Titel: | Nachstellbare Reibahlen. |
Fundstelle: | Band 260, Jahrgang 1886, S. 260 |
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Nachstellbare Reibahlen.
Mit Abbildungen auf Tafel
17.
Nachstellbare Reibahlen.
H. R. Tillison in Boston (Nordamerikanisches Patent Nr.
338318) bringt bei nachstellbaren Reibahlen an Stelle der jetzt meist benutzten
kegelförmigen Schraube die in Fig. 18 Taf. 17
dargestellte Einrichtung in Vorschlag, bei welcher die federnden Theile der Reibahle
durch eine kegelförmige Mutter m aus einander gepreſst
werden und eine zweite über die Enden der Theile greifende Mutter n das Zittern derselben beim Arbeiten verhütet. Die
Reibahle wird vor dem Schlitzen in ihrer Achse ausgebohrt und in das erhaltene Loch
der Stift s geschraubt; derselbe erhält vorn, wo die
Bohrung sich kegelförmig erweitert, Gewinde s1 und die Mutter m,
welche durch einen besonderen in zwei Schlitze derselben fassenden Schlüssel
angezogen wird. Vor die Mutter m kommt auf das Gewinde
s1 die auſsen zum
Angriffe eines Schlüssels beliebig kantig geformte Mutter n, deren innere Ansatzfläche kegelförmig ausgedreht ist und welche über
die entsprechend abgeschrägten Kanten der durch das Schlitzen federnd gewordenen
Theile der Reibahle greift.
Ueber Reibahlen findet sich in den Mittheilungen des
technologischen Gewerbe-Museums in Wien, Section für Metallindustrie, 1886
* S. 5 eine beachtenswerthe Abhandlung von Prof. Carl
Pfaff.
Die Wirkungsweise der Reibahlen besteht bekanntermaſsen in einem
Ausschaben oder Losschneiden feiner Späne. Viele Reibahlen üben jedoch vermöge ihrer
Form, namentlich in spröden Metallen, mehr eine zermalmende und mahlende Wirkung
aus, so daſs für die Wahl einer Reibahle die Zahnform und Zahl der Zähne von
bedeutsamem Einflüsse sind. Die Reibahlen werden eingetheilt in schabende, schneidende und quetschende Reibahlen.
Die schabenden Reibahlen haben
Quadrate, Fünfecke, überhaupt Vielecke als Querschnittsform und liefern bei zu
stumpfen Winkeln (welche in Folge Abnutzung entstehen, oder bei mangelndem
Verständnisse so gewählt werden) die quetschenden
Reibahlen. Es wären deshalb schneidende Reibahlen
vorzuziehen; doch muſs man sich dieser mit Vorsicht bedienen, da sie leicht zu tief
eingreifen und zum Festsitzen kommen. Ueber die Zahl der Schneidkanten ist zu
bemerken, daſs dieselbe stets ungerad sein soll, da die Reibahle im unrunden Loche
dann nicht nur mit zwei, sondern mit drei Kanten anliegt, also eine bessere Führung
erhält und weil Erhöhungen der Lochwand nie auf eine gegenüber liegende schabende
oder schneidende Kante drückend wirken und so an unrechter Stelle den Angriff
verstärken können. Von dem letzteren Gesichtspunkte aus sind deshalb Reibahlen,
welche am Umfange theilweise rund sind und nur im übrigen Theile Zähne erhalten,
entschieden zu verwerfen.
Schneidende Reibahlen können als geriffelte, genuthete und sogen. geschliffene Reibahlen ausgeführt werden. Die ersteren
haben viele schneidende Kanten und können dadurch, daſs die Zähne von den Radien der
Spitzen zu beiden Seiten gleich sind, nach beiden Richtungen gedreht werden, während
die beiden anderen Sorten nur Drehungen nach einer Richtung (in der Schneidkante)
gestatten. Die fein geriffelte Reibahle hat eine gute
Führung; doch, gewährt dieselbe zu wenig Raum für die Späne, so daſs sie sich leicht
verstopft. Die genuthete Reibahle mit weniger einseitig
vor dem Spitzenradius liegenden Zähnen ist deshalb besser, zumal dieselbe sich beim
Stumpfwerden nachschleifen läſst (vgl. Reinecker * S.
113 d. Bd.). Der Schärfwinkel soll dann 80° betragen; der Schneidwinkel ist, da eine
Zahnseite in den Radius fällt, 90°. Das Nachschleifen findet an dieser Zahnseite
statt und verringert sich dabei der Durchmesser der Reibahle. Dieses Nachschleifen
erfolgt aber auf Kosten des Anstellwinkels der Schneidkante zur bearbeitenden Fläche. Dies würde
schlieſslich einen Druck von der Lochwandung auf den Rücken der Schneidkanten und
ein Verreiben mit sich bringen. Es soll daher das Schleifen mit Einhaltung des
Anstellwinkels, mithin auf dem Rücken der Schneidkanten ausgeführt werden.
Reibahlen, deren Zahnform dies gestattet, wie z.B. in Fig. 18 Taf.
17, werden deshalb geschliffene Reibahlen genannt. Die
Schneidkanten werden erst nach dem Härten mit einem Schleifrade, dessen Achse
parallel zur Schneidkante liegt, geschärft. Bezüglich des Verlaufes der
Schneidkanten ist zu bemerken, daſs eine schwache Schraubenform derselben nicht das
Bestreben haben soll, die Reibahle bei der Drehung in das Loch hinein zu ziehen,
sondern die Reibahle gewissermaſsen herausgeschraubt würde (vgl. G. Meier 1884 253 * 46).
Als eine nachstellbare schneidende Reibahle für gröſsere
Löcher wird von Prof. Pfaff die in Fig. 17 Taf.
17 veranschaulichte Ausführung empfohlen. Bei derselben ist nur ein Messer m vorhanden, welches durch Schrauben e festgeklemmt werden kann. Die Auswärtsbewegung des
Messers besorgt eine in der Mitte der Reibahle excentrisch liegende Spindel s, welche verdreht ward und gegen die sich das Messer
m stützt. Diese Einrichtung gestattet wie oben bei
Tillison eine Nachstellung des Messers, ohne die
Reibahle aus dem Loche nehmen zu müssen. Gegenüber dem Messer ist der Körper der
Reibahle abgeflacht, damit nach dem oben Gesagten die schädliche Wirkung bei
unrunden Löchern möglichst vermieden würde.