Titel: | Cadiat's Kessel für kleine Dampfboote. |
Fundstelle: | Band 258, Jahrgang 1885, S. 296 |
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Cadiat's Kessel für kleine
Dampfboote.
Mit Abbildungen im Texte und auf Tafel 19.
Cadiat's Kessel für kleine Dampfboote.
Nach den Plänen des Marine-Ingenieurs Cadiat haben E. Mourraille und Comp. in Paris kürzlich einen Kessel
für kleine Fahrzeuge ausgeführt, welcher Alles zu vereinigen scheint, was man von
diesen Apparaten verlangt, nämlich groſse Leistungsfähigkeit bei geringem
Raumbedarf, Leichtigkeit, Festigkeit und bequeme Zugänglichkeit zum Zwecke der
Untersuchung und Ausbesserung, endlich schnelle Dampferzeugung und lange
Dienstfähigkeit.
Textabbildung Bd. 258, S. 296Wie die Textfigur sowie Fig. 1 und 2 Taf. 19 nach der Revue industrielle, 1885 S. 373 erkennen lassen,
besteht der wesentlichste Theil dieses Kessels aus einem Bündel messingener, etwa
unter 45° geneigter Wasserröhren. Dieselben liegen unmittelbar vor dem Roste und
sind mit zwei runden Rohrplatten verbunden. Zur gehörigen Absteifung der letzteren
ist eine Anzahl als Stehbolzen dienender, verstärkter Röhren R vorhanden (im vorliegenden Falle 9), welche mittels doppelter Muttern
die Rohrwände W fassen. Obwohl diese Stehbolzen schon
genügen würden, die völlige Dichtheit der Wasserrohre in den Rohrwänden zu sichern,
so sind doch noch zum Ueberflusse die sämmtlichen Rohrenden in der üblichen Weise
durch Aufdornen und Umbördeln befestigt. Die beiden Rohrwände W sind am Umfange verstärkt und abgedreht, um an
denselben mittels Schraubenbolzen zwei ebenfalls abgedrehte Winkeleisenringe
befestigen zu können, deren oberer den kugelförmigen, theilweise mit Wasser
gefüllten Dampfdom D, der untere aber eine gewölbte Haube H trägt, in welche die sämmtlichen Wasserrohre münden.
Ein in der Nähe des Wasserspiegels angebrachtes Siebblech S soll dazu dienen, das Austreten des Dampfes und durch seinen abwärts
gebogenen Rand die Strömung des Wassers durch die oben liegenden zwei weiten Rohre
R1 zu regeln.
Dampfpfeife, Sicherheitsventil, Manometer und Absperrventil für die Dampfleitung sind
an einem besonderen Stutzen angebracht, welchem der Dampf durch den im Obertheile
des Domes gelegenen Dampftrockner T zuströmt; letzterer
besteht aus einem Spiralrohre, dessen Wandung mit kleinen Oeffnungen versehen ist,
an welchen wieder geneigte Bleche angebracht sind. In Folge der groſsen
Geschwindigkeit, womit der Dampf die Rohre durchströmt, soll das fortgerissene
Wasser durch diese Oeffnungen hinausgeschleudert werden und aus dem das Spiralrohr
umfassenden Gehäuse schlieſslich wieder in den Kessel zurückflieſsen. Die
Kesselumhüllung ist zum raschen Abnehmen eingerichtet; sie besteht aus zwei Theilen:
der obere Theil umschlieſst in Gestalt eines Halbcylinders mit doppelten
Blechwandungen die obere Hälfte des Röhrenbündels und trägt den Ansatz für den
Schornstein, sowie an den Seiten zwei Putzthüren; er ist an die Rohrplatten W angeschraubt. Der untere Theil ist ein rechteckiger
Blechkasten, mit feuerfesten Steinen ausgesetzt, und enthält den Rost nebst
Aschenfall; derselbe ist einfach durch 4 Bolzen mit Keilen an dem Obertheile
befestigt und trägt noch 4 Füſse, um damit den Kessel am Fuſsboden festzuschrauben.
Dom und gewölbter Kesselboden sind mit Filz und darüber mit polirtem Messingblech
umhüllt. Im unteren Theile des Schornsteines ist ein Blasrohr in Gestalt eines
hohlen Ringes r angebracht, von welchem aus sich
mehrere Strahlrohre in das Innere des Schornsteines erstrecken. Aller Abdampf der
Maschine und des Kessels wird diesem Blasrohre zugeleitet.
Gemäſs der Anordnung des Kessels und Rostes werden die Rohrplatten W nur in ganz schräger Richtung von der Flamme
bestrichen, welche vielmehr unmittelbar gegen die Röhren schlägt; letztere sind aber
in Folge der lebhaften Wasserströmung in ihrem Inneren nicht leicht einer
Beschädigung unterworfen. Es kann somit höchstens nach langem Gebrauche eine
Auswechselung von Röhren nöthig werden, welche übrigens ebenso leicht zu vollziehen
ist wie bei jedem anderen Röhrenkessel.
Im Arsenale zu Toulon hat man genaue Versuche mit einem derartigen, in einem Boote
aufgestellten Kessel ausgeführt; derselbe besaſs 5qm,5 Heizfläche, 0qm,1925 Rostfläche,
war auf 5at Dampfdruck gestempelt und wog
dienstfähig 965k.
Die Zeit zum Anheizen überstieg nicht 20 Minuten; bei Einleitung des ganzen Abdampfes
in das Blasrohr sollen nur 48k Brennstoff
(Briquettes von Anzin) in der Stunde verbraucht worden sein, um 340k Wasser zu verdampfen, so daſs also 7k Dampf auf die Stunde und Pferdestärke entfallen würden. Unter
diesen Verhältnissen betrug das mit dem Dampfe fortgerissene Wasser, wie
calorimetrische Versuche zeigten, nicht über 8 bis 10 Proc.
Die Unterhaltung des Feuers und die Reinigung des Rostes sind bei dem beschriebenen
Kessel leicht zu bewerkstelligen. Die Feuerthür öffnet sich durch einen
Gewichtshebel von selbst, sobald man die Falle derselben hebt. Die Reinigung der
Röhren von Rufs, welche alle 5 bis 6 Stunden nöthig ist, wird durch die Seitenthüren
mittels eines Dampfstrahles vollzogen.
Mouraille und Comp. bauen 5 Gröſsen des beschriebenen
Kessels, jeden in zwei Arten zu 5 bezieh. 7at
Dampfdruck. Die Hauptabmessungen einer Gröſse sind:
Heizfläche
5qm,86
Ganze Höhe
1m,52
Breite
0m,87
Länge
1m,41
Rostfläche
0qm,2
Wasserinhalt
165l
Dampfraum
0cbm,187
Aeuſserer Rohrdurchmesser
50mm
Gewicht des leeren Kessels ohne Schornstein für 5at Betriebsspannung
769k
„ 7at
„
800k
Dampferzeugung in der Stunde
350k.
Die anderen 4 Gröſsen besitzen Heizflächen von 4, 8, 10 bezieh.
12qm und eine Verdampfungsfähigkeit von 240,
480, 600 bezieh. 730k in der Stunde.
Auf den ersten Blick möchte man meinen, der Cadiat'sche Kessel besitze wenig Stabilität; dem ist
aber durchaus nicht so. Bei der ersten Gröſse z.B. Hegt der Schwerpunkt 0m,62 über der Standfläche.