Titel: | Ueber Neuerungen an Kleindampfmaschinen. |
Fundstelle: | Band 259, Jahrgang 1886, S. 293 |
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Ueber Neuerungen an Kleindampfmaschinen.
(Patentklasse 14. Schluſs des Berichtes S. 245 d.
Bd.)
Mit Abbildungen im Texte sowie auf Tafel 1, 4, 16 und 19.
Ueber Neuerungen an Kleindampfmaschinen.
Die bereits früher (1884 252 345) kurz erwähnte neueste
Form der sogen. Sternmaschine von P. Brotherhood in London (* D. R. P. Nr. 27444 vom 3.
November 1883, Zusatz zu * Nr. 25596) ist in Fig. 1 und 3 Taf. 19 abgebildet. Die
früher einseitig gelagerte Kurbelwelle ruht beiderseits in Lagern. Die
schalenförmigen Köpfe der drei Pleuelstangen liegen nicht mehr unmittelbar am
Kurbelzapfen, sondern an einer denselben umgebenden Hülse, gegen welche sie durch
zweitheilige Ringe gehalten werden. Dadurch wird die Abnutzung der Köpfe wesentlich
vermindert, da ihre Bewegung gegen die Hülse nur sehr gering ist. Das Excenter dreht
sich auf einer Verlängerung des Lagers der Kurbelwelle und ist aus zwei mit
excentrischen Rinnen versehenen Scheiben zusammengeschraubt, zwischen welchen die
Stangenköpfe gehalten werden. Die Schieber haben wieder in ihrem äuſseren Theile
einen kleineren Durchmesser erhalten als in dem inneren; um sie aber dennoch nach
auſsen herausziehen zu können, gleitet der äuſsere Theil in einer an den Deckel
angegossenen, leicht herauszunehmenden Ausfütterung. Der cylindrische
Drosselschieber ist, unmittelbar mit dem Regulator verbunden, zwischen den Kammern
H und H1 eingeschaltet. Die Pendel des Regulators sind an
dem Schiebergehäuse gelagert, welches die Drehung der Welle mitmacht.
Neuerdings hat Brotherhood (* D. R. P. Nr. 32053 vom 22.
Januar 1885) gleichfalls das Woolf'sche System an
seiner Maschine zur Anwendung gebracht, indem er auf jeden Cylinder einen kleineren
Cylinder aufsetzt, wie Fig. 4 Taf. 19
veranschaulicht. Um nun einen Zwischenbehälter zu vermeiden und den Dampf
unmittelbar aus dem kleinen in den groſsen Cylinder führen zu können, ist hier die
untere Fläche des kleinen Kolbens c als Wirkungsfläche benutzt, so daſs beim Niedergange
der Dampf durch m und n
überströmt, während beim Aufgange der durch g
zuströmende Dampf durch r und m unter den kleinen Kolben tritt und der Dampf aus dem groſsen Cylinder
durch n nach a entweicht.
Damit der bleibende Dampfdruck stets nach abwärts wirke, wird der kleine Kolben
ununterbrochen von oben durch den Dampf belastet, indem dieser durch einen den
Steuerkolben umgebenden Ringkanal r stets nach h Zutritt hat. Hierdurch ist jedoch die Möglichkeit von
Stöſsen nicht ausgeschlossen, da während des zweiten Theiles des Kolbenaufganges dem
Beschleunigungsdrucke der Massen nicht das Gleichgewicht gehalten wird und daher ein
Druckwechsel eintreten muſs.
Für die in der letzt beschriebenen Maschine zur Anwendung gekommene Verbindung der
Kolben und Schieber mit den Pleuelstangen durch Kugelgelenk hat P. Brotherhood (* D. R. P.
Kl. 47 Nr. 32973 vom 22.
Januar 1885) eine Druckentlastung angegeben, durch
welche auch gegebenen Falles eine Verbindung der Räume über und unter dem Kolben
durch letzteren hindurch hergestellt werden kann. In dem Kolben ist der möglichst
groſse kugelförmige Hohlkörper b (Fig. 2 Taf. 19) drehbar,
an welchem die Gelenkstange c befestigt ist. Der
Hohlkörper b bewegt sich dampfdicht, von dem
eingeschraubten Ringe a gehalten, in dem Kolben und
erhält eine Oeffnung d, durch welche z.B. beim Aufgange
des Kolbens der Hinterdampf austreten kann. Da ein groſser Theil der Kugeloberfläche
von b dem unmittelbaren Dampfdrucke ausgesetzt ist, so
ist die Verbindung zwischen b und dem Kolben von dem
letzteren entlastet.
Textabbildung Bd. 259, S. 294 Bei der in Fig. 5 und 6 Taf. 19 abgebildeten dreicylindrigen Sternmaschine von F. Wynne in London (* D. R. P. Nr. 32 855 vom 11. April
1885) findet sich die Schubkurbelkette in der auch
früher schon hin und wieder benutzten Anordnung mit festgestellter Kurbel (nach Reuleaux die gleichschenklige rotirende Schubkurbel
genannt). Beistehend ist die wesentliche Anordnung der Maschine abgebildet, Die drei
Cylinderachsen liegen in parallelen Ebenen und schneiden die zur Kurbelwelle D parallele Gerade I, um
welche die an ein gemeinschaftliches Gehäuse angegossenen Cylinder A, B und C kreisen. In
Fig. 5 ist
dies die Achse der Hohlzapfen F, in welchen excentrisch
die Lager der Welle angebracht sind. Die drei Kolbenstangen greifen unmittelbar an
die Kurbelzapfen a, b und c an. Die Kurbeln Da, Db, Dc stellen die
Schubstangen der Kurbelkette dar, während die Gerade DI, mit den Kurbelarmen von gleicher Länge, als festgestellte Kurbel
aufzufassen ist. Die Bewegung der Theile ist dieselbe, als wenn die Kurbelzapfen a, b und c an einem auf
der Welle befestigten Zahnrade angebracht wären, welches in ein doppelt so groſses,
mit dem Cylindergehäuse verbundenes Zahnrad eingreift. Die Welle erhält demnach zwei Umdrehungen, während das Gehäuse sich einmal umdreht und die Kolben in den Cylindern einen
einfachen Hin- und Hergang ausführen. Für eine bestimmte relative
Kolbengeschwindigkeit ergibt sich also eine doppelt so groſse Umlaufzahl der
Kurbelwelle als bei gewöhnlichen Maschinen.
Zur Steuerung wird ein ringförmiger feststehender Schieber L (Fig.
5) benutzt, dessen Mittelpunkt höher als die Achse der Zapfen F liegt und gegen welchen daher die Cylinder bei ihrer
Drehung auch eine Verschiebung in radialer Richtung ausführen. Der Schieber liegt
dampfdicht zwischen der ebenen Gehäusewand und einem an dieselbe angeschraubten
Ringe K, gegen welchen er mit einem durch den
Dampfdruck angepreſsten
Liderungsringe schleift. Der Dampf strömt durch den einen Hohlzapfen ein, gelangt
durch die Oeffnung p in das kreisende Gehäuse und durch
den Kanal q in die Höhlung von K. Um den Schieber leicht verstellen zu können, wird derselbe von einem
zweitheiligen, bei N an das Gestell angehängten Ring
M gehalten, so daſs er durch eine einzige Schraube
O (Fig. 6) gegen das Gestell
festgelegt werden kann.
Wynne will dieselbe Maschine auch mit 5 Cylindern
ausführen. Die Cylinder können auch verschiedene Durchmesser haben und nach dem
Compoundprinzipe wirken. – Wegen der groſsen Reibungswiderstände läſst sich nicht
annehmen, daſs dieses Maschinensystem gröſsere Verbreitung finden wird.
Nach dem Iron, 1884 Bd. 24 * S. 93 sind von C. A. Parsons ganz ähnliche Maschinen mit 4 Cylindern,
von denen je zwei sich diametral gegenüber stehen, entworfen, welche von Kitson in Leeds gebaut werden. Dieselben sollen mit
1000 bis 1500 Umläufen arbeiten und daher zum Betriebe von Dynamomaschinen für
elektrische Beleuchtung schon mehrfach Anwendung gefunden haben.
Eine ganz eigenartig, aber kaum zweckmäſsig zu nennende Einrichtung hat die in Fig. 7 und 8 Taf. 19 nach
der Revue industrielle, 1885 * S. 254 abgebildete
Maschine von P. E. G. Jacomy in Tarbes, Frankreich
(vgl. * D. R. P. Nr. 27941 vom 15. September 1883). Die zu Grunde liegende, doppelt
ausgeführte Kette ist die bei Dampfpumpen gebräuchliche rotirende Kreuzschleifenkurbel, welche jedoch in ganz besonderer
Weise benutzt ist. Sowohl der an den Kurbelzapfen gehängte Gleitklotz, wie auch die
in einem geschlossenen Kasten geführte Schleife sind unmittelbar als Dampfkolben
benutzt. Das Gehäuse umschlieſst einen parallelepipedischen Raum c, welcher durch eine Mittel wand d in zwei gleiche flache Kammern getheilt ist. In
diesen gleiten die Rahmen a in wagerechter Richtung hin
und her, indem abwechselnd rechts und links von denselben Dampf eingeführt wird.
Gleichzeitig werden die auf die Kurbelzapfen aufgehängten und zu kreisförmigen
Bahnen gezwungenen Gleitstücke b durch abwechselnd über
und unter denselben eingeführten Dampf in den Rahmen a
auf und ab geschoben. Die Dampfvertheilung wird für jede der beiden Kammern c durch einen auf der Welle befestigten Hahn g besorgt. Der Dampf wird durch einen von dem am
rechten Ende der Kurbelwelle sitzenden Regulator auf ähnliche Weise wie bei Hastie's Steuerung (vgl. 1885 258 * 388) zu verstellenden Drosselhahn h in
den Ringraum e eingeführt, aus welchem der Dampf durch
je einen (in Fig.
7 punktirt angedeuteten) Kanal in die Raume e1 gelangt. (In Fig. 8 ist der Eintritt
des Dampfes unten links bei e2 angenommen.) Die Hähne g leiten den Dampf
dann durch Kanäle m unter bezieh. über die Gleitstücke
b und durch gleiche, gegen m um 90° versetzte Kanäle rechts und links hinter die Rahmen a, während der Abdampf durch dieselben Kanäle und
andere Hahnöffnungen in Räume f1
und durch Kanäle n in den Ausströmkanal f
entweicht. Die beiden Kurbeln der Welle stehen einander gegenüber; der Antrieb der
Welle erfolgt daher stets durch ein nur wenig sich änderndes Kräftepaar.
Die Hauptschwierigkeit wird die Herstellung einer guten Dichtung machen; dieselbe
soll, wie ersichtlich, durch eingelegte Leisten bewirkt werden. Der
verhältniſsmäſsige Dampfverlust fällt ja allerdings um so geringer aus, je schneller
die Maschine läuft, und die Jacomy'sche, soll
regelrecht 1800, wenn nöthig auch 2000 bis 2500 Umläufe in der Minute machen; ja bei
einem Versuche sollen sogar 4000 Umläufe (?) erreicht sein. Es steht nichts im Wege,
durch passende Einrichtung der Steuerhähne behufs guter Ausnutzung des Dampfes
beliebig kleine Füllungen zu geben. Jacomy hat auch die
Absicht, die Maschine nach dem Compoundprinzipe arbeiten zu lassen.
Eine Maschine dieser Art von 10e treibt im Arsenal
zu Tarbes eine Gramme'sche Dynamomaschine, welche 3
Bogenlampen von je 500 Normalkerzen Leuchtkraft speist. Ein Modell von der Leistung
einer Pferdestärke bei einem Dampfdrucke von 1k/qc wiegt nur 15k bei einer minutlichen Umlaufzahl von 1500.