Titel: | Das Erdöl von Baku; von C. Engler. |
Autor: | C. Engler |
Fundstelle: | Band 260, Jahrgang 1886, S. 433 |
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Das Erdöl von Baku; von C. Engler.
(Mit Abbildungen. Fortsetzung der Abhandlung S.
337 d. Bd.)
Engler, über das Erdöl von Baku.
III. Die Raffination der
Naphta.
Die Verarbeitung der rohen Naphta auf Brennöl und Schmieröl erfolgt zur Zeit fast
ausschlieſslich in den Raffinerien der „Schwarzen Stadt“ (Tschorni Gorod),
welches eine am Kaspischen Meer gelegene, an Baku sich anschlieſsende Vorstadt
bildet und durch einen ganzen Wald geschwärzter Schornsteine gekennzeichnet ist. Man
zählte Ende 1885 in der Umgebung von Baku nicht weniger als 136 einzelne
Raffinerien, davon 100 in Betrieb. Die bedeutendsten derselben sind:
Eingerichtet auf Kerosin-erzeugung
von
Gebrüder Nobel
2500000
MC.
Kaspische Gesellschaft
420000
Pallaschkowsky (Batum'sche Naphta-Gesellschaft)
420000
Tagieff und Sarkisoff (bei Bibieybat)
330000
Baku'sche Naphta-Gesellschaft
(Surakhani)
250000
Schibajeff (Verwalterfrüher
V. J. Ragosine)
170000
Bedeutendere Werke bestehen ferner noch von Mirzoëff, Oelrich
und Comp., Adamoff, Nagieff, Manafoff u.a.; im Uebrigen sind dann aber eine
groſse Zahl kleiner und ganz kleiner, theilweise alter persischer
„Raffinerien“ vorhanden, von denen manche nur 1 oder 2 Blasen aufweisen
und nur einige Monate des Jahres arbeiten. Im Ganzen gibt es 12 Raffinerien, welche
über 80000 MC, 15, welche 16000 bis 80000 MC. und 109, die nur weniger als 16000 MC.
Kerosin jährlich liefern können.
In allen groſsen Anlagen hat man bei der Raffination der Naphta ihre Destillation und ihre chemische
Reinigung zu unterscheiden, wobei jedoch die Destillation auf Brennöl
(Kerosin) und die auf Schmieröl mit dazu gehörigen chemischen Reinigungsprozessen
aus einander zu halten sind. Beide Destillationen werden nach einander, jedoch in
besonderen Apparaten derart durchgeführt, daſs man die Rückstände der ersten, der
Kerosindestillation, aus den gröſseren Destillirkesseln in die kleineren
Schmierölblasen abzieht und hierin weiter destillirt.
A) Die Kerosin- (Brennöl-) Destillation.
Die Rohnaphta, welche in der Umgebung von Baku gewonnen
wird ist nicht von vollständig gleichmäſsiger Beschaffenheit. Schon im specifischen
Gewichte zeigen sich, wenn auch nur ausnahmsweise, erhebliche Schwankungen. Die Oele
von Balakhani halten sich im Allgemeinen zwischen 0,855 bis 0,885, die von
Sabuntschi zwischen 0,850 bis 0,880. Dadurch, daſs sie durch Transport und in den
groſsen Behältern mit einander vermischt werden, nehmen sie aber eine gewisse
Gleichmäſsigkeit an, so daſs die in der „Schwarzen Stadt“ zur Destillation
kommenden Rohöle ein mittleres specifisches Gewicht von 0,865 bis 0,870 aufweisen.
Die Naphta von Bibieybat, welche von Tagieff und
Sarkisoff
aufgearbeitet wird, ist
erheblich leichter: 0,855 bis 0,858. Bei dem meist hohen Gehalte an leichtflüchtigen
Theilen nimmt das specifische Gewicht der Naphta von der Quelle bis zur Raffinerie
durch Verdunstung stets etwas zu.
Entsprechend dem specifischen Gewichte ist selbstverständlich auch der Gehalt an
leichtflüchtigen, unter dem Brennöle überdestillirenden Theilen, sowie an Brennöl
selbst sehr verschieden. Es geben die Oele von:
Balakhani-Sabuntschi
Bibieybat
Leichtflüchtige Theile (Benzin u.s.w.)
5
bis
6
Proc.
10,5
Proc.
Leuchtöl I. Güte (Kerosin)
27
„
33
40
Leuchtöl II. Güte (Solaröl)
5
„
6
13,5
Rückstände
50
„
60
36
Gegenüber anderen Rohölen, insbesondere dem pennsylvanischen, ist der Leuchtölgehalt
der kaukasischen Naphta ein nur geringer; denn es enthält das Rohpetroleum in 100
Theilen:
Pennsylvanien
Galizien
Rumänien
Elsaſs
Leichtflücht. Oele.
10
bis
20
3
bis
6
4
–
Leuchtöl
60
„
75
55
„
65
60
bis
70
35
bis
40
Rückstände
5
„
10
30
„
40
25
„
35
55
„
60
Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daſs die Rückstände der
Baku'schen Raffinerien durch ihre vorzügliche Eignung für die Gewinnung von
Schmierölen an sich werthvoller sind als die anderen.
a) Die Destillations- und
Kühlapparate.
Die Behälter, in welchen die Rohnaphta in den
Raffinerien zur letzten Klärung aufbewahrt wird, sind von gleicher Construction
wie die an den Oelquellen aufgestellten. In der Nobel'schen Raffinerie stehen 3 solcher Behälter für Rohnaphta zu je
15000 MC. Von den Behältern aus geht die Naphta durch Röhren in die
Destillirkessel bezieh. die Vorwärmapparate.
In den gröſseren Raffinerien fand ich nur die folgenden drei Kesselformen:
1) Stehende schmiedeiserne Kessel, von cylindrischer
Gestalt, etwa ebenso hoch als weit, mit nach oben gewölbtem Boden und
gewöhnlichem Helm, welcher nach dem Kühler führt. Fassungsraum bei ¾ bis ⅘
Füllung 80 bis 100 MC. Die Feuerung ist eine unmittelbare und erfolgt mit
Naphtarückständen. Für Kerosindestillation sind diese Kessel übrigens nur wenig
mehr in Anwendung und werden mehr und mehr durch die unter 3 beschriebene
Construction ersetzt.
2) Der sogen. Waggonkessel ist in Texttig. 1 und 2
abgebildet und besteht aus dem aus Schmiedeisenplatten zusammengenieteten, in
den gröſsten Ausführungen 7m langen, 4m breiten, 3m hohen (von der tiefsten Stelle des Bodens bis zum Helm)
kastenförmigen Kessel A mit in der Breite nach
dreifach gewelltem Boden, schwach nach oben gewölbtem Deckel und den drei Helmen
a, welche die Dämpfe nach dem Kühler abführen;
b ist eine Arbeitsöffnung, c sind drei Ablaſsstutzen für die Rückstände. Die
Anordnung der inneren Verstrebungen des Kessels, desgleichen die Einmauerung mit
Feuerzügen B und B1, sind aus den Figuren leicht zu entnehmen. Von
dem Rückstandsbrenner r aus, deren zwei neben
einander vorhanden sind und welche in die überwölbten Feuerkanäle B, B1 einmünden,
schlägt die Flamme zum Schütze des Kesselbodens zuerst unter feuerfesten
Gewölben hindurch, wendet sich am Ende des Kessels, dessen Boden hier auch noch
mit feuerfesten Steinen verkleidet ist, wieder nach vorn, um dann in die Höhe zu
steigen und zu beiden Seiten des Kessels sich zuerst wieder rückwärts, dann
abwärts zu wenden und durch den Feuerkanal B2 in den Schornstein zu entweichen. Die
Destillation wird durch Einleiten gespannten Wasserdampfes unterstützt.
Fig. 1., Bd. 260, S. 435Fig. 2., Bd. 260, S. 435 Bei einem Fassungsvermögen eines solchen Kessels (kleinere Sorte) von
etwa 350 MC. und einer Füllung mit 300 MC. Rohöl können in 24 Stunden 2½
Destillationen ausgeführt, also 700 bis 800 MC. Rohnaphta destillirt werden, was
einer ungefähren täglichen Erzeugung von 200 bis 250 MC. Kerosin entspricht.
Die frühere Einmauerung, wobei die Stützmauern in die Vertiefungen des gewellten
Bodens eingriffen, so daſs die drei Auswölbungen nach unten frei lagen und drei
Feuerräume entstanden, hat man wegen rascher Zerstörung des Kesselbodens
verlassen.
3) Walzenkessel Ein solcher hat cylindrische Gestalt
und ist in Fig. 3 und 4 in Querschnitt und Aufriſs abgebildet. Als Material dienen ebenfalls 10mm dicke Schmiedeisenplatten; die Länge
schwankt zwischen 5 und 6m, der Durchmesser
zwischen 2 und 3m; die kleineren fassen bei ¾
bis ⅘ Füllung etwa 170 MC. (1000 Pud), die gröſsten 270 MC. Ueber letztere
Gröſse hinauszugehen, hat sich für den Betrieb als unpraktisch erwiesen. Der
Kessel A liegt an beiden Enden auf eingemauerten
Schienen a auf und ist auſserdem durch eine Reihe
neben einander an den Kessel genieteter seitlicher Lappen im Mauerwerke
festgehalten. Gegen Uebersteigen der Flüssigkeit ist ein groſser Dom B aufgesetzt, aus dem die Oeldämpfe durch eine
Oeffnung c in eine eiserne Rohrleitung von gleicher
Weite entweichen, durch welche sie dann nach dem Kühler geführt werden. Der
Rückstandsbrenner wird bei C eingeführt, seine
Flamme schlägt zunächst unter dem Gewölbe hindurch, tritt am entgegengesetzten
Ende über das Gewölbe in den Raum C1 zieht in entgegengesetzter Richtung
unmittelbar unter dem Kessel nach vorn, vertheilt sich hier, um in
ursprünglicher Richtung zu beiden Seiten des Kessels, durch C2, in den
gemeinsamen Abzugskanal und in den Schornstein zu gelangen. Falls man die
Rückstandsflamme unmittelbar, also ohne ein Schutzgewölbe unter den Kesselboden
treten läſst, so muſs der bedeutenden Hitze wegen der Brenner mindestens 1m,75 unterhalb des Kesselbodens angebracht
sein. Kessel, in denen die Feuerung nach Art der Cornwallkessel in einem weiten
Feuerrohre erfolgt, kommen nur ausnahmsweise zum Abtreiben des Benzins zur
Anwendung.
Fig. 3., Bd. 260, S. 436Fig. 4., Bd. 260, S. 436 In den meisten Raffinerien steht immer eine gröſsere Zahl
Destillirkessel neben einander und hinter denselben läuft ein gemeinsames Rohr
n mit Naphta hinweg, von welchem aus
Zweigröhren n1 zur
Speisung der einzelnen Kessel abgehen, desgleichen ein Dampfrohr d mit Zweigröhren d1, um die Destillation in jedem einzelnen Kessel
durch Einleitung von gespanntem Dampf unterstützen zu können. E ist das an der tiefsten Stelle des Kessels
eingesetzte Abfluſsrohr für die Rückstände. Das Mannloch m dient zum Reinigen des Kessels. Da durch Bruch
der mit den sehr heiſsen Rückständen gefüllten Rohrleitungen schon gefährliche
Brände entstanden sind, die es unmöglich machten, zu den betreffenden
Abschluſsventilen zu gelangen, um den Auslauf zu unterbrechen, hat man in
neuester Zeit die Ventile mit gutem Erfolge in den Rohransatz in den Kessel verlegt. Die Ventilstangen ragen oben
über den Kessel heraus, lassen sich von hier aus jederzeit noch einstellen und
der Kessel erhält dadurch einen sehr sicheren inneren Abschluſs.
Eine vorzügliche und sehr bewährte Schutzmaſsregel gegen das Entstehen eines
Brandes findet sich in der Nobel'schen Raffinerie;
dort läuft vor jeder Batterie von Destillirkesseln ein offener Kanal, durch
welchen ununterbrochen Wasser flieſst, so daſs jeder Tropfen Naphta, welcher von
den über diesem Kanäle angebrachten Leitungen heruntertropft, sofort durch das
Wasser fortgeführt wird. Anderenfalls würden Mauerwerk und Boden allmählich mit
Naphta völlig durchtränkt und in hohem Grade feuergefährlich.
Als ein sehr gutes Mittel, um den Bruch der guſseisernen Rohrleitung, durch
welche die über 300° heiſsen Rückstände abgeleitet werden und die dadurch eine
sehr starke Ausdehnung erfahrt, zu vermeiden, hat sich das Einsetzen kupferner
Rohrstücke von der Form eines Ω mit stark 1m
Spannweite in die Rohrleitung erwiesen. Je nach Länge der Leitung werden ein
oder mehrere solcher Einsätze gegeben.
Fig. 5., Bd. 260, S. 437Fig. 6., Bd. 260, S. 437Fig. 7., Bd. 260, S. 437 Nicht selten ist zwischen dem Helm der Destillirblase und dem Kühler
ein Dephlegmator oder sogen. „Separator“ eingeschaltet, den die Oeldämpfe
zur Verdichtung mitgerissener Schmieröle durchziehen müssen und aus welchem die
verdichteten Oele entweder in den Destillirkessel zurück- oder aber in einen
besonderen Behälter abflieſsen, um durch eine weitere Rectification auf ein
Leuchtöl II. Güte (Solaröl) verarbeitet zu werden. Fig.
5 bis 7 verdeutlichen zwei einfache
Einrichtungen dieser Art. Fig. 5 bedarf keiner
besonderen Erläuterung; der betreffende Apparat wird meist unmittelbar neben den
Helm auf den Kessel gesetzt und die verflüssigten Theile flieſsen durch das
unter dem Spiegel der siedenden Naphta endigende Rohr in den Kessel zurück. Fig. 6 und 7
stellen einen ungefähr 2m hohen, etwa 0m,5 weiten, oben und unten offenen
Eisenblechcylinder a mit dem etwa 0m,7 weiten Blechmantel b dar. Die Dämpfe treten durch den Stutzen d in den oben und unten mittels ringförmiger Platte verschlossenen
Raum zwischen beiden Cylindern, gehen über zwei einander gegenüber stehenden
Zwischenwänden c hinweg und entweichen durch d1 in den Kühler.
Das abgeschiedene Oel sammelt sich unten und wird durch ein besonderes Rohr
abgelassen. Bei kalter Jahreszeit wird der innere Cylinder oben abgedeckt, so
daſs die Luft innen nicht mehr kreisen kann und ebenso muſs oft auch der äuſsere
Cylinder mit Schutzmantel umgeben werden, damit sich nicht zu viel Kerosindämpfe
verdichten.
Auch im Walzenkessel werden innerhalb 24 Stunden 2½ Füllungen abgetrieben, so
daſs sich die tägliche Leistungsfähigkeit solcher Kessel je nach Gröſse zwischen
425 und 675 MC. zu destillirender Rohnaphta, bezieh. 125 und 200 MC. zu
gewinnenden Kerosins hält.
Als Kühler werden bei der Kerosindestillation
durchweg Wasserkühler verwendet; sie sind in den meisten Fabriken hinter den
Destillirkesseln aufgestellt und stehen mittels eiserner Röhren mit den
Kesselhelmen unmittelbar oder unter Einschaltung von ein oder zwei
Dephlegmatoren in Verbindung. In Verwendung fand ich hauptsächlich die folgenden
drei Kühlsysteme:
1) Schlangenkühler oder in ähnlicher Anordnung hin
und her gebogene, ungefähr 10cm weite
Schmiedeisenröhren. Dieselben weichen in ihrer Einrichtung von den allgemein
bekannten Kühlern dieser Art nicht ab und werden neuerdings mehr und mehr
verlassen, weil ihre Reinigung von dem bei der Destillation sich ansetzenden
Schwefel groſse Schwierigkeiten darbietet und das Schmiedeisen durch die
Kerosindämpfe zu rasch durchfressen wird; sie halten nur etwa 1 Jahr lang und
werden fast nur noch bei Verdichtung der leichten Oele (Benzin, Gasolin u. dgl.)
angewendet.
Fig. 8., Bd. 260, S. 438Fig. 9., Bd. 260, S. 438 2) Ein Röhrenkühler aus Guſseisen ist in
Fig. 8 und 9,
Aufriſs und Grundriſs, zur Darstellung gebracht; 4 Röhren liegen in wagerechter
Ebene neben einander und je 6 solcher Reihen über einander, so daſs ein ganzes
System aus 24 Röhren besteht. Die Kerosindämpfe treten durch Rohr a ein, vertheilen sich in dem Kopfstück b, dann in die 4 obersten Röhren, vereinigen sich
wieder in b1,
treten von da nach b2, von da wieder durch 4 Röhren nach b3 u.s.f. bis b11 von wo der Abfluſs des Oeles bezieh. der
Uebertritt der nicht verflüssigten Dämpfe in ein zweites solches System oder
deren unmittelbare Ableitung erfolgt. Die Gesammtlänge der Röhren für einen
Walzenkessel mittlerer Gröſse soll mindestens 60m betragen, beträgt aber in gut eingerichteten Raffinerien bis zu
100m bei einer lichten Rohrweite von 15
bis 20cm; auch wählt man in Rücksicht darauf,
daſs das Volumen der Dämpfe sich durch Verdichtung gegen das Ende mehr und mehr
verringert, für die ersten Lagen weitere, etwa 20cm weite Röhren, geht in der Mitte auf 17, schlieſslich auf 14cm zurück.
In groſsen Raffinerien läuft hinter einer Reihe von Destillirkesseln ein langer,
kanalförmiger, aus Holzbohlen gefertigter Behälter hinweg, in welchem die
Röhrenkühler, meist 2 Systeme neben einander, liegen und durch den das
Kühlwasser von dem einen Ende nach dem anderen langsam hindurchflieſst. Zur
Kühlung wird allgemein das mittels besonderer Pumpen gehobene Wasser des
Kaspischen Meeres benutzt und müssen, weil dasselbe in heiſser Jahreszeit bis
28° warm wird, deshalb die Kühlröhren entsprechend lang genommen werden. Sehr
häufig – und dies insbesondere bei absatzweiser Destillation – liegen immer nur
ein oder zwei solcher Röhrenkühler in besonderen Wasserkästen, so daſs hinter
jedem Kessel der dazu gehörige Kühlbehälter mit Röhrenkühler aufgestellt
ist.
3) Die Kastenkühler sind nur wenig angewendet und
bestehen aus einem im Querschnitte runden oder quadratischen Behälter aus
Eisenblech, durch welchen eine groſse Zahl senkrechter Röhren hindurchzieht; das
Kühlwasser flieſst durch diese Röhren, während die Kerosindämpfe in dem
kastenförmigen oder cylindrischen Raum die Kühl Wasserrohren umspülen und sich
verdichten. Ich sah an solchen Kühlern mehrfach eine Art Sicherheitsventil
angebracht, welches bei plötzlicher massenhafter Dampfentwickelung im Kessel in
Wirksamkeit tritt. Dasselbe besteht aus einer groſsen, in ringförmiger Rinne
stehenden und durch einen Wasserverschluſs abgesperrten Blechglocke, deren
Innenraum durch ein weites Rohr mit dem Dampfraume des Kühlers in Verbindung
steht. Bei plötzlicher massenhafter Dampfentwickelung wird diese Glocke in die
Höhe gehoben bezieh. gefahrlos abgeschleudert.
Fig. 10., Bd. 260, S. 439 Der Ablauf der Oele aus den Kühlerröhren
erfolgt geschlossen; da jedoch Oele und Wasser sich zugleich verflüssigen, so
muſs eine Scheidung beider bewirkt werden, was meist in Apparaten nach Art der
Florentiner Flaschen geschieht. Eine Einrichtung dieser Art, wobei auch noch die
Farbe des jeweils sich verdichtenden Oeles durch eine Laterne beobachtet werden
kann, ist in Fig. 10 abgebildet. Oel und Wasser
flieſsen aus dem Kühler bei a in den eisernen
Cylinder A1 in
welchem die Scheidung von Oel und Wasser erfolgt. Das Wasser flieſst durch ein
Rohr b ab, nicht verflüssigte Dämpfe und Gase treten durch
das Rohr c in die Luft, die Oele flieſsen durch d in die Laterne B,
woselbst sich immer eine kleine Menge Oel sammelt, welche durch die Glasscheiben
der Laterne beobachtet werden kann. Aus der Laterne erfolgt dann die
Weiterleitung je nach betreffender Hahnstellung durch die Röhren 1 bis 5. Die
leichtesten Oele gehen durch 1, die schwereren
durch 2 u.s.f.; die schwersten leitet man aus dem
Rohre d meist unmittelbar in die Abfluſsröhre 5, wozu ein besonderer Ablaſsstutzen d1 vorhanden ist.
Die Oelabfluſsröhren sämmtlicher Kühlsysteme einer Raffinerie endigen insgesammt
in einen geschlossenen Raum, woselbst ihre Enden mit betreffenden Nummern
versehen sind. Hier werden die ablaufenden Oele auf ihr specifisches Gewicht
geprüft und dann mittels Röhrenansätzen von verschiedener Länge in Rinnen mit
anderen Oelen zu Kerosinen u. dgl. von gewünschten specifischen Gewichten
vermischt und zur chemischen Reinigung gebracht.
b) Die Rückstandsfeuerung.
Bei dem fast gänzlichen Mangel an Holz und Kohlen in der Umgebung Bakus hat man
sich in den dortigen Raffinerien von Anfang an darauf eingerichtet, die bei der
Destillation in groſser Menge (etwa 55 bis 60 Proc.) hinterbleibenden
schwersiedenden Rückstände, dortselbst von den tartarischen Arbeitern „Massud,“ von den Russen „Astatki“ genannt, als Heizmaterial zu
benutzen. Die einfachste, noch jetzt in kleinen Anlagen übliche Art und Weise
der Verbrennung dieser Rückstände besteht darin, daſs man sie in flachen Schalen
in den Feuerungsraum einschiebt, oder aber auf Schalen oder Steine, manchmal
auch unmittelbar auf die Herdsohle der Feuerung auf tropfen und dortselbst
abbrennen läſst. Daſs eine solche Art der Verbrennung mit gewaltiger
Rufsentwickelung verbunden sein muſs, ist selbstverständlich und zeigt sich auch
an dem schwarzen Qualm, welcher den Schornsteinen der vielen kleineren
Raffinerien bei Baku entsteigt. Auch die Ausnutzung des Heizwerthes ist dabei
eine sehr unvollkommene.
Obgleich zur Zeit eine nicht unerhebliche Menge des Massud auf Schmieröl
verarbeitet wird, wobei ein sehr dicker, zum Heizen nicht ohne weiteres
verwendbarer Rückstand hinterbleibt, entstehen bei der Raffination des Erdöles
von Baku doch so gewaltige Massen Rückstände, daſs sie nicht bloſs zur Heizung
bei Destillation von Kerosin und Schmieröl, sowie zur Dampferzeugung ausreichen,
sondern auch noch zu billigen Preisen an andere Fabriken, sowie zur Heizung der
Dampfkessel auf Schiffen und Locomotiven auf groſse Entfernungen abgegeben
werden. Die Dampfschiffe des Kaspischen Meeres, theilweise auch des Schwarzen
Meeres und die der Wolga, die Locomotiven der transkaukasischen (Poti-Baku),
sowie der transkaspischen, auch einiger anderer russischen Bahnen sind mit
Rückständen der Baku'schen Raffinerien, wenn nicht sogar mit roher Naphta,
geheizt.
Der Heizwerth der Rückstände beträgt nahezu das
Doppelte von dem der Steinkohle. Gewöhnliche Brenner geben 12fache Verdampfung:
mittels Brenner bester Construction können mit 1k Rückständen aber 14 bis 15k Wasser
verdampft werden. Für die Destillation von 100 Th. Rohnaphta auf Kerosin werden
3 bis 4 Th. Rückstände verbraucht.
Der RückstandsbrennerVgl. Uebersicht 1885 258 * 418.,
dort „Forsunka“ genannt, um dessen
Einführung und Verbesserung sich ganz besonders die Firma O. K. Lenz in Baku groſse Verdienste erworben hat,
kommt in den verschiedenartigsten Formen zur Anwendung. Immer läuft es darauf
hinaus, daſs die Rückstände durch gespannten Wasserdampf zerstäubt und dann
verbrannt werden. Zerstäubung mittels Luft hat sich nicht bewährt; die frei
zutretende Luft reicht zur Verbrennung vollständig aus und schon dabei können
Flammentemperaturen erzielt werden, welche das Schmiedeisen zum Schmelzen
bringen. Aus diesem Grunde müssen auch Kesselboden, Heizröhren u. dgl. vor zu
unmittelbarer Berührung mit der Flamme der Forsunka geschützt werden.
Da bei jetziger Ueberproduction an Steinkohlentheer die Heizung mit Theer
vielleicht wieder gröſsere Bedeutung erlangen wird (vgl. * S. 411 d. Bd.),
dürfte es bei der Gleichartigkeit der Bedingungen, unter denen die beiden
Materialien verbrennen, von Werth sein, die wichtigeren Rückstandsbrenner kennen
zu lernen.
Fig. 11., Bd. 260, S. 441Fig. 12., Bd. 260, S. 441Fig. 13., Bd. 260, S. 441Fig. 14., Bd. 260, S. 441Fig. 11 ist eine in Baku vielfach verwendete
Forsunka abgebildet; sie besteht aus dem 26mm
lichtweiten Eisenrohre D, das an seinem vorderen
Ende platt geschlagen ist, so daſs nur noch ein etwa 0,5 bis 1mm weiter Schlitz offen bleibt, durch welchen
der durch dieses Rohr geleitete Wasserdampf hervordringen kann. Die Zuleitung
der Rückstände erfolgt durch Rohr N, wobei das aus
demselben ausflieſsende dicke Oel in einem napfartigen Aufsatz sich vertheilt,
um am Fig. n. vordersten Ende über den Dampfschlitz
herunter zu flieſsen, durch den ausströmenden Dampf aufs feinste zerstäubt und
dann verbrannt zu werden. Die Anordnung dieser Forsunka unter einem
Destillirkessel ergibt sich aus Fig. u. Fig. 1
und 2 (siehe oben). Je nachdem man der Röhre D die Form von Fig.
12, 13 oder 14 ertheilt, nimmt der entstehende Flammenbüschel eine mehr spitze,
breite oder mittlere Form an. Durch Hähne, welche sich in der Verlängerung der
Röhren N und D linden, wird
der richtige Zutritt von Dampf und Rückständen geregelt.
Fig. 15., Bd. 260, S. 442 Eine zweite häufig angewendete Forsunka, System Brandt, ist Fig. 15
in 0,2 n. Gr. abgebildet. Durch das Guſsstück a aus
Messing gehen Röhren b und m hindurch, erstere für die bei N
eintretenden Rückstände, letztere für Wasserdampf, der bei D zutritt. Die Rückstände treten durch einen
ringförmigen, mittels Kegel f vom Griffe h und Spindel g zu
verstellenden Schlitz aus, während der Dampf durch einen um diesen angeordneten
Schlitz entweicht. Zwischen Kegel f und dem
ebenfalls verstellbaren Kopfstück i vermischen sich
beide und treten bei s als feiner Strahlenbüschel
aus, welcher angezündet wird. Die Regelung von Dampf und Rückständen erfolgt
nicht mittels der Hähne o und l, welche bei Gebrauch des Brenners vollständig
geöffnet sind, sondern durch Verstellung des Kegels f.
Fig. 16., Bd. 260, S. 442Fig. 17., Bd. 260, S. 442 Die Anordnung eines solchen Brenners in einem gewöhnlichen Dampfkessel (Cornwall) ist aus Fig. 16 und 17 zu
entnehmen. Die Rückstände laufen aus dem Behälter R
durch Rohr N in den Brenner, während der Dampf aus
dem Dome des Dampfkessels durch D ebendahin
geleitet wird. Bei r ist der ganze Brenner in
wagerechter Ebene drehbar, so daſs er also bei Drehung um etwa 90° aus der
Oeffnung der Thür t heraustritt. Um Explosionen
unmöglich zu machen, geschieht die Entflammung in letzterer Stellung, also vor
Einführung in den Feuerungsraum. Die nöthige Luft tritt durch die Löcher der Thür t, sowie durch eine mittels Klappe zu stellende
gröſsere Oeffnung zu.
Fig. 18., Bd. 260, S. 443Fig. 19., Bd. 260, S. 443Fig. 20., Bd. 260, S. 443 Eine Lenz'sche Forsunka findet sich in
Fig. 18 bis 20
abgebildet; sie besteht aus dem Doppelrohre a, a1 aus Messing, an welches sich einerseits die
cylindrische, oben und unten mittels Schraubendeckel h verschlieſsbare Mischkammer g
anschlieſst; die drehbaren, mittels Schlüssels bei p und p1
verstellbaren Stangen o laufen bei t und bei n in festen
Lagern und endigen in excentrisch angesetzten Zapfen (vgl. Fig. 19). Letztere greifen in halbcylindrisch
geformte Gleitstücke e ein, so daſs je nach Drehung
bei p und p1 und Stellung der excentrischen Zapfen diese
Gleitstücke nach oben oder nach unten verschoben werden können, um so der Zunge
b mehr oder weniger nahe zu kommen und den
Zufluſs von Dampf und Rückständen genau zu regeln. Diese treten fein zerstäubt
durch den wagerechten schlitzförmigen Mund s,
welcher zur Hälfte oder etwas weniger um die cylindrische Kammer g herumläuft, als Flammenbüschel aus. Die
Zuleitungsröhren D und N sind mit Hahn für Dampf und Rückstände nach a bezieh. a1 versehen. Für 1 Stunde und Pferd verbraucht diese Forsunka etwa 3
bis 3k,5 Rückstände von 0,910 sp. G. und 140°
Entzündungspunkt.
Fig. 21., Bd. 260, S. 443 Der auch auf den Nobel'schen Werken
verwendete Brenner von Sandgreen ist in Fig. 21 verdeutlicht. Durch N und D treten
Rückstände bezieh. Dampf in die beiden durch die Wand f in zwei Hälften getheilte Kammer AB.
Die Ausströmung der, Naphta wird durch Verstellung der Mundstückplatte k mittels Hebel h und
Stange l während des Brennens geregelt; die
Mundstückplatte k1
für den Dampf wird von vornherein festgestellt. Durch g kann der Dampf behufs Reinigung nach Zurückziehen des Kegels m auch in die Abtheilung A geleitet werden.
Die Brenner für Locomotivkessel, überhaupt für Röhrenkessel, müssen nach wesentlich anderen
Grundsätzen construirt sein als die oben beschriebenen, welche hauptsächlich bei
Heizung in lang gezogenen kanalartigen Feuerräumen oder in weiten Röhren, wie
z.B. in Cornwallkesseln, dienen; denn unter Anwendung derselben würden durch die
entstehende Stichflamme die Feuerbüchsen ungemein leiden. Man ist deshalb
bestrebt, für solche Kessel eine mehr vertheilte Flamme zu erzeugen, was bei den
folgenden beiden Brennern erreicht wird.
Fig. 22., Bd. 260, S. 444Fig. 23., Bd. 260, S. 444Fig. 24., Bd. 260, S. 444Fig. 25., Bd. 260, S. 444 Der eine derselben, von Lenz, ist in Fig. 22 bis 25 in
0,15 n. Gr. zur Darstellung gebracht. In seiner allgemeinen Anordnung schlieſst
er sich aufs engste an die oben in Fig. 20
gezeichnete Forsunka an, weshalb darüber nichts ausführlicher gesagt zu werden
braucht. Der Brenner unterscheidet sich nur dadurch von jenem, daſs der
schlitzförmige Mund s um die ganze cylindrische
Kammer g, soweit dieselbe nicht an dem
Zuleitungsstück festsitzt, herumläuft, wodurch also eine ringförmige Ausströmung
der zerstäubten Rückstände bewirkt wird. Hierfür müssen selbstverständlich auch
die Gleitstücke e und e1 cylindrisch sein, d.h. also sich in
der Kammer g nach Art eines Kolbens auf- und
abwärts bewegen lassen. Letzteres erfolgt mittels der Regulirstangen o, welche in den mit der feststehenden Zunge b verbundenen Lagern n
drehbar sind. Durch Drehung der auf o befestigten
excentrischen Ringe d (Fig. 24) können die cylindrischen Gleitstücke e bezieh. e1 gehoben und gesenkt werden, um so durch den Mund bei s nach Belieben mehr Dampf oder Rückstände
austreten zu lassen. Fig. 25 bildet einen
senkrechten Schnitt durch Fig. 23 bei den
Zuleitungsröhren D für Dampf und N für Rückstände oder rohe Naphta. Mittels Hahn h kann zum Reinigen des Brenners auch Dampf in die
Oelkammer geleitet werden. Fig. 22 endlich zeigt
eine etwas abgeänderte Gestalt von Zunge und Mund des Brenners.
Endlich ist in Fig. 26 und 27 ein Brenner für Locomotivkessel von
Brandt abgebildet. Die Brennerkammer ist durch die
wagerechte Scheibe a in zwei ungleiche Räume
getheilt, in deren unteren der Dampf durch Rohr D,
deren oberer die Rückstände durch Rohr N treten.
Durch schwache Drehung des Einsatzes o lassen sich
die Oeffnungen i weiter oder enger stellen und die
Zuströmung der Rückstände sonach genau regeln. Letztere treten zwischen den
Rippen d durch die Abtheilungen e und die Schlitze f
radial aus und werden durch den darunter ausströmenden Dampf zerstäubt.
Fig. 26., Bd. 260, S. 445Fig. 27., Bd. 260, S. 445Fig. 28 zeigt denselben Brenner l in der Feuerbüchse eines Locomotivkessels,
inmitten des Rostes k angebracht. Zuleitung von
Rückständen und Dampf erfolgt durch Rohre N und D mit Regulirventilen t. Der Verbrauch an Naphta für Beförderung eines Zuges mit 20
geladenen Wagen beträgt nach Brandt für 1km etwa 10k.
Fig. 28., Bd. 260, S. 445 Die Vorzüge der Forsunken-Feuerung bestehen in sehr hoher Heizkraft,
geringem Raume für den Brennstoffvorrath und für die Fig. 27. Feuerung selbst, leichter Bedienung und
Regulirbarkeit, sowie endlich rauchfreier Verbrennung. Es gewährt in der That
einen eigenen Reiz, Fig. 28. aus den zahlreichen
Schornsteinen beispielsweise der Nobel'schen Werke
nichts als heiſse, zitternde Verbrennungsgase emporsteigen zu sehen. Weniger
rauchfrei und geruchlos verbrennen die Rückstände in den Locomotivkesseln;
wenigstens habe ich auf der Eisenbahnfahrt zwischen Tiflis und Baku wiederholt
Geruch und Rauch, wenn auch weniger stark als bei unseren Locomotiven,
wahrgenommen.
(Fortsetzung folgt.)