Titel: | Verfahren zur Darstellung von Benzidinsulfon. |
Fundstelle: | Band 259, Jahrgang 1886, S. 50 |
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Verfahren zur Darstellung von
Benzidinsulfon.
Verfahren zur Darstellung von Benzidinsulfon.
Die Farbenfabriken vormals F. Bayer und Comp. in
Elberfeld (D. R. P. Kl. 22 Nr. 33088 vom 20. Januar 1885) haben gefunden, daſs beim
Erhitzen von Benzidin oder dessen Salzen mit rauchender Schwefelsäure auf
Temperaturen unter 120° mit gröſster Leichtigkeit eine neue Verbindung, das Benzidinsulfon, gebildet wird, welches sich dann weiter
beim Erhitzen mit Schwefelsäuren auf Temperaturen über 120° vollkommen in seine
Sulfosäuren umwandelt.
Zur Herstellung dieser Verbindung wird 1 Th. Benzidin in 3 bis 4 Th. rauchender
Schwefelsäure von 40 Proc. Anhydridgehalt langsam eingetragen und im Wasserbade bei
100° so lange, gewöhnlich 1 Stunde, erhitzt, bis alles Benzidin verschwunden ist und
eine Probe der Schmelze nach dem Versetzen mit Natronlauge aus ihrem Filtrate kein
Benzidin in den charakteristischen, silberglänzenden Blättchen mehr
auskrystallisiren läſst. Man gieſst dann die Schmelze in Wasser und trennt nach etwa
24 stündigem Stehen das abgeschiedene schwefelsaure Benzidinsulfon von der
überschüssigen Schwefelsäure durch Filtriren. Um dasselbe von etwaigen geringen
Mengen von unverändertem Benzidin oder mit entstandenen Sulfosäuren zu trennen,
kocht man den grauweiſsen Rückstand mit Natronlauge und erhält so in fast
quantitativer Menge die gelbe Verbindung, welche – abfiltrirt, in heiſser und
verdünnter Salzsäure gelöst und mit Natronlauge gefallt – als rein gelber
Niederschlag erhalten wird.
Das so erhaltene Benzidinsulfon, (C8H3NH2)2SO2, ist gelb,
amorph, in heiſsem Wasser schwer, in kaltem unlöslich und schmilzt erst über 300°
unter Zersetzung. Es besitzt schwach basische Eigenschaften und bildet mit Säuren
Salze, von denen das schwefelsaure Salz zum Unterschiede vom schwefelsauren Benzidin
sich in heiſsem, Säure haltigem Wasser leicht löst und beim Erkalten in schönen,
langen, seidenglänzenden Nadeln auskrystallisirt. In concentrirter oder rauchender
Schwefelsäure löst sich das Sulfon leicht auf und geht beim Erhitzen über 120° in
seine Sulfosäuren über. Uebersteigt jedoch die Temperatur 150 bis 160°, so beginnt
das Sulfon, sich unter Schwefligsäureentwickelung zu zersetzen, und es bildet sich
die Benzidinsulfosäure. Je nachdem man die Mono- oder Disulfosäure des
Benzidinsulfons darstellen will, muſs man das auf obige Weise dargestellte Sulfon
kürzere oder längere Zeit mit rauchenden Schwefelsäuren bei Temperaturen zwischen
120 bis 160° erhitzen.
Um die werthvollste von beiden, die Benzidinsulfondisulfosäure, in einem Prozesse
ohne Isolirung des freien Sulfons zu erhalten, soll man 1 Th. freies Benzidin oder
einfaches schwefelsaures Benzidin mit 4 Th. rauchender Schwefelsäure von 40 Proc.
Anhydrid geh alt, wie oben bei der Darstellung des Sulfons, in einem geschlossenen
Gefäſse 1 Stunde lang auf 100° erhitzen, darauf die Temperatur auf 150° steigern und
hier so lange halten, bis alles Sulfon verschwunden und die Sulfondisulfosäure
gebildet ist, nämlich bis eine Probe des Einwirkungsproductes sich in heiſsem Wasser
leicht löst und auf Zusatz von Basen kein gelber Niederschlag mehr entsteht. Darauf
gieſst man die Schmelze in Wasser und filtrirt die sich ausscheidende
Benzidinsulfondisulfosäure ab.
Wie die Benzidindisulfosäure so bildet auch das Benzidinsulfon in seiner
Tetrazoverbindung mit Phenolen, Amiden und deren Sulfosäuren Farbstoffe, welche echter und bläulicher als die des Benzidins sind. Man
erhält z.B. rothe Farbstoffe mit Phenol, Resorcin, α- und β-Naphtol und deren
Sulfosäuren, violette, wasserunlösliche, aber
spritlösliche Farbstoffe mit α- und β-Naphtylamin, blauviolette, wasserlösliche Farbstoffe mit den Sulfosäuren des α- und β-Naphtylamins und
gelbe Farbstoffe mit Anilin, Toluidin, Xylidin und
dessen Sulfosäuren, sowie mit Salicylsäure. 10k
Benzidinsulfon werden z.B. in heiſser verdünnter Salzsäure gelöst und die erkaltete
Lösung mit einer Lösung von 5k,6 salpetrigsaurem
Natron in 12l Wasser diazotirt. Die so erhaltene
Diazoverbindung wird darauf zu 18k in Wasser
aufgenommener Naphtionsäure hinzugegeben und so viel essigsaures Natron hinzugefügt,
bis der Farbstoff sich vollkommen gebildet hat. Der so erhaltene Farbstoff färbt
ungeheizte Baumwolle in kochendem Seifenbade blauviolett.