Titel: | Ueber die Eigenschaften von Kautschuk. |
Fundstelle: | Band 259, Jahrgang 1886, S. 563 |
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Ueber die Eigenschaften von
Kautschuk.
W. Thomson, über die Eigenschaften von Kautschuk.
Gewöhnlicher reiner Kautschuk büſst bekanntlich bei hoher, wie auch bei niederer
Temperatur bedeutend an Elasticität ein. Um diese Unannehmlichkeit zu vermindern,
verwendet man denselben gewöhnlich im vulkanisirten Zustande. Beim Eintauchen von
Kautschuk in geschmolzenen Schwefel saugt derselbe bis 50 Procent seines Gewichtes
an Schwefel auf; er erhält aber erst dann die Eigenschaften von vulkanisirtem
Kautschuk, wenn man Kautschuk mit Schwefel unter Walzen längere Zeit durchknetet und
auf etwa 121° erhitzt. Dabei verbinden sich etwa 2 bis 3 Proc. Schwefel chemisch mit
demselben und verändern seine Eigenschaften. Wenn Kautschuk zu stark vulkanisirt
wird, so kommt Schwefel nach einiger Zeit als weiſse Decke auf die Oberfläche.
Solcher Kautschuk ist nicht sehr elastisch und hat Neigung, bald brüchig zu werden.
Vulkanisirter Kautschuk hat überhaupt mehr Neigung zu verderben als reiner, keinen
Schwefel enthaltender Kautschuk und es ist insbesondere Licht und Luft, welche
zerstörend auf denselben einwirken.
Wie W. Thomson im Journal of the
Society of Chemical Industry, 1885 S. 710 mittheilt, hat besonders Luft bei
höherer Temperatur einen sehr zerstörenden
Einfluſs. Er fand, daſs die oxydirten Kautschuktheile als Beize auf Anilinfarbstoffe
wirken und durch dieselben gefärbt werden. Der Kautschuk enthält im Inneren
zahlreiche Luftzellen und sehr wahrscheinlich verbindet sich die in demselben
enthaltene Luft chemisch mit dem Kautschuk und befördert so die Zerstörung. Beim
Vulkanisiren kommt der Kautschuk sehr mit Luft in Berührung und wird dabei warm. Thomson glaubt, daſs, wenn das Vulkanisiren bei
Luftverdünnung vorgenommen würde, die Luftblasenbildung im Inneren und daher auch
die schnelle Zerstörung des vulkanisirten Kautschuks theilweise vermieden werden
könnte.
Durch Schwefelaufnahme nimmt der Kautschuk bedeutend an Volumen zu. Es zeigt sich
dies daraus, daſs beim Entfernen alles nicht gebundenen Schwefels durch Kochen mit
kaustischer Soda eine Volumenabnahme von etwa 2,5 Proc. stattfindet. So behandelter
vulkanisirter Kautschuk verdirbt sehr schnell, was sich Thomson daraus erklärt, daſs die vorher mit Schwefel gefüllten Poren nach
Kochen mit Natron Luft enthalten. Wenn Kautschuk in schneller Oxydation begriffen ist, entwickelt er
einen stechenden Geruch. Dabei entstehen harte brüchige Harze und eine weiche fettig
aussehende Substanz, welche bei gewöhnlicher Temperatur flüchtig ist.
Thomson hat viele Versuche über die Einwirkung von
verschiedenen Gasen auf Kautschuk angestellt, indem er ausgespannte Kautschukfäden
in mit verschiedenen Gasen gefüllten Gefäſsen dem Sonnenlichte aussetzte. In
trockenem und feuchtem Sauerstoff rissen die Fäden bald und wurden hart. Dabei
zeigte sich eine bedeutende Aufnahme von Gas. In Kohlensäure, wie auch in
Wasserstoff und im Vacuum blieben die Fäden, obschon dem Sonnenlichte ausgesetzt,
unverändert.
Ueber den zerstörenden Einfluſs von Oelen auf Kautschuk hat Thomson ebenfalls Versuche angestellt und Kautschukfäden mit 1 bis 100
Proc.Oel behandelt und 6 bis 7 Jahre lang sich selbst überlassen. Die mit wenig Oel
behandelten Fäden blieben während dieser Zeit völlig unverändert und elastisch. Wenn
viel Oel aufgetragen wurde, zeigte sich eine Beförderung der Oxydation. Kautschuk
bildet zuerst mit Oelen eine weiche Masse, welche die Elasticität behält, sich aber
an der Luft sehr schnell oxydirt. Thomson fand, daſs
Palmnuſsöl und Palmöl die Elasticität von Kautschuk am schnellsten zerstören. Am
geringsten ist der Schaden bei Verwendung von Castoröl. In einem besonderen Falle
wies Thomson nach, daſs das schnelle Verderben von mit
Kautschuk wasserdicht gemachtem Tuch wesentlich von
einem zu hohen Oelgehalte des verwendeten Tuches herrührte. Er hält es daher für
rathsam, mit den verschiedenen Tüchern vor dem Behandeln mit Kautschuk im Kleinen
Versuche anzustellen und die Proben 1 bis 2 Tage auf einer Temperatur von 100° zu
halten. Wenn ein Tuch mehr als 1 Proc. Oel enthält, so übt es wahrscheinlich auf den
Kautschuk nachher schlechte Einwirkung aus.