Titel: | Ueber die Verarbeitung von Holzdestillat. |
Fundstelle: | Band 259, Jahrgang 1886, S. 517 |
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Ueber die Verarbeitung von
Holzdestillat.
Morgan, über Verarbeitung von Holzdestillat.
Th. Morgan erstattet im Journal
of the Society of Chemical Industry, 1885 S. 730 Bericht über die
Holzdestillation im westlichen England und in Südwales (vgl. 1885 258 370). Man bereitet dort hauptsächlich weiſses und
braunes Calciumacetat und Bleiacetat, Natriumacetat, Holzgeist und sogen. Solvent
naphta. Nachdem die Destillationsprodukte des Holzes sich durch 24 stündiges Stehen
geschieden haben, wird die obere wässerige Flüssigkeit abgezogen.
Zur Darstellung von braunem Bleiacetat und von weiſsem Calciumacetat wird die
Flüssigkeit in Kupfer- oder Eisengefäſsen, welche mit freiem Feuer oder mit
Dampfschlangen erhitzt werden, destillirt. Holzgeist und Säure werden dabei getrennt
aufgefangen.
Bei der Darstellung von braunem Bleiacetat erhitzt man das saure Destillat in einer
Pfanne und trägt unter Umrühren langsam Bleioxyd ein; die neutrale Lösung verdampft
man in Pfannen, welche durch Dampfschlangen erhitzt sind. Die concentrirte Lösung
gieſst man in Formen und läſst sie in denselben erstarren.
Zur Gewinnung von weiſsem oder grauem Calciumacetat sättigt man die kalte Säure mit
Kalk. Die sich abscheidenden theerigen Bestandtheile werden abgeschöpft. Die klare
neutralisirte Lösung wird hierauf fast zur Trockne verdampft. Beim Erkalten erstarrt
sie vollständig, so daſs keine Mutterlauge zurückbleibt. Der Holzgeist, welchen man
bei diesem Verfahren erhält, wird gewöhnlich als Solvent naphta verkauft; dieselbe
wird durch Destillation mit oder ohne Kalkzusatz gereinigt.
Früher war der Preis von weiſsem Calciumacetat bedeutend höher als der von braunem.
Jetzt ist der Unterschied geringer und dies hat einen Rückgang in der Darstellung
des weiſsen Calciumsalzes, wie auch des Solvent naphta zur Folge gehabt.
Zur Darstellung von braunem Salz wird das rohe wässerige Destillat mit Kalk
neutralisirt. Die Lösung läſst man absitzen und bringt sie dann in eine
schmiedeiserne Blase, in welcher man den Holzgeist abdestillirt. Hierauf dampft man
die rückbleibende Flüssigkeit in einer Pfanne bis fast zur Trockne ein. Das Salz
läſst man 12 bis 20 Stunden abtropfen und breitet es dann auf einem Trockenboden
aus. Bei der Destillation der neutralisirten Flüssigkeit erhält man etwa 90 bis
110l Rohnaphta für 1l destillirtes Holz. Die mit Kalk neutralisirte
heiſse Lauge kann mit Vortheil zum Reinigen der von den Retorten führenden Röhren
und vermischt mit Thon zum Verschlieſsen der Retortenthüren benutzt werden. Die Rohnaphta
wird gereinigt, indem man sie durch mehrere mit einander verbundene Destillirblasen
flieſsen läſst. Die Zahl derselben beträgt gewöhnlich 4 und zwar ist die erste von
diesen gewöhnlich aus Kupfer, die anderen aus Schmiedeisen oder Guſseisen
hergestellt. Die Kühlröhren sind gewöhnlich aus Kupfer gefertigt.
Wenn man das wässerige Holzdestillat mit Kalk übersättigt, so entweicht bei der
Destillation Ammoniak, welches in der letzten Blase durch Zusatz von Schwefelsäure
zurückgehalten wird. Wenn man mit nicht ganz neutralisirten Flüssigkeiten arbeitet,
so bleibt das Ammoniak gröſstentheils im Salze zurück.
Im Westen von England werden auch Destillationscolonnen nach dem Principe der in der
Spiritusbereitung allgemein verwendeten Coffey'schen
Apparate zur Rectification von Rohnaphta verwendet. Zuerst versuchte man in
denselben das mit Kalk neutralisirte Holzdestillat zu verarbeiten. Da aber nicht
genügende Mengen Lösung destillirt werden konnten und die Colonnen sich durch
Absätze oft verstopften, begann man das von der Kalkflüssigkeit erhaltene rohe
Destillat in denselben zu rectificiren. Zu diesem Zwecke bewähren sich die Colonnen
ausgezeichnet. Dieselben bestehen gewöhnlich aus 22 Platten (1m × 0m,3). Der
rohe Holzgeist flieſst in regelmäſsigem Strome oben ein, durchflieſst in 13mm hoher Schicht die oberste Platte der Länge nach
und fällt auf die zweite, welche er ebenfalls zu durchflieſsen hat. Auf seinem Wege
durch den Apparat wird die Naphta völlig ausgetrieben, so daſs unten nur eine
wässerige, von Alkohol freie Flüssigkeit den Apparat verläſst. Die Destillation des
Holzgeistes geschieht durch Dampf, welcher unten in die Colonne eingelassen wird.
Die von dem Apparate abgehenden Methylalkoholdämpfe gehen nach einander durch drei
über der Colonne angebrachte Kühlschlangen. In den beiden ersten derselben
verflüssigt sich wässeriger Holzgeist, welcher in die Colonne zurückgeht. Das in der
dritten Schlange gebildete Destillat liefert den für den Handel fertigen Holzgeist. Früher, als auch noch die in der dritten
Schlange abgeschiedene Flüssigkeit in die Colonne zurückgegeben wurde, zeigte es
sich, daſs der in der vierten Schlange verflüssigte Holzgeist zu gut war, um zum
Denaturiren von Alkohol verwendet zu werden.
Das Rohdestillat von der mit Kalk gesättigten Flüssigkeit durchflieſst nach einander
die drei Gefäſse, in welchen sich die Kühlschlangen befinden- dadurch hat sie beim
Eintritte in die Colonne schon eine ziemlich hohe Temperatur erreicht. Nach
Verarbeitung von etwa 25cbm Rohnaphta muſs die
Colonne gewöhnlich gründlich gereinigt werden. Aus 100 Th. Eichenholz erhält man im
Westen von England durchschnittlich 50 bis 60 Th. Holzdestillat (Theer, Säure und
Holzgeist), 3,44 Th. Eisessig, 1,03 Th. Holzgeist von 0,8263 sp. G. und 31,25 Th.
Holzkohle.