Titel: | A. Winkler's Dampfturbine. |
Fundstelle: | Band 258, Jahrgang 1885, S. 244 |
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A. Winkler's Dampfturbine.
Mit Abbildungen.
A. Winkler's Dampfturbine.
Schon seit langer Zeit ist wiederholt der Versuch gemacht worden, den Dampf nach Art
des Wassers in den Turbinen zum Betriebe von Maschinen zu verwenden, indem man die
lebendige Kraft oder den Rückdruck (die Reaction) frei ausströmender Dampfstrahlen
als treibende Kraft nutzbar machte. Hin und wieder sind solche Dampfturbinen oder
Reactionsräder auch zum Betriebe von Kreissägen, Flügelgebläsen u.s.w. in Anwendung
gebracht worden. Der Erfolg scheiterte jedoch immer an dem unverhältniſsmäſsig
groſsen Dampfverbrauche, eine Folge der groſsen Geschwindigkeit der Dampfstrahlen, von welcher nur
ein geringer Theil nutzbar gemacht werden konnte. Auch in neuerer Zeit sind in Folge
des Bedarfes an sehr schnell laufenden Motoren wieder
neue Systeme derartiger Dampfturbinen in Vorschlag gebracht worden, so z.B. von A.
Winkler in Breslau (* D. R. P. Kl. 14 Nr. 32847 vom 16. Januar 1885 und Zusatz Nr. 33404
vom 31. Mai 1885).
Diese in Fig. 1 und 2
dargestellte Turbine ist dadurch charakterisirt: 1) daſs tangentiale, aus
feststehenden Düsen ausströmende Dampfstrahlen an rauhen, zur Strahlrichtung
parallelen Ringflächen, die im Inneren der sich drehenden Turbinentrommel angeordnet
sind, entlang strömen und dabei durch Reibung an den
Ringflächen Bewegung auf die Ringe und die mit diesen fest verbundene
Turbinentrommel übertragen; 2) daſs der Dampf, nachdem er in vorstehender Weise
gewirkt hat, aus der Turbinentrommel radial durch lange und sehr enge Spalten, die
vor convexen Schaufeln angeordnet sind, ausströmt und nun in der Weise wirkt, daſs
er das widerstehende Mittel (die Luft) vor den Schaufeln wegreiſst und so eine Verdünnung erzeugt, in welcher die Schaufel durch
den Ueberdruck ah der Rückseite hineingedrückt wird. Der Dampfstrahl saugt also die
Schaufel an sich; durch beide Wirkungsweisen des Dampfes wird ein wesentliches
Herabziehen der nothwendigen Umlaufsgeschwindigkeit der Turbine erreicht.
Fig. 1., Bd. 258, S. 244Fig. 2., Bd. 258, S. 244Bei dem ausgeführten Motor verläuft der Arbeitsvorgang in folgender Weise:
Der Dampf tritt durch das Rohr r (Fig. 2) in das feststehende cylindrische Gefäſs g (von 10 bis 20cm
Durchmesser und beliebiger Länge), welches zwei zur Achse von g parallele Ausströmungsschlitze n (2mm breit, mit g gleich lang) besitzt. Aus diesen Schlitzen strömt der
Dampf tangential in das Innere der Turbinentrommel t
und hier in den Zwischenräumen der Ringe l entlang, auf
diese durch Reibung seine Bewegung übertragend. Die Ringe l sind
parallel zu den Bodenplatten b der Turbinentrommel
angeordnet und am inneren Umfange schneidig gestaltet. Die Turbinentrommel ist an
der rechten Seite mit der Betriebswelle w fest
verbunden und dreht sich an der linken Seite frei um das Dampfzufluſsrohr r, ist aber hier gegen das Gehäuse h durch einen Ring abgedichtet. Das Gehäuse h ist dampfdicht mit dem Rohre r verbunden und mündet an der rechten Seite durch eine weite Oeffnung q ins Freie.
Aus der Turbinentrommel t strömt nun der Dampf radial
durch vier enge (1mm breite), mit der Trommelachse
parallele und gleich lange Schlitze o, welche vor den convexen Schaufeln S angeordnet sind, in das Gehäuse h und wirkt
bei dieser zweiten Ausströmung indirekt durch die Verdünnung vor den Schaufeln S. Diese Schaufeln sind hinten abgedeckt, um die
Entstehung einer schädlichen Luftverdünnung hinter den Schaufeln bei der Umdrehung
zu vermeiden. Der verbrauchte Dampf wird durch D
abgeführt. Der Durchmesser der Turbinentrommel t ist zu
etwa 50cm angenommen.
Fig. 3., Bd. 258, S. 245Fig. 3 zeigt noch eine selbstthätige Regulirung der Dampfausströmung aus den Schlitzen o. Es bedeutet t einen
Theil des Turbinenmantels, S eine Schaufel und k eine neben dem Schlitze o angeordnete, drehbare Klappe, welche sich durch den Dampfdruck öffnet
und durch den Luftwiderstand gegen die hervorragende freie Fläche t, oder durch die Wirkung der Centrifugalkraft auf den
Gewichtshebel H bei zu schneller Drehung schlieſst; H liegt auſserhalb der Bodenplatte b (Fig. 2) und ist mit
der Klappe k fest verbunden.