Chromalaun und chlorsaures Kali
enthalten, woraus sich durch doppelte Umsetzung das chlorsaure Chromoxyd
bildet.
Ein ziemlich lebhaftes Cachou erhält man nach folgender Vorschrift:
Dampfcachou mit
Oxydationsbeize.
250g Cachoulösung von 22°
B.,
60g Weizenstärke,
60g dunkel gebrannte
Stärke,
200g Wasser werden gekocht
und nach dem Erkalten:
200g Oxydationsbeize 17°
und
100g essigsaure Thonerde
20° hinzugefügt.
Cachoulösung 22° B.
1k Ballencachou (entweder
Terra japonica oder sogen, präpar. Cachou),
0l,5 Wasser,
1k Essigsäure 2° B.
Dampfpuce mit
Oxydationsbeize:
10l holzessigsaure
Thonerde 10°,
30l Cachoulösung 22°,
1k,5 Rubin N (Berliner
Actiengesellschaft),
11l Essigsäure 6°,
13k,5 Weizenstärke,
3l,75 Blauholzextract von
20° B.,
2l Quercitronextract 20°
B.,
16l Wasser,
1l,5 Tragantschleim (zu
62g) werden gekocht und in der Kälte:
42l,75 Oxydationsbeize 17°
B. und
2l Türkischrothöl von 54
Proc. Sulfosäure eingerührt.#
Der Zusatz der Oxydationsbeize zu den Druckfarben, das
sogen. „Ausschärfen“, geschieht am vortheilhaftesten unmittelbar vor dem
Drucke. Uebrigens hält sich die Druckfarbe mehrere Tage.
Man druckt diese Farben auf mit 7 Proc. Türkischrothöl behandelte Waare, wobei man
langes Stehenbleiben auf den Platten in der Mansarde zu verhüten hat, und sorgt dann
für gründliche Oxydation. Die in der Druckfarbe enthaltene Thonerde verhindert
hierbei das Angreifen der Faser durch entweichendes Chlorperoxyd und, damit
letzteres die unbedruckten Stellen nicht angreife, wie dies beim Anilinschwarz sehr
oft der Fall zu sein pflegt, ist eben für rasche Entfernung dieses Gases zu sorgen,
wozu sich der Mather und Platt'sche Vordämpfer am
besten eignet. Wegen des aus der Druckfarbe leicht auskrystallisirenden Catechins
hat die Farbe Neigung, sich in die Gravur einzusetzen, weshalb mit kreisender Bürste
und mit Gegenbürste zu drucken rathsam ist. Nach erfolgter Oxydation wird gedämpft
und zwar läſst man 5 Minuten den Dampf voll durchstreichen, um die entstehenden
flüchtigen Gase zu entfernen, worauf man durch Abschlieſsen des
Dampfausströmunghahnes den Druck bis zu 0at,5
steigen läſst. Bei dieser Spannung verbleibt man 25 Minuten, schlieſst dann die
Dampfzuströmung ab und läſst durch Oeffnen des Ausströmunghahnes die Spannung
sinken. Nach dem Dämpfen führt man durch Brechweinstein, wäscht in der Kufe, bis das
Waschwasser nahezu farblos abflieſst, und seift dann ½ Stunde kalt mit 4g Marseiller Seife auf 1l oder mit der entsprechenden Menge Elaïnseife
(vgl. 18781883 247 507). Dieses kalte Seifen ist nothwendig,
um etwas in die Seifenlösung übergehendes Rubin am Auffärben auf die Begleitfarben,
besonders Alizarinroth und Rosa, helles Methylenblau, Albuminchromfarben u.a., zu
verhindern. Nun wird wieder gewaschen, getrocknet und der Waare bis zur Erreichung
von reinem Weiſs ein Trockenchlor gegeben. Wir haben hierbei ein 2 bis 3maliges
Chloren von einer Stärke bis zu 0,4° B. vorgenommen, ohne daſs das Braun irgendwie
an Lebhaftigkeit eingebüſst hätte.
Nach erfolgter Appretur läſst man die Waare einspritzen und bis zur gründlich
erfolgten Abkühlung in der kalten Hänge verweilen, wodurch sich Roth und Rosa von
dem Nachtheile des öfteren Chlorens wieder erholen. Durch Chromiren hervorgebrachte
Cachoutöne kann man sehr leicht durch geeignete Mischungen von Alizarin oder von
Nitroalizarin mit verschiedenen Farbholzextracten ersetzen- man kann so beliebige
Cachoutöne von gelbem bis röthlichem Stiche herstellen. Sehr schöne, lebhafte,
röthliche Dampfcachous stellen wir aus alter Alizarindruckfarbe, welche in 1l etwa 140g
20procentiges Alizarin enthält, durch folgende Mischung dar:
Cachou AR.
12k alte Rothdruckfarbe
(gleichgültig ob Rhodan-, oder Acetatbeizen),
1l,5 Quercitronextract 20°
B. und
2l,5 essigsaures Chrom 25°
B.
Cachou LA.
3k,5 Weizenstärke,
0k,5 Mehl,
6l,0 Wasser,
6k,0 Alizarin gelbst.
20proc.,
12l, Quercitronextract von
30° B.,
4l,0 Tragantschleim (zu
62g),
3l,0 Essigsäure 8° B.,
1l,0 Tournantöl werden
gekocht, dann kalt zugefügt:
6l,0 essigsaures Chrom 20°
und
1l,5 essigsauren Kalk
17°.
Cachou GB.
1k,875 Nitroalizarin
20proc.,
0l,675 Wasser,
4k,000
Stärkeverdickung
1l,000 Kreuzbeerextract
von 20° B.,
0l,420 essigsaurer Kalk
15° B.,
1l,000 essigsaures Chrom
20° B.,
0k,100 rothes
Blutlaugensalz in:
0l,600 kochendem Wasser
gelöst.
Diese Cachous werden je nach gewünschtem Tone mit
Stärkeverdickung vermischt.
Ein gelbstichiges Cachou ist folgendes:
Cachou GN.
6,000k Stärkeverdickung
(mit Oel und Essigsäure),
0,650 Quercitronextract von 20° B.,
0,080 essigsaurer Kalk 15° B.,
0,140 Nitroalizarin 20proc.,
0,080 Kreuzbeerextract 20° B.,
0,320 essigsaures Chrom 25° B.,
0,026 rothes Blutlaugensalz in:
0,200l Wasser gelöst.
Es lassen sich auf diese Weise nicht nur sämmtliche Chromartikel sehr schön und
bequem herstellen, sondern auch solche Waaren, welche wie die oben erwähnte
Combination von Methylenblau mit Dampf braun im Wege des Chromirens nicht
hergestellt werden konnten.
Pabianice, Juli 1885.