Titel: | Ueber Desinfection von Kleidungsstücken, Wäsche u. dgl. durch Hitze; von G. Rohn. |
Autor: | G. Rohn |
Fundstelle: | Band 260, Jahrgang 1886, S. 403 |
Download: | XML |
Ueber Desinfection von Kleidungsstücken, Wäsche
u. dgl. durch Hitze; von G.
Rohn.
(Patentklasse 30. Fortsetzung der Berichte Bd. 247
S. 76 und Bd. 249 S. 207.)
Mit Abbildungen auf Tafel
27.
Rohn, über Desinfection von Kleidern, Wäsche u. dgl.
Die nun schon seit 2 Jahren im Süden und Westen von Europa auftretende Cholera und
die damit verbundene Uebertragungsgefahr nach nördlicher gelegenen Ländern hat
fördernd auf die Ausbildung von Desinfectionsapparaten und die Einrichtung von
Desinfectionsanstalten für Kleidungsstücke, Wäsche, Möbelüberzüge u. dgl., welche
als Uebertrager der Ansteckungsstoffe so gefährlich sein können, gewirkt. Bei der
Anlage solcher Desinfectionsapparate hat man nicht bloſs deren Verwendung in
Krankenhäusern, sondern vielmehr eine allgemeine öffentlichere Benutzung ins Auge
gefaſst. So ist namentlich in neuester Zeit in einigen bedeutenderen Städten
Deutschlands seitens der Stadtbehörden die Einrichtung getroffen worden, die
Benutzung der aufgestellten Desinfectionsapparate an Jedermann gegen ein geringes
Entgeld für das
Unschädlichmachen muthmaſslich ansteckender Wäsche, Betten und Möbel von
Familienkranken zu gestatten, bei erwiesenermaſsen ansteckenden Krankheiten jedoch
diese Desinfection zur Pflicht gemacht. Dabei werden z.B. seitens der Verwaltung der
Desinfectionsanlage leinene Beutel geliefert, in welche der Eigenthümer die zu
desinficirenden Sachen verpacken kann; diese Beutel werden dann abgeholt und
desinficirt uneröffnet wieder abgeliefert.
Der auf diese Weise hervorgerufene gröſsere Bedarf an Desinfectionsapparaten hat dazu
geführt, daſs deren Bau jetzt von mehreren Maschinenfabriken betrieben wird. Diesen
Apparaten liegt meist die desinficirende Wirkung von trockener Hitze und von Dampf zu Grunde und
unterscheiden sie sich durch die der jeweiligen Verbindung dieser beiden Wirkungen
entsprechende Anordnung der Wärme abgebenden Theile.
Unter den verschiedenen zur Zeit ausgeführten oder in Vorschlag gebrachten Apparaten
sind wohl an erster Stelle diejenigen von Oscar Schimmel und
Comp. in Chemnitz (vgl. 1883 247 * 78) zu
erwähnen, da dieselben bis jetzt die gröſste Verbreitung gefunden haben. Dieser
viereckige, aus einander zu nehmende und deshalb versetzbare Apparat wird jetzt
noch, auſser in der früheren Gröſse mit einem für Desinfectionsgegenstände
verfügbaren Raume von 2cbm, umfangreicher, nämlich
2m,75 lang, 1m,5 breit und 2m,5 hoch, d. i. mit einem
verfügbaren Raume von 4cbm,5 und nach beiden
Seiten von dem zugehörigen Wagen befahrbar ausgeführt. Das Dunstabführungsrohr wird
dann in die Decke des Apparates verlegt. Ein solcher Apparat vermag bequem ganze
Kleiderschränke sowie gröſsere Bettstellen aufzunehmen und derselbe findet
namentlich für gröſsere städtische Anlagen Verwendung.
Auch in Bezug auf die Einrichtung der Desinfectionsanstalten mit solchen Apparaten
werden jetzt verbesserte Anordnungen getroffen. So zeigt z.B. Fig. 5 und 6 Taf. 27 die Anlage einer
kleineren Desinfectionsanstalt mit einem Apparate in
einem besonders für diesen Zweck errichteten frei stehenden Gebäude. Der
Desinfectionsapparat D ist nur von einer Seite
befahrbar und in einem eigenen, die Räume für Annahme zu desinficirender und Abgabe
desinficirter Gegenstände trennenden Raume aufgestellt. Hinter diesem befindet sich
das besonders angebaute Haus für den Dampfkessel K mit
Kohlenraum R. Anlagen dieser Art sind von O. Schimmel und Comp. z.B. in Nürnberg und in Linz a.
d. Donau eingerichtet. An erstgenanntem Orte hat Dr. G.
Merkel am 12. December 1885 in dem Schimmel'schen Apparate eine Reihe von Versuchen mit von Milzbrandsporen
inficirter Gartenerde und Seidenfaden angestellt, welche in Probirgläschen in der
Mitte von fest zusammengewickelten Wolldecken behandelt wurden. Durch Vergleich der
Ergebnisse der Beimischung von desinficirten und nicht desinficirten Proben zu
Fleischgelatine und Impfung von Mäusen mit solchen Lösungen wurde auch hier wieder
die desinficirende Wirkung des frei ausströmenden Wasserdampfes nachgewiesen.
Gröſsere Desinfectionsanstalten mit mehreren Apparaten können eine Einrichtung
erhalten, wie sie aus der Planfigur 7 Taf. 27 der ersten städtischen
Desinfectionsanstalt in Berlin S, Reichenberger Straſse 66, zu entnehmen ist.
Dieselbe besitzt drei von beiden Seiten befahrbare Apparate D, so daſs die beladenen Wagen auf einer Seite in den Apparat geschoben
und nach der Desinfection auf der anderen Seite aus demselben gezogen werden, also
eine Berührung von zu desinficirenden und bereits desinficirten Gegenständen
gänzlich ausgeschlossen ist. Die drei Desinfectionsapparate haben ein
gemeinschaftliches, oberhalb angebrachtes Dunstabzugrohr r.
Für kleinere Krankenhäuser, Quarantäneanstalten u. dgl. bringen O. Schimmel und Comp. kleinere runde Desinfectionsapparate
mit aushebbaren, die Gegenstände aufnehmenden Körben zur Ausführung. Ein solcher Apparat (vgl. Englisches Patent 1884
Nr. 9014. Nordamerikanisches Patent Nr. 337522) ist in Fig. 8 Taf. 27
veranschaulicht; derselbe besitzt einen runden stehenden Kessel K von 1m,1
Durchmesser und 1m,5 Höhe, so daſs ein verfügbarer
cylindrischer Raum von 1m Durchmesser und 1m Höhe besteht, welcher allerdings nur zur
Aufnahme von einzelnen Kleidungsstücken, Wäschebeuteln und zusammengerollten
Bettpolstern ausreicht. Diese Sachen werden in einem am Deckel D des Kessels K
befestigten Drahtkorbe B, welcher durch eine seitliche
Thür zugänglich ist, an Haken h aufgehängt. Der Deckel
D, welcher hohl und mit einem schlechten
Wärmeleiter ausgefüllt ist, wird an den Haken eines Differentialflaschenzuges
gehängt und kann mittels desselben behufs Einbringung oder Herausnahme der
Desinfectionsgegenstände in die Höhe gezogen werden. Der Deckelverschluſs erfolgt
mittels einfacher, zum Zurückschlagen eingerichteter Schraubenklammern s. Die Heizung des Kesselinneren erfolgt, wie beim
viereckigen Schimmel'schen Apparate, durch ein an dem
Boden des Kessels liegendes Rippenrohrsystem R und
liegt auf diesem das Siebrohr r für den Eintritt von
Dampf in das Kesselinnere. Der Kessel K ist weiter mit
einem durch stellbare Klappe zu verschlieſsenden Lufteinlaſsstutzen L, einem Dunstabzugrohre A. mit Drosselklappe k, in welches das
Thermometer t ragt, und mit einem Ablaſsrohre a für niedergeschlagenes Wasser versehen. Das in den
Heizröhren R sich ansammelnde Wasser wird durch den
Condensationstopf C abgeleitet. Das Verfahren mit
diesem Apparate ist ganz dasselbe wie das bereits (vgl. 1883 247 78) beschriebene.
Für die deutschen Garnisonslazarethe werden nach Wunsch
der betreffenden Behörden vielfach solche runde Apparate mit Heizung durch einen Dampfmantel ausgeführt. Eine ebenfalls von O. Schimmel und Comp. getroffene diesbezügliche
Anordnung veranschaulicht Fig. 9 Taf. 27. Die
Doppelwandung des Kessels K von 1m,25 Durchmesser und 0m,90 Höhe wird durch das Rohr d mit frischem
Kesseldampfe gespeist. Der in gleicher Weise wie vorhin ausgeführte Deckel D erhält keinen Drahtkorb zur Aufnahme der
Desinfectionsgegenstände, sondern mit aufgeschobenen Messinghaken h versehene Stäbe, an welche die Beutel o. dgl. gehängt
werden. Gröſsere Gegenstände kommen auf einen Holzrost R am Boden zu liegen. Unter letzterem befindet sich das Siebrohr r für den Dampfeinlaſs und an der tiefsten Stelle des
Bodens ein Rohrstutzen, in welchen das mit Absperrschieber b versehene Luftzuführungsrohr L mündet. Die
in den Kessel einzuführende Luft wird nicht aus dem Aufstellungsraume des Apparates
unmittelbar entnommen, sondern aus einem von der Kesseleinmauerung gebildeten Raume
um den Kessel K, in welchen die Luft von auſsen durch
den Fuſsbodenrost G tritt; es gelangt also vorgewärmte
Luft in den Kessel. In das ebenfalls mit Absperrschieber b1 versehene, seitlich angeschlossene
Dunstabzugrohr A ist ein Strahlgebläse j eingesetzt, welches mit Dampf von dem Rohre d gespeist wird und einen kräftigen Luftzug durch den
Apparat erzeugt, um die durch den Dampf naſs gewordenen Gegenstände zu trocknen. a und a1 sind die Ablaſsrohre für das
Niederschlagswasser.
Einen sogen. Desinfectionsofen, bei welchem die zu
desinficirenden Gegenstände unmittelbar über der Dampf
erzeugenden Flüssigkeit hängen, hat Ludw. Lorenz in
Berlin (* D.
R. P. Nr. 38734 vom 4. Februar 1885) in Vorschlag gebracht. Die
Einrichtung dieses Apparates ist demnach ganz ähnlich derjenigen der von C. Koch u.a. im Reichsgesundheitsamte benutzten
Apparate, wie einige derselben auf der Berliner Hygiene-Ausstellung 1883 vorgezeigt
wurden. Während diese Apparate aus einem in der Länge aus zwei Theilen
zusammengesetzten runden Blechkessel bestehen, wobei sich in dem unteren Theile die
durch ein Gasfeuer zum Sieden gebrachte Flüssigkeit (Kochsalzlösung) befindet, ist
bei dem Lorenz'schen Apparate, wie aus Fig. 11 Taf. 27 zu
entnehmen, dieser untere Theil K1 aus Guſseisen hergestellt und an der Innenseite
mit Längsrippen r versehen. Durch diese Rippen soll
einestheils das Wasser rascher zum Kochen gebracht werden; anderentheils soll
dadurch, daſs diese Rippen über den höchsten Wasserstand reichen und über dem
letzteren der Kessel auſsen noch vom Feuer umspült wird, eine Vorwärmung der Luft
vor der Dampfentwickelung und dann eine Dampfüberhitzung herbeigeführt werden. Die
zu desinficirenden Gegenstände werden wieder von einem auf den Stäben l stehenden Drahtkorbe B
aufgenommen. Der das Thermometer t aufnehmende Deckel
D ist durch ein Gelenk aufklappbar. Die
aufsteigenden Dünste werden durch das Rohr A in den
Schornstein S abgeführt, während die Luft durch die
seitliche Oeffnung L zugelassen wird. Der obere Theil
K des Kessels ist doppelwandig und der Hohlraum der
Wandung mit einem schlechten Wärmeleiter ausgefüllt. Das zu verdampfende Wasser wird
durch ein seitlich angebrachtes, mit einem Trichtergefäſse versehenes Rohr in den
Kesseluntertheil K1
gefüllt und kann diese Füllung auch während der Dampfentwickelung vor sich
gehen.
Der Lorenz'sche Apparat dürfte namentlich wegen der
groſsen Durchnässung der Gegenstände kaum eine über Versuche gehende Anwendung
erfahren.
Der von H. Redecker und Nauſs in Bielefeld ausgeführte
Desinfectionsapparat benutzt nur die desinficirende
Wirkung trockener Hitze. In einer gemauerten, durch
eine eiserne Doppelthür zugänglichen Kammer liegen am Boden in Schlangenwindungen
angeordnete Blechrohre, welche von den Heizgasen einer Feuerung durchzogen werden.
Ueber diesen Rohren liegt ein Siebboden und an der Decke der Kammer sind Haken zum
Aufhängen der Kleidungsstücke u. dgl. angebracht. Die Köpfe der einzelnen
Rohrkrümmungen sind mit Reinigungsstutzen versehen. Versuche mit diesem Apparate
haben ergeben, daſs nach einer Heizung von 2 Stunden im Inneren der Kammer eine
gleichmäſsige Temperatur von 120° erzielt wurde. Ist diese Zeit gegenüber der
Benutzung von Dampf schon als lang anzusehen, so ist bei Desinfectionsapparaten mit
trockener Hitzewirkung der Erfolg dadurch nicht immer gesichert, daſs bekanntlich
die angegebene Temperatur im Inneren gröſserer Ballen kaum zu erzielen ist.
Manlove, Alliott und Fryer in Nottingham, London und
Rouen bauen, wie die Revue industrielle, 1886 * S. 124
mittheilt, Desinfectionsapparate nach dem Systeme Washington
Lyons, bei welchem neben der Wirkung trockener
Hitze die Gegenstände unter gänzlichem Abschlusse
der Luft der Wirkung hoch gespannter Dämpfe ausgesetzt werden. Diesen
Apparaten fehlt also jede Lüftung und die durchnäſsten Gegenstände können darum nach
der Dampfwirkung im Apparate kaum getrocknet werden; auch hat diese Wirkung hoch
gespannten Dampfes unter Druck einen namentlich auf Pflanzenfaserstoffe zerstörend
wirkenden Einfluſs. Der in Fig. 12 Taf. 27
dargestellte Apparat besteht aus einem länglichen Kessel K von elliptischem Querschnitte, welcher an beiden Stirnseiten
aufklappbare Thüren D und einen Dampfmantel besitzt.
Vor zu groſser Wärmeausstrahlung ist der letztere durch eine Holzverkleidung
geschützt. Ebenso wie beim Schimmel'schen Apparate ist
ein auf Schienen g laufender, im unteren Theile mit
Draht eingestrickter Wagen W vorhanden, welcher die
Desinfectionsgegenstände aufnimmt. Die Dampfzuführung in den Heizmantel und das
Innere des Apparates erfolgt von einem gemeinschaftlichen Rohre d aus. Die zwei Abzweigungen desselben sind je mit
einem Sicherheits- und einem Dampfdruckminderungsventile s und s1
bezieh. m und m1 versehen. Die ganze Form und Ausführung des
Apparates ist gut und zweckentsprechend, obzwar, wie erwähnt, das benutzte
Desinfectionsverfahren unter Ausschluſs der Lüftung nicht empfohlen werden kann.
Einen fahrbaren Desinfectionsapparat versieht J. L.
Bacon in Berlin (* D. R. P. Nr. 35278 vom 17. Juli
1885) mit zwei getrennten Feuerungen. Bacon
hat bereits solche fahrbare Desinfectionsapparate ausgeführt, bei welchen die Heizung durch in
eine Feuerung reichende Wasserröhren bewerkstelligt (vgl. 1883 249 207) und durch die gleiche Feuerung in einem kleinen Kessel
Dampferzeugt wurde; diese Einrichtung ermöglichte nur die gleichzeitige Behandlung
der Gegenstände mit trockener Hitze und frei ausströmendem Dampfe. Um nun für jedes
dieser beiden Mittel unabhängiger zu sein, wie dies bei den feststehenden
Desinfectionsapparaten der Fall ist, sind an den beiden Stirnseiten des fahrbaren
Kastens K (Fig. 10 Taf. 27)
Feuerungen T und F
angeordnet. Die eine Feuerung T dient zur Heizung des
Kastens, indem die Heizgase die Rippenrohre R
durchstreichen, und die andere Feuerung F lediglich zur
Dampferzeugung in dem Kessel D. Beide Feuerungen
besitzen einen gemeinschaftlichen Schornstein S1 in welchen auch das mit Drosselklappe k versehene Dunstabzugsrohr A aus dem Kasten K mündet. In dem unteren
Theile von K ist noch ein geschlossenes Rohr S angebracht, welches mit dem Dampfraume des Kessels
durch das Rohr d in Verbindung steht und als
Dampfsammler dient. In diesem Rohre erfahrt der Dampf gleichzeitig durch die
Nachbarschaft der geheizten Rippenrohre R eine
Ueberhitzung. Der obere Theil des Kastens K ist
abnehmbar vom unteren, diese Rohre enthaltenden Theile eingerichtet und wird durch
einen Siebboden i von diesem abgetrennt. Die zu
desinficirenden Gegenstände werden in dem oberen, mit einer stellbaren
Luftzuführungsöffnung L versehenen und durch eine Thür
zugänglichen Raume an Haken h aufgehängt. Der kleine
Dampfkessel D ist in bekannter Weise mit
Wasserstandsglas, Sicherheitsventil u. dgl. ausgerüstet und wird mittels Handpumpe
oder Injector aus einem mitgeführten Wasserbehälter gespeist. Die Doppelwandung des
Kastens K ist mit schlechten Wärmeleitern
ausgefüllt.
So empfehlenswerth fahrbare Desinfectionsapparate auch sein können, da bei denselben
eine Fortschaffung der angesteckten Gegenstände nach der vielleicht entlegenen
Desinfectionsanstalt und damit auch eine weiter gehende Uebertragungsgefahr
wegfallen kann, so sind doch gegen dieselben einige freilich mehr äuſserliche
Uebelstände anzuführen. Es ist die durch die Aufstellung des Apparates auf der
Straſse bedingte Verkehrsstörung, der belästigende Rauch und Dunst, wie überhaupt
die dadurch auffällig gemachte Desinfection, welche doch auch in vielen Fällen nur
aus Vorsicht erfolgt. Weiter ist anzuführen die Erhöhung der Kosten der
Desinfection, wie die beinahe unmögliche Ueberwachung der richtigen Ausführung des
Desinfectionsverfahrens und des Nichtvermengens desinficirter und noch der
Behandlung unterliegender Gegenstände.
Der bereits in D. p. J. 1885 255 451 beschriebene Apparat zum Desinficiren von Lumpen in Ballenform ist inzwischen in Deutschland unter * Nr. 35129 vom
16. December 1884 an S. W. Parker und H. Blackman in New-York patentirt worden.
Man geht nun auch daran, die tödtende Wirkung strömenden Dampfes auf Ansteckungsstoffe
von Krankheiten für die Desinfection von Wohnräumen,
Stallungen, Eisenbahnwagen u. dgl. nutzbar zu machen. Das Ungenügende der
bisher gebräuchlichen Methode der Desinfection dieser Räume durch Besprengen der
Wände derselben mit Carbolsäure, Chlorkalk u. dgl. liegt darin, daſs das
Desinfectionsmittel dabei nicht alle Theile der Wände benetzt und namentlich nicht
in Ritzen u. dgl. eindringt, in welchen sich besonders der Herd für die Bildung der
Ansteckungsstoffe findet. Ein an solchen Ritzen entlang geführter Dampfstrahl dringt
jedoch in diese ein und vermag seine desinficirende Wirkung in voller Tiefe
derselben zu äuſsern. Es werden dabei Dampfstrahlen nicht bloſs als
Desinfectionsmittel, sondern mehr zur Vertheilung anderer chemischer desinficirender
Stoffe benutzt. So hat Apotheker F. Diehl in München
nach dem Bayerischen Industrie- und Gewerbeblatt, 1886
* S. 254 einen Desinfectionsapparat ausgeführt, welcher in der Hauptsache aus einem
mit Holz zu heizenden Dampfkessel besteht, der leicht versetzbar gemacht ist. An den
Dampfablaſsstutzen desselben wird ein Schlauch geschraubt und in diesen ein
flüssiges Desinfectionsmittel aus einem besonderen Gefäſse durch den Druck des
Dampfes auf den Flüssigkeitsspiegel in einer Düse eingepreſst. Beim Austritte des
Dampfes aus einer zweiten Düse am Ende des Schlauches wird diese Flüssigkeit im
Dampfstrahle fein vertheilt und gelangt so beim Führen dieser Düse entlang den
Wänden der Räume durch den Dampfdruck in alle Ritzen und Spalten. Mit diesem
Apparate ist auch eine gründliche Reinigung der Wohnräume von Insekten, Wanzen und
anderem Ungeziefer auszuführen.
Aehnlich ist der fahrbare Desinfectionsapparat von W.
Rosenfeld in New-York (* D. R. P. Nr. 34042 vom 28. April
1885). Auf einem Rädergestelle ist ein Dampfentwickler, eine Dampfpumpe
und ein mit Dampf gespeister Cylinder, durch welchen eine Rohrschlange führt,
angeordnet. Die Dampfpumpe drückt Wasser nach einer Mischvorrichtung für das Desinfectionsmittel; dasselbe kann als Pulver
oder flüssig angewendet werden und löst im ersteren Falle das durchgepreſste Wasser
eine genügende Menge desselben auf, während im letzteren Falle der Zufluſs der
Desinfectionsmittel in den Wasserstrom durch ein stellbares Ventil geregelt wird.
Das gesättigte Wasser wird dann in dem Schlangenrohre des Dampfcylinders zum Kochen
gebracht und tritt hierauf durch einen mit dem Schlangenrohre verbundenen Schlauch
und eine am Ende desselben angebrachte Brause in feinen Strahlen oder in Dampfform
aus.
Dr. Redard, Chefarzt der französischen Staatsbahnen,
will für die Desinfection von Eisenbahnwagen zur
Viehbeförderung u. dgl. nur Dampfstrahlen benutzen, jedoch den Dampf vorher überhitzen. In die Feuerbüchse einer
Locomotive soll ein Schlangenrohr von 21mm
Durchmesser, 7m,3 Länge und mit 7 Windungen
eingehängt werden, durch welches Dampf aus dem Locomotivkessel strömt. Der
überhitzte Dampf wird dann durch Gelenkrohre nach dem zu desinficirenden Wagen
geleitet. Das
Schlangenrohr kann leicht durch die Feuerthür in die Feuerbüchse gebracht werden.
Ein Wagen soll in 15 Minuten desinficirt werden können.
Diesem Verfahren macht O. Schimmel in Chemnitz den
Vorwurf, daſs dabei für die sichere Ausführung der Desinfection die Verläſslichkeit
des die Strahldüse führenden Arbeiters allein bürge. Um in dieser Beziehung
unabhängig zu sein, bringt Schimmel die Ausführung so
groſser Desinfectionsapparate nach seiner Einrichtung in Vorschlag, daſs in
dieselben ein ganzer Eisenbahnwagen eingefahren werden kann. Auf diese Weise würde
z.B. auch die Desinfection von Lumpenballen u. dgl.,
ohne dieselben erst von dem Wagen nehmen zu müssen, ermöglicht werden.