Titel: | Ueber Neuerungen an Locomobilen. |
Fundstelle: | Band 258, Jahrgang 1885, S. 381 |
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Ueber Neuerungen an Locomobilen.
(Fortsetzung des Berichtes S. 241 d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Ueber Neuerungen an Locomobilen.
Französische Locomobilen.
Die französischen Locomobilen sind im Allgemeinen schwerer und weniger einfach als
die englischen. Besonderer Werth ist auf eine kräftige Verbindung der Cylinder mit
den Kurbellagern durch eine gemeinschaftliche Grundplatte oder durch Hohlbalken
gelegt.
In den Textfig. 1 bis 7
ist nach Armengaud's Publication industrielle, 1884 Bd. 30 * S. 253 eine Compound-Locomobile von Chaligny und Guyot-Sionnest in Paris dargestellt. Dieselbe ist als
Halblocomobile gezeichnet, kann aber leicht in eine fahrbare Locomobile umgewandelt
werden, indem an der Vorderwand der Feuerbüchse eine Oese a zur Aufnahme der Hinterachse und vorn unter dem Kessel ein Guſsstück C zur Verbindung mit einem Fahrschemel mittels eines
senkrechten Bolzens angebracht ist. Die Rauchkammer ist Fig. 1. aus dünnem Blech für sich hergestellt und bildet eine
Verlängerung der Kesselverkleidung. Der Schornstein hat unten rechteckigen
Querschnitt. Die Cylinder bilden mit ihren Mänteln, Schieberkasten und vorderen
Deckeln ein Guſsstück, welches auf einen mit dem Kessel vernieteten, oben ebenen
Sattel E1 (Fig. 1) unter Zwischenlage eines Kupferringes
aufgebolzt ist. Ein zweites Guſsstück ist der breite, unten mit 4 senkrechten
Längsrippen versehene Balken E mit den beiden gebohrten
Kreuzkopfführungen und den beiden durch eine Schale verbundenen Kurbellagern.
Fig. 1., Bd. 258, S. 381Der Dampf gelangt durch eine Oeffnung des Kesselmantels in den Hohlraum des
Sattels E1 und aus
diesem durch ein angeschraubtes Knierohr mit dem Absperrventile in den
Schieberkasten des kleinen Cylinders, zugleich auch durch einen Kanal r1 in den die Cylinder
oben umgebenden Raum O. Von O führen Bohrungen zu den oben auf dem Mantel angebrachten
Sicherheitsventilen und dem Manometer. Aus dem kleinen Cylinder strömt der Dampf in
den als Zwischenbehälter dienenden Raum Z, aus diesem
durch zwei Kanäle r in den Schieberkasten des groſsen
Cylinders und aus letzterem schlieſslich durch den Stutzen d1 in einen Vorwärmer H. Die Cylinder werden also oben von frischem Kampfe,
unten von dem Zwischendampfe bespült.
Fig. 2–3., Bd. 258, S. 382 Die Enden des
Vorwärmers H sind im Schnitte in Fig. 4 und 5
dargestellt. Das linke Kopfstück ist in zwei Kammern getheilt. In die obere Kammer
wird das Wasser von der Speisepumpe G durch das Rohr
g eingeführt, um dann durch zwei Messingröhren nach
rechts zu strömen, durch zwei untere gleiche Röhren zurückzukehren und schlieſslich
durch Rohr g1 in den
Kessel geführt zu werden. Das Rohr g1 enthält dicht am Kessel auſser dem
Rückschlagventile auch einen Hahn. Die Messingröhren werden von dem Abdampfe
umspült, welcher dann durch das Ventilgehäuse I
entweicht; in letzterem ist ein zwischen zwei Sitzen bewegliches Schraubventil
angebracht, mit Hilfe dessen der Abdampf entweder nach oben in den Schornstein, oder
nach unten in einen beliebig aufzustellenden Condensator geleitet werden kann. Auf
eine ungleichmäſsige Ausdehnung des weiten Eisenrohres H und der engen Röhren o ist hier keine
Rücksicht genommen; sämmtliche Theile werden durch einen in der Mitte durchgehenden
Bolzen o1 zusammen und
gegen einander unverrückbar gehalten.
Fig. 4., Bd. 258, S. 383Fig. 5., Bd. 258, S. 383Zur Steuerung jedes Cylinders dient ein Trick'scher Kanalschieber und der Schieberhub für den kleinen Cylinder kann
mittels Coulisse von Hand geändert werden. Die hierzu benutzte Vorrichtung ist in
Fig. 6 und 7
abgebildet. Die sehr kurze Excenterstange ist durch einen Bolzen mit dem Gleitklotze
der um den unteren Endpunkt schwingenden Coulisse verbunden. An den Gleitklotz ist
ferner drehbar eine Mutter angehängt, durch welche die am oberen Ende der Coulisse
gelagerte Schraubenspindel hindurchgeht. Die Schieberschubstange ist in der Mitte
des benutzten Coulissenbogens angehängt. Die Coulisse ist für 0,4 bis 0,8 Füllung
berechnet. Soll die Maschine mit Condensation arbeiten, so wird eine etwas längere
Coulisse benutzt, welche 0,1 bis 0,6 Füllung gibt.
Fig. 6., Bd. 258, S. 383Fig. 7., Bd. 258, S. 383 Eine zweite Anordnung mit oben aufgehängter Coulisse ist für den
entgegengesetzten Drehungssinn bestimmt. Der
Fig. 8–9., Bd. 258, S. 384 Regulator wird durch
Kegelräder getrieben und wirkt auf eine unter dem Schieberkasten des kleinen
Cylinders angebrachte Drosselklappe.
Bei einem Versuche leistete eine solche Locomobile, während sie 92,2 Umdrehungen in
der Minute machte, am Indicator 50e,15 und an der
Bremse 41e,8, entsprechend einem Wirkungsgrade von
0,832, und verbrauchte dabei für 1e in der Stunde
12k,6 Speisewasser und 1k,37 Kohlen. Bei einem anderen Versuche, bei
welchem Condensation benutzt wurde, soll sich ein Wirkungsgrad von 0,94 und ein
Wasser- bezieh. Kohlenverbrauch von 9k,1 und 0k,984 für 1e und
1 Stunde ergeben haben.
Eine zweite französische Compound-Halblocomobile, von
der Société Lyonnaise de Constructions mécaniques et de
Lumière électrique in Lyon erbaut, ist nach der Revue industrielle, 1884 * S. 233 in Textfig. 8 und 9 abgebildet.
Auch bei dieser ist die Maschine oben auf dem Kessel, zwischen einem Dampfdome und
dem Schornsteine angebracht. Wegen des hier angewendeten Domes fällt die Maschine
etwas kurz aus. Die nach vorn geneigten Kurbellager sind an die sattelförmige
Grundplatte angegossen, Cylinder und Führungslineale in bekannter Weise auf
derselben befestigt. Jeder Cylinder ist mit seinem Mantel und Schieberkasten für
sich gegossen und zwar hat der kleine Cylinder einen doppelten Mantel erhalten. Der
innere Mantelraum nimmt, gleich wie der Mantel des groſsen Cylinders, durch das Rohr
r aus dem Dome frischen Dampf auf, um ihn dann
durch das Absperrventil a an den Schieberkasten des
kleinen Cylinders abzugeben. Der äuſsere Mantelraum dient als Zwischenkammer, aus
welcher der Dampf durch einen Kanal k in den
Schieberkasten des groſsen Cylinders gelangt. Von dem Ausströmkanale des letzteren
führt ein Rohr abwärts in den Condensator, ist aber an der Einmündung in denselben
auch mit einem Wechselventile w versehen, welches
ermöglicht, den Abdampf statt in den Condensator in einen mitten unter dem Kessel
liegenden Vorwärmer d zu leiten, durch welchen in
entgegengesetzter Richtung das Speisewasser hindurchgetrieben wird. Die an den
Condensator sich anschlieſsende Luftpumpe besteht aus zwei einfachen Hubpumpen,
welche mittels eines Ankerhebels von dem Kreuzkopfe des groſsen Cylinders aus bewegt
werden. Der Tauchkolben der Speisepumpe ist an die hohle Kolbenstange der einen
Hubpumpe angeschraubt. Eine zwischen dem Kessel und einer Blechverkleidung
eingeschlossene Luftschicht schützt gegen Wärmeverluste.
Zur Steuerung des groſsen Cylinders dient ein gewöhnlicher Muschelschieber; am
kleinen Cylinder dagegen ist auf dem Grundschieber ein Expansionsschieber
angebracht, der auf seinem Rücken noch einen dritten, gitterförmigen Schieber trägt,
welcher von dem mittleren Schieber mit geschleppt wird und in seinem Hube nach Art
der Farcot'schen Steuerung durch Anstoſsknaggen
begrenzt wird. Die mittlere, den Schluſs der Kanäle bestimmende Knagge wird wie bei
der Farcot'schen Steuerung durch den Regulator (einen
Cosinusregulator), welcher mittels Zahnräder getrieben wird, verstellt. Durch diese Anordnung ist es
ermöglicht, weit höhere Füllungsgrade als bei der gewöhnlichen Farcot'schen Steuerung zu erhalten, während zugleich
die Beeinflussung des Ganges durch den Regulator eine sehr genaue sein kann.
Die Cylinder haben 250 bezieh. 430mm Durchmesser,
die Kolben 400mm Hub; der Kessel besitzt 59 Röhren
von 2m,8 Länge und 70mrn Durchmesser, womit sich eine Gesammtheizfläche von 40qm ergibt. Die Kesselspannung ist auf 7k/qc festgesetzt.
Die Leistung der dargestellten Maschine beträgt 40 bis 60e bei 95 Umläufen in der Minute. Diese Locomobile
wird in vier Gröſsen zu 45, 60, 80 und 100e
ausgeführt.
(Schluſs folgt.)