Titel: | Ueber Untersuchung von Gerbstoffen; von F. Nötzli. |
Autor: | F. Nötzli |
Fundstelle: | Band 259, Jahrgang 1886, S. 272 |
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Ueber Untersuchung von Gerbstoffen; von F. Nötzli.
(Schluſs der Abhandlung S. 228 d. Bd.)
F. Nötzli, über Untersuchung von Gerbstoffen.
Die Methode von Ferd. Simand (1882 246 41) ist zum Unterschiede von fast allen früheren Verfahren eine
gewichtsanalytische. Der Verfasser arbeitete sie nicht aus, damit dieselbe zur
Gerbstoffbestimmung in den Rinden gebraucht werde, da er selbst zugibt, daſs sie zu
zeitraubend sei, sondern vielmehr zur Ermittelung des schon erwähnten Oxalsäureverhältnisses; immerhin führe ich sie der
Vollständigkeit halber hier anDer wässerige filtrirte Rindenauszug wird in einer Platinschale eingedampft,
der Rückstand völlig getrocknet und gewogen (Gewicht = a), sodann verbrannt zur Bestimmung der Asche
(Gewicht = b). Der Unterschied (a – b) stellt das
Gewicht der in dem wässerigen Auszuge enthaltenen organischen Stoffe dar.
Eine andere Probe der Abkochung wird mit Hornschläuchen behandelt, der
Gerbstoff also entfernt, dann eingedampft, getrocknet und gewogen (Gewicht =
c). Beim Verbrennen des Rückstandes bleibt
die Asche vom Gewichte d. Der Unterschied (c – d) ist gleich
dem Gewichte derjenigen Stoffe, welche von Hornschläuchen nicht aufgenommen
worden sind (Nichtgerbstoffe). Durch Abziehen der Gewichtszahl
der Nichtgerbstoffe von derjenigen der gesammten organischen Stoffe erhält
man die Menge der in dem Auszüge enthaltenen gerbenden Stoffe, also
Gerbstoff = (a – b) – (c – d)., weil sie auch zur Gerbstoffbestimmung gebraucht werden
kann.
Die Simand'sche Methode hält., was die Genauigkeit
betrifft, der titrimetrischen von Löwenthal jedenfalls
das Gleichgewicht; was sie aber unannehmbar macht, ist der erwähnte groſse
Zeitaufwand. Wenn man bedenkt, daſs zum vollständigen Auskochen von 10g Lohe mindestens 0l,5 Wasser nöthig ist, worin also, die Rinde zu 10 Proc. Gerbstoff
angenommen, bloſs 1g des letzteren enthalten ist,
so wird man leicht einsehen können, daſs die Eindampfzeit sehr in die Länge gezogen
wird. In Wahrheit werden aber 10g Rinde kaum
genügend lösliche Substanzen abgeben, um die Werthe nicht zu klein werden zu lassen.
Wollte man wieder die Menge des zum Auskochen nöthigen Wassers irgendwie
beschränken, also concentrirtere Auszüge herstellen, so ziehen hier die
Hornschläuche eine Grenze. Die letzteren entfernen nämlich den Gerbstoff aus
concentrirten Lösungen nur langsam und unvollständig.
Das sonst verhältniſsmäſsig schnelle Eindampfen in Platingefäſsen wird dadurch
verlangsamt, daſs sich über dem eingeengten Auszuge eine zähe Haut bildet, die jede
Dampfentwickelung verhindert. Ist die Flüssigkeit einmal weggedampft, so folgt ein
Trocknen im Schranke, was auch wieder Zeit erfordert. Diese Zeitverluste könnten
allerdings einigermaſsen ausgeglichen werden, wenn eine gröſsere Anzahl von
Bestimmungen neben einander ausgeführt würden. Dies bedingt aber die Beschaffung
vieler Platinschalen. Der Grundgedanke der Methode ist aber richtig und übertrifft
hierin die Löwenthal'sche. Während wir bei letzterer
die Menge Gerbstoff in Gewichten Tannin, also eines ziemlich davon verschiedenen
Körpers ausdrücken, wiegen wir dort den Gerbstoff selbst, wenn auch indirekt.
Oxalsäureverhältniſs. Ich komme nun zur Besprechung der
wichtigsten aller Fragen, nämlich zu der Frage: Wie viel Gerbstoff zeigt das
Chamäleon an, welches zur Oxydation des ersteren verbraucht worden ist? Die richtige Beantwortung ist nur möglich, wenn die
Gerbsäure genau bekannt und ihr Reductionsvermögen gegen Chamäleon festgestellt ist.
Wie aus der Einleitung hervorgeht, ist es heute aber noch schwierig, zu sagen, was
Gerbsäure eigentlich ist. Gleichwohl sind für Eichengerbsäure schon
Reductionsverhältnisse angegeben worden. Nach Oser ist
der Reductionswerth von 63g Oxalsäure gleich dem
von 62g,29 Eichengerbsäure. Simand gibt das Verhältniſs 63 : 60,11. Die Richtigkeit
dieser Zahlen ist aber sehr fraglich.
Dieser schlimmen Sachlage ist man dadurch aus dem Wege gegangen, daſs man das
Reductionsverhältniſs einer verwandten Verbindung, des Tannins, bestimmte, welches
uns in sehr reiner Form heute zugänglich ist. Aus dieser Beziehung berechnet man
dann den Procentgehalt der Rinde an Gerbsäure, als ob erstere wirklich Tannin enthielte. Die erhaltenen
Zahlen sind natürlich völlig falsch und den bisherigen Beobachtungen zu Folge zu
niedrig; sie geben bloſs einen Vergleichswerth für die Güte einer Rinde. Es ist aber
dennoch gerathen, diese Zahlen auszurechnen, denn eine bloſse Angabe des
Chamäleonverbrauches in dem Sinne, wie Löwenthal es
that, ist für Nichtchemiker nicht verständlich genug. Aber auch dann sind nicht alle
Schwierigkeiten gehoben, da ja auch Tannin nicht eine so genau bekannte Verbindung
ist, als daſs man ohne weiteres das Chamäleon darauf stellen könnte.
Nach C. Neubauer reduciren 63g Oxalsäure und 41g,57 Tannin je gleiche Mengen Chamäleon. C.
Councler und J. Schroeder (1882 246 252) erklären diese Angabe für falsch und geben dafür
die Werthe 34g,22 Tannin (Councler) bezieh. 34g,38 (Schroeder) gleich 63g
Oxalsäure, welche Zahlen ganz unabhängig von einander gefunden wurden. Als völlig
richtig sehen sie dieses Verhältniſs auch nicht an, aber doch als der Wahrheit viel
näher stehend wie das Neubauer'sche. Die Genannten
bestimmten erst den Wirkungswerth von Chamäleon gegen möglichst reines Tannin,
sodann denjenigen gegen Oxalsäure. Den wirklichen Gerbstoffgehalt der
Probetanninlösung bestimmten sie nach Hammer, durch
genaue Ermittelung des specifischen Gewichtes vor und nach dem Ausfällen des
Gerbstoffes mit Hautpulver, worauf aus der von Hammer
aufgestellten Tabelle der Gerbstoffgehalt zu ersehen ist. Bei diesem so groſsen
Unterschiede der Zahlen konnte ich mich nicht ohne weiteres an diese Angabe halten,
sondern muſste versuchen, auf irgend welche Weise die eine oder die andere Zahl
wiederzufinden.
Wie Neubauer zu seiner Angabe kam, ist mir nicht bekannt
und, da ich das Verfahren von Councler und Schroeder nicht völlig billigen kann, weil ihre Zahl
die Richtigkeit der Hammer'schen Tabelle voraussetzt,
so entschloſs ich mich, den Gerbstoffgehalt meines Tannins nach der
gewichtsanalytischen Methode von Simand festzustellen.
Sollten dann die erhaltenen Werthe mit einer der beiden obigen Zahlen – wenn auch
nur annähernd – stimmen, so konnte ich mich doch mit Recht an das betreffende
Verhältniſs halten, da die Art, wie ich es nachprüfte, eine durchaus unabhängige
war. Dabei muſs man nach Simand abgemessene Theile der
Rindenauszüge, welche eingedampft werden, ebenfalls vor und nach dem Ausfällen des
Gerbstoffes mit Chamäleon titriren. Daraus erfährt man einerseits, wie viel
Gerbstoff die Rinde enthält, und andererseits aber auch, wie viel Chamäleon dieser
Gerbstoff zur Oxydation beansprucht. Drückt man dann den Werth des verbrauchten
Chamäleons durch das Gewicht der entsprechenden Menge Oxalsäure aus, so führt eine
einfache Proportion zu dem gewünschten Oxalsäureverhältniſs. Simand fand auf diese Weise das Oxalsäureverhältniſs für Eichengerbsäure;
er gibt aber zu, daſs diese Zahl 60,11 entschieden zu niedrig sei, indem die
Bestimmung des Gerbstoffgehaltes nicht sorgfältig ausgeführt wurde. Es würde das
Aequivalent nach seiner Vermuthung eher etwas gröſser ausfallen, als das von Oser angegebene. Wenn das Oxalsäureverhältniſs der
Eichengerbsäure wirklich über 60 geht, so ist klar, daſs wir bei Benutzung des
Oxalsäureverhältnisses des Tannins zu 41,57 oder 34,30 im absoluten Gerbstoffgehalte
einen bedeutenden Fehler begehen.
Wie Simand mit einem Gerbstoffauszuge, so verfuhr ich
mit einer reinen Tanninlösung.
Da das Tannin immer bis gegen 10 und mehr Procent Wasser enthält,
trocknete ich mir erst einige Gramm längere Zeit im Trockenschranke bei einer
Temperatur von 90 bis 100°, wodurch es nach C. Etti gar
nicht verändert wird. Von dem getrockneten Producte löste ich 2g,553 in Wasser, so daſs ich 500cc Lösung erhielt.
Um also die Simand'sche Methode hier
in Anwendung zu bringen, dampfte ich 2mal je 50cc
der Tanninlösung in einer gewogenen Platinschale ein. Das Gewicht des Rückstandes
betrug nach dem Trocknen im Schranke 0g,2565
bezieh. 0g,2555 statt 0g,2553, was also die Richtigkeit der Lösung
beweist. Der Trockenrückstand verbrannte vollkommen beim Glühen der Schale. Es ist
somit a = 0,2560 und b =
0.
Nebenbei hatte ich 20g
Hornschläuche mit 100cc Wasser befeuchtet und
diese mit 100cc Tanninlösung 36 Stunden in
Berührung gelassen. Das Filtrat zeigte nach dieser Zeit mit Eisenlösung eine ganz
leise Schwarzfärbung, was aber nie zu vermeiden ist, indem eine Spur Gerbstoff immer
ins Filtrat übergeht. 100cc dieses Filtrates
entsprechend 50cc ursprünglicher Tanninlösung,
hinterlieſsen beim Eindampfen einen Rückstand von 0g,0082 bezieh. 0,0078. Der Rückstand war aschenfrei, daher c = 0,008 und d = 0.
Der Gehalt an fällbaren Stoffen beträgt somit 0,256 – 0,008 =
0,248 oder 96,87 Procent des angewendeten Tannins.
Ich könnte jetzt schon das Oxalsäureverhältniſs ausrechnen, indem
die diesem Gerbstoff entsprechende Chamäleonmenge aus Versuch auf S. 239 d. Bd.
bekannt ist. Der Vorsicht halber stellte ich den Chamäleon verbrauch nochmals fest.
Zu diesem Zwecke verdünnte ich 50cc der für die
vorigen Versuche gebrauchten Tanninlösung, welche 5g,106 Tannin in 1l enthielt auf das
5fache, so daſs also eine Lösung entstand, welche 1g,0212 Tannin enthielt.
5cc dieser letzteren = 0g,0051 Tannin verbrauchten im Mittel 4cc,2 Chamäleon. Das Behandeln dieser Tanninlösung
mit Schläuchen umging ich, indem ich gerade 5cc
der vorigen von Tannin freien Flüssigkeit titrirte, welche zum Eindampfen bestimmt
war. 5cc = 0g,0128 Tannin brauchten 0cc,8 Chamäleon.
Dies stimmt ziemlich genau mit den früheren Ergebnissen; denn es brauchten
Chamäleon:
Früher
Jetzt
5mg Tannin
4,1cc
5,1mg
=
4,2cc
Schlauchfiltrat von 5mg Tannin
0,3
12,8
=
0,8
Berechnet auf 10mg Tannin:
Chamäleonverbrauch für fällbare
Stoffe
7,6cc
7,61
Nichtgerbsäure
0,6
0,62
Da das Tannin, wie oben gefunden wurde, 96,87 Proc.
fällbare Stoffe enthält, so berechnet sich der Tannintiter des Chamäleons, auf
Oxalsäure bezogen, wie folgt:
1mg Tannin = 9mg,687 fällbare Stoffe verbrauchten 7cc,6 Chamäleon, somit 1cc Chamäleon = 0g,001274 fällbare Stoffe oder 0g,00171
Eisen = 0g,001274 fällbare Stoffe und 56g Eisen = 63g
Oxalsäure = 41,71 fällbare Stoffe.
Diese Zahl (41,71) weicht nur wenig von dem Aequivalente Neubauer's (41,57) ab, weshalb ich das letztere als richtig erklären
muſs.
Die für diese Versuche gebrauchten Hornschläuche hatte ich mir besonders gereinigt,
da die früheren für diesen Zweck, wie mich einige Versuche lehrten, unbrauchbar
waren. Ein geringer Kalkgehalt derselben wirkte störend. Ein kleinerer Posten
älterer Schläuche wurde nochmals der a. a. O. beschriebenen Reinigung unterworfen.
Dazu dienten aber nur chemisch reine Materialien. Nachdem sie sich nach längerem
Bearbeiten beim Verbrennen als völlig aschenfrei erwiesen, wurden sie äuſserst
sorgfältig und langsam an der Luft getrocknet, um die Bildung von löslichem Leim
möglichst zu verhüten. Etwas bleibt aber trotz aller Vorsichtsmaſsregeln löslich:
dieses Lösliche ist aber nichts anderes als durch Tannin fällbarer Leim. Dieser in
Wasser lösliche Leim wird indessen von einer Tanninlösung nicht aufgenommen werden
können, da die Schläuche im Augenblicke des Zusammenkommens mit dem Tannin einen
Gerbeprozeſs eingehen. In der mit Hornschläuchen behandelten Tanninlösung konnte ich
niemals Leim durch Zusatz von etwas Tanninlösung wiederfinden.
H. R. Procter (1884 252 484)
bestimmt bei seinem Verfahren die Gerbstoffe ebenfalls nach der Löwenthal'schen Methode und zwar kommt er auf die
Anwendung von Leim, Schwefelsäure und Kochsalz zum Ausfällen der Gerbstoffe zurück.
Den in Schwefelsäure gelösten gerbsauren Leim, welcher den sogen. Leimfehler
hervorruft, fällt er aber durch Zusatz von reinem Kaolin; letzterer wirkt dabei
bloſs als mechanisches Fällungsmittel. Procter gibt
folgende Mengenverhältnisse: Chamäleonlösung: 1g Permanganat im Liter, Indigolösung: 5g reinster Indigocarmin
und 50cc concentrirter Schwefelsäure im Liter.
20cc derselben entsprechen etwa 15cc Chamäleon. Die Concentration des Rindenauszuges
wählte er so, daſs 5cc desselben höchstens 10cc Chamäleon erfordern. Für eine Titration
verwendet er stets 5cc Gerbstofflösung, 20cc Indigo und 750cc Wasser. Diese Angaben stehen also mit den früher erörterten
Erfordernissen von Kathreiner im Einklänge.
Zur Bestimmung der Nichtgerbsäure versetzt Procter 50cc Auszug mit 28cc,6 einer frisch bereiteten Lösung bester Gelatine (20g im Liter), schüttelt, sättigt mit reinem
Kochsalz, bis die Flüssigkeitsmenge 90cc beträgt,
und fügt schlieſslich 10cc verdünnte Schwefelsäure
(1 : 10) sowie einen Löffel voll reinen Kaolin zu. Nach kräftigem Schütteln wird
filtrirt und 10cc des Filtrates entsprechend 5cc ursprünglicher Gerbstofflösung mit Chamäleon
titrirt. Procter versichert, daſs Kaolin keine
oxydirbaren Substanzen mit niederreiſst, sondern daſs er lediglich als
Klärungsmittel dient.
Ob die Methode ihren Zweck erfüllt, war für mich leicht zu bestimmen. Simand hatte gezeigt, daſs gleiche Werthe erhalten
werden, sowohl bei Anwendung von Schläuchen, als auch mit Leim unter
Berücksichtigung des Leimfehlers. Ich untersuchte somit einige Rinden nach Simand und nach Procter,
um bei übereinstimmenden Endzahlen die Brauchbarkeit zu erfahren.
Erst versuchte ich, ob auch schon Uebereinstimmung vorhanden sei
bei einer Tanninlösung
von 1g. 50cc
dieser Lösung versetzte ich in einem Mischcylinder von 100cc Inhalt nach einander, wie Procter angibt, mit Gelatinelösung, Kochsalz,
Schwefelsäure und Kaolin. Nach kurzem Schütteln hatte sich der Tanninleim an der
Oberfläche vollkommen abgeschieden und die Flüssigkeit war ganz klar. Ich filtrirte
durch ein trockenes Faltenfilter in ein trockenes Kölbchen ab und titrirte 10cc dieser Lösung, entsprechend 5cc der ursprünglichen. Ich brauchte im Mittel 0cc,3 Chamäleon auf die nicht fällbaren Stoffe von
5cc Tanninlösung. Gleiche Zahlen erhielt ich
auch mit einigen Rinden, deren Auszüge ich nach Simand
mit Schläuchen und nach Procter mit Gelatine fällte
(Belege hierzu folgen im IV. Abschnitt).
Von allen Methoden blieben mir jetzt nur die Löwenthal-Simand'sche und die Löwenthal-Procter'sche zur Wahl für die auszuführenden Rindenanalysen
übrig. Ich entschloſs mich für die letztere und zwar, weil eine Rindenanalyse unter
Anwendung von Gelatine in viel kürzerer Zeit auszuführen ist als bei Anwendung von
Schläuchen. Die Arbeit ist in beiden Fällen die gleiche. Fällt man mit Gelatine und
Kaolin so ist die von Gerbstoff freie Lösung in wenigen Minuten zur Titration
bereit, während zur vollständigen Ausfällung mit Schläuchen ein 20stündiges Stehen
unbedingt nöthig ist. Auch das mühselige und zeitraubende Herstellen der
Hornschläuche kann nicht für die Methode sprechen.
Bei Ausführung des Löwenthal-Procter'schen Verfahrens
nahm ich das Ausfällen der Auszüge in einem Mischcylinder von 100cc Inhalt vor. Gerbstoffauszug, Gelatinelösung und
Schwefelsäure habe ich mit Pipetten abgemessen, weil dies genauer ist als das bloſse
Messen durch die am Cylinder angebrachte Theilung. Auf Zusatz der Gelatine zur
Rindenabkochung entsteht eine starke Trübung durch die ganze Flüssigkeit. Um die
Schaumbildung zu verhüten, welche das Ablesen nach dem Zusätze von Chlornatrium fast
unmöglich macht, habe ich nie umgeschüttelt, bevor alle Stoffe in den Cylinder
eingeführt waren. Der gerbsaure Leim vereinigt sich mit dem Kaolin zu einem zähen
Kuchen, wodurch die Flüssigkeit meistens, aber nicht immer, ganz klar erscheint und
sich sehr leicht filtriren läſst. Zum Filtriren müssen natürlich trockene Filter,
Trichter und Gläser gebraucht werden. War einmal die Mischung auch nach längerem
Schütteln noch etwas trüb, so ging sie fast regelmäſsig auch so durch das Filter;
sie wird sofort ganz klar erhalten, wenn man das Filtrat noch einmal durch das
gleiche Filter laufen läſst. Die Trübung ist einzig durch die Natur der Rinde
bedingt. Abkochungen, welche nur durch öfteres Filtriren klar erhalten werden, sind
auch nach dem Fällen mit Leim immer trüb. Die Mengenverhältnisse von Gelatine,
Kochsalz und Schwefelsäure sind so gewählt, daſs das Ganze mit Kochsalz gerade
gesättigt ist. Auf die Menge des Kaolins kommt es natürlich nicht an, da er auf dem
Filter bleibt und somit zur Vergröſserung des Flüssigkeitsvolumens nicht beiträgt.
Die Gelatinelösung bereitete ich mir jeden Tag frisch durch etwa ½stündiges
Einweichen von 5g zerschnittener Gelatine bester
Sorte in kaltem Wasser, welches in einem Viertelliterkolben enthalten war. Bei
schwachem Erwärmen löst
sich die Gelatine dann leicht auf. Die Lösung muſs immer eine Temperatur von über
20° haben, sonst erstarrt sie zu einem Klumpen.
Zubereitung und Extraction der Rinden. Um ein richtiges
Durchschnittsmuster ziehen und dasselbe mit Wasser vollständig auskochen zu können,
müssen die Rinden gemahlen sein.
Aus verschiedenen Theilen der Schweiz waren mir, durch gütige Vermittelung des Herrn
Prof. El. Landolt in Zürich, 27 Eichenrinden und 2
Fichtenrinden eingesendet worden. Das Gewicht der Proben schwankte zwischen 1 bis
10k.
Von einer durchweg bestimmten Norm darüber, ob die Rinden im ungetrockneten oder im
getrockneten Zustande analysirt werden sollen, war in der Literatur nichts zu
finden. Löwenthal gibt an, daſs er die zu prüfenden
Gerbstoff haltigen Stoffe nie getrocknet habe. Neubauer
und ebenso Büchner trocknen erst längere Zeit bei 100°,
bevor die Probe zur Analyse abgewogen wird. Das letztere erscheint mir als
nothwendig, wenn man vergleichbare Zahlen erhalten will. Die Rinden aus dem Kanton
Zürich und Aargau hatten schon einige Wochen gelegen, als die übrigen anlangten.
Diese waren noch ganz voller Saft, während jene bei der groſsen Hitze schon stark
ausgetrocknet waren. Die Zeit hätte mir nicht erlaubt, etwa von jeder Probe eine
Feuchtigkeitsbestimmung zu machen, um den Gerbstoffgehalt auch im feuchten Zustande
zu kennen.
Von jeder Sorte wurde eine Durchschnittsprobe – so daſs also Pulver und Fasern
gleichmäſsig vertheilt waren – von etwa 50g
entnommen und im Dampftrockenkasten längere Zeit getrocknet. In einem Glase mit gut
schlieſsendem Stopfen lieſs ich erkalten und wog dann, sobald dies geschehen, je
etwa 10g zur Analyse ab.
Zum Auskochen der Rinde benutzte ich eine Porzellanschale von etwa 0l,5 Inhalt. Darin übergoſs ich das Material mit
heiſsem Wasser und kochte dann ½ Stunde. Die Flüssigkeit färbt sich tief
dunkelbraun, weil der gröſste Theil der gerbenden Stoffe in Lösung gegangen ist.
Beim Abziehen der Flüssigkeit schlüpfen immer kleine Rindenstückchen mit in den
aufzufüllenden Literkolben über. Ein Filter hier anzubringen, ist nicht rathsam,
weil die Filtration viel zu langsam vor sich geht; meistens verstopfen sich die
Filterporen ehe nur der erste Aufguſs durchgegangen ist. Ueberdies sind die
mitgeschwemmten Holztheilchen, welche noch Gerbstoff enthalten, nicht leicht in die
Schale zurückzubringen. Einfach gestaltet sich das Ganze, wenn man statt des Filters
eine dem Trichter gut anliegende, etwas Quecksilber enthaltende Glaskugel in diesen
bringt. Die Flüssigkeit läuft ziemlich klar ab und Rindentheilchen sind leicht in
die Schale zurückzuspulen. Das Aufgieſsen von neuem Wasser, Kochenlassen u. dgl.,
wird wiederholt, bis das Wasser nach dem Kochen nur noch eine ganz schwach
bräunliche Farbe angenommen hat, oder, was weit zuverlässiger ist, bis ein
Papierstreifen, welcher mit einer Lösung von 18 Eisenchlorid und 1g Natriumacetat in 100cc Wasser getränkt ist, beim Betupfen mit der Abkochung ein leiser schwärzlicher Ring sich
bildet. Die Verdünnung ist dann schon eine so geringe, daſs der noch vorhandene
Gerbstoff gar nicht mehr in Anschlag kommt. Nach Simand
(1882 244 391) erzeugt eine Gerbstofflösung von 1 : 10000
auf diesem Eisenpapiere immer noch einen deutlich sichtbaren Fleck. Bei noch
stärkerer Verdünnung erst gibt sich die Anwesenheit von Gerbstoff durch das
Auftreten des schwärzlichen Ringes kund.
Die vereinigten Auszüge werden schlieſslich auf das Volumen von 1l gebracht. Zum Titriren ist es nöthig, daſs ein
Theil des Auszuges durch ein trockenes Filter in ein trockenes Kölbchen filtrirt
wird. Abgesehen davon, daſs bei trüben Auszügen die Endreaction schwierig zu
beobachten ist, zeigen solche nicht selten einen gröſseren Chamäleonverbrauch als
der klare Auszug. Das Auskochen der Rinden nimmt man zweckmäſsig dann vor, während
man einen früheren Auszug titrirt.
Kurze Beschreibung des Verfahrens, welches auf Grund der
vorhergehenden Untersuchung sich als das zur Analyse der Binden geeignetste
erwiesen hat.
A) Erforderliche Lösungen u. dgl.: 1) Chamäleonlösung, welche 1g Kaliumpermanganat in 1l enthält und
auf Eisen oder Oxalsäure genau gestellt wird. 2) Indigocarminlösung. 125g
Indigcarminpaste werden in 6l Wasser gelöst,
400cc concentrirte Schwefelsäure zugesetzt und
das Ganze filtrirt. 3) Gelatinelösung. 5g zerschnittener reinster Gelatine werden in
Wasser eingeweicht und durch Erwärmen in Lösung gebracht. Das Volumen der fertigen
Lösung soll 250cc betragen; sie muſs jeden
Tag-frisch hergestellt werden, weil sie zu leicht fault. 4) Verdünnte Schwefelsäure. 1k
Schwefelsäure auf 10k Wasser. Ferner wird
gebraucht reines Kochsalz und Kaolin.
B) Ausführung der Titrationen: Man bringt in eine groſse
Porzellanschale von etwa 28cc,5 Durchmesser 10cc Rindenauszug, bei guten Rinden 5cc, ferner 20cc
Indigocarmin und 1l Wasser. Die Chamäleonlösung
läſst man unter stetem Umrühren tropfenweise einflieſsen (etwa 3 Tropfen in 2
Secunden). Das Ende ist erreicht, wenn die Farbe von hellgrün in rein gelb
umgeschlagen hat; gleichzeitig zeigt sich auch am Rande der Schale ein röthlicher
Schein, dessen Auftreten sehr scharf die beendigte Oxydation anzeigt.
C) Analyse der Binde: 10g der bei 100° getrockneten Rinde werden in einer Porzellanschale
wiederholt mit Wasser ausgekocht, bis mit Eisenpapier fast kein Gerbstoff mehr
nachzuweisen ist. Von dem Auszuge, dessen Volumen 1l beträgt, wird eine für die Analyse genügende Menge durch ein trockenes
Filter filtrirt und hiervon 10cc bezieh. 5cc mit Chamäleon titrirt, 50cc des filtrirten Auszuges werden sodann mit
Gelatine, Kochsalz, Schwefelsäure und Kaolin gefällt, dann von dem Filtrate 20cc bezieh. 10cc
titrirt. Die gefundenen Chamäleonmengen sind nach dem
Neubauer'schen Aequivalent 63 Oxalsäure = 41,57 Tannin
auf Gewichtsprocent Gerbstoff umzurechnen.
IV. Der Gerbstoffgehalt der untersuchten
Rinden.
Zum Beweise, daſs gleiche Zahlen erhalten werden, sowohl bei Ausfällung der
Gerbstoffe durch Schläuche, als auch durch Gelatine und Kaolin, führe ich für einige
Rinden die nach beiden Verfahren erhaltenen Werthe auf. 1cc Chamäleon = 0g,00185 Eisen = 0g,001373 Tannin.
Rinden Nr. 1 bis 6 aus dem Kanton
Aargau.
Nr. 1:
15jährige Rinde vom Kestenberg Südhang (Weiſser Jura),
Ge- meinde Möriken. 9g,9475 Rinde
auf 1l abgekocht.
5cc Auszug, 20cc Indig, 1l Wasser erforderten
18,19cc
Chamäleon
Ab für 20cc Indig
13,40
–––––
5cc Auszug brauchen
4,79cc
Chamäleon.
a)
Gerbstoff freie Lösung, sogen. Leimfiltrat, erhalten nach Procter:
10cc Filtrat, 20cc Indig, 1l Wasser erforderten
13,77cc
Chamäleon
Ab für 20cc Indig
13,40
–––––
Für Nichtgerbstoffe
0,37cc
Chamäleon.
–––––
Gesammtverbrauch für 5cc Auszug
4,79cc
Chamäleon
Leimfiltrat
0,37
–––––
4,42cc
Chamäleon.
Gerbstoffgehalt = 12,20
Proc.
b)
Gerbstoff freie Lösung, erhalten nach Simand:
50cc Auszug, 5g Schläuche, 50cc Wasser 24 Stunden gestanden:
10cc von diesem Filtrate, 20cc Indig, 1l Wasser erforderten
13,81cc
Chamäleon
Ab für Indig
13,40
–––––
Für Nichtgerbstoffe
0,41cc
Chamäleon.
–––––
Gesammtverbrauch für 5cc Auszug
4,79cc
Chamäleon
Schlauchnitrat
0,41
–––––
4,38cc
Chamäleon.
Gerbstoffgehalt = 12,09
Proc.
Nr. 2:
30jährige Rinde gleicher Herkunft wie Nr. 1. 10g,427 Rinde
auf 1l abgekocht.
10cc Auszug, 20cc Indig, 1l Wasser erforderten
19,81cc
Chamäleon
Ab für Indig
13,40
–––––
10cc Auszug
6,41cc
Chamäleon.
a)
Nach Procter erforderten 20cc Leimfiltrat, 20cc Indig, 1l Wasser
14,5cc
Chamäleon
Ab für Indig
13,4
–––––
Für Nichtgerbstoff
1,1cc
Chamäleon.
–––––
Gesammtverbrauch für 10cc Auszug
6,41cc
Chamäleon
Leimfiltrat
1,10
–––––
5,31cc
Chamäleon.
Gerbstoffgehalt = 6,99
Proc.
b)
20cc Schlauchfiltrat, 20cc Indig, 1l Wasser erforderten
14,5cc
Chamäleon
Ab für Indig
13,4
–––––
1,1cc
Chamäleon.
–––––
Gesammtverbrauch für 10cc Auszug
6,41cc
Chamäleon
Schlauchfiltrat
1,10
–––––
5,31cc
Chamäleon.
Gerbstoffgehalt = 6,99
Proc.
Nr. 3:
15jährige Rinde aus dem Staatswald Bibersteinerhomberg. Süd-licher
ziemlich steiler Hang (Jura, Rogenstein), Gemeinde Biber-stein: Nach
Procter = 8,32 Proc., nach Simand 8,40 Proc. Gerbstoff.
Die folgenden Rinden wurden nur nach Procter
untersucht.
Gerbstoff
Nr. 4:
30jährige Rinde gleicher Herkunft wie Nr. 3
8,10%
Nr. 5:
15jährige Rinde aus dem Staatswald Kalmberg bei Schinznachund
Oberflachs. Südlicher ziemlich steiler Hang (Jura, Rogen-stein)
Gemeinde Oberflachs
6,22%
Nr. 6:
30jährige Rinde gleicher Herkunft wie Nr. 5
4,11%
Rinden Nr. 7 bis 10 aus dem Kanton Tessin.
Nr. 7:
Quercus Gerrite von Tremona bei Mendrisio
6,84%
Nr. 8:
Quercus pedunculata von Lumino Castione
6,17%
Nr. 9:
Wie Nr. 8
7,27%
Nr. 10:
Quercus Cerris von Astano (sehr dicke Borkenrinde, gemischtmit
Spiegelrinde, wurde beim Mahlen pulverig)
3,18%
Rinden Nr. 11 und 12 aus dem Kanton
Zürich.
Nr. 11:
15jährige Glanzrinde aus der Zürcher Staatswaldung Seeholzam
Katzensee
12,49%
Nr. 12:
30jährige Rinde aus der Zürcher Staatswaldung, Böschholz
amKatzensee
6,42%
Nr. 13 bis 27 aus dem Kanton Waadt.
Nr. 13:
Rinde aus dem Eichenwalde von Essertines sur Echallens.Schwach
geneigter nordöstlicher Hang. Höhe über Meer 690m.Untergrund: Molasse. Alter des Baumes 32 Jahre,
Durchmesser0m,16, Höhe 10m
11,24%
Nr. 14:
Wie Nr. 13. Alter des Baumes 16 Jahre, Durchmesser 0m,11,Höhe 7m,50
12,94%
Nr. 15:
Gemeindewaldung von Aigle. Holzschlag: Eiche, Ahorn, Esche.Steiler
südlicher Hang. Höhe über Meer 575m.
Untergrund:Kalk. Alter des Baumes 15 Jahre. Durchmesser 0m,11, Höhe 12m
13,16%
Nr. 16:
Wie Nr. 15. Alter 35 Jahre, Durchmesser 0m,15, Höhe 13m
6,58%
Nr. 17:
Gemeindewaldung von Bex. Holzschlag: Eiche, Buche, Ahorn.Südöstlicher
ziemlich steiler Hang. Untergrund: Gyps. Alter17 Jahre, Durchmesser
0m,11, Höhe 12m
5,75%
Nr. 18:
Gemeindewaldung von Röche. Holzschlag: Eiche, Buche, Lindeund Ahorn.
Höhe über Meer 410m. Westlicher sehr
steilerHang. Wenig tiefer Boden. Untergrund: Kalk. Alter 30
Jahre,Durchmesser 0m,16, Höhe 1m
6,31%
Nr. 19:
Wie Nr. 18. Alter 14 Jahre; Durchmesser 0m,06, Höhe 4m
10,48%
Nr. 20:
Gemeindewaldung von Trélex. Holzschlag: Eiche. Ziemlichsteiler
südlicher Hang. Höhe über Meer 709m.
Untergrund:Jurakalk. Alter 25 bis 30 Jahre
4,76%
Nr. 21:
Gemeindewaldung von Crans. Holzschlag: Eiche. Mäſsig steilersüdlicher
Hang. Höhe über Meer 1130m. Untergrund:
Molasse.Alter 16 Jahre
8,25%
Nr. 22:
Gemeindewaldung von La Sarraz. Gemischter Eichenwald. Sehrschwacher
südwestlicher Hang. Wenig tiefer Boden. Höhe überMeer 550m. Untergrund: Jurakalk. Alter 21
Jahre
5,69%
Nr. 23:
Rinde von „Aux Alleweys,“ Gemeinde La Sarraz. Westlichersehr
schwach geneigter Hang. Höhe über Meer 560m. Wenigtiefer Boden. Untergrund: Jurakalk. Alter 13
Jahre
8,42%
Nr. 24:
Gemeinde Waldung von Dizy. Schwacher südöstlicher Hang.Höhe über Meer
570m. Stark Eisen haltiger Boden.
Unter-grund: Molasse. Alter 22 Jahre
9,57%
Nr. 25:
Staatswaldung von Forel à Romainmôtier. Südwestliche Lage.Höhe über
Meer 750m. Gemischte Waldung. Untergrund:
Kalk.Wenig tiefer Boden. Alter 28 Jahre, Durchmesser 0m,14, Höhe 8m
7,69%
Nr. 26:
Staatswaldung von Suchy. Westliche Lage. Höhe über Meer580m. Thoniger, sehr tiefer fester und
undurchlässiger Boden.Holzschlag: Eiche, Esche, Ulme, Weide. Alter 22
Jahre, Durch-messer 0m,11, Höhe 9m
10,47%
Nr. 27:
Staatswaldung von Vieille-Morte. Südlicher steiler Hang. Höheüber
Meer 680m. Holzschlag: Eiche mit Föhre und
Buche ge-mischt. Untergrund: Kalk. Wenig tiefer Boden mit
leichtemHumusbelag. Alter 19 Jahre. Durchmesser 0m,11, Höhe 9m
8,64%
Rinden Nr. 28 und 29 aus dem Kanton
Graubünden.
Nr. 28:
Fichtenrinde von Chur Pizokel, 1140m
über Meer. Steiler nord-westlicher Hang. Tiefgrauer, feinkörniger,
lockerer, ziemlichfrischer thoniger Lehmboden. Untergrund:
Bündnerschiefer. Ge-wonnen in halber Höhe eines räumlich erwachsenen
94jährigenStammes von 0m,675
Durchmesser und 33m,1 Höhe
11,50%
Nr. 29:
Fichtenrinde von Chur Pizokel, 950m über
Meer, Dalpargera-tobel. Mäſsig geneigter nordwestlicher Schuttkegel.
Gewonnenin halber Höhe eines in normalem Schlusse erwachsenen
57jäh-rigen Stammes
6,60%
Der Gerbstoffgehalt der Fichtenrinden kann nicht unmittelbar mit dem der Eichenrinden
verglichen werden, indem das Chamäleon-Reductionsverhältniſs der Fichtengerbsäure
jedenfalls ein anderes ist.
Anhang: Ende Februar 1885, als vorliegende Arbeit schon
vollständig abgeschlossen war, erschien eine der meinigen ganz entsprechende
Untersuchung im Drucke: Bericht über die Verhandlungen der
Commission zur Feststellung einer einheitlichen Methode der
Gerbstoffbestimmung, geführt am 10. November 1883 zu Berlin. (Cassel 1885.
Verlag von Th. Fischer.)
Sämmtlichen bis jetzt bekannten Gerbstoffbestimmungsmethoden liegt kein rein
wissenschaftliches Princip zu Grunde; es ist daher gar nicht befremdend, wenn je
nach der angewendeten Methode der Gerbstoffgehalt eines und desselben Materials
gröſser oder kleiner ausfällt. Trotz der vielen Vorschläge von neuen und der
Verbesserung von alten Vorschriften hat bis heute noch kein bestimmtes Verfahren das
Feld behaupten können. Für den Praktiker sind aber Analysen ganz werthlos, welche
fast willkürlich schwanken, je nachdem dieser oder jener Chemiker die Bestimmung
ausgeführt hat. In solchen Fällen ist die einzige Abhilfe die, daſs Käufer und
Verkäufer ihren Handel auf Grund einer vereinbarten Methode abschlieſsen. Von diesen
Gedanken geleitet, trat in Berlin eine Commission von Gerbstoffchemikern: Kathreiner, Simand, Councler, v. Schroeder u.a.
zusammen. Im Folgenden gebe ich das Hauptsächlichste aus diesen wichtigen
Verhandlungen wieder.
Eine kurze Beschreibung der bis jetzt vorgeschlagenen Gerbstoffbestimmungsmethoden
bildet die Einleitung der Schrift. Sodann folgt eine Originaluntersuchung der Löwenthal'schen Methode von Prof. v. Schroeder. Mit den Erfordernissen beginnend,
bespricht er auf 60 Druckseiten alle Einzelheiten des Löwenthal'schen Verfahrens zur Gerbstoffbestimmung. Für die Indigolösung verwendet Schroeder statt des bisherigen teigigen Indigcarmins festes
indigoschwefelsaures Natron, sogen. Indigotin, welches in Wasser sehr leicht löslich
ist. Dieses Präparat ist jedenfalls dem in Bezug auf Reinheit weniger verläſslichen teigigen
Indigcarmin vorzuziehen- ist ja der deutliche Farbenumschlag in erster Linie von der
Reinheit des Präparates abhängig. Die Lösung wird nach folgender Vorschrift von
constant gleicher Stärke erhalten: 30g Indigotin,
3l verdünnte Schwefelsäure (1 : 5 Vol.), 3l Wasser. Die Chamäleonlösung stellt Schroeder dar durch
Auflösen von 10g Kaliumpermanganat in 6l Wasser; sie ist also etwas stärker als die von
mir angewendete, welche nur 1 bis 1g,33 in 1l enthält.
Durch den von Simand aufgedeckten Leimfehler gegen den
Leim und selbst auch gegen extrahirte Knochen und Hornschläuche
miſstrauisch geworden, verwendet Schroeder zum Fällen
des Gerbstoffes die auch in meiner Arbeit erwähnte Blöſse, welche gerade so
gereinigt und zubereitet wird wie die Hornschläuche. „In diesem Stoffe“ (der
Haut), sagt er, „sind wir allein immer sicher, thatsächlich die Summe aller
derjenigen zum Theile unbekannten Dinge aus einem Extracte auszufällen, welche
wir unter der Gesammtbezeichnung Gerbstoff zusammenfassen und die für die
Praxis, deren Bedürfniſs die Analysen entsprechen sollen, als wesentlich gerade
in Frage kommen.“ Nachdem aber Simand gezeigt
hat, daſs mit Leim, Schläuchen, extrahirten Knochen und Blöſse übereinstimmende
Zahlen erhalten werden können, kommt mir dieser Ausspruch etwas einseitig vor.
Immerhin könnte ich mich ganz gut mit der Anwendung der Haut einverstanden erklären,
besonders jetzt, da die für diesen Zweck zubereitete Blöſse im Handel zu beziehen
ist. In meiner Arbeit erwähnte ich neben dem Neubauer'schen Oxalsäureverhältniſs dasjenige von
Councler und Schroeder. Es war mir damals ein Räthsel, warum die beiden von einander so
sehr abweichen. Nicht minder mag es auch für Schroeder
rathselhaft gewesen sein, als aus seinen Versuchen ein um ¼ kleineres
Oxalsäureverhältniſs als das Neubauer'sche sich ergeben
hatte. Dank der eifrigen Nachforschungen Schroeder's
ist diese Frage heute vollständig beantwortet. Beide Zahlen sind hiernach unter
Umständen richtig. Schroeder hat nämlich gezeigt, daſs
das Verhältniſs, je nachdem das Titriren mit Chamäleon schneller oder langsamer
ausgeführt wird, zwischen den weiten Grenzen 33,5 und 45,6 schwankt. Schroeder analysirte erst eine gröſsere Anzahl von
reinsten Tanninen nach der Hammer'schen Methode. Aus
der von Hammer angegebenen Tabelle berechnete er die
dem specifischen Gewichte entsprechenden Gewichtsprocent Tannin. Diese Bestimmungen
hat er mit groſser Sorgfalt durchgeführt. Gerade aus diesem Grunde ist mir nicht
recht begreiflich, warum er ohne weiteres die Richtigkeit der Hammer'schen Tabelle annimmt; stammt sie doch aus dem
J. 1864. Trotz allen Nachsuchens war es mir nicht möglich, Näheres über die Tabelle
zu erfahren. Es wäre u.a. wichtig zu wissen, wie sich Hammer chemisch reines Tannin verschafft und wie er sich überzeugt hat,
daſs es wirklich den höchsten Grad von Reinheit besitzt.
Nachdem Schroeder nun über den durch Haut fällbaren
Antheil der betreffenden Tannine im Klaren war (die reinsten Sorten zeigten 95 bis
100 Proc.), titrirte er ihre Lösungen von bekanntem Gehalte gerade so, wie ich es
bei der Feststellung des Oxalsäureverhältnisses gethan habe. Aus diesen Versuchen
rechnete er die Zahl 34,38 heraus. Ein anderer Chemiker, welcher mit denselben
Lösungen und Tanninen arbeitete, fand aber nahezu die Neubauer'sche Zahl. Bei näherer Verfolgung der Dinge stellte sich dann
heraus, daſs Schroeder die Chamäleonlösung viel
schneller in die zu titrirende Flüssigkeit einlaufen lieſs als sein College. Diese
scheinbar so unwichtige Abweichung im Arbeiten bedingte das verschiedene
Oxalsäureverhältniſs.
Daſs nicht gleiche Zahlen erhalten werden bei langsamem und raschem Titriren, darauf
hat schon Kathreiner ausdrücklich aufmerksam gemacht
und ich muſste dessen Angaben nur bekräftigen. Es ist übrigens zu bemerken, daſs,
wenn Schroeder die Vorschriften Kathreiner, innegehalten hätte, er niemals eine so niedrige Zahl hätte
erhalten können. Ich habe sehr langsam titrirt und daher ein hohes
Oxalsäureverhältniſs gefunden.
Mit der vollständigen Klärung dieser Thatsache fallen alle Oxalsäure Verhältnisse
dahin; jeder Gerbstoffchemiker muſs, um gültige richtige Analysen zu erhalten, die
Beziehung zwischen Chamäleon und Tannin selbst ermitteln. Ob dann auch der Eine –
z.B. bei der Analyse ein und derselben Rinde – mit der Zahl 33,5, der Andere mit der
Zahl 45,6 rechnet, ist gleichgültig: es wird immer derselbe Procentgehalt an
Gerbstoff erhalten, sobald nur die Art des Titrirens sowohl bei Feststellung des
Titers der Chamäleonlösung, als auch beim Untersuchen des Gerbstoffauszuges dieselbe
gewesen ist.
Die oben geschilderten Anforderungen habe ich – wenn auch unbewuſst – bei meinen
Analysen erfüllt. Durch direkten Versuch fand ich die Verhältniſszahl 41,71,
benutzte aber statt derselben die Neubauer'sche Zahl
41,56, weil es sich damals nur darum gehandelt hatte, die Richtigkeit der einen oder
der anderen Zahl nachzuweisen. Der hierdurch begangene Fehler kommt indessen gar
nicht in Anschlag, wie das folgende Beispiel zeigt: Der Gerbstoffgehalt der obigen
Rinde Nr. 1 berechnet sich unter Zugrundelegung der Zahl 41,56 zu 12,20 Proc., mit
der Zahl 41,71 aber zu 12,23 Proc.
Meine Analysen haben somit volle Gültigkeit und zwar
auch in Rücksicht auf die Art des Ausziehens der Rinden. Beide, Schroeder und ich, kochten
das Gerbmaterial mit Wasser vollständig aus. Der von Schroeder angeführte Extractionsapparat (S. 66 der erwähnten Schrift)
scheint mir in jeder Beziehung praktisch und empfehlenswerth.
Ich habe noch anzuführen, daſs ich stets nur den Gesammtgerbstoff bestimmt habe;
leicht- und schwerlöslichen Gerbstoff habe ich nicht gekannt.