Titel: | Ueber Neuerungen im Mühlenwesen; von Prof. Fr. Kick. |
Autor: | Fr. Kick |
Fundstelle: | Band 260, Jahrgang 1886, S. 145 |
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Ueber Neuerungen im Mühlenwesen; von Prof.
Fr. Kick.
(Patentklasse 50. Schluſs des Berichtes S. 97 d.
Bd.)
Mit Abbildungen im Texte sowie auf Tafel 1 und 7.
Kick, über Neuerungen im Mühlenwesen.
11) Griesputzmaschinen. Beim Putzen der Griese handelt
es sich bekanntlich darum, die specifisch schwereren Kerngriese von den leichteren
Schwarten- oder Schalengriesen und der Flugkleie zu trennen. Diese Trennung wird
meist durch bewegte Luft (mit Stoſs- oder Saugwind), welche gegen einen wohl
vertheilten Strom fallenden Grieses wirkt, erzielt; die gute Wirkung setzt voraus,
daſs die Griese vorher durch Sieben der Gröſse nach gehörig gesondert seien, weil
sonst die bewegte Luft die kleineren Kerngriese, ihrer verhältniſsmäſsig gröſseren
Oberfläche wegen, gleichfalls so stark ablenkt wie die leichteren Theile. Ein
anderes Trennungsverfahren (zuerst von Cabanes
angegeben) beruht darauf, die Griese auf einem Siebe rüttelnder Bewegung
auszusetzen, wodurch sich die specifisch schwereren, aber auch die kleineren
Theilchen (gute Vorsortirung durch Sieben ist daher auch hier nöthig) am Siebe
ablagern, und zugleich durch das Sieb Luft zu treiben, welche die leichteren und
schaligen Theilchen heben hilft und theilweise wegführt. Endlich benutzt ein drittes
Verfahren die sondernde Einwirkung rüttelnder Bewegung und hebt die durch diese an
die Oberfläche gelangten Schalengriese und Kleietheilchen mittels der Anziehung
einer elektrisch erregten Fläche ab (System K. Smith, vgl. 1883 250
489).
Fig. 1., Bd. 260, S. 145 Zu diesen Verfahren ist nun ein weiteres getreten, bei welchem die Griese
in und durch einen Luftstrom bewegt werden, welcher, durch gekrümmte Rohre geleitet,
seiner Richtung nach abgelenkt wird. An dieser Ablenkung werden die Griese um so
mehr theilnehmen, je specifisch leichter oder auch je kleiner sie sind. (Die
Vorsortirung der Gröſse nach ist daher auch hier Bedürfniſs.) Die Griese werden aber
um so mehr die erlangte Bewegungsrichtung beizubehalten suchen, je schwerer sie
sind. Eine prinzipielle Darstellung findet sich in Textfig.
1; die Durchführung kann übrigens sehr verschieden sein, wie denn auch Nagel und
Kaemp in Hamburg (* D. R. P. Nr. 32749 vom 3. Januar
1885) eine Reihe von Ausführungsformen desselben Gedankens angegeben
haben. Der durch das Rohr R in der Richtung des Pfeiles
getriebene Luftstrom, welcher die Griese in feiner Vertheilung enthalten muſsUeber die Art des Eintragens der Griese in den Luftstrom enthält die
Patentbeschreibung nichts., wird durch die Krümmung des Rohres abgelenkt. Diese
Ablenkung erstreckt sich auf die Griese nicht gleichmäſsig, sondern es werden die
specifisch schwersten Theile derselben ihrem Beharrungsvermögen am meisten folgen
und daher bei a gegen die Wand gelangen, specifisch
leichtere Theile bei b, noch leichtere bei c u.s.w.
Dieses Sonderungsprinzip ist ohne Zweifel beachtenswerth, nicht bloſs für die
Griessortirung, wie dies auch von den Patentnehmern durch die ganz allgemein
gehaltene Benennung „Apparat zur Sortirung körniger und pulveriger Materialien
durch Schleuderkraft in einem Luft- oder Flüssigkeitsstrom“ deutlich
gekennzeichnet ist.
Fig. 2., Bd. 260, S. 146 In wie weit sich dieses neue Prinzip zum Sortiren der Griese eignet, hängt
ganz von der Ausführungsweise, insbesondere von der richtigen Vertheilung der Griese
in dem Luftstrome und dem Rohrquerschnitte ab, welche in vorliegender
Patentbeschreibung nur unvollkommen angegeben sind. Soviel dürfte sich wohl
vermuthen lassen, daſs für jene milden Dunste, für welche das äuſserst zart wirkende
System Cabanes vorzüglich paſst, diese neue Methode
nicht geeignet sein dürfte. Durch Textfig. 2 ist noch
eine zweite der Ausführungsformen gekennzeichnet; hier bildet das Rohr R einen schraubenförmigen Kanal und jede Windung
besitzt unten eine Auslaufvorrichtung, deren Lappen (Zungen) l stellbar eingerichtet sind.
Eine sehr beachtenswerthe, wenn auch etwas zusammengesetzte Griesputzmaschine hat Heinr. Seck in Dresden (* D. R. P. Nr.
29181 und 29182 vom 16. März 1884 und Nr. 32004 vom 10. Oktober 1884) in
Vorschlag gebracht. Die Fig. 17 und 18 Taf. 7
zeigen Längs- und Querschnitt dieser Maschine, welche auf Cabanes Prinzipe beruht. Die Griese gelangen von dem Rumpfe E durch die Speisewalze w
auf das Sieb S, welchem kleine, rasche Rüttelbewegungen
von der Achse a gegeben werden. Der auf der Maschine
angebrachte Ventilator V saugt die Luft, wie die Pfeile
in Fig. 18
deutlich machen, aus dem Raume innerhalb des endlosen Filtertuches F, welches sich langsam über die Walzen x, y und z bewegt. Das
Ansaugen der Luft kann nur von unten erfolgen, weil Dichtungswände gegen oben den
Raum abschlieſsen. Hierdurch entsteht über dem Siebe ein luftverdünnter Raum und die
äuſsere Luft tritt durch die Schlitze c, c der
Kastenwand unter und durch das Sieb, hierbei die Mehltheilchen und die Flugkleie
mitnehmend (vgl. Fig. 15), während die schwereren Griese durch das Sieb fallen und von der Schnecke M
zu einem oder auch mehreren Ausläufen geführt werden, falls in der Maschine nicht
nur eine einzige Griesgröſse geputzt wird, was jedenfalls genauere Einstellung der
Luftströmung gestattet. Ueber dem Rüttelsiebe und mit demselben fest verbunden
befindet sich ein nach beiden Seiten geneigter Rost R,
dessen einzelne Stäbe rinnenartig vertieft sind. Zwischen den Roststäben hat der Luftstrom
eine gröſsere Geschwindigkeit als über denselben; es ist daher natürlich, daſs der
Luftstrom durch die Rostspalten Kleiestückchen hebt, die oberhalb derselben in die
rinnenartigen Stäbe fallen und in Folge der rüttelnden Bewegung des Siebes, welche
der Rost mitmacht, seitlich abgleiten und in die gleichfalls mit dem Rüttelsiebe
verbundenen Rinnen r fallen. Das an dem Filter
festgehaltene Mehl oder feinste Kleie wird in der Kammer bei k durch einen Abklopfapparat, welcher in Fig. 16 Taf. 7 angedeutet
ist, entfernt, wobei Stoſswind mithelfen kann, welcher vom Ventilator in den
abgeschlossenen Raum zwischen den Walzen y und z geblasen wird. Gerade diesem Stoſswinde schreibt Seck eine besonders vorzügliche Reinigung des
Filtertuches zu, was auch ganz erklärlich ist, weil die entgegengesetzte
Luftströmung in Verbindung mit der Wirkung der Abklopfvorrichtung eine
vollständigere Reinigung des Filters von Mehltheilchen erzielen muſs. – Bei einer
etwas älteren Anordnung war der Raum zwischen y und z einfach mit der äuſseren Luft in Verbindung.
Aus Fig. 16
und dem Gesagten ist zu entnehmen, daſs durch den Auslauf 1 das Feinste, durch 2 die Flugkleie und
durch 3 der Gries bezieh. Dunst aus der Maschine
gelangt. Der Ventilator führt keine feine Kleie fort und es ist daher auch nicht
nöthig, die Maschine mit einer Flugkleiekammer zu verbinden. Alle Theilproducte
können unmittelbar an der Maschine aufgefangen bezieh. abgesackt werden. Es wird
diese Maschine besonders für das Putzen feiner und auch milder Dunste sich eignen
und kann dieselbe als sehr beachtenswerth bezeichnet werden. Gute Instandhaltung,
namentlich gutes Passen des Rüttelsiebes und des Filtertuches an die Abschluſswände,
ist allerdings für gute Wirkung eine Hauptbedingung. Zur Reinigung des Siebes bewegt
sich unter demselben eine Bürste, welche von endlosen, über Walzen laufenden Bändern
oder Riemen getragen wird. Die Art der Abdichtung des Filtertuches ist in der
Patentschrift Nr. 29181 beschrieben und sei hier nur hervorgehoben, daſs diese
Dichtung zumeist dadurch erzielt wird, daſs in den Filterrand ein kräftiger Wulst
eingenäht ist, welcher in Rillen der Führungswalzen sowie der Wände dichtend
läuft.
Geo T. Smith's Griesputzmaschine ist der
vorbeschriebenen in vielen Stücken sowie in. der äuſseren Anordnung sehr ähnlich.
Als wesentlichster Unterschied ist hervorzuheben, daſs Smith über dem Rüttelsiebe weder einen Rost, noch ein Filtertuch anwendet,
sondern die mitgerissenen Mehl- und Kleietheilchen vom Ventilator in eine
Staubkammer oder zum Staubsammler treibt. Eugen Kreiſs
in Hamburg, welcher auch diese Maschine vertritt, hebt in seinem
Ankündigungsschreiben ganz besonders hervor, daſs der Kasten über dem Siebe in
einzelne getrennte Abtheilungen geschieden ist, welche alle, aber regulirbar, mit
dem Ventilator in Verbindung stehen. Dadurch soll sich die Kraft der Windströmung,
welche durch das
Sieb gegen jede Abtheilung gerichtet ist, ganz nach Bedarf regeln lassen. Da
halbwegs gute Zeichnungen nicht erhältlich waren, so mögen diese Bemerkungen
genügen. Es dürften beide Maschinen – jene von Seck,
wie die von Smith – bei richtiger Einstellung gut
arbeiten. Daſs in dem Filtertuche Seck's eine
nachtheilige Hemmung des Luftstromes gelegen sei, ist nicht zutreffend; wohl aber
ist es ein Theil, welcher einige Instandhaltungsarbeiten erheischt.
Auf dem Cabanes'schen Prinzipe
beruhen ferner die Sichtmaschinen von Arth. P. Dardel in
Melun, Frankreich (* D. R. P. Nr.
33350 vom 15. März 1885), von Wilh. Seck in
Bockenheim (* D. R. P. Nr. 32202 vom 3. Februar 1885) und von A. Millot
in Zürich (* D.
R. P. Nr. 34629 vom 2. August 1885). Bei Dardel saugt ein an der Maschine angebrachtes Flügelrad die Luft über dem
Rüttelsiebe oder Sauberer ab und führt die Flugkleie einer Kleiekammer zu, während
zwei beiderseits vom Sauger angebrachte Druckventilatoren die Luft durch geeignete
Kanäle unter den Sauberer treiben. Das Rüttelsieb ist
an den Längsseiten durch Falze, an den Querseiten durch Kautschukstreifen so
gedichtet, daſs die gedrückte Luft unter demselben nur durch das Sieb in den
Saugraum treten kann. Entsprechend angebrachte Klappen gestatten die Luftströmung zu
reguliren. Bei der Maschine von Wilh. Seck sind unter
dem Rüttelsiebe Röhren querliegend angebracht, durch deren gegen das Sieb gekehrte
Oeffnungen der Druckwind gegen die Unterseite des Siebes bläst. Bei A. Millot befinden sich etwa fünf Flügelräder unter dem
doppelten Sauberer, welche so wirken sollen, daſs eine von der Einlauf- gegen die
Auslaufseite fortschreitende Verstärkung des Luftdruckes unter den beiden Sieben
herrschen soll. Mit Millot's Maschine ist ein Filter
verbunden, daher auch die Flugkleie in der Maschine selbst abgefangen wird. Millot will den Sieben auſser der Rüttelbewegung auch
noch eine zitternde Bewegung durch Anwendung von Kautschukklötzchen geben; doch ist
die diesbezügliche Anordnung in dem obengenannten Patente nur erwähnt, nicht
beschrieben.
Eine Griesputzmaschine mit Wurf- oder
Streuteller hat Th. W. Bassett Mumfort und Roh.
Moodie in Firma James Gibbs und
Comp. in Victoria Docks, London (* D. R. P. Nr. 32640 vom 5. März 1885) angegeben, bei welcher
jedoch der Gries nicht frei in einer parabolischen Glocke niederfällt, sondern von
dem Wurfteller gegen einen cylindrischen Schirm geschleudert wird, von dem aus der
Gries nach der Patentschrift lothrecht, in einer Cylinderfläche, niederfallen soll.
Dies wird nun wegen des Rückpralles am Schirme nicht geschehen. Unter dem Schirme
befindet sich ein System kegelförmiger, über einander angeordneter Blechringe,
auſserhalb welchen die Luft durch Flügel, die mit dem Streuteller verbunden sich
drehen, angesaugt werden soll, so daſs die schlechten (leichten) Griese zwischen den
Ringen hindurch abgesaugt würden. Es wird dies geschehen, wenn äuſsere Luft in den
Innenraum genügend eintreten kann und für den Luftabzug gesorgt ist. Nach der
Patentzeichnung ist aber weder zu ersehen, wie äuſsere Luft in das Innere der von
den fallenden Griesen gebildeten Glocken ähnlichen Fläche gelangen soll, noch wohin
die Flügel die Luft treiben können, da der ganze Raum durch ein geschlossenes
Gehäuse aus Blech begrenzt erscheint.
Anton Hamma in Triest (* D. R. P. Nr.
28704 vom 8. Februar 1884) läſst bei seiner Griesputzmaschine den Strom der Griese über entsprechend angeordnete Kegelflächen aus Blech abgleiten und saugt die Luft aus
dem Inneren der fallenden Griese, welche eine parabolische Glocke bilden, ab. Die
Anordnung ist nicht wesentlich verschieden von längst bekanntenVgl. Seck's Griesputzmaschine (ehemalige
Anordnung) in Kick's Mehlfabrikation (Leipzig 1878) S. 276. und meist
deshalb aufgegebenen Anordnungen, weil die Vertheilung des Grieses ohne Wurfteller
viel zu ungleich erfolgt. Eine wirklich gute Vertheilung ist auch bei Hammd's Anordnung nicht zu erwarten.
Zum Schlusse sei noch der Griesputzmaschine von J. Kuhnmünch in
Röttingen (* D. R. P. Nr. 27537 vom
7. November 1883) erwähnt, bei welcher elektrisch erregte Scheiben in Verwendung
stehen. Diese Construction benutzt mithin das von K.
Smith eingeführte Prinzip (vgl. 1883 250 489)
und sind die Smith'schen Walzen durch Scheiben ersetzt;
eine Verbesserung wird hierin nicht liegen.
12) Mehlmischmaschinen.Vgl. Brodbeck 1885 257 208. Erwähnenswerth erscheinen die Anordnungen von
A. Millot, L. E. Mühlau, Br. Weibezahl und J. Finke. Die Mischmaschine von A. Millot in Zürich ist eine Vereinigung zweier Wurfteller mit
entsprechend angeordneten Gossen und Kästen. Nach der Mühle, 1885 * S. 409 erstreckt sich die Anordnung durch drei Stockwerke.
In dem obersten ist die Einschüttgosse, durch welche sich die Achse der Streuteller
erhebt, an der schon in dieser Gosse Mischflügel angebracht sind. Die zu mischenden
Mehle werden wie gewöhnlich im beabsichtigten Verhältnisse in die Gosse geleert,
unter welcher sich die erste Wurfscheibe befindet. Das ausgeworfene Mehl sammelt
sich in einem Kasten, welcher nach unten zu einer Gosse sich verjüngt und das Mehl
der zweiten Wurfscheibe in dem untersten Geschosse zuführt; der hier angebrachte
Kasten endet in Sackstützen zur Mehlversackung. Die Anordnung ist im Grunde genommen
längst bekannt und erprobt; neu ist nur die Anbringung von Mischflügeln in dem
Einschüttetrichter.
Die Mehlmischmaschine von L. E.
Mühlau in Würzen
(* D. R. P. Nr. 29183 vom 10. April 1884) hat folgende
Einrichtung: Von dem Einschüttkegel (Gosse) gelangt das Mehl durch ein Fallrohr zu
einer wagerecht gelegten Mehlschraube, welche das Mehl in das Innere der
Mischtrommel T (Fig. 12 Taf. 7) führt und
zwar dann, wenn das Schneckengehäuse G so gedreht ist,
daſs sich der in Fig. 12 oben gezeichnete Ausschnitt mn unten
befindet. Ist genug Mehl eingeführt, so läſst man die Mischtrommel so lange sich
umdrehen, bis die Mengung eine hinreichende ist, und kehrt dann das Schneckengehäuse
um, so daſs der Ausschnitt mn wie gezeichnet oben
steht. Indem die an der Innenseite der Trommel angebrachten Schaufeln s das Mehl heben, wird dasselbe theilweise in das
Schneckengehäuse gelangen und von der Schnecke auf der Auslaufseite der Trommel
zunächst in einen Sichtcylinder und aus diesem in den Sackstutzen gelangen. Diese
Maschine eignet sich für vorzügliches Mischen verhältniſsmäſsig kleinerer
Mehlmengen.
Die Mehlmischmaschine von Br.
Weibezahl in Magdeburg (* D. R. P. Nr. 29394 vom 22. Februar
1884) ist in Fig. 13 und 14 Taf. 7
veranschaulicht. Zwei parallele, in gemeinsamen Trog gelegte Achsen sind mit
schraubenförmig angeordneten Flügeln f versehen, welche
das Mehl zwingen, in dem Troge eine vorwaltend kreisende Bewegung auszuführen,
zugleich aber stets auch gewisse Mengen desselben von der Trogseite 1 nach 2 und umgekehrt
befördern, so daſs ein gutes Mischen erfolgen muſs. Auch diese Anordnung kann nur für kleinere
Mengen hinreichen.
Die Mehlmischmaschine von J. Finke
in Berlin (* D.
R. P. Nr. 24997 vom 16. Juni 1883) eignet sich, wie jene von Millot angewendete Vorrichtung, für das Mischen
gröſserer Mengen, also für den eigentlichen Mühlenbetrieb. Von mehreren
Einschüttetrichtern wird das Mehl durch lothrechte Mehlschrauben verschiedener
Drehungszahl in eine tiefer liegende Gosse gebracht, aus der eine wagerecht gelegte
Mehlschraube die Weiterbeförderung des Mehles in ein Rohr besorgt, in welchem eine
von Schlagflügeln und Stiften unterbrochene Mehlschraube die Mischung besorgt.
13) Neuere Studien auf dem Gebiete der Mehlprüfung. Eine
sehr gründliche, zusammenfassende Abhandlung über Untersuchung von Mehl von Prof.
L. Wittmack brachte die Mühle, 1884 * S. 356 ff.Siehe auch Illustrirtes Lexikon der Verfälschungen
und Verunreinigungen der Nahrungs- und Genußmittel u. dgl.
Herausgegeben von Otto Dammer. (Leipzig 1886.
J. J. Weber.) Stichwort „Mehle“ * S.
535 bis 554., welche Arbeit nicht nur einige wichtige, auf
selbstständiger Forschung beruhende neue Erkennungszeichen angibt, sondern auch
vorhandene Proben kritisch sichtet. Im Nachstehenden werden zunächst die
wesentlichsten Sätze der Wittmack'schen Abhandlung
mitgetheilt, da dieselben auch dort, wo sie sich auf ältere Arbeiten beziehen, doch
auf Grund der Controlversuche desselben Werth besitzen.
Zur Erkennung, ob das Getreide geölt ist, schüttelt man
dasselbe mit Bronzepulver (Metallfarbe, Malergold) in
einem reinen Gläschen, schüttet es dann auf trockenes Flieſspapier und reibt das
Getreide mit demselben sanft ab. Geöltes Getreide vergoldet sich hierbei, während
von reinem, trockenem Getreide das Bronzepulver durch das Flieſspapier wieder
entfernt wird. (Nach Himly in Biedermann's Centralblatt für
Agriculturchemie, 1880 S. 389.)
Zur Erkennung des Vorhandenseins mineralischer Stoffe in
Mehl nehme man eine kleine Menge (Messerspitze, Fingerhut) Mehles in ein
Probegläschen, fülle dasselbe etwa zu ¾ mit Chloroform,
schüttle tüchtig, verkorke und lasse das Gläschen stehen. Mineralische Beimengungen
(Kalkstein, Kreide, Porzellanerde, Knochenmehl, Gyps, Schwerspath) setzen sich zu
Boden, die pflanzlichen Theilchen (Getreidemehl) schwimmen auf dem Chloroform. (Nach
Cailletet, vgl. 1858 149
467.)
Ein geringer Bodensatz graubrauner Farbe kann vom Mühlsteine herrühren. Weiſser
Bodensatz gröſserer Menge weist bestimmt auf mineralischen Zusatz. Statt des
Chloroforms kann gesättigte Potaschen- oder Chlorzinklösung, auch 45 Proc.
Bromkaliumlösung genommen werden.
Die sicherste Methode bleibt natürlich die Aschenanalyse, weil durch diese der Zusatz
der Art und Menge nach bestimmt werden kann.
Die Unterscheidung von Weizen- und Roggenmehl und die
Erkennungvon Gemengen beider. Als zwei wichtige Unterscheidungsmerkmale gibt Wittmack an, daſs die Härchen am Weizenkorne einen sehr
engen Hohlraum, Längskanal (Lumen) besitzen, die Roggenhaare einen weiteren. Das
Lumen der Weizenhaare ist (meist bedeutend) kleiner als ⅓ des Haardurchmessers,
jenes der Roggenhaare gröſser als ⅓ desselben (vgl. 1883 250 227). Ferner liegt die Verkleisterungstemperatur der Roggenstärke bei
62,5°, jene der Weizenstärke bei 65°.
Um diese Merkmale zur Mehlprüfung zu verwerthen, wird folgende Methode vorgeschlagen:
Man setzt zu 1g Mehl langsam unter öfterem
Umrühren 50ccm Wasser zu; als Gefäſs bediene man
sich eines kleinen Becherglases, das in ein gröſseres Wassergefäſs (Wasserbad)
eingehängt wird, in welchem man das Wasser durch eine Flamme erwärmt. In das
Becherglas, das die Mehlprobe enthält, setzt man ein sogen. chemisches Thermometer,
mit welchem von Zeit zu Zeit gerührt und an dem das Wachsen der Temperatur der Probe
beobachtet wirdDas Einhängen eines Probegläschens mit bei 62° schmelzendem Paraffin ist kein
guter Ersatz des Thermometers, weil man hierdurch verleitet ist, das
nothwendige Rühren entfallen zu lassen.. Ist dieselbe auf 60°,
höchstens 61° gestiegen, so löscht man die Flamme aus. Nach kurzer Zeit wird die
Temperatur der Probe durch Wärmezufuhr aus dem Wasser des Bades auf 62,5° gestiegen
sein, in welchem Augenblicke man das Becherglas in kaltes Wasser stellt, damit die
Temperatur der Probe durch Wärmeaufnahme aus der Gefäſswand nicht weiter steigen
kann.
Die Roggenstärkekörner und zwar die Groſskörner, nicht
auch die kleinen Stärkekörner, sind bei 62,5° fast alle aufgequollen, viele geplatzt
und haben ihre Form und Gröſse mannigfach geändert. Anders verhalten sich die
Weizenstärkekörner: diese sind meist unverändert, wenige gequollen. Die
mikroskopische Beobachtung gibt über den Zustand der Groſskörner bestimmten
Aufschluſs. – Zu bemerken ist, daſs die Weizenmehlprobe beim Erwärmen mehr schäumt
als die Roggenmehlprobe; aber nach längerem Stehen und Absetzen ist die Flüssigkeit
über der Weizenmehlprobe durchscheinender, als dies bei der Probe des Roggenmehles
der Fall ist. Es sind dies zu beachtende Nebenumstände, sowie auch der, daſs reines
Roggenmehl einen klebrigeren, schmierigeren Brei liefert als Weizenmehl. Wichtiger
ist, daſs man bei dem vorerwähnten Erwärmen die meisten Haare an die Oberfläche des
Wassers gebracht hat, auch viele Kleietheilchen, so daſs man dieselben, wenn man
etwas von dem Schaume auf einem Objektglase unter das Mikroskop bringt, leicht
beobachten kann.
Die Untersuchung des Mehles nach obiger Vorschrift erfordert zwar Achtsamkeit und
auch Uebung im Gebrauche des Mikroskopes, wird aber in der Regel zu richtiger
Erkennung führen. Auch die bereits (1883 250 228) aus Bertholt's und v. Höhnel's
Arbeiten bekannten Unterschiede in der Gröſse der Kleberzellen und in der Struktur der
Querzellen von Roggen und Weizen können zur Erkennung mithelfen. Nur hat man zu
beachten, daſs in jedem Roggen vereinzelte Weizenkörner und auch umgekehrt
vorkommen, daſs, wie Berthold nachwies, die Haare beim
Spelz ein der Wanddicke gleiches Lumen haben und
die Querzellen des Einkorns jenen des Roggens sehr
ähnlich sind, und endlich, daſs es Weizensorten und auch Roggen gibt, welche sehr
wenig behaart sind. So gelangte der Berichterstatter in den Besitz spanischen harten
Weizens bedeutender Korngröſse, welcher nur sehr wenige und sehr kurze Härchen
besitzt; die Länge derselben beträgt etwa den 3 fachen unteren Durchmesser und sie
gleichen kurzen, spitzen Stacheln. Bekannt ist dem Müller, daſs die Güte der Frucht
wesentlich von der Witterung in der Erntezeit abhängt; ob dieselbe keinen Einfluſs
auf die Verkleisterungstemperatur übt, ob dieselbe bei Roggen stets (bei 60°
beginnt) 62,5° beträgt und bei Weizen stets bei 65° beginnt, ist zunächst wohl eine
offene Frage; wahrscheinlich läſst sie sich bejahen, weil die Versuche Wittmack's mit sehr verschiedenen Mehlen durchgeführt
wurden.
Bei den mikroskopischen Untersuchungen dieser Art ist es vortheilhaft, eine mit etwas
Schwefelsäure angesäuerte Lösung von schwefelsaurem
Anilin in Alkohol zur Gelbfärbung der Härchen zu verwenden. Die Längs- und
Querzellen der Roggenschale färben sich hierdurch nach Wittmack stärker gelb als die gleichnamigen des Weizens.
Zur Erkennung von Raden im
Getreidemehl kann nebst dem Mikroskope folgende von Prof. PetermannExtrait des Bulletins de l'Académie royale de
Belgique, 1879 Bd. 47 Nr. 8. angegebene sichere Methode
dienen: Man kocht 500g Mehl im Wasserbade mit 1l Alkohol von 85° Tralles und filtrirt heiſs. Das
Filtrat wird mit absolutem Alkohol versetzt, es entsteht ein Niederschlag, derselbe
wird auf einem Filter gesammelt und bei 100° getrocknet. Der Rückstand wird nun mit
kaltem Wasser ausgezogen und der wässerige Auszug mit absolutem Alkohol versetzt. Es
entsteht neuerlich ein Niederschlag, welcher abermals gesammelt und getrocknet wird.
Derselbe besteht gröſstentheils aus Saponin (dem Giftstoffe der Raden), besitzt
einen bitteren, brennenden Geschmack, löst sich leicht in Wasser, welches geschlagen
einen bleibenden Schaum liefert.
Zur Erkennung von Mutterkorn im Mehle
kocht man nach v. Höhnel eine kleine Menge Mehl (5 bis
10g) mit dem 5 bis 10 fachen Gewichte Wasser,
welches mit Salzsäure angesäuert ist, und gieſst den erhaltenen dünnen Mehlkleister
in eine Porzellanschale, so sieht man kräftig rothe
Pünktchen auf der Flüssigkeit schwimmen.
Oder man schüttelt nach Prof. Vogl
(vgl. dessen Werk über Verfälschungen des Mehles, Wien
1880) eine kleine Menge Mehles in einer Mischung von 70 Proc. Alkohol mit 5 Proc.
Salzsäure in einem Probegläschen und läſst absetzen. Bei Gegenwart von 2 Proc. und
mehr Mutterkornes findet man die Flüssigkeit fleischroth gefärbt. (Um den Farbeton gut wahrzunehmen, halte man hinter
das Probegläschen weiſses Papier.)
Sehr empfindlich soll die Methode von R.
Palm (1883 250 231) sein. Das Mehl wird
getrocknet, sodann mit dem 10 bis 15 fachen Gewichte Alkohol von 35 bis 40° Tr., dem
einige Tropfen Ammoniak zugesetzt sind, bei 30 bis 40° ausgezogen, filtrirt, das
Filtrat mit Bleiessig gefällt, der Niederschlag gesammelt, zwischen Flieſspapier abgepreſst
und noch feucht mit kalt gesättigter Boraxlösung digerirt. Die Boraxlösung wird violett, falls Mutterkorn vorhanden war. Concentrirte
Schwefelsäure fällt den Farbstoff in dunklen Flocken.
Eine längere Anmerkung Wittmack's
(vgl. Mühle, 1884 S. 358) über Pekar's Mehlprobe oder das sogen. Pekarisiren
anerkennt zwar völlig den Werth dieses Verfahrens; sie zeigt aber zugleich auch,
daſs mehrfach nicht die richtigen Handgriffe angewendet werden, und dies wird
nachstehende Bemerkungen Vielen wünschenswerth erscheinen lassen: Der Tisch, auf
welchem man die Mehlmuster auf dem Holzbrettchen vorrichtetAls bekannt ist dasjenige vorausgesetzt, was über Pekar's Probe in Kick's Mehlfabrikation (Leipzig 1878) S. 340 gesagt
ist., wird vortheilhaft mit einer kurzen Leiste versehen, welche
etwa 5mm über die Tischfläche vorsteht und gegen
die man das Brettchen anlegt. Man stellt nun auf dem Brettchen in der bekannten
Weise bei geringem Drucke und wagerecht hin und her
schiebender Bewegung der kleinen Glasplatte (dem Glasmesser) die zu vergleichenden
Mehlproben her, beschneidet dieselben, schafft die Abschnitte unter Zusammenwirken
von Glasplatte und eines Blechstreifens oder eines Lineals (die Stellung beider ist
hier Λ angedeutet) weg und schiebt die Proben zusammen. Bis hierher gelingt die
Sache gewöhnlich, aber das nun folgende Abgleichen der an einander liegenden Proben
miſslingt Vielen; doch ist auch dies leicht. Man setze die gröſsere Glasplatte mit
ihrem abgeschrägten Rande etwa 1 bis 2cm weit vom
oberen Rande der Proben schief auf dieselben, so daſs die mit beiden Händen
gehaltene Platte gegen den Arbeitenden ansteigt, beschneide zunächst den oberen Rand
der Mehlproben durch Vorschieben der Platte, kehre dann mit ihr bis zum
beschnittenen Rande zurück und drücke nun, indem man die Platte mehr und mehr zur
wagerechten Lage bringt, die Mehlproben kräftig zusammen, unter gleichzeitigem
geringem Zuge gegen sich, so daſs eine gleichmäſsige Oberfläche entsteht und ziehe dann, stetig auch drückend, in die
entgegengesetzte Neigung übergehend, die Glasplatte über die vordere Kante des
Brettchens ab, wobei die erwähnte Leiste wünschenswerth ist. Hierdurch erhält man
eine gleichmäſsige Oberfläche und keine Mehltheilchen bleiben an der Glasplatte
hängen, mag dieselbe auch kalt sein. Nun wird abermals beschnitten und dann unter
schräger Lage des Brettchens, am besten mit einer Ecke voraus und langsamer, aber
sehr gleichmäſsiger Bewegung in das Wasser hineingefahren, aus welchem man das
Brettchen, die tiefere Kante nun voran, ziemlich rasch herauszieht. Diese Handgriffe
übt man sich am einfachsten an einer einzigen Mehlsorte ein. Ist das Brettchen in
schräger Stellung etwa 5 Minuten bei Seite gestanden, so beschneidet man die Ränder
der Proben und kann nach etwa 2 bis 3 Stunden, wenn die Probe jeden feuchten Glanz
verloren hat, eine Glasscheibe auflegen, wodurch man die Probe in ziemlich ebenem
Zustande erhält und leichter aufbewahren kann. Die Scheibe darf nicht ankleben. Wer
genügende Uebung hat, dem darf unter 50 Proben kaum eine miſslingen und die Zeit der
gesammten Probe mit 2 bis 3 Sorten Mehl beträgt kaum 3 bis 5 Minuten.
Ueber den veränderlichen Dextringehalt im Weizenmehle.
Die bereits am Eingange dieses Berichtes erwähnte Erscheinung, daſs Weizenmehl
mittels des Mahlganges aus Auszug- bezieh. Mundmehldunst ermahlen ein entschieden
gelblicheres (feurigeres) Mehl lieferte als derselbe Dunst, auf Dismembratoren
verkleinert, gab Veranlassung zu einer längeren, theils mikroskopischen, theils
chemischen Untersuchung, nach welcher die Ursache in dem verschiedenen Gehalte an
Dextrin gelegen ist. Daſs das Mikroskop keinen Aufschluſs über Farbenunterschiede
geringfügiger Natur liefern kann, ist bekannt; die diesbezüglichen Untersuchungen
erstreckten sich daher zuvörderst auf eine Untersuchung der Bestandtheile der beiden
Mehle, welche zu keinem anderen Ergebnisse führte, als daſs ein gutes Weizenmehl
vorlag. Auch die Kleberprobe lieferte bei beiden Mehlen dasselbe Ergebniſs: 32 bis
33 Proc. nassen Kleber, welcher sich bei der Backprobe
ganz gleich verhielt. Die beiden Mehle waren gleich gut; doch besaſs das vom Steine
stammende Mehl den gewünschten gelblichen Stich, welcher gewöhnlich für ein Zeichen
von Kleberreichthum gehalten wird, in höherem Maſse als das durch den Dismembrator
erhaltene Mehl und diese Eigenthümlichkeit trat beim Pekarisiren noch auffälliger
hervor.
Durch kräftiges Schütteln von je 20g Mehl mit
100cc destillirtem Wasser in einem
Glaskölbchen und Filtriren durch sehr dichtes Filterpapier, wurde ein in den ersten
Mengen klares, blaſs weingelbes Filtrat erhalten, welches sich jedoch bald trübte.
Jodtinktur gab in demselben eine braunröthliche Färbung, welche im zum Theile
eingedampften Filtrate weit lebhafter sichtbar wurde und auf Dextrin deutet. Es muſs
hier bemerkt werden, daſs die löslichen Eiweiſskörper des Mehles, welche auch ins
Filtrat gelangen, durch Kochen nur theilweise als weiſse Flocken abgeschieden werden
und daſs dem Berichterstatter kein Mittel bekannt wurde, das in Lösung befindliche
Dextrin von den gleichfalls in Lösung befindlichen Eiweiſskörpern vollständig zu trennen. Trotz Kochens und neuerlichen
Filtrirens zeigte eine von Hrn. Rob. Leipen, Assistent
am Laboratorium der deutschen Universität in Prag, mit dem von mir durch Eindampfen
der Lösung erhaltenen Dextrin durchgeführte Stickstoffbestimmung 0,7 Proc.
Stickstoff, entsprechend einem Eiweiſsgehalte des Dextrins von 4,4 Proc. Auſser der
obenerwähnten Jodreaction sprechen das Aussehen und Verhalten des im Wasserbade
eingedampften Filtrates, seine blaſsweingelbe Farbe, leichte Löslichkeit im Wasser,
Klebrigkeit, Unlöslichkeit im Alkohol so unzweifelhaft dafür, daſs die Hauptmenge
Dextrin ist, daſs nur noch die Frage übrig bleibt, ob dieses denn auch wirklich die
Ursache des gelblichen Stiches des Mehles ist. Dies beweist sich aber wohl einfach
dadurch, daſs das am Filter zurückbleibende, mit Wasser ausgelaugte Mehl weiſser ist
als dasselbe nicht ausgelaugte, sondern nur mit Wasser zu einem Breie angeriebene
Mehl.
Nach mannigfachen verfehlten Versuchen, auch das Polarisiren
eignet sich hier schlecht, gelangte der Berichterstatter zu folgender Methode der Dextrinbestimmung im Mehle: Man nehme 20g Mehl und reibe dasselbe abtheilungsweise mit
400cc destillirtem Wasser von 50 bis 53° in
einer Reibschale ab. Kühle die Mischung rasch ab und lasse sie in einem kalten Orte
(Eiskasten o. dgl.) etwa 12 Stunden absetzen. Ziehe die über der Stärke stehende,
ziemlich klare Flüssigkeit ab, filtrire sie und nehme 100cc zum Eindampfen und zwei Theile zu 100cc zur Vornahme der Fehling'schen Probe. Darauf, daſs in der Lösung auch Eiweiſskörper
enthalten sind, nehme man keine Rücksicht, sondern lasse sich diesen Fehler, welcher
bei hohem Dextringehalte die Endzahlen nur um etwa 5 bis 7 Hundertstel zu hoch
erscheinen läſst, gefallen. Das Eindampfen ist im Wasserbade durchzuführen. Die
letzten Mengen Wassers hält das Dextrin so fest, daſs sie im Wasserbade nicht zu
beseitigen sind; auch darauf verzichte man und treibe die Arbeit nur so lange, bis
man einen nahezu festen Rückstand in der Abdampfschale erlangt hat, dessen Gewicht
ermittelt wird. Zusammen (Eiweiſskörper und restliches Wasser) beträgt der Fehler bei 0,1, d.h. der
wirkliche Dextringehalt ist etwa 0,9 des Gewichtes des eingedampften Rückstandes,
falls die Gesammtmenge des Löslichen ungefähr 15 Proc. der Mehlmenge beträgt.
Die Fehling'sche Probe ist ein
Titriren; man setzt zum Filtrate des Mehles und zwar zunächst zu 100cc einige Cubikcentimeter der Fehling'schen LösungDieselbe wird bereitet aus 34g,632
trockenem reinem Kupfervitriol und 200cc
Wasser; dies gibt Lösung I. Eine zweite Lösung besteht aus 173g Seignettesalz, 125g Kalihydrat und 400cc Wasser. Beide Lösungen werden gemischt,
auf 1l ergänzt und in einem kühlen,
dunklen Raume aufbewahrt. (z.B. 10cc) zu und kocht, wobei bald die tiefblaue Farbe der Fehling'schen Flüssigkeit in die braunrothe des sich
ausscheidenden Kupferoxyduls übergeht. Ist dies vollkommen der Fall, erscheint die
Flüssigkeit nach dem Absetzen des Kupferoxyduls farblos, so setzt man wieder einige
Cubikcentimeter der Fehling'schen Flüssigkeit zu und
kocht nochmals und dies wird so lange wiederholt, bis die Flüssigkeit bläulich
geworden ist. Mit einer neuen Menge von 10cc des
Filtrates wiederholt man nun die Probe, setzt aber gleich so viel Fehling'scher Lösung zu, als man nach dem
vorhergehenden Versuche zu verbrauchen glaubt, z.B. 17cc und berichtigt nun neuerlich. Diese Probe geht leicht, setzt aber
einige Uebung voraus und kann nur bei Tageslicht gemacht werden, weil sonst arge
Täuschungen mit den Farben möglich werden. Bei Einhaltung der obengenannten Zahlen
(20g Mehl, 400cc Wasser) entspricht 1cc verbrauchter
Fehling'scher Lösung dem Werthe von annähernd 0,5
Procent des Dextringehaltes.
Durch diesen Vorgang fand der Berichterstatter in Mehlen von feuchter Ernte (1884),
welche aus dem Dunste auf Steinen ermahlen sind, bis 18,5 Proc. Dextrin mehr
lösliches Eiweiſs und zwar bei Mehlen aus ungarischem Weizen, ermahlen in der
Victoria-Mühle und der Ebenfurter Dampfmühle. Die Mehle waren an sich vorzüglich,
der Dextringehalt schadete der Backfähigkeit nicht im Geringsten. Aus gleichem
Dunste am Desintegrator hergestelltes Mehl der erstgenannten Mühle ergab an Dextrin
und Eiweiſs nur 11,4 Proc. Mehle von dem weit trockeneren Jahrgange 1885 zeigten vom
Steine und vom Dismembrator nur eine geringe Abweichung: der Gehalt an gelösten
Stoffen betrug 9,3 bezieh. 8,5 Proc.; auch beim Pekarisiren vermochte mein Auge das
Steinmehl nicht mehr gelblicher zu finden.
Es erscheint mir hiernach kaum zweifelhaft, daſs der gewünschte, beliebte, gelbliche
Stich des Mehles mit Unrecht dem Klebergehalte zugeschrieben wird, oder doch von
demselben keinesfalls allein abhängig ist. Die im
Mahlgange entwickelte Wärme hat namentlich bei etwas feuchter Frucht zweifellos
Einfluſs auf die Bildung von Dextrin und kann der hier eintretende Prozeſs durch
trockenes Erhitzen des Mehles nicht ersetzt werden; das Mehl bekommt einen
bräunlichen, nicht gelben Stich. Läſst man hingegen Dampf auf Mehl einwirken und
bildet sich aus dem hierdurch veränderten Mehl einen Brei, so ist derselbe merklich
gelblicher wie der Brei aus dem gleichen, der Wirkung von Wasserdämpfen nicht
ausgesetzten Mehle.
Es wurde oben erwähnt, daſs das Dextrin sehr schwer ganz zu trocknen ist; demnach
wird es die im Mahlgange gebildeten, von der ungleichmäſsigen Reibung und örtlichen
Erhitzung herrührenden Dämpfe aufnehmen und kurze Zeit nach seiner Bildung an Wasser
reicher sein als später, wo sich der Feuchtigkeitsgehalt im Mehle besser
ausgeglichen hat. Ist dies der Fall, so muſs solches Mehl kurze Zeit nach seiner
Herstellung gelblicher pekarisiren als später, weil das an Wasser reichere Dextrin
rascher löslich wird und daher mehr die Farbe beeinflussen kann. Auch dürfte
hierdurch die Thatsache, daſs das Mehl durch die Aufbewahrung etwas von dem
gelblichen Tone einbüſst, also weiſser wird, erklärt sein. Die Anschauung, daſs der
Klebergehalt den gelblichen Farbenton verursacht, dürfte indirekt berechtigt sein.
An Kleber reicher Weizen liefert härtere Dunste; diese brauchen im Mahlgange
gröſseren Druck zur Auflösung. Hierbei entwickelt sich mehr Wärme und mehr
Wasserdunst, dadurch vermehrte Dextrinbildung. Möglich auch, daſs der Kleber ähnlich
der im Getreide ja auch vorhandenen Diastase umwandelnd einwirkt, oder bei an Kleber
reicherer Frucht auch mehr Diastase vorhanden ist, welche die Dextrinbildung
befördert. Es mag die allgemeine Meinung, daſs der gelbliche Mehl stich mit dem
Klebergehalte in Beziehung steht, indirekt begründet sein; unmittelbar ist es jedoch
der Dextringehalt, welcher den gelblichen Farbeton bedingt.
14) Mühlenanlagen. Es wurde bereits am Eingange dieses
Berichtes bemerkt, daſs bei neueren Mühlenanlagen getrachtet wird, die Einrichtung
so zu treffen, daſs möglichst wenige menschliche Arbeitskräfte erforderlich werden.
Es läſst sich thatsächlich viel erreichen durch richtige Anwendung der Becherwerke
(Elevatoren), der Getreide- und Mehlschrauben und der Fallröhren. Vollständig
bedienungslos, bis auf die überwachenden Personen, kann die Kopperei oder
Fruchtreinigung ausgeführt werden. Was aber die eigentliche Mühle betrifft, so läſst
sich, wie Millot in der Beschreibung einer Anlage
richtig bemerkte, darin auch zu viel thun. Denn ein nur halbwegs gut geleiteter
Griesprozeſs macht eine Sortirung durch Mitwirkung von Menschenhand deshalb nöthig,
weil die verschiedenen Weizensorten derart in Menge und Güte verschiedene Griese bei
den einzelnen Schrotungen liefern, daſs deren Sortirung und Weiterbeförderune; zum
Theile menschlichen, verständigen Mitwirkens nicht entrathen kann, soll nicht
besseres und schlechteres Material zusammengemischt und dadurch auch das Erzeugniſs
in seiner Güte beeinträchtigt werden. Ein durchaus selbstthätiger Betrieb kann sich
daher nur dort empfehlen, wo die Güte der Erzeugnisse weniger, als deren Menge und
Billigkeit in Frage kommt.Der soeben erschienenen, beachtenswerthen Schrift des Maschinenfabrikanten
G. Luther: Die Construction und Einrichtung der
Speicher (Braunschweig 1886) sei hier anerkennend gedacht, indem
diese Schrift sehr geeignet ist, sich im Allgemeinen über die Einrichtung
der Getreidespeicher (Silos) zu unterrichten.
Aehnlich verhält es sich mit jenen Mühlen, welche ausschlieſslich Walzen als
Verkleinerungsmaschinen verwenden. Diese werden zum Vermählen der Dunste mehr Kraft
benöthigen, als wenn Mahlgänge oder Dismembratoren mit in Benutzung kommen, und sie werden die
Kleien weit weniger ausmahlen. Zahlt die Landwirthschaft die Mehl haltigeren Kleien
genügend gut und ist die Betriebskraft billig, dann kann der Müller bei einer nur
mit Walzen verkleinernden Mühle wirthschaftlich gut fahren; sind diese Bedingungen
aber nicht hinlänglich erfüllt – und dies wird meistens der Fall sein –, dann sind
diese Anlagen, mögen sie noch so bewundert und gepriesen werden, verwerflich.