Titel: | Ueber Neuerungen im Mühlenwesen; von Prof. Fr. Kick. |
Autor: | Fr. Kick |
Fundstelle: | Band 259, Jahrgang 1886, S. 385 |
Download: | XML |
Ueber Neuerungen im Mühlenwesen; von Prof. Fr. Kick.
(Patentklasse 50. Fortsetzung des Berichtes S. 197
d. Bd.)
Mit Abbildungen im Texte sowie auf Tafel 13 und 25.
Kick, über Neuerungen im Mühlenwesen.
4) Neuerungen an den Mahlgängen. Diese Abtheilung bietet
wenig Interessantes, nichts Wesentliches. Es kann der unterläufige Mahlgang von M. Ehrhardt in
Wolfenbüttel (* D. R. P. Nr. 29180 vom 6. März 1884) seiner soliden Construction
wegen erwähnt werden. Bei demselben ist der Oberstein fest mit einer eisernen
Schüssel verbunden, welche nach oben in ein Rohr übergeht, auf das auſsen ein
Schraubengewinde geschnitten ist. Das hierzu gehörige Muttergewinde befindet sich in
der sehr weiten Nabe eines Schraubenrades, welches nur Drehbewegung erhalten kann,
in seiner Höhenlage aber festgehalten ist. Ein Kurbelrad, an dessen Achse eine
Schnecke (Schraube ohne Ende) sich befindet, besorgt die Drehung des erwähnten
Schraubenrades und dadurch das Heben oder Senken des Obersteines – die
Steinstellung. Der Unterstein sitzt in einer guſseisernen Schüssel, welche auf die
Mühlspindel aufgekeilt ist. Die Mühlspindel kann nicht gehoben werden. Oberstein und
Läufer können daher von der wagerechten Lage nicht abweichen; eine bewegliche Haue
fehlt. Die Auseinandernähme des Ganges, zum Zwecke der Schärfung der Steine, ist
umständlich, weil die eiserne Zarge stückweise entfernt werden muſs.
Noch weniger lobenswerth ist der unterläufige Mahlgang
von A. M. Arndt in Neustadt-Magdeburg (* D. R. P. Nr.
25758 vom 25. Mai 1884). Der Unterstein oder Läufer ist auch hier fest mit der
Mühlspindel verbunden, der Oberstein aber besitzt eine zwar originelle, aber, soweit
es die Patentzeichnung zeigt, mangelhafte Balancirung. Der Oberstein ruht mittels
zweier Zapfen z in zwei lothrecht stellbaren Lagern l, welche rechts und links an der Steinzarge (Lauf)
stehen. Fig. 1
und 2 Taf. 25
zeigt nur ein Bruchstück des Obersteines und nur einen der Zapfen und eines der
Lagert; die Anordnung ist symmetrisch ergänzt zu denken. Denkt man sich die beiden
Zapfen z mit ihren Achsen in einem Durchmesser des
Steines liegen, gleichsam eine Querachse des Steines bildend, so kann der Stein um
diese Achse schwingen; dies ist noch richtig. Nun hat aber Arndt diese Zapfen eingepaſst in würfelförmige Stücke w, welche um eine zur Bildebene der Figur 1 senkrechte Achse
ee schwingen können (vgl. die Grundriſsfig. 2), und
glaubt, es könne auch der Stein um diese Achse
schwingen, und dies ist falsch; denn der symmetrischen Anordnung wegen sind eben
zwei solcher Achsen ee vorhanden, welche zu einander
parallel liegen und um zwei parallele Achsen kann ein
Körper nicht gleichzeitig schwanken, ganz abgesehen noch davon, daſs diese Achsen
innerhalb des Körpers, welcher um sie schwanken
soll, eingebettet liegen, die Bewegungen desselben also mitmachen müssen. Immerhin
liefert aber die Arndt'sche Anordnung auch eine geringe
Beweglichkeit des
Steines um eine zu ee parallele, durch die Steinmitte
gelegt gedachte Achse; denn drückt man den Stein z.B. bei w nieder, so wird sich nz schief stellen,
dadurch wird der Winkelhebel opq um p gedreht und die zwei Stangen s werden nach rechts gezogen. Dies bewirkt auf der Gegenseite die
umgekehrte Bewegung der gleichartigen beweglichen symmetrischen Stücke und dort
steigt der Stein auf. Würde hingegen der Stein bei w
durch auſsergewohnliche Widerstände gehoben, so wird in Folge des Zapfendruckes der
Gegenseite das Hebel- und Zugstangensystem die umgekehrte Bewegung machen. Nachdem
bei diesem Schwanken des Steines die Zapfen z aus der
wagerechten Lage kommen, so müſsten entweder die Lagerschalen der Lager l beweglich, oder Kugelzapfen und Kugellager verwendet
sein, wovon die Patentbeschreibung schweigt. Hervorzuheben ist, daſs der
Beweglichkeitsgrad in diesem zweiten Sinne, sowohl was die Empfindlichkeit, als die
Gröſse der möglichen Bewegung betrifft, weit geringer ist als bei der Bewegung um
zz.
Als eine gute Idee ist die Alarmvorrichtung von Jos. Graml in Nürnberg (* D. R. P. Nr. 31526 vom 7.
Oktober 1884) zu bezeichnen. Diese Vorrichtung bezweckt ein Läutewerk dann zum Tönen
zu bringen, wenn der Widerstand im Mahlgange, z.B. bedingt durch Verkleistern
desselben, über eine gewisse Grenze gewachsen ist. Diese Aufgabe ist in folgender
Weise gelöst: Die Antriebsriemenscheibe oder das Zahnrad sitzt lose auf der
Mühlspindel. Gleichfalls lose sitzt auf derselben eine Scheibe, welche mittels vier
Nasen zwischen die Arme des Zahnrades oder der Riemenscheibe greift und von dieser
mitgenommen wird. Diese mitgenommene Scheibe I ist mittels einer sehr kräftigen
Spiralfeder mit einer auf der Mühlspindel festgekeilten Scheibe II verbunden. Das
Mitnehmen der Mühlspindel setzt daher eine entsprechende Anspannung der Spiralfeder
voraus und diese kann nur erfolgen, wenn I gegen II sich verdreht. Diese
Relativbewegung bewirkt, daſs ein mit II concentrisch verbundener Zahnkranz auf ein
in I radial gelagertes Kegelrädchen drehend einwirkt. Das kleine Kegelrädchen kann
sich an I nur drehen. In die Nabe desselben ist eine Hohlschraube eingeschnitten,
welche eine radial liegende Vollschraube verschiebt und zwar entsprechend der
Federspannung mehr oder weniger nach auswärts schiebt. Ist der Widerstand im
Mahlgange, demnach die Spannung der Feder und die relative Verdrehung von I und II
über die Gebühr groſs, so ist die Schraube so weit vorstehend, daſs sie bei der
Drehung des Ganges ein Läutewerk in Bewegung setzt und ein Warnungssignal abgibt.
Diesem Läutewerk dürfte durch die gröſseren Widerstände beim Anlassen wohl auch zum
Tönen gelangen; doch ist dies kein wesentlicher Nachtheil.
In Bezug auf das Schärfen der Mühlsteine sind die
Patente von Th. v. Lukowitz in Neumühl, O.-Pr. (* D. R.
P. Nr. 33603 vom 30. September 1884) bezieh. von Joh.
Konetzny in Leskowitz und Ferd. Staffa
in Friedek, Oesterreich
(* D. R. P. Nr. 30322 vom 29. April 1884) zu erwähnen, v.
Lukowitz verwendet die natürlichen Kanten des krystallisirten Diamanten zum
Schärfen und sein Vorschlag bezieht sich eigentlich nur auf den Diamanthalter, welcher so eingerichtet ist, daſs dem
Diamanten eine bestimmte Neigung nach vorwärts oder zurück in der Schnittrichtung
gegeben werden kann (vgl. Fig. 5 Taf. 25). Der
Diamant ist beim Schneiden gegen vorn überhängend und so eingespannt, daſs eine
seiner natürlichen Krystallkanten von der Spitze vorwärts – in der Richtung der
Bewegung – gerichtet ist und mit dem Steine einen sehr kleinen Winkel einschlieſst.
In Folge der Krystallform (Tetracontaoktaeder) läuft von der Spitze auch eine zweite
Kante nach rückwärts. Dreht man nun den Diamanthalter um eine zur Bewegungsrichtung
senkrechte Achse um den Winkel 2α, so steht die
rückwärtige Krystallkante nun entsprechend überhängend unter einem ebenso spitzen
Winkel zum Steine, als die vordere Krystallkante früher sich befand. Die eine Lage
benutzt man zum Schneiden von rechts nach links, die andere zur umgekehrten
Bewegung. Nach einer in der Mühle, 1885 S. 485
enthaltenen Mittheilung soll man bei solcher Verwendung der krystallisirten
Diamanten billiger fahren als bei Benutzung der Carbons mittels jener
Schärfemaschinen, welche mit rasch rotirendem Diamanten arbeiten. Es sollen die
Abnutzungskosten für den Mühlstein etwa 25 Pf. betragen. In der Patentbeschreibung
ist jedoch Näheres über den angewendeten Hilfsapparat und das Verfahren nicht
gegeben.
Die Schärfmaschine von Konetzny und Staffa arbeitet mit einem
Meiſsel oder mit 3 Meiſseln und ist dieselbe bestimmt, nicht nur, wie der
vorerwähnte Diamant, die Sprengschläge, sondern auch die Hauschläge oder Luftfurchen
auszuarbeiten, in welch letzterem Falle die drei combinirten Meiſsel verwendet
werden. Die Anordnung der Maschine ist aus Fig. 4 Taf. 25 im
Grundrisse zu ersehen: An dem Mühlsteine wird ein entsprechend angearbeiteter,
massiver Holzring A befestigt, auf dem sich ein zweiter
Holzring B dreht, welcher zwei zu einander parallel
aufgeschraubte Eisenschienen C trägt. Auf diesen
Schienen rollt die eigentliche Maschine mittels vier mit geeignet vertiefter Spur
versehener Rollen. Ein an der Maschine fester Handgriff h gestattet die Verschiebung derselben auf und längs den Schienen.
Senkrecht zur Schienenrichtung sind am Wagengestelle zwei Führungen f angebracht, die einem Schlitten S, welcher den Meiſselapparat trägt, die Querführung
geben. Die Querbewegung (Schaltbewegung) erhält dieser Schlitten von einer
Handkurbel k1 und
Schraube s, wie dies bei Supportführungen üblich ist.
Parallel zur Querrichtung, also zu den Führungsprismen f, liegt am Wagen eine Kurbelwelle w1, deren Antrieb von Hand an k2 erfolgt. Diese Welle besitzt eine
Längsnuth und das Zahnrad z1 greift in dieselbe mit einem Keile ein, ist aber durch Fortsätze des
Schlittens derart umschlossen, daſs es die Querbewegungen des Schlittens mitmachen
muſs. Dieses Zahnrad z1 greift in ein
kleineres Stirnrad z2
ein, welches sich an einer gleichfalls wagerechten, im Schlitten gelagerten Welle
w2 befindet, die
sowohl das Schwungrad R, als den Kurbelzapfen n trägt; n wirkt mittels
einer kleinen Lenkstange p auf den lothrecht geführten
Werkzeugschlitten q. (Vgl. Fig. 3, welche die Theile
w2, R, n, p und q im Aufrisse
und in etwas gröſserem Maſsstabe darstellt.) Der Ring A
ist mit einer der Felderzahl entsprechenden Theilung, der Ring B mit einem Zeiger i
versehen; bei richtig angebrachtem Ringe A ist die
Einstellung der Maschine auf jedes Feld leicht; m1, m2 sind Klemmschrauben zur Ringfeststellung.
Bei der Ausarbeitung der Sprengschläge dreht der Arbeiter die Kurbel k und schiebt die Maschine, der Länge des
Sprengschlages folgend, langsam in der Richtung der Schienen C vor. Die Drehung der Kurbel k1 hat bei harten Steinstellen rascher als bei
weichen zu erfolgen. Vor dem Uebergange zum nächsten Sprengschlage ist die
Schaltbewegung mittels k1 und s vorzunehmen. Bei der Ausarbeitung der
Hauschläge werden 3 Meiſsel in einem besonderen Werkzeugschlitten zur Anwendung
gebracht.
5) Die Ventilation der Mahlgänge und die Einrichtung von
Staubfängern. Die Anwendung der Staubfänger ist zwar nicht unzertrennlich
mit der Ventilation (oder Kühlung) der Mahlgänge verbunden; es lassen sich
Staubfänger auch bei anderen Müllereimaschinen als den Mahlgängen benutzen, ja sie
sind selbst in anderen Industriezweigen vortheilhaft verwendbar. Nachdem sie aber
zuerst bei Mahlgängen durch Jaacks und Behrns mit
durchschlagendem Erfolge benutzt wurden und auch bei jenen vorzüglich in Verwendung
stehen, so ist deren gemeinsame Behandlung mit der Ventilation der Mahlgänge wohl am
Platze.
Vor Einführung der durch Jaacks und Behrns erfundenen
Mahlgangventilation – deren Wesen bekanntlich darin besteht, daſs ein Sauggebläse
die Luft aus der die Mühlsteine umgebenden Zarge derart abzieht, daſs die mit
Mehlstaub geschwängerte Luft durch ein am Zargendeckel angebrachtes Filter aus Stoff
ziehen muſs, wodurch der Mehlstaub zurückgehalten wird – gab es schon ventilirte
Mahlgänge verschiedener Art und hatten namentlich französische Mühlsteinfabriken
Steine hergestellt, welche, sei es durch besondere Furchen oder Durchbrechungen und
Luftfänge am Läufer, als sich ventilirende Steine bezeichnet werden konnten. Aber
bei den diesbezüglichen Anordnungen blieb die Luft staubbeladen; sie gelangte so in
die Fallröhren und Becherwerke und war die Gefahr einer Fortpflanzung der Flamme, im
Falle einer Selbstentzündung im Mahlgange, eine groſse. Dadurch nun, daſs Jaacks und Behrns eiserne Saugrohre benutzten, daſs sie
die Zarge gegen das Auge sowohl, wie gegen das Mehlloch hin mit einem entsprechenden
Verschlusse versahen, entfiel jede Feuergefährlichkeit ihrer Ventilationsmethode.
Trotzdem nun all dies bekannt sein sollte, stellten sich auch in der letzten Periode wieder
Erfinder ein, welche alte unverwendbare Ideen aufwärmten und Patente auf besondere
Anordnungen sich selbst ventilirender Mühlsteine bez. Mahlgänge erhoben. Diese Gänge
können zwischen den Mahlflächen aber nur dann eine
kräftigere Luftbewegung erzielen, wenn man der Luft, welche mit Mehlstaub
geschwängert wird, auch gestattet, aus der Zarge zu entweichen, und thut man dies,
dann kommt man zu den alten, verwerflichen, weil höchst feuergefährlichen
Anordnungen. In dieser Hinsicht sind als verfehlt zu
bezeichnen die Vorschläge von Gust. Gieſsmann und Otto Wittholz in Berlin (* D. R. P. Nr. 26250), Carl Kühl in Rogasen (* D. R. P. Nr. 29458), J. C. Wedekind in Nordhausen (* D. R. P. Nr. 29476) und
bedürfen dieselben daher keiner näheren Beschreibung.
Einigermaſsen Beachtung mag vielleicht die Einrichtung von Theodor Reisert in Augsburg (* D. R. P. Nr. 21322 vom 13. Juni 1883)
verdienen, die als selbstthätiger, regulirbarer
Ventilationsapparat für Mahlgänge bezeichnet wird und im Wesentlichen
nichts Anderes ist als eine Vorrichtung, welche der im oberen Theile der Zarge enthaltenen feuchten Luft auszutreten gestattet.
An die etwas überhöhte Zarge z (Fig. 6 Taf. 25) ist ein
Eisenrohr r geschlossen, welches nahe zur halben Tiefe
des Läuferauges herabgeht. In dieses Rohr ist ein zweites, dicht anschlieſsendes
Rohr r1 gesteckt,
welches sich in ersterem drehen läſst. Beide Rohre besitzen einige kreisrunde
Durchbrechungen, welche bei einer bestimmten Stellung des inneren Rohres r1 auf einander treffen
und mit dem Innenraume der Zarge in Verbindung stehen, durch Drehung des inneren
Rohres aber beliebig weit geschlossen werden können. Mit dem unteren Rande des
inneren Rohres ist ein Blechkegel k verbunden, welcher
oben offen ist und dem Rohre des Rumpfzeuges den Eintritt gestattet, desgleichen der
äuſseren Luft. Zwischen Rohr r1 und Kegel soll nun die feuchte Luft aus der Zarge
hinaus. Es kann dies deshalb nur in beschränktem Maſse geschehen, weil bei
einigermaſsen heftiger Luftbewegung Mehlstaub mitgerissen würde, was nicht sein
darf: auch vermindert sich der Erfolg dadurch, daſs ein Theil der zwischen Kegel und
Rohr austretenden Luft unzweifelhaft durch das Innere des Blechkegels wieder in den
Mahlgang eingesaugt werden wird.
Der ventilirte Mahlgang von Rud. und Jos. Gawron in Anclam (* D. R. P.
Nr. 24988 vom 11. April 1883) beruht auf dem Jaacks und
Behrns'schen Principe und unterscheidet sich in seiner Ausführung dadurch,
daſs, wie aus Fig.
9 und 10 Taf. 25 zu entnehmen, das am Zargendeckel angebrachte Filter durch
eine ebene Mittelwand w oder durch eine ringförmige
Zwischenwand in zwei Theile geschieden ist, welche Theile mit einander nicht in
Verbindung stehen. Bei der in Fig. 9 und 10 gezeichneten Stellung
des von Gawron verwendeten Dreiwegehahnes H stehen beide Filterkammern durch die Kanäle k1 und k2 in Verbindung mit
dem Saugrohre R und durch dieses mit dem Sauggebläse.
Der Kanal z ist einerseits durch die erweiterte Zwischenwand w geschlossen; andererseits steht z mit dem Auſsenraume, der äuſseren Luft, in Verbindung
und ist in dieser Hahnstellung der Kanal z unwirksam
und aus beiden Theilen des Filters wird die Luft gesaugt. Wird aber der Hahn H nach der einen oder anderen Seite verdreht, welche
Stellungen Fig.
11 und 12 zeigen, so findet das Ansaugen der Luft nur je aus einer der beiden
Filterabtheilungen statt, während die andere Abtheilung durch z mit der Auſsenluft in Verbindung steht. Nun tritt
äuſsere Luft durch z in jene Abtheilung des Filters,
durchzieht das Filtertuch in umgekehrter Richtung, als sich die angesaugte Luft
früher bewegte, und beseitigt dadurch den Mehlstaub von der dem Steine zugekehrten
Filterseite. Dieser Mehlstaub würde sogleich gegen die andere Filterabtheilung
fliegen und es wäre die Wirkung verschwindend, wenn nicht die Zwischenwand w so nahe an den Stein reichen würde, daſs dadurch doch
ein groſser Theil des abgeblasenen Mehlstaubes auf den Stein fällt und von diesem
ausgeworfen wird. Wiederholtes kurzes Verstellen des Hahnes H soll genügen, das Filter zu reinigen. Durch dieses Verfahren ist die
Ventilation des Mahlganges nie ganz unterbrochen, wie dies bei der Jaaks und Behrns'schen Abklopfmethode nöthig ist. Statt
der selbstthätig einsetzenden Abklopfvorrichtungen tritt bei Gawron ein selbstwirkender Mechanismus zur zeitweisen, wiederholten
Verdrehung des Hahnes H; einfacher oder billiger ist
diese Anordnung daher nicht.
In anderer Weise sucht C. Hedrich in Glauchau (* D. R.
P. Nr. 27530 vom 21. Oktober 1883) die Abklopfvorrichtung zu umgehen. Er wendet schlaffe Filtertücher an (vgl. Fig. 7 Taf. 25), über
welchen sich ein Rost befindet. Arbeitet der Saugventilator, so hebt die bewegte
Luft bezieh. der Luftdruckunterschied das Filtertuch gegen den Rost und zieht es
zwischen die Roststäbe ein, dasselbe in Falten legend. Hört das Ansaugen – in Folge
Schlieſsung einer Klappe im Saugrohre – auf, so fällt das Filtertuch ab und wird vom
anhängenden Mehlstaube durch einen am Läufer befestigten Streicher befreit. Dasselbe
Princip verwendet Hedrich zu Staubfängern, welche unabhängig von einem Mahlgange arbeiten, wie ein
solcher in Fig.
8 Taf. 25 dargestellt ist. Der Raum A steht
mit dem Saugrohre R in Verbindung; das auf Rahmen
schlaff befestigte Filtertuch ist bei 1 und 2 in Thätigkeit. Der Raum B ist vom Saugrohre abgeschlossen, die Filterrahmen 3 und 4 sind
niedergefallen und ruhen auf den Abklopfrädchen r,
welche langsam gedreht werden, die Rahmen rütteln und den Mehlstaub abbeuteln, der
dann zu Boden fällt, weil die Luft dieses Kastentheiles nicht an der Bewegung
theilnimmt, welche von dem die staubige Luft zuführenden Rohre a gegen die Filter 1 und
2 gerichtet ist, In der Patentbeschreibung heiſst
es, daſs die durch das Filter vom Staube gereinigte Luft durch das Sauggebläse
hindurch in den Arbeitsraum tritt. Diese Anordnung wäre jedoch aus doppeltem Grunde
sehr fehlerhaft: denn erstens ist diese Luft häufig, namentlich bei
Vermahlung etwas feuchten Getreides, sehr übelriechend und zweitens kommt es, wenn
auch sehr selten, vor, daſs sich der Mehlstaub im Mahlgange entzündet, ja selbst das
Filter durchbrennt. In diesem Falle würde das Gebläse eine Flamme in den Arbeitsraum
treiben. Bei jeder gut eingerichteten Ventilation muſs das Luftrohr hinter dem Gebläse durch die
Auſsenmauer der Mühle ins Freie treten und ist demgemäſs das Gebläse anzuordnen.
Beachtenswerte für jene Fälle, wo, wie bei Feingriesputzmaschinen, getrennte Staubfänger wünschenswerth sind, ist die
Construction von G. Luther in Braunschweig (* D. R. P.
Nr. 33609 vom 2. April 1885), welche in Fig. 14 und 15 Taf. 25
veranschaulicht ist. In einem Kasten von geringer Länge dreht sich eine
Filtertrommel T, welche aus einzelnen Kammern 1 bis 6 besteht. Die
Umfläche dieser Trommel ist aus Filtertuch, im Winkel gespannt (Λ), gebildet. Die
Seitenflächen sind theils aus Blech-, theils Filtertuchdreiecke. Die Trommel dreht
sich langsam auf einer festen Hohlachse h, welche
derart ausgeschnitten ist, daſs sämmtliche Kammern, ausgenommen die unterste (5), mit dem Innenraume der Hohlachse in Verbindung
stehen. Die Hohlachse führt zum Saugventilator und, indem aus ihr die Luft angesaugt
wird, geschieht dies auch aus allen Kammern 1 bis 6, ausgenommen 5. Die
Staubluft tritt durch a in den Kasten. Die Filtertücher
sind durch Federn gespannt; nur jenes der untersten Kammer wird locker, wenn seine
Feder an die Nase n stöſst, um jedoch gleich danach
ausgespannt zu werden. Durch dieses Lockerwerden und Ausschnellen wird der Staub von
den Filtertüchern abgeschüttelt und fällt nach abwärts in ein unten befindliches, in
der Zeichnung weggelassenes Gefäſs, welches die Fortsetzung des Kastens bildet. Die
langsame Drehung der Filtertrommel kann durch Schneckengetriebe erfolgen.
Nahe verwandt mit diesem Staubfänger ist der sogen. Dust
Collector von Prinz, welcher von der Milwaukee Dust Collector Manufacturing Company in
Milwaukee, Nordamerika, gebaut und in Europa von Eng.
Kreiſs in Hamburg vertrieben wird. In einem entsprechend abgeschlossenen
Gehäuse dreht sich ruckweise eine fächerartig mit Filtertuch bespannte Trommel, aus
derem Inneren die Luft durch einen Sauger abgezogen wird, während die Staubluft in
den diese Trommel umgebenden Kasten tritt. Das zu unterst stehende Filter wird
abgeklopft, während in das Innere desselben äuſsere Luft treten kann, die Verbindung
mit dem Saugventilator also aufgehoben wird, wie dies ja auch bei Luther s Anordnung der Fall ist. (Vgl. auch * D. R. P.
Nr. 34272 vom 21. April 1885.)
Gebrüder Burberg in Mettmann (* D. R. P. Nr. 24352 vom
23. Januar 1883) haben eine selbstthätige
Abklopfvorrichtung ausgeführt, welche erwähnenswerthe Besonderheiten nicht
aufweist.
Die Aspirationsanlage für Mühlen von Franz Hahn in Einsiedeln (* D. R. P. Nr. 28302 vom 28.
August 1883). besteht aus einem gröſseren Filterkasten, mit welchem die einzelnen Saugrohre von den
Mahlgängen in Verbindung stehen.
Aus Rücksichten auf die Feuergefährlichkeit erscheint dem Referenten eine solche
gedrungene Anlage als Mahlgangventilation nicht zweckmäſsig. Aus demselben Grunde
sei auch der Staubfänger von Theodor Bühlmann in Wien
(* D. R. P. Nr. 31982 vom 4. November 1884) nur kurz erwähnt; derselbe will zudem
ohne Saugventilator arbeiten, was sich gleichfalls nicht empfiehlt, da die
natürliche Luftbewegung nicht genügt.
Pieter van Gelder in Sowerby Brigde, England (* D. R. P.
Nr. 28517 vom 1. December 1883) will den Mehlstaub von den Filtern durch einen
entgegengesetzt dem Saugstrome gerichteten, von einem Druckgebläse stammenden
Luftstrome, welcher vor dem Eintritte in die Filter durch eine Heizkammer geleitet
wird, entfernen, eine überflüssige, unnöthig verwickelte Anordnung.
Im Anschlusse an die mit Filtertuch (Flanell) wirkenden Staubfänger sei jener
Vorschläge gedacht, welche die Trennung von Staub und Luft dadurch zu erreichen
trachten, daſs sie die mit Staub geschwängerte Luft in kreisende Bewegung versetzen
und gegen einen durchbrochenen Mantel jagen, hinter welchem, abgeschlossen durch das
Maschinengehäuse, sich eine ruhende Luftschicht befindet. In Folge der
Centrifugalkraft sollen die Staubtheilchen durch den
durchbrochenen Mantel fliegen und in den dahinter befindlichen todten Raum gelangen,
während die „reine“ Luft durch Ventilatoren oder vermöge der ihr ursprünglich
gegebenen Geschwindigkeit in Luftkammern entweicht. Hierher gehören die Pläne der
Mc Intyre Manufacturing Company in Lockport, Nordamerika (* D. R. P. Nr. 27986 vom 3. Februar 1884) bezieh. von B. F. Ortman, H. R. Taylor und G. Urban jun. in Buffalo (* D. R. P. Nr. 28964 vom 26. April 1884). Bei
dem ersteren wird die staubgeschwängerte Luft durch ein in die Luftleitung
eingeschaltetes Schleuderrad gegen den cylindrischen Siebmantel getrieben, hinter
welchem sich in geringem Abstande das Maschinengehäuse befindet. Nach unten verjüngt
sich dasselbe und ist im untersten Theile eine Transportschraube gelagert, welche
den Staub weiterschaffen soll. Die Luft wird, hierbei durch ein an der Achse des
Schleuderrades gleichfalls angebrachtes Sauggebläse einer Luftkammer zugeführt. –
Beim anderen Vorschlage ist der Kanal, welcher die mit Staub geschwängerte, rasch
getriebene Luft führt, nach einer Spirale (Schneckenlinie) gekrümmt. An der äuſseren
Seite des Luftkanales ist die Wandung durchlocht, oder
sie besteht aus Blechen von der in Fig. 13 Taf. 25 bei b angedeuteten Querschnittsform. Hinter dieser
durchbrochenen Wand befindet sich im Maschinengehäuse der todte Raum R, welcher nach unten in einen Abfalltrichter übergeht,
der durch eine Klappe geschlossen ist. Diese Klappe öffnet sich nur, wenn genügende
Staubmengen auf derselben lasten. Es ist selbstverständlich, daſs durch diese Mittel
eine vollkommene Absonderung des Staubes nicht erzielt werden kann.
Nur der gröbere oder schwerere Staub wird sich in den todten Maschinenräumen
ablagern; der feinste wird von der bewegten Luft weitergeführt. Es müssen daher auch
bei Anwendung dieser Apparate Luft- bezieh. Staubkammern vorhanden sein; doch wird
sich ein Theil des Staubes durch die besprochenen Vorrichtungen abtrennen
lassen.
6) Scheibenmühlen. Die Scheibenmühlen, meist mit
lothrechten Mahlflächen aus Hartguſs oder Stahl arbeitend, haben nach Ansicht des
Referenten nur für rohe Vermahlungen, etwa zu
landwirthschaftlichen Zwecken, Berechtigung; denn in der gewerbsmäſsigen Müllerei
eignen sich dieselben zum Schroten und Auflösen der Griese deshalb weniger als die
Walzenstühle, weil das Product ungleichmäſsiger ausfällt; für das Ausmahlen aber
taugen sie weniger als der Mahlgang, weil die am Dunste haftenden Kleietheilchen
mehr verrissen werden als auf gut geführten Steinen. Das letztere wird gemeiniglich
eher zugegeben werden als das erstere; aus diesem Grunde soll bemerkt werden, daſs
die ungleichmäſsigere Wirkung der Scheibenmühlen beim Schroten und Griesauflösen
bedingt ist durch die minder gute Vertheilung des zugeführten Mahlgutes, welche sich
bei Walzenstühlen leicht, bei den Scheibenmühlen aber weit weniger genau regeln
läſst; ferner durchläuft das Mahlgut, wenigstens in der Regel, bei den
Scheibenmühlen an den Arbeitsflächen weit gröſsere Wege, als dies bei den Walzen der
Fall ist; endlich läſst sich die Riffelung der Walzen, sowie ihre Einstellung
leichter genau erhalten und untersuchen als bei den Scheibenmühlen.
Die Constructeure der Scheibenmühlen suchen theilweise diesen
Uebelständen zu begegnen., aber doch nur mit sehr beschränktem Erfolge. So hat Albert Zipser in Wien (* D. R. P. Nr. 29724 vom 13.
April 1884) die Mahlscheiben seiner Maschine, welche sich beide nach derselben
Richtung, aber mit verschiedener Geschwindigkeit bewegen, mit sehr schmalen
Mahlkränzen versehen und ist auch seine Maschine in constructiver Beziehung hübsch
angeordnet. Im Zusatzpatente * Nr. 32193 vom 7. Januar 1885 wendet er allerdings
drei hinter einander liegende, stellbare Mahlkränze an und vergröſsert so wieder
wesentlich den Weg des Mahlgutes zwischen den Arbeitsflächen; doch scheint dieser
Zusatz, ganz abgesehen von den wesentlichen Unklarheiten, betreffend die Art der
Einstellung der Mahlkränze, anzudeuten, daſs diese Scheibenmühle für rasches
Zusammenmahlen, etwa zu Fütterungszwecken dienen soll.
Rud. Setz und Jean Schweiter in Clus, Schweiz (* D. R. P. Nr. 31081 vom 19. Juli 1884)
lassen eine rotirende Scheibe gegen einen festgestellten, schmalen Backen arbeiten;
auch hier ist die Wegstrecke, welche das Mahlgut an den Arbeitsflächen durchläuft,
eine kleine.
Zu den Scheibenmühlen ist auch der Schrotgang von Nagel und Kaemp (* D. R. P.
Nr. 26977 vom 1. Februar 1883) zu zählen. Auf einer wagerechten Achse ist eine
beiderseits mit einem schmalen gezahnten Mahlringe versehene Scheibe (Doppelscheibe)
befestigt; diese Mahlringe arbeiten je gegen einen ruhenden Mahlring. Die
Doppelscheibe gabelt sich in zwei Ränder, welche mit Ventilatorflügeln besetzt sind.
Um die Zuführung ziemlich gleichmäſsig zu machen, sind an der umlaufenden Scheibe
beiderseits Schlagleisten vorhanden und an den festen Scheiben unter der Achse und
concentrisch zu dieser bogenförmige Leisten, welche verhindern, daſs das Mahlgut den
unteren Theilen der Mahlkränze vorwaltend zuströmt. Den festen Mahlkränzen ist eine
geringe Beweglichkeit, ein elastischer Andruck gegeben.
Gegen die begründete Forderung schmaler Mahlkränze verstöſst A. Waugner in Eislingen (* D. R. P. Nr. 29056 vom 14.
Februar 1884); die angewendeten Mahlkränze reichen bis nahe zur Achse. Die Maschine
ist symmetrisch angeordnet und die rotirende Doppelscheibe arbeitet gegen zwei
feststehende Scheiben. Zwischen den beiden Mahlscheiben der erwähnten Doppelscheibe
sind Windflügel angebracht, welche eine vermehrte Luftbewegung und dadurch ein
Kühlmahlen bewirken sollen.
Von der gewöhnlichen Scheibenmühlenform abweichend ist die von H. Maag in Louvain (* D. R. P. Nr. 29179 vom 22.
Februar 1884) gewählte Form. An der lothrechten Mühlspindel sitzt ein kegelförmiger
Läufer; die Kegelspitze liegt oben, der Neigungswinkel beträgt etwa 45°. Der Läufer
ist von einem kegelförmigen Kranze umgeben und sind in beide Stahlplatten
eingesetzt, welche mit Schärfungen (Schneidkanten) versehen sind. Die den Kegel
tragende Spindel wird durch eine selbstthätig wirkende Vorrichtung gesenkt, wenn in
der Gosse kein Mahlgut mehr vorhanden ist.
Das Patent von Wilh. Hartmann in
Fulda (* D. R. P. Nr. 27895 vom 28. November 1883) lautet zwar auf die „Schärfung
für aus Stahlplättchen hergestellte Mühlsteine,“ ist aber ebenso, wie jenes
von Wilh. Hartmann in Köln (Erl. * D. R. P. Nr. 23736
vom 19. Oktober 1882) auf die „Bildung der Mahlflächen aus Bündeln dünner
umgebörtelter Stahlstreifen“ den Scheibenmühlen beizufügen. Wir können weder
in dem einen, noch dem anderen Vorschlage eine zweckmäſsige Neuerung erblicken,
ebenso wenig, was die Zweckmäſsigkeit betrifft, in den „Mahlscheiben mit
ausgepreſsten Rippen und Mahlflächen“ von Wilh.
Krüger in Kalk bei Köln (* D. R. P. Nr. 29745 vom 15. Juli 1884), weil
gestanzte Stahlscheiben weder richtige Schneidkanten liefern, noch Dauer
versprechen.
7) Desintegratoren, Dismembratoren, Schleudermühlen. Im
verflossenen Herbste hatte Referent Gelegenheit, die Victoria-Mühle in Budapest etwas näher kennen zu lernen; eine Anlage,
deren durch Nagel und Kaemp in Hamburg ausgeführte
mechanische Einrichtung jene Anwendung der Dismembratoren in der Hochmüllerei zeigt,
welche sich nach vielfachen Versuchen als mit diesem Systeme verträglich erwies. Es
wird eine Charakterisirung des dortigen Systemes um so mehr weitere Kreise
interessiren, als hierdurch die Stellung, welche dem Desintegrator in der
Hochmüllerei angewiesen werden kann, gekennzeichnet ist. Die Textfig. 1 bis 3 geben
einen Planschnitt durch das Erdgeschoſs und zwei senkrechte Schnitte durch die
„Schwarzmühle“ bezieh. „Weiſsmühle“.
Fig. 1., Bd. 259, S. 394
Fig. 1.; Viktoria-Mühle in Budapest
(Fig. 1 bis 3)
In der Kopperei befinden sich nebst Sehrollensieb,
Kleinweizen- und Raden-Cylindern zwei Putzmaschinen, welche der Construction nach
Dismembratoren sind, aber in Folge der verhältniſsmäſsig geringen UmlaufszahlDiese und mehrere folgende Umgangszahlen sind nach Angabe des Ingenieurs Reichel vom Hause Nagel
und Kaemp wiedergegeben. von 600 in der Minute nur
kräftig scheuernd, nicht zerkleinernd, auf den Weizen einwirken. Diese
„Dismembratoren“ sind doppelte. Der Einlauf ist sehr reichlich, weil sich
die Körner an einander reiben sollen. Das diese Maschinen verlassende Getreide wird
in Centrifugalsichtern mit geschlitzten Blechmänteln und hierauf in Aspiratoren vom
Schälstaube befreit.
Der so geputzte Weizen gelangt in die Schwarzmühle,
zunächst auf die Spitzgänge, hierauf zu den Schrotwalzensystemen I bis V, sodann zu
den Schrot-Dismembratorsystemen VI und VII, welche bereits in der Weiſsmühle ihre
Aufstellung finden.
Die Rechtecke, welche mit den Ziffern I bis V bezeichnet sind, stellen nicht einzelne Maschinen, sondern jedes derselben eine
Gruppe geriffelter Schrotwalzenstühle vor. Jeder solchen Gruppe entsprechen eine
angepaſste Zahl zugehöriger Schrotcylinder, Vorcylinder, Mehl- und Dunstcylinder;
denn es ist natürlich, daſs jedem Schrot, entsprechend dem verschiedenen
Mengenverhältnisse von Mehl, Dunst, Griesen und reinem Schrot in demselben, auch die
Zahl der zugehörigen Cylinder angepaſst sein muſs.
In der Victoria-Mühle bestehen die vorhandenen sieben
Schrotsysteme aus folgenden Maschinen-Zusammenstellungen:
Für das Schrot:
I
II
III
IV
V
VI
VII
Geriffelte Walzenstühle
7
7
7
5
5
–
–
Dismembratoren
–
–
–
–
–
2
1
Schrotcylinder
3
3
2
1
1
–
–
Vorcylinder
2
2
2
2
1
1
2
Mehlcylinder
1
2
2
1
1
1
1
Dunstcylinder
1
2
2
1
1
1
1
Griessortircylinder
1
1
1
1
1
–
–
Griesputzmaschinen
4
6
6
4
2
–
–
Die Dismembratoren kommen also erst beim 6. Schrote zur
Anwendung. Bis dahin ist der Schrotproceſs von dem in den Pester Mühlen
gebräuchlichen nicht wesentlich verschieden. Die Anwendung der Dismembratoren zum
Abtrennen des Dunstes von dem bei der Art der Führung des Processes bereits sehr
flachen, Kleie ähnlichen Schrot widerspricht durchaus nicht meiner früheren
AuffassungVgl. S. 25 des Supplements zu Kick's Lehrbuch der Mehlfabrikation. der
Wirksamkeit der Schleudermühle. Es kann hervorgehoben werden, daſs trotz der
auſserordentlich hohen Umlaufszahl die Nagel und
Kaemp'schen Dismembratoren ruhig gingen, keine heiſsen Lager aufwiesen und die
groben Bleien auſerordentlich mehlfrei waren, so daſs, dieselben in Wasser gegeben,
nur eine geringe
milchige Trübung auftrat. Das abgebeutelte 7. Schrot ist grobe Kleie.
Fig. 2–3., Bd. 259, S. 396Fig. 2.; Fig. 3.; S-C .. Schrotcylinder; V-C . . Vorcylinder; M-C . .
Mehlcylinder; D-C . . Dunstcylinder; G-C . . Griescylinder; P . . Griesputzmaschine; W . .
Walzenstühle; D . . Dismembrator Für die bei dem Schrotprocesse fallenden Griese sind 10 Griesauflössysteme vorhanden und zwar: für groben Gries
und Gries Nr. 1 zwei Systeme, wobei das Auflösen mittels Riffelwalzen erfolgt; für
Gries Nr. 2 bis 5 sechs Systeme mit glatten Walzen; für Gries Nr. 6 zwei Systeme mit
glatten Walzen:
Griesauflössysteme:
I
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
IX
X
Walzenstühle
2
1
2
2
3
2
2
2
1
1
Vorcylinder
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Mehlcylinder
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Dunstcylinder
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Griessortircylinder
1
1
1
1
1
1
1
1
–
–
Jene Auflösstühle, welche glatte Walzen besitzen, sind von der
Construction Nagel und Kaemp, die Riffelwalzenstühle,
wenn ich mich recht erinnere, von Ganz und Comp.
Desintegratoren sind hier nicht in Verwendung.
Das Vermählen des Dunstes erfolgt auf 8 Systemen;
hiervon sind drei von je einem mit Ventilator versehenen Dismembrator ausgehend,
während mit fünf Systemen je zwei Mahlgänge verbunden sind. Zu jedem dieser acht
Systeme gehört ein Vorcylinder, ein Mehl- und ein Dunstcylinder. Daſs die Vermahlung
des Dunstes auf den Dismembratoren wirksam und gut vor sich geht, davon hatte
Referent Gelegenheit, sich zu überzeugen.
Das Abwählen der feinen Schalen (Kleie) findet auf zwei
Dismembratorsystemen statt, bestehend je aus einem Dismembrator, einem Vor-, einem
Mehl- und einem Dunstcylinder.
Die beiden auf VI. Schrot arbeitenden Dismembratoren gehen angeblich mit 2600
Umläufen, der auf VII. Schrot mit 4000 Umgängen und mit ähnlicher, auſserordentlich
hoher Geschwindigkeit arbeiten auch die Dunst- und Kleie-Dismembratoren; dieselben
sind mit einem Ventilator verbunden, welcher die Produkte dieser Maschinen mittels
eines Steigrohres bis
unter Dach treibt, so daſs ein Becherwerk bei diesen Maschinen entfällt. Die Menge
der Zuführung beträgt bei den Dunstdismembratoren die doppelte als beim Mahlgange
und das Ausbringen an Mehl soll wesentlich gröſser sein als beim Mahlgange.
Bei der Dunstvermahlung auf den Dismembratoren zeigte sich die überraschende, nicht
vorauszusehende Erscheinung, daſs das hier gewonnene Mehl nicht jenes Feuer und bei
der Pekar'schen Probe nicht so gelblichen Stich zeigte,
als das auf den Steinen gemahlene, und dies bei gleichem Klebergehalte und gleicher
Backfähigkeit. Die Ursache dieser Erscheinung liegt darin, daſs bei dem Mahlgange in
Folge der gröſseren Erwärmung zwischen den Steinen etwas mehr Dextrin sich bildet
als bei der Vermahlung im Dismembrator. Die Temperaturen in beiden Maschinen
verhalten sich wie etwa 58° zu 32°. (Siehe den letzten Theil dieses Berichtes.)
Der Schrotproceſs in der Victoria-Mühle ist im Vergleiche zu dem anderer Pester
Mühlen etwas beschleunigt. Auſserordentlich schön sind die Kleien ausgemahlen und in
dieser Beziehung arbeiten die Dismembratoren wirklich ausgezeichnet. Man ersieht
jedoch, daſs die Bedeutung dieser Maschinen in der Hochmüllerei nicht in Vergleich
zu stellen ist mit jener, welche denselben Nagel und
Kaemp bei ihren Ausführungen in der Flachmüllerei und der Roggenmüllerei
anweisen konnten, wo die Glattwalzenstühle und Dismembratoren in wiederholter
Wechselbeziehung stehen. (Fortsetzung folgt im nächsten Bande.)