Titel: | N. Yagn's Schiffsschraube mit verstellbaren Flügeln. |
Fundstelle: | Band 258, Jahrgang 1885, S. 432 |
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N. Yagn's Schiffsschraube mit verstellbaren
Flügeln.
Mit Abbildungen auf Tafel
28.
Yagn's Schiffsschraube mit verstellbaren Flügeln.
Beim Entwerfen, von Schiffsschrauben wird gewöhnlich vorausgesetzt, daſs die Schraube
bei ihrer Arbeit in stilles, ruhiges Wasser eintritt. Dem entsprechend berechnet man
den Neigungswinkel für die Flügel der Schraube je nach der erforderlichen
Geschwindigkeit des Schiffes und der Umlaufzahl der Maschine. In Wirklichkeit aber
bleibt bei der Bewegung des Schiffes das Wasser, in welches die sich drehende
Schraube eintritt, niemals ruhig. Abgesehen davon, daſs es durch die Schraube
aufgewühlt wird, erhält das Wasser unmittelbar hinter dem Schiffe, noch ehe die
Schraube in dasselbe eintritt, eine gewisse Geschwindigkeit in der Richtung der
Bewegung des Schiffes, deren Gröſse an verschiedenen Stellen der Strömung nicht
gleich ist; denn sie ist am gröſsten an der Oberfläche des Wassers, in der Mitte der
Strömung, und nimmt allmählich nach beiden Seiten und nach unten zu ab.
Demgemäſs müſsten, um eine richtige Wirkung der Schiffsschraube zu erzielen, die
Flügel derselben derart construirt sein, daſs sie in verschiedenen Augenblicken der
Umdrehung der Schraube verschiedene Neigungswinkel darstellen, was aber bei unbeweglicher
Befestigung der Schraube auf ihrer Welle unmöglich ist. Daher begnügt man sich in
der Praxis damit, daſs man den Schraubenflügeln eine gewisse mittlere Neigung gibt;
letztere hat jedoch nicht allein einen Verlust an Arbeitskraft zur Folge, sondern es
erleiden auch dabei die Schraube und der Rumpf des Schiffes in verschiedenen
Augenblicken der Umdrehung der Schraube sehr heftige und unregelmäſsige
Druckeinwirkungen, deren resultirende Kraft mit der Achse der Triebwelle nicht
zusammenfällt und die von Stöſsen begleitet sind, welche das Bestreben haben, die
Welle in ihren Lagern zu erschüttern. Der Einwirkung dieser begleitenden Strömung
gesellen sich noch die Veränderungen in der Geschwindigkeit und Richtung der
relativen Bewegung des die Schraube umgebenden Wassers hinzu, welche beim Schlingern
und Stampfen des Schiffes entstehen. Diese Veränderungen rufen ebenfalls bei
unbeweglicher Befestigung der Schraube auf ihrer Welle und gleichbleibender Neigung
der Schraubenflügel Erschütterungen und Stöſse hervor und beeinträchtigen die
Wirkung der Schraube.
N.
Yagn in St. Petersburg (* D. R. P. Kl. 65 Nr. 33297 vom 1. Mai 1885) hat nun
gefunden, daſs diese Uebelstände beseitigt werden, wenn sich der Neigungswinkel der
Schraubenflügel selbstthätig verändern kann, entsprechend den Veränderungen in der
Geschwindigkeit und Richtung der Wasserbewegung. Dies kann erreicht werden, wenn die
Schraubenflügel federnd hergestellt oder die Schraube so mit der Triebwelle
verbunden wird, daſs ein Schwingen der Schraube senkrecht zur Drehungsebene
stattfinden kann.
Die bereits von J. Ward (1882 245 243) vorgeschlagenen federnden Schraubenflügel ändert Yagn nach Fig. 9 Taf. 28 ab. Auf dem
Muffe C sind starke Rippen I befestigt, auf denen der Gestalt der Schraube entsprechend Federn i angenietet sind. Wenn eine derartige Schraube
arbeitet und ihre Flügel einem übermäſsigen Drucke seitens des Wassers begegnen,
werden die Federn i, diesem Drucke nachgebend,
zurückgebogen und wird der Neigungswinkel der Flügel sich selbstthätig verkleinern;
umgekehrt wird der Neigungswinkel der Flügel sich vergröſsern, wenn der Widerstand
des Wassers sich verringert. Eine derartige Schraube mit federnden Flügeln ist nur
für kleine Fahrzeuge geeignet. Beim Rückgange steht ein Zerbrechen der Federn i zu befürchten, da dieselben bei der Rückwärtsbewegung
durch den Druck des Wassers eine übermäſsige Abweichung erleiden können.
Die selbstthätige Umdrehbarkeit der Schraube auf der Triebwelle wird dadurch
ermöglicht, daſs der Schraube ein gewisses Spiel gegeben wird. Wie Fig. 10 bis 13 Taf. 28
erkennen lassen, ist auf den mit Gewinde versehenen Theil a der Triebwelle ein kugelförmiger Wulst B
aufgeschoben, dessen Zapfen b die Muffen b1 tragen; letztere
sind den Wandungen der Ausschnitte F in der
Schraubennabe C passend angeschliffen, legen sich gegen die Ansätze G und nehmen dadurch bei Umdrehung der Welle die
Schraube mit. Die Schraubennabe C enthält einen
weiteren Ausschnitt D, in welchem das mit einem
passenden Lager E versehene Ende der Treibwelle geführt
wird.
Die Flügel der Schraube liegen nicht in einer Ebene mit den Zapfen b, sondern ein wenig nach hinten geneigt, so daſs die
resultirenden Kräfte des durch das Wasser auf die Schraubenflügel ausgeübten Druckes
nicht durch die Fortsetzung der Achsen der Zapfen b
gehen, da nur unter dieser Bedingung ein Drehungsmoment erhalten werden kann, d.h.
die vorerwähnten resultirenden Kräfte des Druckes die Schraube nöthigen, sich auf
den Zapfen zu drehen und den Neigungswinkel der Flügel entsprechend zu
verändern.
Bei der beschriebenen Construction der Schraube werden deren Flügel, wenn sie in
ihrer Bewegung einem erhöhten Widerstände seitens des Wassers begegnen, sich in der
Richtung ablenken, in welcher der Winkel der Begegnung zwischen den Flügeln und dem
Wasser sich verringert; dieser Winkel wird um so kleiner werden, je gröſser der von
den Flügeln begegnete Widerstand ist. Hierdurch wird die Ausgleichung der
Schubkräfte zweier gegenüber liegenden Flügel erreicht.
Bei Drehung der Schraube in entgegengesetzter Richtung wird aber der erhöhte
Widerstand den Schraubenflügel nach der entgegengesetzten Seite drehen, d.h. die
Drehfähigkeit (Lenkbarkeit) des Schraubenflügels wird nicht zur Verkleinerung,
sondern im Gegentheile zur Vergröſserung des Winkels beitragen. Daher muſs sich die
Schraube bei entgegengesetzter (rückgängiger) Bewegung auf der Achse
feststellen.
Wenn die Welle A beginnt, sich in entgegengesetzter
Richtung zu drehen, verlassen die Zapfen b die
Vorsprünge G, welche sie mit ihren Muffen b1 berührten; indem sie
nun in den Ausschnitten F gleiten, gehen sie auf die
entgegengesetzten Seiten der Vorsprünge G über (vgl.
Fig. 12
und 13). Bei
dieser Lage der Zapfen b kann der Muff der Schraube
nicht mehr auf diesen Zapfen schwingen und daher bleibt die Schraube fest, d.h.
unbeweglich auf der Welle A sitzen.