Titel: | H. Pöge und E. Fischinger's Bogenlampe. |
Fundstelle: | Band 259, Jahrgang 1886, S. 311 |
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H. Pöge und E. Fischinger's
Bogenlampe.
Patentklasse 21. Mit Abbildungen.
H. Pöge und E. Fischinger's Bogenlampe.
Die von der Chemnitzer Telegraphenbauanstalt H. Pöge zur
Ausführung gebrachte, von H. Pöge und E. Fischinger in Chemnitz construirte elektrische
Bogenlampe (* D. R. P. Nr. 31761 vom 2. November 1884) regulirt sich wie die meisten
für Hintereinanderschaltung brauchbaren Bogenlampen durch Anwendung des
Differentialprinzipes. Zum Zwecke der Regulirung sind die beiden beweglichen
Kohlenhalter mit zwei Eisenkernen in Verbindung, von welchen der eine in ein vom
Hauptstrome durchflossenes Solenoid, der andere in ein im Nebenschlusse zum
Lichtbogen liegendes Solenoid eintaucht. Die Verhältnisse der Spulen und Eisenkerne
werden derart gewählt, daſs die von den Solenoiden auf die Kerne ausgeübten
Anziehungskräfte sich nur dann im Gleichgewichte befinden, wenn der Lichtbogen
die richtige Länge besitzt. Stehen die Kohlen einander zu nahe, so überwiegt der
Strom in der mit dickem Drahte bewickelten Spule und entfernt die Kohlen von
einander. Ist der Lichtbogen durch Abbrennen der Kohlen zu lang geworden, so
überwiegt die Wirkung der mit dünnem Drahte bewickelten Spule und verkleinert die
Entfernung der Kohlen. Durch das Abbrennen der Kohlen verschieben sich hiernach die
Kohlenhalter und dadurch wird die relative Stellung der Eisenkerne zu den Spulen
geändert. Cylindrische Kerne aber, wie sie diese Lampe, deren äuſsere Anordnung in
ihren wesentlichen Theilen Fig. 1 zeigt, besitzt,
werden, je nachdem sie mehr oder weniger tief in das Solenoid eintauchen,
verschieden stark von der vom Strome durchflossenen Spule angezogen. Das
Eigenthümliche der Lampe besteht in der Anordnung, durch welche die ungleiche
Anziehung der Solenoide auf die Kerne bei verschiedenen relativen Lagen ausgeglichen
wird. Es wird dies dadurch erreicht, daſs beide Kerne c
und c1 (Fig. 2 und 3) an einer
Kette b hängen, welche über eine Rolle a geht, deren Drehachse excentrisch ist. In den Kernen
c und c1 befinden sich Rollen e und e1
(Fig. 2), über welche die Schnuren f und f1 gehen. Das eine Ende dieser Schnuren ist an festen
Oesen an den Solenoiden, das andere an beweglichen, die Kohlenhalter g und g1 tragenden Stegen festgemacht; letztere heben und
senken sich daher stets doppelt so viel als die Kerne c
und c1. Die
geradlinige, senkrechte Bewegung der Kohlenhalter wird durch Führungsrollen
gesichert.
Fig. 1., Bd. 259, S. 312Fig. 2., Bd. 259, S. 312Fig. 3., Bd. 259, S. 312Fig. 2 zeigt die Mittelstellung, in welcher beide
Eisenkerne gleich tief in die Solenoide S und S1 eintauchen. Bei
gehöriger Gröſse des Lichtbogens üben dann die beiden Solenoide auf die Kerne gleich
groſse Anziehung aus. Um Gleichgewicht zu erhalten, müssen in diesem Falle auch die
beiden Hebelarme, an welchen die Zugkräfte angreifen, gleich lang sein. Durch das
Abbrennen der Kohlen gelangt aber der Kern c immer
tiefer in das Solenoid S, während der Kern c1 mehr und mehr aus
dem Solenoid S1
heraustritt; ersterer wird dann stärker, letzterer minder stark von seinem Solenoid
angezogen. Das Entgegengesetzte findet statt, bevor durch Abbrennen der Kohlen die
Solenoide in die in Fig. 2 gezeichnete Mittelstellung
gelangt waren. Um nun auch in diesen beiden Fällen Gleichgewicht zu erhalten, müssen
durch die Drehung der Rolle a die Hebelarme i und i1 so geändert werden, daſs wiederum die statischen
Momente einander gleich sind.
Um in jeder relativen Stellung der Kerne Gleichgewicht zu
erhalten, muſs einerseits der Durchmesser der Scheibe, andererseits die
Excentricität der Scheibe passend gewählt werden. Zunächst aber war die Gröſse der
Anziehung zu ermitteln, welche das Solenoid in verschiedenen Stellungen auf einen
cylindrischen Eisenkern ausübt. Zu diesem Zwecke wurde eine Versuchsreihe
Angestellt, in welcher die Abmessungen der Spule und der Kerne für die zu
construirende Lampe entsprechend gewählt waren. Eine Spule von 160mm Höhe und 60mm
äuſserer Dicke wurde von einem Strome von 9 Ampère durchflössen. In den Hohlraum der
Spule tauchte ein Eisenkern von 310mm Länge und
20mm Dicke. Bei verschiedener Eintauchung
ergab sich nach der Elektrotechnischen Zeitschrift,
1885* S. 494 folgende Anziehung:
Eintauchung
160
150
140
130
120
110
100mm
Anziehung
410
490
535
532
510
480
445k
Eintauchung
90
80
70
60
50
40
30
20
0mm
Anziehung
395
350
305
250
180
135
95
52
8k.
Der Durchmesser D der Scheibe a wurde hiernach zu 80mm, die Excentrizität e zu 7mm,5 gewählt. Die Kerne tauchen bei der
Mittelstellung (Fig. 2) beide 87mm,5 tief in die Solenoide ein und erfahren eine
Anziehung von denselben, welche gleich 385g ist.
Bei der untersten Stellung taucht der Kern 135mm
tief in das Solenoid ein, bei der höchsten hingegen nur 35mm. Alsdann wird der tiefer stehende Kern mit
540g angezogen; die wirksame Kraft ist noch um
das Gewicht des Kernes und das des Kohlenhalters, zusammen um 2100g gröſser, beträgt also 2640g. Auf der anderen Seite der Rolle a wirkt in dieser äuſsersten Stellung ein magnetischer
Zug von 115g auf den Kern, die Gesammtkraft
beträgt also hier 2215g. Die Hebelarme i und i1, an welchen die Gewichte wirken, müssen sich in
dieser äuſsersten Stellung somit zu einander verhalten wie 1 : 2640 zu 1 : 2215.
Selbstverständlich entspricht die Aenderung der Hebelarme, welche
bei Gebrauch einer excentrischen Scheibe eintritt, nicht vollständig dem
Aenderungsgesetze der Solenoidanziehung; man ist jedoch den theoretisch geforderten
Bedingungen mit den gewählten Werthen D = 80 und e = 7,5 nahe gekommen, wie eine Vergleichung der an der
Scheibe gemessenen Hebelarme mit den berechneten dargethan hat. Der Gebrauch der
excentrischen Scheibe gestattet somit, die Gleichheit der statistischen Momente auf
dem ganzen Wege der Kerne mit fast absoluter Genauigkeit zu erreichen.Nach dem Principe der besprochenen Lampe ist auch die Anordnung der
Bogenlampe von Wohlfarth und Kroenig in
Chemnitz (* D. R. P. Nr. 30701 vom 3. Juli 1884) angeordet, bei welcher der
Umfang der Scheibe a derart gekrümmt ist, daſs
sich die Hebelarme nach dem Anziehungsgesetze der Solenoide ändern. Pöge und Fischinger behaupten, dieses Princip bereits vor der
Patentanmeldung eben genannter Firma angewendet zu haben, und besitzen in
dem Gebrauche der excentrischen Scheibe eine einfachere
Anordnung.
Um das sichere Anzünden der Lampe auch dann zu erreichen, wenn die Kohlenspitzen beim
ersten Eintritte des Stromes sich zufällig nicht berühren sollten, ist die im
Nebenschlusse v zum Lichtbogen liegende, mit dünnem
Drahte bewickelte Spule S auch noch mit einer Lage n aus dickem Draht umwickelt (vgl. Fig. 3). Im ersten Augenblicke geht der Hauptstrom
durch diese Windungen n hindurch und wirkt derart auf
den Kern S, daſs die Kohlen zur Berührung gebracht
werden. Ist dies aber
geschehen, so wird der Anker des Contactmagnetes m
angezogen und unterbricht diesen Stromweg x, y, z, n
vom negativen zum positiven Pole bei h; von nun an
nimmt der Strom seinen Weg bloſs durch die Kohlen.
In der Patentschrift ist die Schaltung etwas abweichend von Fig. 3, indem noch ein Hilfssolenoid vorhanden ist,
welches einen Nebenschluſs von groſsem Widerstand zum Lichtbogen bildet. Dieses
Solenoid bleibt (nahezu) stromlos, so lange die Kohlen von einander entfernt sind
und der Contact bei h hergestellt ist; S bringt dann die Kohlen zur Berührung, der Contact bei
h wird unterbrochen und der Strom würde jetzt
gleichmäſsig durch beide Solenoide S und S1 gehen, wenn nicht
der Kern des noch stromlosen Hilfssolenoides noch einem Zweigstrome einen Weg durch
S1 herstellte;
durch letzteren wird der Kern von S1 gesenkt, der Lichtbogen gebildet, das
Hilfssolenoid erhält wegen des vergröſserten Widerstandes im Lichtbogenkreise nun
stärkeren Strom und sein Kern unterbricht den Weg für den Zweigstrom. Das
Hilfssolenoid stellt aber, sowie die Kohlen in zu groſse Entfernung von einander
kommen, einen anderen Stromweg nach S her und
veranlaſst dadurch, daſs nunmehr c mit gröſserer Kraft
nach unten gezogen wird.