Titel: | Telegraphiren zwischen einem fahrenden Eisenbahnzuge und den Stationen. |
Fundstelle: | Band 259, Jahrgang 1886, S. 547 |
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Telegraphiren zwischen einem fahrenden
Eisenbahnzuge und den Stationen.
Mit Abbildung.
Telegraphiren zwischen einem Eisenbahnzuge und den
Stationen.
Mit der früher (1885 256 286) besprochenen, von L. J. Phelps angegebenen Telegraphirweise sind auf der
20km langen Versuchsstrecke der
New-Haven-Eisenbahn eine Reihe bemerkenswerther Versuche angestellt worden. Nach dem
im Telegraphic Journal, 1885 Bd. 17 * S. 217
abgedruckten Berichte Phelps' war die Versuchsstrecke,
wegen der von allen Seiten ausgesprochenen Zweifel an der Ausführbarkeit dieser Art
zu telegraphiren, vorsichtshalber sehr sorgfältig ausgeführt worden und deshalb
hatten die Anlagekosten 190 Dollars für 1km
betragen und zwar 95 Dollars für den entlang der Bahn zwischen den Schienen
geführten Draht, 65 Dollars für die diesen einschlieſsende Holzrinne und 30 Dollars
für Arbeitslöhne. Das Telegraphiren lieſs sich ganz leicht durchführen, wenn in der
Station 10 Bunsen-Elemente angewendet wurden, während auf dem Wagen deren nur zwei
nöthig waren. Es stellte sich durch die Versuche heraus, daſs man bei Verwendung von
30 Elementen in der Station und 10 auf dem Wagen selbst telegraphiren konnte, wenn
der Wagen auf dem
anderen Geleise fuhr als dem, zwischen dessen Schienen der Draht gezogen war,
welcher dabei 3m,3 von der Drahtrolle auf dem
Wagen entfernt war. Ueberraschend waren ferner die Ergebnisse von Versuchen, bei
denen Nebenschlieſsungen von verschiedenem Widerstände zu den Telegraphenapparaten
und Batterien angelegt wurden, um zu untersuchen, wie hoch die an die Isolatoren der
Leitung zu stellenden Anforderungen seien.
Auf Grund dieser Versuche glaubt Phelps die Anlage so
ausführen zu können, daſs die Anlagekosten auf fast 30 Dollars für 1km herabgehen und die Anlage nicht theuerer würde
als das Auflegen eines neuen Drahtes auf eine schon vorhandene Stangenreihe und nur
halb so theuer als eine Leitung, für welche erst, wie an einer neu zu bauenden
Eisenbahn, die Stangen gesetzt werden müſsten. Es soll nämlich fernerhin bloſs ein
gewöhnlicher Telegraphendraht angewendet werden, welcher in Abständen von je 7m,5 auf besonders dazu hergestellten Isolatoren an
der Auſsenseite der Schienen an den Verbindungslaschen befestigt werden soll; ferner
soll die Drahtrolle auf dem Wagen an der Auſsenseite der Räder angebracht werden,
auf der einen Seite des Wagens nach hinten und auf der anderen wieder nach vorn
laufen.
Textabbildung Bd. 259, S. 548 Einen verwandten Vorschlag zum Telegraphiren von und nach einem fahrenden
Eisenbahnzuge haben inzwischen Edison und Gilliland gemacht, bei dessen Durchführung die Anlage
noch weit billiger werden würde. Wie in der Lumière
électrique, 1886 Bd. 19 * S. 161 berichtet wird, wollen nämlich diese
Genannten die Gesammtheit der entlang der Bahn laufenden Telegraphendrähte wie eine
metallische Fläche als die eine Belegung eines ungeheuer groſsen Condensators
benutzen, eine entsprechende zweite Metallbelegung aus unter einander leitend
verbundenen, an der Auſsenwand der Wagen durch Ebonitplatten isolirt angebrachten
Kupferblechstreifen herstellen, so daſs also die zwischen den Streifen und den
Drähten liegende Luftschicht als Nichtleiter des Condensators wirken würde. Auf
einem Wagen würde nach der beigegebenen Skizze ein Telephon T als Empfänger in einen von den Kupferblechstreifen nach den Rädern und
der Erde laufenden Draht D eingeschaltet. Auf der
Station würde von jedem vorüberführenden Telegraphendrahte ein Verbindungsdraht nach
der einen Belegung eines Condensators geführt und von der zweiten Belegung
sämmtlicher Condensatoren ein gemeinschaftlicher Draht D durch ein Telephon T zur Erde. Die
Telegraphirströme soll eine Inductionsrolle J
entsenden, welche mit ihren secundären Windungen in den durch das Telephon T zur Erde führenden Draht D eingeschaltet wird; doch wird zu diesen Windungen eine kurze
Nebenschlieſsung angeordnet, welche mittels eines Umschalters U beim Empfangen geschlossen, beim Geben dagegen
unterbrochen wird. Die
primären Windungen des Inductors J liegen in dem
Stromkreise einer Localbatterie B, in welchen zugleich
ein Schlieſsungsrad R und eine auf dessen Umfange
schleifende Contactfeder f eingeschaltet sind; auf dem
Umfange des Rades R wechseln in bekannter Weise
leitende und isolirende Stellen regelmäſsig mit einander ab. Wenn daher das Rad R in beständiger Umdrehung erhalten wird, so sendet es
eine regelmäſsige Folge von kurzen elektrischen Strömen von der Batterie B durch die primäre Rolle des Inductors J und erzeugt so in dessen secundärer Rolle eine
gleiche Folge von Wechselströmen in dem Drahte D,
welche die eine Belegung des groſsen Condensators abwechselnd positiv und negativ
laden, die Elektricität von gleichem Vorzeichen aus der zweiten Belegung durch die
Telegraphendrähte dem Condensator der Empfangsstelle zuführen und hier weiter auf
das empfangende Telephon wirken. In dem so erzeugten beständigen Brummen des
Telephons müssen nun nur noch entsprechende Pausen erzeugt werden, so daſs aus den
längeren oder kürzeren sich wiederholenden Zeiten des Schweigens bez. Brummens eine
Schrift ähnlich der Morseschrift gebildet werden kann. Dazu dient ein einfacher
Drücker K, mit welchem beim Niederdrücken eine
Nebenschlieſsung zu dem Rade R und der Feder f hergestellt, der Strom von B also dauernd geschlossen wird. Auf den Stationen würde beim
Telegraphiren auf den so mit benutzten
Telegraphenleitungen durch Anwendung eines kleinen Condensators im Nebenschlusse zu
dem Taster während des Arbeitens mit dem Taster die Möglichkeit ungestörten
Ueberganges der Inductionssignale zu beschaffen sein. Im Groſsen anzustellende
Versuche müssen ausweisen, ob das so äuſserst empfindliche Telephon auch den für ein
solches Telegraphiren erforderlichen Grad von Empfindlichkeit besitzt; zu
Weiterführung der Erfindung hat sich bereits eine Actiengesellschaft mit 4 Mill.
Mark Kapital gebildet.
Auſser diesen Versuchen hat man jüngst in Amerika auch in dem u.a.
von F. v. Ronneburg (vgl. 1875 217 208) und von G. Dalström in Hultsfred in Schweden (* D. R. P. Kl. 20 Nr. 11000 vom 10. Februar 1880) eingeschlagenen Wege ein
Telegraphiren nach einem fahrenden Zuge zu ermöglichen versucht, nämlich so, daſs
man durch eine angemessene, am Zuge angebrachte Contactvorrichtung die leitende
Verbindung der auf dem Zuge befindlichen Apparate mit einer entlang der Bahn
hingeführten Leitung herstellt. Hierüber macht die Oesterreichische Eisenbahnzeitung, 1885 S. 774 nach dem St. Louis Railway Register folgende Mittheilung: Längs
der schmalspurigen Strecke zwischen Paw-Paw, Michigan und Lawton wurde eine
Telephonlinie errichtet. Die den Leitungsdraht in einer Höhe von über 3m tragenden Säulen sind nahe dem Geleise und in
vollkommen gleichem Abstande davon aufgestellt. Auf dem Schutzdache der Maschine in
der Höhe des Leitungsdrahtes ist ferner ein Gasbrennerständer aufgestellt, von
welchem zwei kurze feste Arme – einer nach vorn, der andere nach rückwärts –
reichen. Ein Helm, welcher sich nach links und rechts dreht, ist auf dem oberen Ende
des Ständers angebracht. Mittels eines Gelenkes ist am Helm ein langer, auf der
Drahtleitung ruhender Eisenstab befestigt, welcher über den Ständer hinausreicht;
das Uebergewicht der längeren Seite ist durch Stahlfedern auf der entgegengesetzten
derart ausgeglichen, daſs die Drahtleitung nur mit einem Gewichte von einigen
Dekagramm belastet ist. Aus den erwähnten zwei kurzen Armen treten gleich starke
Federn heraus, bestimmt, den Gleitstab immer im rechten Winkel zum Geleise zu
halten. Ein isolirter
Draht führt vom Stabe durch den Ständer auf die Maschine herab und zum nächsten
Wagen, wo er in ein Bell'sches Telephon endigt. Die
Maschine oder das Gestell des Wagens dienen als Erdleitung.
Es wird behauptet, daſs bei dieser Anordnung, welche mit der von
Parrish und Munn (vgl.
1885 257 38. * D. R. P. Kl. 20 Nr. 31199 vom 20. April
1884) übereinzustimmen scheint, selbst während schnellen Fahrens mit den beiderseits
gelegenen Stationen mit ebensolcher Leichtigkeit wie zwischen festen
Telegraphenstationen gesprochen wurde.