Titel: | Ueber das Vorkommen von Schwefel auf der Insel Saba; von G. Lunge. |
Autor: | Georg Lunge [GND] |
Fundstelle: | Band 259, Jahrgang 1886, S. 44 |
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Ueber das Vorkommen von Schwefel auf der Insel
Saba; von G. Lunge.
Lunge, über das Schwefelvorkommen auf der Insel Saba.
In meinem Handbuche der Soda-Industrie, Bd. 2 S. 69 ist
angeführt, daſs nach Kingzeit auf der Insel Saba (einer
der kleinen Antillen, Holland zugehörend) die „reichsten und zugänglichsten
Schwefellager der Erde“ vorhanden sein sollen. Daſs diese Behauptung zum
mindesten stark übertrieben sein müſste, hat sich wohl jeder sachkundige Leser
meines Buches gesagt, da nachweislich so gut wie aller in Amerika verwendete
Schwefel noch heut aus Sicilien kommt. Sichere weitere Nachrichten über dieses
Schwefelvorkommen scheinen aber zu fehlen. Es möge mir daher gestattet sein,
folgenden Bericht mitzutheilen, welchen mir Hr. Morton
Liebschütz aus Buffalo über eine im August 1885 nach Saba gemachte Reise
brieflich gegeben hat (mit dessen freundl. Bewilligung).
Es besteht keine regelmäſsige Dampfschifffahrt nach jener kleinen Insel; man erreicht
sie von New-York über St. Christoph, wohin Dampferverbindung führt und von wo aus
man die noch übrigen 35 Seemeilen in einem zu miethenden Schiffe zurücklegen muſs (5
Stunden Fahrt bei gutem
Winde). Saba besteht fast ganz aus einem Vulkan von 540m Höhe; man kann nur mit einem kleinen Nachen anlanden und der Strand,
wenn man von einem solchen reden kann, ist mit gewaltigen, durch die Brandung
polirten Basaltblöcken bedeckt. Man muſs 180m fast
senkrecht in die Höhe klettern, um ein kleines Dorf, Bottom genannt, zu erreichen.
Es gibt dort keinen Bach und keine Quelle; das einzige süſse Wasser, welches man
kennt, ist Regenwasser, das man von den Dächern in Cisternen sammelt.
Das Schwefellager befindet sich am Nordwestende der kleinen Insel und wird erst nach
einem mehr als 2stündigen Marsche auf einem höchst bedenklichen Wege erreicht, den
jedoch die daran gewöhnten kleinen Bergpferde des Landes ziemlich gut, freilich
unter groſser Ermüdung des Reiters, wie treppauf und treppab, zurücklegen. Das
Schwefellager befindet sich ungefähr 210m über dem
Meeresspiegel; es hat eine Mächtigkeit von etwa 4,5 bis 6m und eine schwache Neigung gegen den Horizont.
Die bisher geschehene Ausbeutung desselben ist ein entsetzlicher Raubbau. Man ist
von der Klippe etwa 30m in das Innere gedrungen,
indem man oben in Hufeisenform ausgrub und das Hangende immer nach Belieben
nachstürzen lieſs. Von dem geförderten Gestein, das natürlich unten abgeführt wurde,
ist der weniger würdige Theil in Form einer Halde von 1m,5 Tiefe liegen geblieben. Eine Wiederaufnahme der Arbeiten würde mithin
bedeutenden Kostenaufwand verursachen. Die Beschaffenheit des Hangenden läſst einen
weiteren Tagebau nicht zu; man müſste Stollen treiben, wozu an einigen Punkten ein
Anfang (bis zu 12m) gemacht worden war. Die
Gangart, in welcher der Schwefel eingebettet ist, ist ungemein hart und gibt mit dem
Stahl des Steinhammers oft Funken. Die Oberfläche des Lagers ist in langsamer
Verbrennung gewesen und in den vorhandenen Stollen ist die schweflige Säure deutlich
zu bemerken.
Der Gehalt des Gesteines an Schwefel ist an einigen Stellen sehr hoch, bis 93 Proc.,
im Mittel des gewinnbaren Theiles 45 Proc., was nicht übel wäre. Aber leider ist das
Calcarone-Verfahren hier nicht anwendbar. Wenn man das Gestein in einer Schale
erhitzt, so decrepitirt es und der Schwefel schmilzt nur schwer, wobei er Gangart
mit einschlieſst. Die ersten Förderer müssen dies erkannt haben, da ein von ihnen
erbauter und noch bestehender Calcarone nie in Thätigkeit gewesen war und man mit
groſsen Kosten die Behandlung durch Destillation versucht hatte. Das Ausbringen war
aber so gering und die Schwierigkeit dabei so groſs, daſs man die Förderung wieder
einstellen muſste. Man erhielt nicht mehr als etwa 800k in 24 Stunden; dabei muſste die Kohle zu der Grube von den Landleuten
auf dem Kopfe herbeigetragen werden; Wasser war in der Umgebung der Grube sehr
spärlich zu finden; wegen der Regenzeit und der Orkane kann man nur 4 bis 5 Monate
im Jahre arbeiten und wegen der hohen Lage der Grube und der Abwesenheit eines
Strandes o. dgl. war die Verladung in die Schiffe höchst beschwerlich. Aus allen
diesen Gründen kann auch jetzt nicht die Rede davon sein, daſs das Vorkommen von
Saba trotz seines anscheinenden Reichthumes den sicilianischen Schwefelminen
Concurrenz machen könnte; die im Auftrage einer Unternehmung nach dort veranstaltete
Entsendung hat daher ein negatives Ergebniſs gehabt.
Interessant war es, wie deutlich man in den vorhandenen Stollen die langsame,
freiwillige Verbrennung des Schwefels an der Luft wahrnehmen konnte; der Geruch nach
Schwefligsäure gestattet es nur einige Augenblicke, sich darin aufzuhalten, was für
eine künftige Förderung auf diesem Wege höchst störend wäre. Die Wände müssen mit
Schwefelsäure getränkt sein, da der herabfallende Staub auf der mit Schweiſs
bedeckten Hand heftigen Brennreiz hervorrief.