Titel: | Ueber die Herstellung von Schwefelsäure. |
Fundstelle: | Band 258, Jahrgang 1885, S. 422 |
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Ueber die Herstellung von
Schwefelsäure.
Ueber die Herstellung von Schwefelsäure.
Zur Füllung von Gloverthürmen sind nach H. Bornträger in Löhne (gef. Mittheilung vom 8.
November d. J.) Quarzsteine nicht zu empfehlen, da sie einen starken Seitendruck
ausüben, innerhalb 2 bis 3 Jahren zersprengt werden und dann den ganzen Thurm
verstopfen. Besser ist das Aussetzen mit feuerfesten Ziegeln auf hoher Kante, oder
mit kleinen Thoncylindern, wie solche E. Boeing in Bad
Nauheim liefert. Noch besser würden aus demselben Thone hergestellte hohle Kegelstumpfe sein, welche etwa 10cm hoch und an der oberen engeren Oeffnung etwa
5cm weit sind, welche der Länge nach einen
Spalt erhalten, damit sie bei Temperaturschwankungen nicht zerspringen.
Finch und Willoughby in
Plymouth (Englisches Patent 1884 Nr. 3086) wollen das aus dem Gloverthurme austretende Gasgemisch durch eine Pumpe in
einen Thurm pressen, in welchem die Schwefelsäurebildung unter Druck vor sich gehen soll. Die durch ein belastetes Ventil
austretenden Gase gelangen dann in den Gay-Lussac-Thurm, damit hier die nitrosen
Gase unter Atmosphärendruck gelöst werden.
Um Schwefelsäure von Arsen und Antimon zu befreien, will
Thomson in Quebec (Englisches Patent 1884 Nr. 6215)
die Kammersäure mit Schwefelammonium versetzen, durch fein zertheiltes Blei
filtriren und dann in bekannter Weise concentriren, wobei die noch vorhandene
Nitrose durch das aus dem Schwefelammonium gebildete Ammoniumsulfat zersetzt werden
soll.
P. Naef (Chemische Industrie, 1885 S. 285) hat über die
Vorgänge in den SchwefelsäurekammernVgl. Abraham 1882 245 416. G. Lunge und Naef (1884 252
169). Mactear (1885 255 296). F. Hurter (1882 246 341. Jahresbericht der chemischen Technologie, 1882 S.
240). weitere Versuche in der Fabrik von Sullivan und Comp. in Widnes ausgeführt. Hier besteht
jedes Kammersystem aus 2 Pyritöfenbatterien, 2 Gloverthürmen, 2 langen, aber engen
Vorkammern, 3 gleich groſsen Hauptkammern und 1 Gay-Lussac-Thurm. Die Gase der 2
Pyritöfenbatterien gehen getrennt durch die
Gloverthürme, die 2 Vorkammern und 2 Hauptkammern, dann gemeinschaftlich durch die
Kammer III und den Gay-Lussac-Thurm.
Die wie früher ausgeführten Gasanalysen ergaben folgendes:
1. Versuch
Eingang in dieVorkammer
Eingang inKammer I
Mitte derKammer I
Ausgang ausKammer I
Proc.
Auf100 N
Proc.
Auf100 N
Proc.
Auf100 N
Proc.
Auf100 N
O
9,65
11,51
8,05
9,18
6,40
6,91
6,55
7,02
N
83,80
–
87,63
–
92,66
–
92,91
–
SO2
6,39
7,62
4,16
4,74
0,75
0,80
0,38
0,41
N2O3
0,042
–
0,047
–
0,059
–
0,05
–
NO
0,125
–
0,113
–
0,135
–
0,116
–
In der Vorkam-mer oxydirteSO2 37,8 %
Bis zur MitteKammer I oxy-dirte
SO2 83,1 %
Bis Ende Kam-mer I oxydirteSO2 91,3 %
der in die Kammer eintretenden SO2.
2. Versuch
Eingang inKammer I
Mitte derKammer I
Ausgang ausKammer I
Mitte derKammer II
Proc.
Auf100 N
Proc.
Auf100 N
Proc.
Auf100 N
Proc.
Auf100 N
O
9,15
10,48
7,32
8,00
7,05
7,62
7,10
7,66
N
86,83
–
91,56
–
92,39
–
92,66
–
SO2
3,81
4,38
0,90
0,98
0,34
0,37
0,036
0,04
N2O3
0,067
–
0,056
–
0,096
–
0,112
–
NO
0,148
–
0,165
–
0,124
–
0,09
–
Bis Mitte Kam-mer I oxydirteSO2 77,6 %
Bis Ende Kam-mer I oxydirteSäure
91,5 %
Bis zur Mitte Kam-mer II
oxydirteSO2 99,1 %
der in Kammer I eintretenden SO2.
Der Schwefligsäuregehalt der Gase nimmt somit wie bei den
früheren Versuchen bis zur Mitte der Kammer I sehr stark ab, ändert sich aber von da
bis ans Ende nur wenig. Auch bei der Kammer III scheint sich dieselbe Erscheinung zu
wiederholen. Obschon die doppelte Gasmenge durch diese Kammer geht und daher auch
die Geschwindigkeit entsprechend gröſser ist, zeigt die der Mitte dieser Kammer
entnommene Gasprobe nur Spuren von Schwefligsäure, so daſs diese Erscheinung für
alle Kammern gilt.
Zum Vergleiche der gasanalytischen Ergebnisse mit der Säuremessung wurden an
denselben Stellen, an denen die Gasproben entnommen wurden, runde Säuretische von
300mm Durchmesser 600mm von der Seitenwand und 900mm vom Boden der Kammer befestigt. Die gesammelte
Säure floſs durch eine Röhre nach auſsen und wurde alle 12 Stunden untersucht. Die
nächste Tabelle enthält monatliche Durchschnittszahlen,
welche von der gleichen Kammer erhalten worden sind, in welche die oben erwähnten
Gasanalysen ausgeführt wurden.
Die Zahlen vom 4. Versuche wurden an einem anderen Kammersysteme erhalten und
hauptsächlich zum Studium der Säurebildung in verschiedenen Höhen der Kammer angestellt.
3. Versuch
Säure-mengek
Spec.Gew.
Mono-hydratk
Ver-hältniſs
Anfang der Kammer
1,528
1,63
1,085
10
Mitte „ „
0,821
1,65
0,599
5,5
Ende „ „
0,859
1,64
0,618
5,7
4. Versuch.
Anfang der Kammer
1,471
1,65
1,074
10
Mitte derKammer
unten (600mm über derSäure)oben (600mm unter derDecke)
0,7350,509
1,64 1,645
0,5290,369
4,9 3,4
Ende der Kammer
0,651
1,635
0,465
4,3
Die Säuremessungen in der Mitte und am Ende der Kammer lieferten beinahe gleiche
Ergebnisse. Auf dem in der Nähe des Einganges befindlichen Säuretische setzte sich
ungefähr doppelt so viel Säure ab als in der Mitte und am Ende der Kammer.
Als in verschiedenen Höhen über die Tische Bleideckel gehängt wurden, zeigte sich,
daſs schon bei Entfernungen der Deckel von 100mm
bis 300mm auf den bedeckten Tischen dieselben
Säuremengen gesammelt wurden wie auf völlig unbedecktem Tische. Dies ist nur dadurch
zu erklären, daſs die durch Oxydation der Schwefligsäure gebildete Schwefelsäure
nicht sofort als Tropfen niederfällt, sondern mit den Gasen in Nebelform sich
fortbewegt und auf den Tischen durch Oberflächenwirkung niedergeschlagen wird (vgl.
Mactear's Versuche 1885 255 296). Da der Tisch nur aus der gerade mit demselben in Berührung
kommenden dünnen Gasschicht Schwefelsäure abscheidet, so kann ein Bedecken des
Tisches selbst in geringer Entfernung die Abscheidung der Schwefelsäure nur wenig
beeinflussen.
Da sich am Ende der Kammer noch halb so viel Säure in den Tischen sammelt als am
Anfange, so muſs das Gas hier noch bedeutende Mengen von nebelförmig vertheilter
Schwefelsäure enthalten. Die Umwandlung derselben in flüssige Form geschieht daher
jedenfalls nicht augenblicklich, sondern erfordert, wie die Oxydation der
Schwefligsäure selbst, Zeit. Es ist daher wohl möglich, daſs schon im Anfange der
Kammer gebildete Schwefelsäure erst am Ende im flüssigen Zustande abgeschieden wird,
oder sogar mit dem Gase in die folgende Kammer übergeht. So verschwinden z.B. in den
Vorkammern der Versuchsysteme 37 Procent der Gesammtschwefligsäure, wobei aber in
Wirklichkeit nichts weniger als die entsprechende Menge Schwefelsäure in denselben
verflüssigt wird.
Es ist also beim Bleikammerprozesse zu unterscheiden: 1) die chemische Umwandelung von Schwefligsäure in nebelförmig vertheilte Schwefelsäure und 2) die physikalische Umwandelung letzterer in deutliche
Tropfenform. Dadurch erklären sich auch die scheinbar widersprechenden
Ergebnisse von Gasanalyse und Säuremessung. Letztere Beobachtungsweise gibt nur über die physikalische
Umwandelung der Schwefelsäure in flüssige Form Aufschluſs, ist aber für das Studium
des Fortschreitens der chemischen Reaction völlig werthlos. Ueber letzteres kann nur
die Gasanalyse Aufschluſs geben, aber auch dann nur unter der Bedingung, daſs die
Mischung der Gase auf verschiedenen Kammerquerschnitten gleichmäſsig ist. Da dies durch frühere von G.
Lunge und dem Verfasser ausgeführte Versuche in der That bestätigt ist,
muſs die Gasanalyse als einzig richtiges Mittel zu
derartigen Untersuchungen anerkannt werden (vgl. S. 29 d. Bd.).
J. Thyfs läſst die Pyritofengase zusammen mit den Salpetergasen
zuerst durch zwei Mischthürme gehen. Von da haben die Gase eine gröſsere Anzahl
kleinerer senkrechter Colonnen zu durchziehen, welche durch wagerechte durchlöcherte
Scheidewände in Abtheilungen getheilt sind. Beim Durchgehen der Gase durch diese
durchlöcherten Scheidewände wird die fein vertheilte Schwefelsäure verflüssigt und
dadurch ihre verzögernde Wirkung auf die Reaction beseitigt. Thatsächlich soll sich
das Thyſs'sche Verfahren in der Nobel'schen Fabrik in Baku vollständig bewähren. (Vgl. 1885 256 * 75.)