Titel: | Zur Herstellung von Leder (Patentklasse 28). |
Fundstelle: | Band 260, Jahrgang 1886, S. 474 |
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Zur Herstellung von Leder (Patentklasse
28).
Zur Herstellung von Leder.
Nach dem von A. Müller-Jacobs in New-York (D. R. P. Nr. 35338 vom 19. Juni
1885) angegebenen Gerbereiverfahren unter Benutzung von Sulfoleaten und Sulforicinoleaten an Stelle von Fetten,
Oelen u. dgl. werden durch gemäſsigte Einwirkung von 25 bis 50 Proc. concentrirter
Schwefelsäure auf Triglyceride, Oel- und Fettsäuren, sowie auf halbflüssige und
feste Fette und durch Neutralisation des entstandenen, durch Waschen mit Wasser und
Kochsalzlösungen von überschüssiger, unverbundener Schwefelsäure befreiten
Sulfosäuregemisches und durch Zugabe von Kalium-, Natrium- oder Ammoniumhydrat
Sulfoleate hergestellt (vgl. 1884 253 473), welche in
folgender Weise für Gerbereizwecke verwendet werden sollen.
Bei der Roth- und Lohgerberei werden die gut gereinigten und wie gewöhnlich
geschwellten Häute (Blöſsen) in eine neutrale, 5- bis 10procentige Sulfoleatlösung
eingelegt. Nach Verlauf einiger Stunden nimmt man sie heraus, läſst gut abtropfen
oder schleudert und trocknet langsam an der Luft oder in einem feuchten Heizraum,
worauf man nach völligem Trocknen wäscht und dies erforderlichen Falles nochmals
wiederholt. Die übrig bleibende Oelbrühe wird stets wieder aufs Neue verwendet, ohne
daſs ein besonderer Zusatz nöthig wäre. Die so behandelte, beinahe gegerbte Haut
wird nun wie gewöhnlich in die Lohgruben eingesetzt, oder den anderen bekannten
Prozessen der Schnellgerberei unterzogen. Die Haut wird bei einer gleichen Menge
aufgenommenen Gerbstoffes in der Hälfte der sonst nöthigen Zeit lohgar. Das Leder
wird in üblicher Weise zugerichtet, zum Einfetten aber eine 6- bis 10procentige
Sulfoleatlösung verwendet.
Man kann auch die in gewöhnlicher Weise gegerbten Leder, statt mit Fett
einzuschmieren, durch eine 7- bis 10procentige lauwarme Sulfoleatlösung ziehen,
abtropfen lassen, einige Zeit auf Haufen legen und dann trocknen. Wendet man an
Stelle der reinen Sulfoleatlösung sulfoleïn- oder sulforicinölsaures Eisenoxydnatron
an, so ist das Leder gleichzeitig loh-, eisen- und fettgar, hat bereits eine tief
schwarze Färbung angenommen und bedarf nur noch eines einfachen Blauholzanstriches,
um glänzend schwarz gefärbt zu sein. Das sulfoleïnsaure
Eisenoxydnatron stellt man dadurch her, daſs man Eisenchlorid in
concentrirtem Natriumsulfoleat löst, wobei durch wechselseitige Zersetzung ölsaures
Eisenoxyd und Chlornatrium gebildet wird; das fettsaure Eisen bleibt im
überschüssigen Natriumsulfoleat gelöst. In gleicher Weise wird auch das
sulforicinölsaure Eisenoxydnatron erzeugt.
Die in der Alaun- oder Weiſsgerberei erzeugten Leder haben bekanntlich den Nachtheil,
daſs denselben schon allein durch Wasser ein groſser Theil der Thonerde entzogen
wird, wodurch sie in gleichem Verhältnisse entgerbt werden. Diesem Uebelstande kann
am besten durch
Verwendung der Sulfoleate entweder vor, oder nach der Anwendung der Thonerdesalz-
und Chlornatriumlösungen abgeholfen werden. In diesem Falle schlägt sich unlösliches
Aluminiumsulfoleat neben freien Triglyceriden und Fettsäuren in der Haut nieder. Die
Thonerde wird dadurch fixirt und das Leder erlangt neben einem weit besseren Ansehen
gröſsere Solidität und Weichheit.
Bei der Herstellung des Glacehandschuhleders kann man durch Sulfoleatlösungen das
Eigelb ersetzen. Man fügt etwas Carbolsäure hinzu, um beim Lagern der Felle dem zu
starken Erhitzen vorzubeugen. Ebenso ist es vortheilhaft, bei der Metallgerbung
statt der Seifenlösung eine Eisennatriumsulfoleatlösung zu verwenden.
Zur Sämisch- oder Oelgerberei werden die in üblicher Weise vorbereiteten Felle durch
eine 25procentige Sulfoleatlösung geführt; dann läſst man sie abtrocknen, legt sie
in einem mäſsig erwärmten Raume auf Haufen und deckt sie sorgfältig zu. Nun ölt man
mit der Sulfoleatlösung nochmals, nachdem man die Häute vorher in lauwarmes Wasser
behufs Entfernung des nicht zersetzten sulfoleïnsauren Alkalis eingelegt hatte,
walkt, legt wieder in Haufen, trocknet nochmals und behandelt hierauf mit einer
schwachen Potaschelösung. Die ausgerungenen und getrockneten Häute werden nun
gestellt, um denselben die Geschmeidigkeit zu ertheilen, welche sie durch das
Trocknen zum Theile verloren haben, und sind dann fettgar.
Auch in der Pergament- und Chagrinfabrikation, sowie bei der Darstellung von
vegetabilischem Pergament und künstlichem Leder können die Sulfoleatlösungen
entweder allein, oder in Verbindung mit den anderen Gerbmitteln geeignete Verwendung
finden.
Nach Th. R.
Clark in New-York (D. R. P. Nr. 35340 vom 1. Juli
1885) wird in folgender Weise ein sämischgares
Leder mit polirter Narbenseite erhalten, welches die Vorzüge eines feinen
Glaceleders mit der Widerstandsfähigkeit des besten, durch Fettgerberei gewonnenen
Leders verbinden soll.
Das nach dem in der Fettgerberei üblichen Verfahren mit Fett behandelte Leder wird
sorgfältig getrocknet, um möglichst jede Spur von Feuchtigkeit zu entfernen, und in
ein Bad von reiner raffinirter Naphta – vorzugsweise der gewöhnlichen, im Handel
vorkommenden – gebracht. Dieses Bad wird in einem geschlossenen Kessel angerichtet,
der entweder selbst gedreht werden kann, oder in welchem die Häute durch Rührer hin
und her bewegt werden, um die schnelle Einwirkung der Flüssigkeit auf die Häute zu
sichern. Dieses Rühren und Bewegen der Häute wird so lange fortgesetzt, bis die
Naphta so vollständig mit den Fett- und Oelbestandtheilen, welche aus den Häuten
ausgezogen sind, gesättigt ist, daſs sie nichts mehr aufnimmt. Darauf werden die
Häute in ein zweites frisches Bad aus reiner Naphta gebracht und darin wie in dem
ersten behandelt; diese Behandlung der Häute in einem Naphtabade wird so lange
wiederholt, bis das letzte Bad, in welches die Häute gelangen, ganz rein bleibt und
bei einem Versuche nicht eine Spur von Fett oder Oel mehr enthält. In dem Falle,
daſs die Häute beim Gerben mit unreinem Oel behandelt worden waren, wird es weiter
nothwendig, jede Spur der Gummi- und Harzbestandtheile zu entfernen, welche von der
reinen Naphta nicht aufgelöst worden waren: zu diesem Zwecke können sie mit Alkohol,
Holzgeist, Ammoniak oder einem ähnlichen Lösungsmittel für Gummi- und
Harzbestandtheile durchtränkt werden. Darauf werden die Häute aufgehängt, getrocknet
und in bekannter Weise gefärbt, um schlieſslich auf der äuſseren tief schwarz
gefärbten Fläche durch Vorrichtungen polirt zu werden, wie sie bei der
Lederbereitung allgemein üblich sind.
J. Cliemin in Paris (Oesterreichisch-Ungarisches Patent
vom 9. Januar 1886) will in der Weiſsgerberei, statt
des bisher verwendeten Weizenmehles und Eigelb, Gemische verschiedener
Mineralstoffe, Glycerin und Pflanzenmehle verwenden. Als Mineralstoffe werden
genannt: Zinkoxyd, Magnesia, Gyps, schwefelsaures Blei, schwefelsaurer Baryt,
schwefelsaurer Strontian, kohlensaurer Baryt, kohlensaurer Kalk, kohlensaurer
Strontian, Blei-, Zink- oder Magnesiacarbonat, Talk, Kaolin, Dolomit oder borsaurer
Kalk. Die Mehle, welche mit Glycerin vermengt mit oder ohne Zusatz von Oel zur
Verwendung gelangen, sind von Mais, Hafer, Buchweizen, Gerste, Roſskastanien, sowie
von allen Fettstoff haltigen Körnern, aus welchen sehr feines Mehl hergestellt
werden kann.