Titel: | Neue Theerfarbstoffe (Patentklasse 22). |
Fundstelle: | Band 257, Jahrgang 1885, S. 323 |
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Neue Theerfarbstoffe (Patentklasse
22).
Neue Theerfarbstoffe.
Nach V. Meyer (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft, 1885 S. 1770) gelang die Reindarstellung
des salzsauren Thiophenins oder Amidothiophens und dessen
Ueberführung in ein Phenol, C4H2S.OH.NO2; die
groſse Zersetzbarkeit des Thiophenins erschwert aber die Reactionen. Eine
eigentliche Diazotirung ist noch nicht gelungen, ebenso wenig die Darstellung von
Verbindungen, welche den Aniliden entsprechen. Auch die Oxydation zu einer
fuchsinartigen Verbindung bei Gegenwart von Paratoluidin gelingt nicht, während die
Substanz ihre Neigung zur Bildung von schön rothvioletten, cantharidengrün glänzenden Farbstoffen in unerwarteter Weise bei Reactionen zur Geltung bringt, die
beim Anilin keineswegs den Uebergang in die färbenden Reihen vermitteln. Mit
Diazokörpern tritt das Thiophenin zu Azofarbstoffen
zusammen.
Statt zur Trennung von β-Naphtylaminmonosulfosäuren das
Natronsalz des durch Sulfurirung des β-Naphtylamins
entstehenden Gemenges mit Spiritus auszuziehen, wird nach Dahl und Comp. in Barmen (D. R. P. Zusatz Nr. 32271 vom 28. Mai 1884, vgl.
S. 33 d. Bd.) die Lösung des aus dem Gemenge der schwer löslichen Monosulfosäure des
β-Naphtylamins dargestellten Kalksalzes so weit
eingedampft, bis eine herausgenommene Probe beim Erkalten zu einem Breie erstarrt.
Man läſst hierauf erkalten und trennt nach zweitägigem Stehen die gelöst gebliebenen
Theile durch Filtriren und Abpressen vom Rückstande. Dieser besteht aus einem
Gemenge der Kalksalze aller drei β-Naphtylaminmonosulfosäuren, enthält aber als Hauptbestandtheil die Säure I
und den gröſsten Theil der vorhandenen Brönner'schen
Säure II. Aus dem Filtrate scheiden sich beim Stehen noch Krystalle ab, welche
wesentlich aus dem Kalksalze der Säure III nebst Säure I bestehen. Durch Einengen
der Mutterlauge und Stehenlassen gewinnt man den gröſsten Theil der noch vorhandenen
Stoffe, wesentlich das Kalksalz der Säure III. Die davon abgepreſste, tief braun
gefärbte Mutterlauge enthält neben nicht ausgeschiedenen β-Naphtylaminsulfosäuren bedeutende Mengen von Verunreinigungen. Zur
Gewinnung der β-Naphtylaminmonosulfosäuren setzt man zu
dieser Mutterlauge Salzsäure, filtrirt die abgeschiedene Säure ab, wäscht mit kaltem
Wasser, bis dasselbe nicht mehr braun gefärbt abläuft, neutralisirt den Rückstand
mit Kreide und reinigt durch Krystallisation. Das so gewonnene Kalksalz wird mit der
Krystallisation II vereinigt.
Eine 200k Kalksalz des Gemenges
der Monosulfosäuren des β-Naphtylamins enthaltende
Lösung wird z.B. auf etwa 300l eingedampft,
erkalten gelassen, nach 2tägigem Stehen abfiltrirt und der Rückstand dann
abgepreſst. Das Filtrat bleibt wieder 2 Tage stehen, worauf man die indessen
abgeschiedenen Krystalle abfiltrirt, das Filtrat zu einem Breie eindampft, erkalten
läſst und diesen nach etwa 24 Stunden abpreſst. Die nunmehr ablaufende, tiefbraun
gefärbte Mutterlauge wird mit Salzsäure versetzt und von den ausgeschiedenen, schwer
löslichen β-Naphtylaminmonosulfosäuren abfiltrirt.
Diese werden mit kaltem Wasser gewaschen, bis dasselbe nicht mehr braun gefärbt
abläuft, und hierauf stark gepreſst. Den Preſskuchen vertheilt man in kochendem
Wasser, neutralisirt mit Kreide, filtrirt ab, dampft ein, läſst zur Krystallisation
stehen und vereinigt die erhaltenen Krystalle mit der zweiten Krystallisation.
Zur Darstellung der einheitlichen Säuren kann man die erhaltenen
Kalksalze in ihre Natronsalze umsetzen und diese mit Spiritus trennen.
Nach Dahl und Comp. (D. R. P. Zusatz Nr. 32276 vom 14.
November 1884) ist die β-Naphtylaminmonosulfosäure III,
welche aus den nach den bisher bekannten Verfahren dargestellten Gemengen der β-Naphtylaminmonosulfosäuren gewonnen wird, durch
braune, in heiſsem Alkohol lösliche Stoffe verunreinigt, welche den daraus
dargestellten Azofarbstoffen einen trüben Ton verleihen. Um die Bildung dieser
Verunreinigungen zu vermeiden, soll man schwefelsaures Naphtylamin in einer zur
Erhaltung des flüssigen Zustandes hinreichenden Menge gewöhnlicher 66grädiger
Schwefelsäure auflösen und es unter öfterem Umrühren 2 bis 3 Tage lang bei 15 bis
20° stehen lassen, um es in Sulfosäure zu verwandeln.
Es werden 85k schwefelsaures β-Naphtylamin allmählich in 270k 66grädiger Schwefelsäure eingetragen und bei
einer Temperatur von 15 bis 20° in einem wohl verschlossenen eisernen Rührkessel so
lange gerührt, bis eine herausgenommene Probe sich in ammoniakalischem Wasser klar
löst. Die Masse verdickt sich nach einiger Zeit, wird aber bei fortschreitender
Sulfurirung wieder dünner und bildet schlieſslich einen asbestartig glänzenden,
zähen Brei; es ist durchaus nöthig, daſs alle Theile durchgerührt werden, da sich
anderenfalls Klumpen bilden, welche sich der Sulfurirung entziehen. Nach 48 bis
70stündigem Rühren ist der Prozeſs beendigt. Das durch Alkohol ausgezogene
Natronsalz der Säure III ist rein und dient zur Herstellung von Farbstoffen.
Nach Angabe der Farbwerke vormals Meister, Lucius und
Brüning in Höchst a. M. (D. R. P. Nr. 32277 vom 25. November 1884) geben
die Acetondicarbonsäureester mit Aminen und Hydrozinen die Aether der Carbonsäuren
von Oxychinaldinen und Oxychinizinen nach folgenden
Gleichungen:
C9H14O5 + C6H5.NH2 =
H2O + C2H5.OH + C13H13NO3.
C9H14O5 + C6H5.NH.NH2
= H2O + C2H5.OH + C13H14N2O3.
Durch Verseifung dieser Aether mit Alkalien oder Säuren
entstehen die freien Carbonsäuren:
C13H13NO3 + H2O = C2H5.OH +
C11H9NO3.
C13H14N2O3 +
H2O = C2H3.OH + C11H10N2O3.
Aus diesen Säuren läſst sich durch Hitze Kohlensäure abspalten und man erhält die
Oxychinaldine bezieh. Oxychinizine, welche nach L.
Knorr (vgl. 1884 252 125) durch Einwirkung von
Acetonmonocarbonsäureester (Acetessigäther) auf Amine bezieh. Hydrazine
entstehen.
Zur Herstellung des Methyloxychinizincarbonsäureäthylesters werden z.B. gleiche Moleküle
Acetondicarbonsäureäthylester und Phenylhydrazin im Wasserbade erhitzt. Es tritt
Wasser und Alkohol aus und beim Erkalten erstarrt die Masse zu weiſsen Krystallen
der Verbindung C13H14N2O3.
Dieselbe schmilzt bei 85°, löst sich in kohlensauren Alkalien und in concentrirten
Säuren. Beim Verseifen dieses Esters durch Kochen mit Alkalien oder mit Säuren
entsteht eine Carbonsäure von der Zusammensetzung C11H10N2O3 unter Austritt von Aethylalkohol;
dieselbe bildet farblose, bei 134° schmelzende Krystalle. Beim Erhitzen entweicht
Kohlensäure und es entsteht Methyloxychinizin. Alle genannten Verbindungen färben
sich mit Eisenchlorid braun.
Beim Erhitzen des Methyloxychinizincarbonsäureäthylesters mit
Jodmethyl und Methylalkohol entsteht der Dimethydoxychinizincarbonsäureäthylester,
eine in farblosen Blättchen krystallisirende, bei 247° schmelzende Verbindung,
welche in kaltem Wasser leicht löslich ist.
Die Verseifung zu Dimethyloxychinizincarbonsäure und zu
Dimethyloxychinizin (Antipyrin) geschieht in ähnlicher Weise wie bei dem
Methyloxychinizincarbonsäureathyläther.
In gleicher Weise wie Phenylhydrazin gibt Anilin mit
Acetondicarbonsäureäthern beim Erhitzen gleicher Moleküle zunächst unter
Wasseraustritt ein Condensationsproduct, welches durch weitere Behandlung mit einem
Condensationsmittel, z.B. concentrirte Schwefelsäure, in ein Chinaldin-Abkömmling
umgewandelt werden kann.
Durch oxydirende Mittel, wie Eisenchlorid, oder durch überschüssig
angewendetes Hydrazin entstehen aus obigen Chinizincarbonsäureäthern
Dichinizincarbonsaureäther, in den meisten Lösungsmitteln schwer lösliche,
krystallisirte Verbindungen.
Entsprechend dem Phenylhydrazin reagiren unter Wasser- und
Alkoholaustritt die von Toluidin, Xylidin, Cumidin, Naphtylamin und ihren alkylirten
oder halogenisirten Substitutionsproducten (Chlor-, Brom-, Jod-, Methyl-,
Aethylabkömmlingen) erhaltenen Hydrazine. Wie Anilin reagiren auch die genannten
Amidoverbindungen ebenfalls auf Acetondicarbonsäureester und seine alkylirten oder
halogenisirten Substitutionsproducte. Die Einwirkungsproducte sind substituirte
Methyloxychinizine bezieh. Oxychinaldine; sie gleichen den oben beschriebenen
Oxychinizinen bezieh. Chinaldinen im allgmeinen Verhalten, indem sie sowohl
basische, als saure Eigenschaften zeigen und sich leicht methyliren lassen. An
Stelle der Acetondicarbonsäureester können auch die freien Säuren bedingungsweise
Verwendung finden.
Zur Darstellung von am Stickstoff alkylirten
Pseudostyrilen verwenden die Farbwerke in
Höchst (D. R. P. Nr. 32280 vom 12. December 1884) die Ammoniumverbindungen von
Metacarbonsäureäthern der Pyridin-bezieh. Chinolinbasen. Nach Versuchen von A. Hantzsch (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft, 1884 S. 1019) gibt nämlich das
Methylammoniumsalz des Collidindicarbonsäureäthers mit Alkalien ein Dehydrid:
C5(CH3)3(CO2C2H5)2N(CH3OH) + 2H2O = 2C2H5OH + C11H13O4N + H2O.
Das Dehydrid zerfällt beim Erwärmen mit concentrirter
Schwefelsäure in Essigsäure, Kohlensäure und Methylpseudolutidostyril:
C11H13O4N + H2O = CH3.COOH + CO2 + C8H11ON.
Zur technischen Darstellung derartiger Pseudostyrile eignen sich wegen leichterer
Additionsfähigkeit an die Halogenverbindungen der Alkoholradicale (Methyl, Aethyl
u.s.w.) ausschlieſslich die Monocarbonsäureäther der Pyridin- und Chinolinbasen,
sobald sie nur die CO.OC2H5-Gruppe in der Metastellung zum Stickstoffe enthalten.
Z.B. addirt sich 1 Mol. Jodmethyl zu 1 Mol.
Phenyllutidinmonocarbonsaureäther sehr leicht zum Jodid einer Ammoniumbase:
C5H(CH3)2.C6H5.CO2C2H5.N + CH3J = C5H.(CH3)2.C6H5CO2C2H5.N.CH3J.
Durch Behandlung dieses Ammoniumsalzes mit Alkali entsteht ein
Dehydrid mit der Zusammensetzung C15H15O2N. Letzteres
zerfallt beim Erwärmen mit concentrirten Mineralsäuren in Essigsäure und das
methylirte Pseudostyril des Phenylpicolins nach der Gleichung: C15H15O2N + H2O = CH3COOH + C13H13ON.
Um Phenyllutidinmonocarbonsäureäther aus
Phenyllutidindicarbonsäureäther herzustellen kocht man dasselbe mit 1 Mol. KOH in
alkoholischer Lösung mehrere Stunden, destillirt den Alkohol ab, versetzt mit
Wasser, um den unveränderten Dicarbonsäureäther zu fällen und schlägt aus dem
Filtrate durch Zusatz von 1 Mol. Salzsäure den sauren Aether C5(CH3)2COOC2H5.N.C6H5.COOH nieder, welcher bei der Destillation in CO2 und den Monocarbonsäureäther C5(CH3)2COOC2H5,N.C6H5.H. Derselbe bildet ein dickes Oel vom Siedepunkte
315 bis 320°, bildet Salze und vereinigt sich schon bei 100° mit Jodmethyl
vollständig, während sich der Dicarbonsäureäther überhaupt nicht mit Halogenalkylen
verbindet.
An Stelle des Collidinmonocarbonsäureäthers oder des
Phenyllutidinmonocarbonsäureäthers lassen sich alle übrigen Metacarbonsäureäther von
Pyridin- und Chinolinbasen zur Darstellung entsprechender Pseudostyrile benutzen;
z.B. der durch Condensation von o-Amidobenzaldehyd mit
Acetessigäther dargestellte Lepidinmetacarbonsäureäther.
Nach ferneren Angaben der Farbwerke in Höchst (D. R. P.
Nr. 32281 vom 13. December 1884, Zusatz zu Nr. 26428) entstehen alkylirte Pseudochinoxyle, d.h. Chinolinabkömmlinge,
welche am Stickstoffe methylirt bezieh. äthylirt sind und in Parastellung zu diesem
die CO-Gruppe besitzen, durch Einwirkung von Acetessigäther und dessen
Substitutionsproducten auf secundäre aromatische Aminbasen nach folgender Gleichung:
CH3.CO.CH2.COOC2H5
+ C6H5NCH3H = H2O + C2H5OH + C11H11NO.
Methylanilin und Acetessigäther werden z.B. im Verhältnisse
gleicher Moleküle auf 150°, am besten bei Luftabschluſs, erhitzt. Die
Condensationsmasse wird mit concentrirter Schwefelsäure oder mit anderen
condensirenden Mitteln (concentrirte Salzsäure, Phosphorsäure u. dgl.) einige Zeit
kalt digerirt, dann mit Wasser verdünnt, mit Alkali übersättigt und unangegriffenes
Methylanilin mit Wasserdampf abgetrieben. Aus der Mutterlauge krystallisirt dann der
Körper C11H11NO in
schönen Nadeln vom Schmelzpunkte 132°.
An Stelle des Methylanilins kann auch ein anderes Alkylanilin
(Aethyl-, Propyl- u. dgl.) oder auch ein alkylirtes (methylirtes, äthylirtes u.s.w.)
Toluidin, Xylidin oder Naphtylamin angewendet werden, ebenso an Stelle von
Acetessigäther dessen Homologe und Substitutionsproducte.
Ewer und Pick in Berlin (D. R. P. Nr. 31936 vom 9. Mai
1884) erhalten gelbe bis braune Farbstoffe durch Einwirkung
von Harnstoffen auf aromatische Amine und tetraalkylirte
Diamidobenzophenone. Schmilzt man Harnstoff mit salzsaurem Dimethylamin und
wasserfreiem Chlorzink zusammen, so färbt sich die Schmelze unter Bildung eines rein
gelben Farbstoffes tief gelb. Aehnliche Farbstoffe bilden sich immer, wenn
Cyansäure, Harnstoffe oder Abkömmlinge derselben mit aromatischen Aminen unter
Bedingungen zusammentreffen, welche eine Condensation ermöglichen, namentlich aus
Diphenylharnstoff und Salmiak, Harnstoff und Anilinchlorhydrat, Carbanilamid oder
Monophenylharnstoff und Anilinchlorhydrat, Carbanil und Anilinchlorhydrat:
CO(NHC6H5)2 + NH4Cl = C(NH)(C6H4NH2)2HCl + H2O.
CO(NH2)2 + 2 C6H5NH2HCl = C(NH)(C6H4NH2)2HCl + NH4Cl + H2O.
CONH2.NH.C6H5 + 2C6H5NH2HCl = C(NC6H5)(C6H4NH2)2HCl + NH4Cl + H2O.
CO.N.C6H5 + 2 C6H5NH2HCl = C(NC6H5)(C6H4NH2)2HCl + H2O.
Wenn somit ein Harnstoff bezieh. Cyansäurerest mit dem
salzsauren Salze eines aromatischen Amins oder ein aromatisch substituirter
Harnstoff mit einem Ammoniaksalze unter geeigneten Condensationsbedingungen
zusammenkommt, so findet eine Umwandlung der Carbonylgruppe (CO) in Carbimid (CNR)
und eine molekulare Umlagerung statt, so daſs das Endproduct eine Bindung von 3
Kohlenstoffatomen aufweist, welche mit der gleichzeitig vorhandenen Doppelbindung
des einen Kohlenstoffatoms mit 1 Stickstoffatom für die Farbstoffnatur des Productes
unerläſslich ist.
Auch die geschwefelten Abkömmlinge der Cyansäure bezieh. des
Harnstoffes verhalten sich wie die Sauerstoff haltigen Verbindungen; doch erhält man
bei Anwendung der geschwefelten Cyansäureabkömmlinge der fetten Reihe weniger glatte
Ergebnisse, wie bei denen der aromatischen Reihe. Setzt man dem Reactionsgemische
bei Anwendung geschwefelter Cyansäureabkömmlinge Metalloxyde (wie Bleioxyd, Zinkoxyd
u. dgl.) zu, so verläuft der Prozeſs wie bei Sauerstoff haltigen
Cyansäureabkömmlingen.
Farbstoffe derselben Klasse erhält man durch Einwirkung von
Cyansäureabkömmlingen auf die tetraalkylirten Diamidobenzophenone. An Stelle eines
aromatischen Amins oder eines tetraalkylirten Diamidobenzophenons kann man auch ein
Gemisch von beiden anwenden im molekularen Verhältnisse von 2 : 1. Diese
Bildungsweisen der Farbstoffe haben jedoch wegen des theureren Preises der
tetraalkylirten Diamidobenzophenone gegenüber dem billigeren tertiären aromatischen
Amine keinen Vorzug vor erstem Verfahren.
Als Cyansäure bezieh. Harnstoffverbindungen kommen in Betracht:
Die Cyansäure, Isocyansäure, Cyanürsäure, sowie die Aether derselben, die Urethane,
das Biuret und dessen Alkylabkömmlinge, der Harnstoff, Schwefelharnstoff und deren
Aether, das Carbanilamid (Phenylharnstoff), das Sulfocarbanilamid
(Phenylsulfoharnstoff), deren Aether und Homologe, in denen die Phenylgruppe durch
einen anderen aromatischen Rest vertreten ist; Carbanilid (Diphenylharnstoff),
Sulfocarbanilid (Diphenylsulfoharnstoff), deren Aether und Homologe; das Carbanil,
das Sulfocarbanil und deren Homologe. Als aromatische Amine: Anilin, Toluidine,
Xylidine, Cumidine, Naphtylamine und deren secundäre und tertiäre Methyl-, Athyl-
und Amylsubstitutionsproducte. Als tetraalkylirte Diamidobenzophenone: Tetramethyl-,
Dimethyldiäthyl-, Tetraäthyl-, Dimethyldiamyl-, Diäthyldiamyl- und
Tetraamyldiamidobenzophenon.
Die Reaction findet auch ohne Anwendung von Condensationsmitteln,
wenngleich schwieriger statt. Die Farbstoffbildung erfordert immer ein solches
Verhältniſs des Reactionsgemisches, daſs Gelegenheit zur Bildung eines Salzes der
Farbbase vorhanden ist. Als Condensationsmittel können Chlorzink, Chlormagnesium,
Chlorcalcium, Chloraluminium und bei Verwendung der freien Basen Kaliumpyrosulfat,
meta- und pyrophosphorsaure Salze, Phosphorchlorür, Phosphorchlorid,
Phosphoroxychlorid, Siliciumchlorid, Siliciumfluorid, Borchlorid und Borfluorid
verwendet werden.
Rein gelb färben die Farbstoffe aus
einem Harnstoffe bezieh. einem Abkömmlinge desselben aus der fetten Reihe und einem
tertiären Amin oder tetraalkylirten Diamidobenzophenon. Goldgelb färben die Farbstoffe aus einem orthotoluylirten, metaxylylirten
oder cumylirten Harnstoffe und einem tertiären aromatischen Amin oder
tetraalkylirten Diamidobenzophenon. Orangeröthlich
färben die Farbstoffe aus einem phenylirten oder paratoluylirten Harnstoffe und
einem tertiären aromatischen Amin oder tetraalkylirten Diamidobenzophenon. Braungelb färben die Farbstoffe aus einem α- oder β-naphtylirten
Harnstoffe und einem tertiären aromatischen Amin oder tetraalkylirten
Diamidobenzophenon.
Folgende Beispiele erläutern das Verfahren: 10k Orthotoluidinchlorhydrat, 2k,2 Harnstoff und 10k Chlorzink werden auf 180 bis 220° während 6 Stunden erhitzt. Die
tiefgelbe Schmelze wird wie bekannt weiter behandelt. Der Farbstoff hat als solcher
wenig technischen Werth; doch entstehen durch Einführung von Methyl-, Aethyl-,
Phenyl- u. dgl. Gruppen sehr werthvolle goldgelbe bis
braune Farbstoffe.
Oder 10k Aethylanilinchlorhydrat
und 4k,2 Carbanilamid werden mit 10k Chlorzink 6 Stunden lang auf 180 bis 220°
erhitzt, um einen rothorange Farbstoff zu erhalten.
Der braungelbe Farbstoff aus 10k
Carbanilid, 8k,6 Naphthylamin und 10k Chlorzink hat als solcher wenig technischen
Werth; doch sind die durch Einführung von Methyl-, Aethyl, Phenyl- u. dgl. Gruppen
erzielten Abkömmlinge werthvoll.
10k Carbometaxylid, C6H3(CH3)2NCO, werden mit
21k Dimethylanilinchlorhydrat und 12k Clorzink auf 180 bis 220° erhitzt. Der Farbstoff
färbt goldgelb.
20k Dimethylanilin werden mit trockenem Salzsäuregas
gesättigt. In die auf 130° erhitzte Masse bringt man zunächst unter beständigem
Umrühren 20k trockenes und fein gepulvertes
Chlorzink und dann 5k trockenen und fein
gepulverten Harnstoff ein. Unter langsamer Steigerung der Temperatur auf 170 bis
180° läſst man die Schmelze schlieſslich noch 6 Stunden gehen. Nach dem Erkalten
erstarrt die Schmelze zu einer klaren, tief bräunlichgelben Masse, dieselbe wird
gepulvert und mit kaltem Wasser gewaschen. Alsdann zieht man den Rückstand mit
siedendem Wasser aus, filtrirt und fällt das Filtrat mit Kochsalz. Der gefällte
Farbstoff wird durch wiederholtes Lösen und Fällen oder durch Umkrystallisiren aus
heiſsem Wasser gereinigt. Man erhält so ein gelbes Krystallpulver. Die wässerige
Lösung des Farbstoffes ist rein gelb wie Pikrinsäurelösung und färbt Wolle, Seide
und tannirte Baumwolle grünstichig gelb an.
Denselben Farbstoff erhält man, wenn 25k zweifachsalzsaures Tetramethylamidobenzophenon
mit 20k Chlorzink und 4k,5 Harnstoff während 10 Stunden auf 160 bis 180°
erhitzt werden.