Titel: | Ueber die Darstellung von Holzgeist in Schottland. |
Fundstelle: | Band 258, Jahrgang 1885, S. 371 |
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Ueber die Darstellung von Holzgeist in
Schottland.
Fawsitt, über die Darstellung von Holzgeist in
Schottland.
Die Holzgeistdarstellung bildet einen bedeutenden Industriezweig im Westen von
Schottland; namentlich werden dort harte Hölzer zur Destillation verwendet,
besonders Eichen, Buchen und Birken. Folgende Zahlen geben eine Vergleichung der
Destillationsproducte von 100 G.-Th. Eichen und schottischem Tannenholz:
Rohe Säure
Essigsäure
Theer
Kohle
Eiche
47,6
5,4
6,4
24,9
Tanne
45,0
2,7
10,0
28,0
Das Holz wird vor der Destillation mindestens 1 Jahr lang gelagert, um es lufttrocken
zu machen. Stammholz gibt eine bedeutend bessere Destillationsausbeute als Astholz.
Ebenso zeigt sich zwischen gesundem und ungesundem Holze ein bedeutender
Unterschied. Neben der Art des Holzes übt besonders die Temperatur, bei welcher
destillirt wird und im geringeren Grade auch die Gröſse der Retorten bedeutenden
Einfluſs auf die Ausbeute aus. Die Erfahrung hat gezeigt, daſs bei einer Temperatur
von 350 bis 400° die besten Ergebnisse erhalten werden. Wenn die Temperatur über
400° steigt, so zeigt sich eine Zunahme an Essigsäure, nicht aber – wie man erwarten
würde – an Aceton. Nach Angaben in manchen Büchern soll sich bei hoher Temperatur eine gröſsere Ausbeute
an Holzgeist ergeben. C. A. Fawsitt (Journal of the Society
of Chemical Industry, 1885 S. 319) kann dies jedoch nicht durch seine
Erfahrungen bestätigen.
Das Destillat von der Holzdestillation besteht, wie bekannt, aus Theer und aus einer
wässerigen Flüssigkeit, welche Holzgeist und Essigsäure enthält. Diese wässerige
Flüssigkeit (42 bis 47 Procent vom Holzgewichte) sammelt sich beim Stehen über dem
Theere und wird von letzterem getrennt.
Die Essigsäure wird in Schottland gewöhnlich zur Darstellung von Calciumacetat,
Eisenlösung oder braunem Bleizucker verwendet. Bei Darstellung von Calciumacetat
wird die wässerige Flüssigkeit zur Trennung von theerigen Bestandtheilen zuerst
destillirt, das Destillat mit Kalk gesättigt und wiederum destillirt, wobei zuerst
Holzgeist übergeht, welcher getrennt aufgefangen wird.
Wenn Eisenlösung oder Bleizucker gewonnen werden soll, verfährt man in Schottland
gewöhnlich so, daſs man das wässerige Holzdestillat gleich fractionirt destillirt
und den Holzgeist getrennt auffängt. Der so erhaltene rohe Holzgeist, oder wie er in
Schottland genannt wird: Wood naphta, hat 0,97 bis 0,99
sp. G.; derselbe ist von dunkler Farbe, hat einen starken Geruch und enthält neben
bedeutenden Mengen von Wasser noch Methylalkohol, Aceton, Methylacetat, Aldehyd,
Allylalkohol und Dimethylacetat, ebenso Methylamin, essigsaures Ammoniak und
theerige Stoffe.
Der Reinigungsprozeſs, welcher in Schottland gewöhnlich Verwendung findet, besteht in
Destillation mit Kalk. Die in der Naphta aufgelösten theerigen Stoffe lassen sich
nur schwer entfernen. Trotzdem daſs sie bedeutend über 100° sieden, destilliren sie
leicht mit dem Holzgeiste über; sie können aber durch Verdünnung desselben mit
Wasser als ölige Schicht abgeschieden werden. Die chemische Zusammensetzung dieser
Oele ist wenig bekannt; nach Cahours enthalten sie
hauptsächlich Toluol und Xylole.
Der Holzgeist, wie er in den Handel gebracht wird, ist farblos und hat ein
specifisches Gewicht von 0,827 bei 15,5°. Er darf sich beim Vermischen mit Wasser
nicht trüben. Eine Trübung deutet auf einen Gehalt an den oben erwähnten Oelen. Als
Handelsprobe dient hauptsächlich die Bestimmung des specifischen Gewichtes.
Holzgeist findet groſse Anwendung zur Herstellung von denaturirtem Weingeiste (methylated spirit). Aber erst seit der Einführung der
Anilinfarbenfabrikation hat der Holzgeist seine jetzige Wichtigkeit als
Handelsproduct erlangt.