Titel: | Selen-Differential-Schreibtelegraph für lange Kabel. |
Fundstelle: | Band 257, Jahrgang 1885, S. 402 |
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Selen-Differential-Schreibtelegraph für lange
Kabel.
Mit Abbildungen.
E. v. Taund-Szyll's Schreibtelegraph.
Um deutliche Schriftzeichen mit Hilfe eines möglichst schwachen Stromes in einem
langen Kabel hervorbringen zu können, benutzt Eugen Baron v.
Taund-Szyll in Fraunegg bei Graz (* D. R. P. Kl. 21 Nr. 32992 vom 29.
Januar 1885) den elektrischen Strom bloſs zur Bewegung eines leichten Schiebers, der
bei seiner Bewegung die Strahlen einer kräftigen Lichtquelle auf die eine oder die
andere von zwei Selenzellen (vgl. 1881 239 160) gelangen
läſst, welche dann nach Art eines Relais die Schreibvorrichtung bewegen.
Fig. 1, Bd. 257, S. 402
In der einen Abtheilung eines dicht geschlossenen und so gegen Luft, Staub und Licht
geschützten Kastens befindet sich eine Lichtquelle g
(Fig. 1), etwa eine Glühlichtlampe, in der durch
die Scheidewand k davon abgetrennten zweiten Abtheilung
die als eigentlicher telegraphischer Empfänger benutzte elektromagnetische
Vorrichtung, deren zwei Linsen und zwei Selenzellen, auf welche das durch die Linsen
gehende Licht der Lampe fallen kann, wenn durch die Wirkung des Stromes der Schieber
oder Schirm V aus seiner in Fig. 1 gezeichneten Mittelstellung nach links oder nach rechts
herausbewegt worden ist. In der Scheidewand k sind
nämlich zwei Schlitze a und a1 und in seiner Mittelstellung steht der
Schirm V so, daſs letzterer die durch die Schlitze
gehenden Lichtstrahlen vollständig auffängt und denselben das Auffallen auf die
beiden Selenzellen unmöglich macht. Der elektromagnetische Theil des Empfängers ist
ganz dem Heberschreibapparate Thomson's (vgl. 1877 224 279) nachgebildet; derselbe enthält eine kleine, an
einem Coconfaden innerhalb eines sehr kräftigen magnetischen Feldes hängende
Multiplicationsspule, welche in Form einer nach unten gerichteten Verlängerung das
als Schirm dienende dreiseitige Prisma V trägt. Stellt
der Strom den Schirm V in die punktirt angegebene Lage,
so gibt der Schirm den durch den Schlitz a1 kommenden Lichtstrahlen den Weg nach der rechts
liegenden Linse und Selenzelle frei; bei einer Drehung des Schirmes nach der anderen
Seite fallen die Strahlen durch a auf die links
liegende Zelle. Das Reguliren des Rahmens der Spule zu dem Zwecke, daſs derselbe,
aus einer Bewegungsrichtung in die Ruhelage zurückkehrend, diese nicht in
entgegengesetzter Richtung überschreitet und in eine pendelnde Bewegung geräth,
geschieht durch ein an hängendes kleines Plättchen, welches in einen Napf taucht,
der mit einer Mischung von Glycerin und Wasser gefüllt ist.
Jede Selenzelle liegt nun mit einer galvanischen Batterie und einem regulirbaren
Widerstände in einem lokalen Stromkreise l l, bezieh.
l1
l1
(Fig. 2), in welchen auch die beiden Spulen d bezieh. d1 aus feinstem Drahte eingeschaltet sind; die Kerne
der 4 Spulen sitzen auf den Polenden der beiden Hufeisenmagnete M und M1, deren gleichnamige Pole sich übers Kreuz
gegenüber stehen. Zwischen den Polen der Magnete M und
M1 ist um eine
lothrechte Achse i drehbar als Anker ein Stahlmagnet
A angebracht. Derselbe kann mittels 4 Spiralfedern
f und f1 derart centrirt werden, daſs derselbe von den 4
Polen n, s, s1 und n1 gleichweit entfernt
ist, Während die 4 Spulen vom Strome der beiden Lokalbatterien durchflössen werden.
Ein geringer Unterschied in der magnetischen Anziehungskraft dieser 4 Pole wird dann
den Anker nach der einen oder anderen Seite hin bewegen; auch kann sowohl die Stärke
dieser Bewegung, wie auch ihre Genauigkeit durch die 4 Spiralfedern regulirt werden.
Die Ströme der beiden Batterien sind von einander vollständig getrennt.
Fig. 2., Bd. 257, S. 403
Bewegt nun ein das Kabel durchlaufender Telegraphirstrom die Spule des Empfängers so,
daſs der Schirm V in die in Fig. 1 punktirt angedeutete Lage kommt und die Strahlen durch den Schlitz
a1 auf die rechts
liegende Selenzelle fallen, so wird der Lokalstrom in der Leitung l l1 und den Spulen d1 verstärkt, dadurch
weiter die Wirkung des polarisirten Elektromagnetes M1 auf den Anker A geschwächt und demnach überwiegt jetzt die Wirkung des Magnetes M auf den Anker, wobei die beiden Pole n und s desselben in
gleichem Sinne drehend auf den Pol S des Ankers A wirken. Aehnlich ist der Vorgang, wenn der Kabelstrom
den Schirm V entgegengesetzt dreht, nur daſs dann M1 stärker als M auf A wirkt. Der Anker
A aber wird mit einem Schreibapparate derartig
verbunden, daſs er mittelbar oder unmittelbar den Schreibhebel bewegt.