Titel: | Ueber Neuerungen an Locomobilen. |
Fundstelle: | Band 258, Jahrgang 1885, S. 241 |
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Ueber Neuerungen an Locomobilen.
(Patentklasse 13. Fortsetzung des Berichtes S. 193 d. Bd.)
Mit Abbildungen auf Tafel 16.
Ueber Neuerungen an Locomobilen.
Deutsche Locomobilen.
Die deutschen Locomobilen lassen im Allgemeinen noch das englische Muster als Vorbild
erkennen doch sind auch manche wesentliche Neuerungen zu finden, welche als sehr
zweckmäſsige zu bezeichnen sind und eine in neuerer Zeit mehr selbstständige
Entwickelung des Locomobilbaues in Deutschland zeigen. Locomobilen einiger deutschen
Firmen dürfen jetzt jedenfalls den besten englischen Locomobilen zur Seite gestellt
werden.
In Fig. 1 Taf.
16 ist eine eincylindrige Locomobile von R. Wolf in Buckau-Magdeburg veranschaulicht, deren
Haupteigenthümlichkeit zunächst darin liegt, daſs die eckige Feuerkiste durch einen
etwas erweiterten cylindrischen Kesseltheil mit einer nahezu cylindrischen
Feuerbüchse ersetzt ist- die letztere ist nur oben etwas abgeflacht, um mit dem
Wasserstande nicht zu hoch hinaufzukommen und doch eine hinreichende Anzahl Röhren
einsetzen zu können. Ferner sind behufs bequemer Reinigung der Röhren und des
Kesselinneren die vordere Kesselwand und die hintere Rohrwand mit Schrauben
befestigt, so daſs der ganze Innenkörper leicht
herausgezogen werden kann. Die Anschluſsstellen werden mit Asbestringen
abgedichtet. Die Feuerbüchse ist geräumig genug, um nach Einsetzung eines passenden
Rostes die Anwendung fast, jeden Brennmaterials zu gestatten. Der Kessel ist für
6at Dampfspannung berechnet und mit doppeltem
Mantel aus Holz und Blech versehen.
Der Dampfcylinder ist wie bei den Locomobilen von Hornsby (vgl. * S. 195 d. Bd.) in einem auf den Kessel aufgenieteten
Dampfdome untergebracht, mit welchem der Cylinder ein Guſsstück bildet. Der
Lagerbock für die Kurbelwelle ist gleichfalls an den Kessel angenietet und eine
Platte, welche einerseits an diesen Lagerbock, andererseits am Dome befestigt ist,
trägt die Führungslineale und die Speisepumpe. Die Maschine liegt mitten auf dem
Kessel und nicht, wie es bei den eincylindrigen englischen Locomobilen in der Regel
der Fall ist, etwas seitlich, wodurch hier die Achse der Maschine verhältniſsmäſsig
hoch zu liegen kommt. Der Regulator, welcher auf eine Drosselklappe wirkt, ist über
der Kurbelwelle aufgestellt, so daſs er durch ein Räderpaar angetrieben werden kann.
Das Schieberexcenter treibt zugleich die Speisepumpe. Je nach Umständen werden die
Maschinen auch mit Rider'scher Steuerung oder mit einem
verschiebbaren Excenter ausgeführt. Das ganze Fahrgestell besteht mit Ausnahme der
Deichsel aus Eisen.
In neuerer Zeit baut R. Wolf auch Compound-Locomobilen mit oder ohne Condensation. Zu
einer im J. 1883 in Berlin auf Veranlassung des landwirthschaftlichen
Provinzialvereins für die Mark Brandenburg und die Niederlausitz ausgeführten
Locomobilen-Prüfung, über welche ausführlich im Civilingenieur, 1884 * S. 237 berichtet ist, hatte R. Wolf eine fahrbare eincylindrige Locomobile von 10e und eine Compound-Halblocomobile mit
Condensation von 40 bis 50e gesendet. Die erstere
verbrauchte 1k,93 oberschlesische Steinkohlen und
13k,96 Dampf, die letztere nur 1k,33 Kohlen und 8k,74 Dampf für 1e und 1 Stunde.
F. Siegel in Schönebeck a. d. Elbe, welcher gleichfalls
zu der vorgenannten Prüfung eine Locomobile gesendet hatte, hat eine Construction
gewählt, welche mit der Wolf'schen viel Aehnlichkeit
besitzt, Insbesondere ist auch bei den Siegel'schen
Locomobilen die eckige Feuerkiste vermieden und dafür in den vorn erweiterten Kessel
eine nach hinten etwas erweiterte kreisrunde Feuerbüchse eingesetzt. Der ganze Röhrenkörper kann gleichfalls ausgezogen werden. Bemerkenswerth an den Siegel'schen Locomobilen ist, daſs die Rauchkammer aus zwei concentrischen
Ringen gebildet wird, zwischen welchen das Speisewasser behufs Vorwärmung
hindurchgeleitet wird.
Eine Locomobile der Aerzener Maschinenfabrik A. Meyer in
Aerzen ist in Fig.
2 Taf. 16 abgebildet. Diese Fabrik hat sich besonders bestrebt, kleine Locomobilen von 1 bis 6e in möglichst einfacher Anordnung zu bauen. Zu
dem Zwecke ist zunächst die viel Arbeit erfordernde Feuerbüchse ganz fortgelassen
und durch einen blechernen, mit Chamotte ausgestampften Ofen ersetzt, welcher durch
mehrere leicht zu lösende Schrauben an den cylindrischen Kessel angehängt wird (* D.
R. P. Nr. 13448, vgl. 1881 241 * 87). Ein Zusatzpatent *
Nr. 16874 vom 18. Juni 1881 betrifft drei neue Formen dieses Ofens, von denen die
eine in Fig. 2
dargestellt ist. Dieselbe unterscheidet sich von den früher angegebenen Formen
dadurch, daſs die obere Einfüllklappe fortgelassen, der Ofen vielmehr oben durch
einen Kugelabschnitt abgeschlossen und dieser so tief gerückt ist, daſs ein
besonderer Schutz der Kesselstirnwand nicht mehr nöthig ist. Bei einer zweiten
Anordnung besteht der Ofen aus einem liegenden Cylinder und bei einer dritten in
Fig. 3
Taf. 16 veranschaulichten Form bildet derselbe einen Füllofen mit schrägen! Roste.
Der Aschenfall wird immer durch eine nicht gezeichnete Schiebethür mehr oder weniger
geschlossen. Durch die Anwendung eines solchen Füllofens soll in Verbindung mit
einer selbstthätigen Speiseregelung die Wartung der Locomobile möglichst vermindert
werden. Wasserstandsglas, Probirhähne, Manometer u.s.w. sind an einem besonderen
Guſskörper angebracht.
Die Maschine ist dem angestrebten Ziele entsprechend gleichfalls äuſserst einfach
hergestellt. Der Cylinder bildet wie bei der Wolf'schen
Maschine mit dem ihn umgebenden Dampfdome ein Guſsstück, welches im höchsten Punkte
zwei Ramsbottom'sche Sicherheitsventile trägt. Die
Kolbenstange wird in einem auf dem Kessel befestigten Bocke q geführt und
die Pleuelstange seitlich an einen auf der Kolbenstange mittels versenkter
Druckschraube befestigten Kreuzkopf angehängt. Durch diesen einseitigen Angriff wird
allerdings eine sehr ungünstige Beanspruchung von Zapfen und Stangen hervorgerufen.
Als Lager der Kurbelwelle sind die bekannten Sellers'schen langen ungetheilten guſseisernen Schalen angewendet, welche in
den Böcken zwischen Druckschrauben gehalten werden. Zur Regelung der Speisung ist
die in Fig. 4
Taf. 16 veranschaulichte Einrichtung benutzt. An den Excenterbügel ist eine Hülse
a angegossen, in welcher eine mit dem Kolben der
Pumpe verbundene Stange d gleitet. Diese Stange wird
von der Hülse durch Anstoſs oben an den Stangenkopf und unten an den Stellring c mitgenommen, so daſs durch Verschiebung des letzteren
der Hub der Pumpe, selbst während des Betriebes, geändert werden kann. Durch
eingelegte Lederringe werden die Stöſse gemildert. An dem Stiefel der
Handspeisepumpe ist die häufig zu Störungen Anlaſs gebende Stopfbüchse ganz
fortgelassen und der gut eingepaſste Kolben dafür mit mehreren Ringnuthen
versehen.
Die in Fig. 5
Taf. 16 abgebildete Locomobile von F. Krause und Dr.
Güttler in Brieg (Erl. * D. R. P. Nr. 23671 vom 25. Februar 1883) zeigt die
Eigenthümlichkeit, daſs die Kesselachse gegen die
Wagerechte um einen Winkel von 15 bis 30° geneigt ist.
Dadurch ist es möglich gemacht, die verhältniſsmäſsig weite cylindrische Feuerbüchse
concentrisch in den (nicht erweiterten) Kessel einzusetzen, ohne Gefahr zu laufen,
daſs sie oben von Wasser entblöſst wird. Damit dies auch bei den Röhren am vorderen
Ende nicht eintreten könne, sind dieselben wieder gegen die Kesselachse etwas
geneigt. Der zur Vergröſserung des Dampfraumes dienende Dom, in welchen auch hier
der Cylinder eingegossen ist, befindet sich dicht hinter dem Schornsteine, welcher
auf einer angehängten Rauchkammer steht. Die Maschine hat also eine zur gewöhnlichen
Anordnung entgegengesetzte Lage. Als weiterer Vorzug der schrägen Kessellage wird
noch angeführt, daſs die Locomobile bequem umzulenken ist, da die Vorderräder unter
den Kessel treten können.
(Fortsetzung folgt.)