Titel: | Mittheilungen aus russischen Versuchsanstalten über Festigkeitsuntersuchungen. |
Fundstelle: | Band 259, Jahrgang 1886, S. 355 |
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Mittheilungen aus russischen Versuchsanstalten
über Festigkeitsuntersuchungen.
Mit Abbildungen auf Tafel
23.
P. Zetzsche, über russische Festigkeitsuntersuchungen.
Paul Zetzsche macht in Stahl und
Eisen, 1885 * S. 347 weitere Mittheilungen über Ergebnisse aus der
Versuchsanstalt des Hüttenwerkes Kulebaki in Ruſsland (vgl. 1885 258 * 21), in welchen er sich wiederum gegen die
Beibehaltung der Contraction als Werthmesser bei
Lieferungsabnahmen ausspricht.
Um den Einfluſs des wiederholten Schmiedens auf Stahl
kennen zu lernen, wurden folgende Proben hergestellt. Ein Radreifenblock von 1134qc Querschnitt wurde auf 529qc herabgeschmiedet und daraus ein Probestab
hergestellt (Nr. 1); hierauf wurde der verbliebene Querschnitt auf 100qc herabgeschmiedet und ebenfalls kalt ein
Probestab daraus gefertigt (Nr. 2). Jetzt wurde der Block weiter ausgeschmiedet auf
32qc und daraus Probestab Nr. 3 hergestellt
und schlieſslich der Stab auf 9qc herabgeschmiedet
und Nr. 4 daraus gedreht. Die Probestäbe wurden auf einer selbstzeichnenden
Zerreiſsmaschine zerrissen. Die Festigkeit ist mit dem
Schmieden von 53,4 auf 56,5k/qmm gestiegen, die Bruchdehnung fiel von 22 auf 13,5
Proc.Leider ist auch hier wieder als Bruchdehnung die
gesammte Längenstreckung des Festigkeitsdiagrammes genommen, während doch
wohl nur die Diagrammlänge des aufsteigenden
Astes als die maſsgebende Dehnung in Rücksicht zu ziehen ist, da der von der
gröſsten Beanspruchung aus absteigende Ast
hauptsächlich von örtlicher Bedeutung ist und von ebensolchen Zufälligsten
abhängt wie die Contraction., die Contraction aber folgte keinem bestimmten Gesetze, scheint vielmehr
lediglich der Ausdruck örtlicher Wichtigkeit zu sein und dürfte als solcher
eigentlich als Werthmesser von Ausschlag gebender Bedeutung in die
Lieferungsbedingungen nicht aufgenommen werden, zumal dazu kommt, daſs die
Contraction auſserordentlich leicht durch Zufälligkeiten beeinfluſst wird.
Die Contraction im Allgemeinen, also abgesehen von den
durch Wäschen, Schlackentheilchen u.s.w. hervorgerufenen Unregelmäſsigkeiten, welche
der Zufall bei der Probe mit sich bringt, läſst sich
beeinflussen und zwar derart, daſs diesen Einfluſs auszuüben der Fabrikant
in seiner Hand hat. Schon ein geringer Phosphorgehalt erhöht die Contraction
wesentlich, ohne andererseits die Festigkeit bei ruhiger Belastung sehr zu
beeinträchtigen. In der oben angegebenen Quelle sind die Ergebnisse der
Zerreiſsversuche und der Analysen in Uebersichten und zeichnerisch zusammengestellt.
Man ersieht daraus, daſs mit einer hinsichtlich der oben genannten Zufälligkeiten
gerade auffallenden Regelmäſsigkeit die Verbindungslinie der Phosphorgehalte mit derjenigen der Contraction vollständig gleichlaufen,
daſs also entschieden die Contraction durch den Phosphorgehalt beeinfluſst wird und
zwar derart, daſs sie mit demselben steigt und fällt. Eine gewisse Regelmäſsigkeit
zeigt ebenso auch der Kohlenstoffgehalt, dessen
Verbindungslinien sich entgegengesetzt den Phosphorlinien verhalten. Ein höherer
Phosphorgehalt bedingt einen geringeren Kohlenstoffgehalt und umgekehrt, wenn der
Stahl den Vorschriften über Zerreiſsversuche entsprechen soll.
Die Versuche ergaben aber weiter, daſs Radreifen mit
hohem Phosphorgehalte, trotzdem die Zerreiſsproben hervorragende Ergebnisse
lieferten, die Schlagprobe im Allgemeinen nicht
aushalten, wenn sie andererseits eine annehmbare Kohlenstoffhärte haben sollen. Es
bestätigt sich hier, wie schon Grüner 1879 bemerkte und
wie auch von Dehayes durchgeführte Versuche ergaben,
daſs ein Phosphorgehalt den Stahl bei Zugversuchen besser erscheinen läſst,
denselben aber gegen Stoſswirkungen empfindlicher
macht.
Die Zerreiſsprobe allein genügt also nicht für alle
Fälle, namentlich nicht für Eisenbahnbetriebsmaterial, welches starken
Erschütterungen ausgesetzt ist. Zur Bekräftigung dieser Behauptung sind in unserer
Quelle noch auszüglich die Betriebsergebnisse angefügt, wie solche im 17.
Supplementbände (1880) des Organes des Vereins deutscher
Eisenbahnverwaltungen mitgetheilt sind. Nimmt man bei denselben
beispielshalber als für die Zerreiſsproben maſsgebend diejenigen Bedingungen, welche
von der Commission der Classificationsbedingungen für Eisen und Stahl vorgeschlagen
und von der Generalversammlung des Vereins deutscher Hüttenleute 1881 gutgeheiſsen
worden sind, so ergeben sich folgende Eigenthümlichkeiten: Von den Achsen, welche
sich im Betriebe bewährt haben, entsprechen nur 33 Proc. den Bedingungen der
Abnahme, während 67 Proc. denselben nicht entsprechen. Von den Achsen, welche sich
im Betriebe nicht bewährt haben, entsprechen nur 27 Proc. den Bedingungen nicht,
während 73 Proc. denselben entsprechen. Von den Schienen, welche sich im Betriebe
bewährt haben, entsprechen nur 43 Proc. den Bedingungen, während 57 Proc. denselben
nicht genügen. Von den Schienen, die sich im Betriebe nicht bewährt haben,
entsprechen alle den Bedingungen. Von den Wagenradreifen, welche sich im Betriebe
bewährt haben, entspricht ausnahmsweise der gröſsere Theil, nämlich 75 Proc. den
Bedingungen, 25 Proc. entsprechen nicht. Von Wagenradreifen, welche sich nicht im
Betriebe bewährt haben, entsprechen 56 Proc. den Bedingungen nicht, während 44 Proc.
genügen. Von den Locomotivradreifen, welche sich im Betriebe bewährt haben,
entsprechen 75 Proc. den Bedingungen nicht, während 25 Proc. genügen. Von den
Locomotivradreifen endlich, welche sich im Betriebe nicht bewährt haben, entspricht
der gröſsere Theil, nämlich 71 Proc., den Bedingungen, während nur 29 Proc.
ungenügend sind. Also mit Ausnahme der Wagenrad reifen lieferten die Zerreiſszahlen das
Gegentheil von den Betriebsergebnissen.
Diesem gegenüber sei darauf hingewiesen, daſs die Münchener Conferenz 1884, von dem
Grundsatze ausgehend, daſs die für die Prüfung gewisser Constructionstheile
benutzten Methoden der Art ihrer Beanspruchung bei der Verwendung möglichst
entsprechen sollen, für Schienen. Radreifen und Achsen die Schlagprobe als Normalprobe festgestellt hat. Aus den Vorschriften für die
Schienenprüfung in Ruſsland geht hervor, daſs die
Prüfung der Schienen sowohl auf Grund der Schlagprobe, als
auch der ruhigen Biegungsversuche geschieht, daſs aber die erste Probe (mit
Einfrieren des Probestückes) als die wichtigste und als jene anerkannt wird, welche
am meisten für eine gute Lieferung bürgt. Die betreffenden Vorschriften sind in der
Wochenschrift des Oesterreichischen Ingenieur- und
Architektenvereins, 1885 * S. 223 ausführlicher wiedergegeben. Die
Prüfungen sollen folgendermaſsen ausgeführt werden: Zuerst Biegeprobe durch ruhende
Belastung. Ein Probestück der Schiene, auf zwei 1m,067 entfernte Stützen gelegt, wird der Wirkung einer in der Mitte der
Stützweite angreifenden Last A (vgl. untenstehende
Tabelle) während 5 Minuten unterworfen, wobei nach den kürzlich vorgeschlagenen
Abänderungen die bleibende Durchbiegung nicht mehr wie 1mm betragen soll. Alsdann folgt die Schlagprobe auf Bruch. Zwei übrige
Stücke derselben Schiene werden so wie früher auf Stützen gelegt und darf nach zwei
Schlägen mit dem Fallklotze von 419k Gewicht aus
der Fallhöhe von H Meter das Probestück sich zwar
biegen, aber nicht brechen und auch keine äuſseren Zeichen der Zerstörung zeigen.
Alle Probestücke, welche die obigen Prüfungen ausgehalten haben, werden unter
demselben Schlagwerke bei allmählich vergröſserter Fallhöhe H + 1, H + 2 Fuſs u.s.w. (1 Fuſs = 0m,305) zum Bruche gebracht.
Bauart der Auflager, des Schlagwerkes und Bars lassen sich aus der Normalzeichnung
Fig. 8 und
9 Taf. 23
erkennen. Das metallische Auflager soll nicht weniger als 19l,7 wiegen, die Sohle des steinernen Unterbaues
nicht weniger als 1m,37 unter der Erdoberfläche
liegen.
Die nachstehende Tabelle gibt für die normalen Stahl- und Schmiedeisenschienen von
bestimmtem Gewichte die betreffenden Probelasten A und
die Fallhöhen H:
Gewicht von 1m
Last A
Fallhöhe H
Stahlschienen
23k25272932
9,00t11,0613,1015,1517,20
1,45m1,721,982,292,59
Schmiedeisenschienen
27273235
9,0011,0613,1015,15
1,221,391,60 1,83.