Titel: | Das Erdöl von Baku; von C. Engler. |
Autor: | C. Engler |
Fundstelle: | Band 260, Jahrgang 1886, S. 481 |
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Das Erdöl von Baku; von C. Engler.
(Fortsetzung der Abhandlung S. 433 d.
Bd.)
Engler, über das Erdöl von Baku.
c) Der Destillationsbetrieb.
In den kaukasischen Raffinerien sind zwei Arten der Destillation in Anwendung: die
absatzweise und die stetige. Die erstere ist naturgemäſs in allen kleinen Fabriken,
aber auch in sehr bedeutenden Werken, die letztere in den gröſsten Raffinerieanlagen
durchgeführt.
Bei der absatzweisen Destillation werden in kleinen
Anlagen die oben beschriebenen stehenden, in den gröſseren Raffinerien sowohl diese,
als auch die sogen. Waggonkessel, neuerdings jedoch meist die Walzenkessel
verwendet.
Die Rohnaphta wird in allen kleineren Anlagen aus dem eisernen Behälter unmittelbar
in die Destillirkessel geleitet, die Forsunka (Brenner) wird angezündet, dadurch der
Destillationsprozeſs eingeleitet und so lange fortgesetzt, als noch Leuchtöl
übergeht. Es kann nicht Zweck dieses Berichtes sein, über die Einzelheiten
derartiger einfacher Destillationsbetriebe, deren es bei Baku noch eine groſse
Anzahl gibt, Mittheilung zu machen; von Interesse sind nur die in ihren
Einrichtungen auf der Höhe der Zeit stehenden gröſseren Anlagen.
Jede gröſsere Raffinierie besitzt einen oder mehrere frei stehende eiserne Behälter,
worin die Naphta vor der Destillation zum vollständigen Absetzen von Sand, Wasser u.
dgl. vor ihrer Weiterverarbeitung immer einige Tage ruhig stehen soll. Diese
Behälter stehen entweder so hoch, daſs die Naphta durch die unten abzweigende
Eisenrohrleitung von selbst in die Destillirkessel abläuft, oder aber es sind Pumpen
bezieh. Druckkessel in die Leitung eingeschaltet, durch welche die Naphta gehoben
werden kann. Auſserdem flieſst die letztere in den besser eingerichteten Anlagen
nicht unmittelbar in die Destillirkessel, sondern wird vorher mittels der von
vorausgehenden Destillationen stammenden, sehr heiſsen Rückstände auf 80 bis 130°
vorgewärmt. Es geschieht dies entweder in der Weise, daſs man die Rohnaphta in
Röhren durch die in groſsen Behältern befindlichen Rückstände hindurchflieſsen
läſst, oder aber, indem man umgekehrt die heiſsen Rückstände auf dem Wege ihrer
Ableitung aus Destillirkessel in die Aufbewahrungsbehälter in eisernen Röhren durch
groſse Kasten aus Eisenblech hindurchleitet, in welchen sich die nachher zu
destillirende Rohnaphta befindet. Durch dieses Vorwärmen erzielt man den doppelten
Vortheil einer Ersparung an Heizmaterial, sowie einer Schonung des Destillirkessels,
welcher, selbst noch heiſs, auf diese Art vor zu plötzlicher Abkühlung geschützt
wird.
Auch jetzt flieſst die Rohnaphta nicht immer unmittelbar in den Kerosinkessel; ich
habe vielmehr in einer groſsen Raffinerie die Einrichtung gesehen, daſs über den
Kerosinkesseln ebenso viele „Benzinkessel“ in treppenartiger Anordnung
aufgestellt waren, aus denen zunächst die leichtesten, unter dem Kerosin übergehenden Theile durch
Erhitzung mittels Dampfschlangen abgetrieben wurden, worauf man dann die Rückstände
erst in die unten stehenden Kerosinkessel ablieſs. Es empfiehlt sich dieses
Verfahren besonders für Naphta, welche reich an leichtsiedenden Theilen ist.
Die kalte oder vorgewärmte Rohnaphta wird in den Destillirkessel bis zu ¾ oder ⅘
Füllung desselben eingeleitet. Noch während des Füllens wird die Forsunka angezündet
und erst wieder gelöscht, wenn die letzten Theile Kerosin übergegangen sind. Der bei
der Kerosindestillation allgemein verwendete gespannte Dampf wird entweder bald nach
Anheizen des Kessels, oder erst in späteren Stadien angestellt und tritt meistens
durch ein der ganzen Länge des Kessels nach liegendes, siebförmig durchlochtes
Dampfrohr in die Naphta ein. Die aus dem Kessel entweichenden Dämpfe gehen entweder
unmittelbar in den Kühler, oder, wie bereits erwähnt, erst in die Separatoren, wo
die schwereren Theile zurückgehalten werden. Beim Auslaufe des Oeles wird dessen
specifisches Gewicht unter ununterbrochener Prüfung gehalten und je nach diesem
Befunde leitet man das Product in Rinnen, welche nach den Behältern für Benzine und
Kerosine führen. Seltener für die Benzine, meist dagegen für die Kerosine theilt man
den Ablauf noch in verschiedene Unterfractionen, durch deren Vermischung in
bestimmten Verhältnissen man dann die Handelsmarken verschiedenster Art herstellt:
die feinsten nur aus den Mittelfractionen, den sogen. Herzbestandtheilen, die
geringsten aus den Anfangs- und Endfractionen unter Ausschluſs der
Herzbestandtheile, mittlere Sorten durch Untereinandermengen der verschiedensten
Theile. Es kommt auch vor, daſs nach dem Kerosin noch ein Product übergetrieben und
mit Benzin zu einem, dann allerdings sehr geringwerthigen, Leuchtöle vermischt wird.
Die Ausbeuten sind demgemäſs auch sehr verschieden (siehe weiter unten).
Die meist über 300° heiſsen Rückstände läſst man durch Oeffnen des Ablaſsventiles
unmittelbar oder unter Benutzung ihrer Hitze zum Vorwärmen der Naphta in gemauerte
und gut cementirte Behälter ablaufen. Letztere besitzen bei den groſsen Massen der
Rückstände einen sehr bedeutenden Inhalt. Gebrüder
Nobel z.B. haben einen solchen Behälter, der über 40000t faſst, die Kaspische
Gesellschaft einen Behälter von 8000t und
zwei zu 4000t Inhalt.
Wo man die Rückstände nicht zum Vorwärmen der Rohnaphta benutzt, werden sie, um
Selbstentzündung an der Luft zu verhüten, vor ihrer Einleitung in die Behälter zur
Abkühlung in Röhren durch kaltes Wasser geleitet. Früher vermischte man sie auch in
Gruben mit einem Wasserdampfstrahle. Der leere Kessel bleibt zur Abkühlung einige
Zeit offen stehen;- alsdann wird er wieder frisch gefüllt. In 24 Stunden können
durchschnittlich 2½, höchstens 3 Destillationen ausgeführt werden. Die jedesmalige
Füllung Rohöl beträgt in den stehenden Kesseln (in groſsen Fabriken) 80 bis 100, in
den Waggonkesseln 300 bis 400, in den Walzenkesseln 170 bis 270 MC., woraus sich die
tägliche Leistung unter Annahme von 27 bis 33 Proc. Kerosinausbeute leicht berechnen
läſst. Nach je 90 bis 100 Füllungen muſs eine Kesselrevision stattfinden.
Die in den Separatoren (Dephlegmatoren) sich verdichtenden schwer siedenden
Dampftheile laufen entweder unmittelbar in den Kerosinkessel zurück (siehe oben Fig. 5), oder sie werden besonders aufgefangen und
durch Rectification auf ein geringwerthiges Leuchtöl, das sogen. „Solaröl“ verarbeitet. Falls die gleiche
Raffinerie auch Schmieröle gewinnt, werden die bei der Destillation der Rückstände
erhaltenen leichtest siedenden Theile mit jenen zusammen auf „Solaröl“
destillirt.
Die stetige Destillation kommt in Walzenkesseln, welche
170 bis 200 MC. Naphta fassen, zur Ausführung; 18 solcher Kessel, welche in einer
Reihe neben einander liegen, bilden immer ein System, in dessen ersten Kessel die
Naphta einflieſst, von da in den zweiten übertritt u.s.w., um aus dem letzten, dem
18., von den leichten Oelen und den Leuchtölen befreit, als Rückstand abzulaufen.
Jeder folgende Kessel liegt um einige Centimeter tiefer als der vorhergehende. Die 4
ersten Kessel, etwas gröſser als die 14 folgenden, haben eine Feuerung nach Art der
Cornwallkessel (vgl. Fig. 16 und 17) und dienen zum Abtreiben des Benzins, überhaupt
der leichten Oele, weshalb sie kurzweg „Benzinkessel“ genannt werden, während
aus den folgenden, den „Kerosinkesseln,“ das Leuchtöl abdestillirt wird. Ihre
allgemeine Form entspricht der weiter oben in Fig. 3
und 4 zur Darstellung gebrachten. Vor sämmtlichen mit
Rückstandsfeuerung versehenen Kesseln läuft ein weites Eisehrohr hinweg, aus welchem
gegen jeden Kessel zwei Verbindungsröhren abzweigen. Durch die eine dieser Röhren
tritt die Naphta ein und zwar unter die destillirende
Flüssigkeit, durch die zweite wieder aus, um in gleicher Weise durch den folgenden
Kessel u.s.f. zu flieſsen. Jeder Kessel ist mit Abschluſsventil versehen, welches
bei Bruch der Leitung von oben sofort abgeschlossen werden kann; auch lassen sich
Zuleitungs- und Ueberleitungsröhren für jeden Kessel derart absperren, daſs dieser
jederzeit leicht für sich allein auſser Betrieb gesetzt bezieh. also übersprungen
werden kann. Allmonatlich wird jeder Kessel einmal gereinigt und beim
Wiedereinstellen immer mit frischer Rohnaphta gefüllt.
In sämmtlichen Kesseln erfolgt die Destillation mit Unterstützung von gespanntem
Dampf, welcher theils in dreifach verzweigten Röhren unter das Oel, theils über dasselbe, also bloſs in den Dampfraum tritt.
Die Ueberhitzung des Dampfes für ein vollständiges System erfolgt in einem einzigen
Ueberhitzer, in welchem die Dampfröhren vor der Stichflamme der Forsunka durch
Ummauerung geschützt sind. Jeder Kessel steht mittels Helm mit einem besonderen
Kühler in Verbindung, aus dem die verflüssigten Oele durch Leitungen einem
gemeinschaftlichen Hause zugeführt werden, in welchem die Herstellung der
verschiedenartigen
Mischöle auf Grund des specifischen Gewichtes der einzelnen Fractionen vorgenommen
wird. Auch hier können also bloſs die Herzbestandtheile für sich aufgefangen, oder
mit anderen Theilen der Destillate zu etwas geringwerthigeren Sorten vermischt, oder
endlich aus den beiderseitigen Endfractionen noch geringwerthigere Marken
hergestellt werden. Es ist einleuchtend, daſs diese Art der Destillation in dieser
Beziehung den weitest gehenden Spielraum gewährt. Die Temperatur steigt in dem
vierten Benzinkessel bis auf 150°, in den 14 folgenden Kerosinkesseln allmählich auf
etwa 300°, so daſs also die Rückstände auch hierbei 300° heiſs, meistens sogar noch
etwas heiſser, austreten. Letztere flieſsen in Schlangenröhren durch groſse
Vorwärmebehälter, welche mit der später zur Destillation kommenden Rohnaphta gefüllt
sind und worin diese auf 110 bis 130° erwärmt wird. Die dabei sich verflüchtigenden
leichtesten Oele (höchstens ⅓ Proc.) werden in besonderen mit den Deckeln der
Behälter in Verbindung gesetzten Wasserkühlern verdichtet, während die vorgewärmte
Naphta in den Füllbehälter gehoben wird, von dem aus, nachdem wieder Abkühlung auf
etwa 90° eingetreten ist, die ununterbrochene Speisung des ersten Benzinkessels
unter Anwendung eines Regulators erfolgt. Die aus den Röhren des Vorwärmebehälters
abflieſsenden Rückstände laufen in die groſsen gemauerten Behälter zur Aufbewahrung.
Ein Vorzug der Vorwärmung, besonders dann, wenn die betreffenden Behälter recht
groſs angelegt sind, besteht in dem Absetzen der letzten Reste von fein vertheiltem
Sand und Schlamm aus der dabei dünnflüssig werdenden Naphta.
Um bei dieser Destillation die aus den letzten Kesseln mitgerissenen schweren Oele
von dem Kerosin zu trennen, läſst man die Dämpfe der fünf letzten Kessel durch
Separatoren (vgl. Fig. 6) gehen, deren auf den
letzten drei Kesseln (also Nr. 16, 17, 18) je zwei hinter einander, auf den zwei
vorhergehenden (also Nr. 14 und 15) nur je einer angebracht sind. Etwa 25 Procent
der durch die Separatoren durchziehenden Dämpfe werden verdichtet und später durch
Rectification auf Solaröl verarbeitet; das specifische Gewicht des Destillates
vermindert sich dabei um 0,02. Manchmal wird auch noch das gesammte, aus den letzten
5 Kesseln erhaltene Destillat durch Rectification in Kerosin und Solaröl
geschieden.
Die aus den Benzinkesseln erhaltenen leichten Oele haben bei dem fast gänzlichen
Mangel chemischer Groſsindustrie in dortiger Gegend einen nur sehr geringen Werth.
Durch Rectification, wobei aus groſsen Blasen ohne direkte Feuerung nur mit Dampf
abgeblasen wird, kann daraus noch etwas Kerosin als Rückstand erhalten werden,
welches mit dem übrigen zur chemischen Reinigung kommt. Die andererseits durch
Wasserkühlung verdichteten leichtesten Oele läſst man groſsentheils fortlaufen, denn
nur ein kleiner Theil davon kann verkauft werden.
B) Die chemische Reinigung des
Kerosins.
Die in den Raffinerien von Baku übliche chemische Reinigung des durch die vorher
beschriebene Destillation gewonnenen Kerosins bietet gegenüber dem allgemein
üblichen Verfahren keine Besonderheiten; sie wird durch eine Behandlung des Oeles
mit Schwefelsäure, Aetznatron und Wasser bewerkstelligt.
Die Apparate bestehen durchweg aus zwei treppenartig über einander aufgestellten
eisernen Behältern von cylindrischer Gestalt mit trichterförmigem Boden und
Ablaſsventil an der tiefsten Stelle desselben, so daſs der Inhalt des höher
stehenden Behälters bequem nach dem tieferen und von diesem in die Sammelbehälter
zur Aufbewahrung abgelassen werden kann. Je nach Umfang des Betriebes faſst ein
solcher Behälter in den gröſseren Raffinerien 1000 bis 2000 MC. Kerosin. Der höher
stehende Behälter, welcher zur Behandlung des Oeles mit Schwefelsäure dient, ist mit
Blei ausgeschlagen; auſserdem liegt über demselben ein bleierner Röhrenkranz, aus
welchem die Schwefelsäure durch feine Löcher zugeleitet werden kann, ferner ein
Drehkreuz zum Ausspritzen von Wasser nach Art eines Segner'schen Wasserrades und endlich ist jeder Behälter, da das Ganze im
Freien steht, mit Blechdach versehen, welches entweder unmittelbar auf dem Behälter
aufsitzt, oder aber zur besseren Beobachtung des Inhaltes in 0,5 bis 1m Höhe darüber. Zum Schütze vor den bei der
chemischen Reinigung entweichenden Dämpfen ist dann der Zwischenraum zwischen
Behälter und Deckel wohl auch mit Glasfenstern verschlossen und befinden sich im
Deckel Klappen, welche während des Prozesses geöffnet sind. Die Mischung des Oeles
mit den Chemikalien erfolgt mittels Luft, welche aus einer Druckpumpe kommt und
durch ein senkrecht bis zur tiefsten Stelle des Kesselbodens eingesetztes Blei-
bezieh. Eisenrohr, welches unten entweder in Gestalt einer sogen. Spinne verzweigt
oder auch nur, der häufigere Fall, gerade abgeschnitten ist, eintritt. Zur
Beobachtung und Bedienung der Apparate laufen um den Rand der Behälter eiserne,
durch Treppen zu ersteigende Galerien herum.
Zuerst erfolgt die Säuerung des Oeles durch innige
Mischung desselben mit concentrirter Schwefelsäure von mindestens 92 Proc.
Hydratgehalt. Die Menge der Schwefelsäure wechselt und muſs um so gröſser genommen
werden, je rascher das Oel destillirt worden ist. Die geringste Menge war 0,6
Procent vom Gewichte des Kerosins; in gut geleiteten Betrieben stieg dieselbe nicht
über 0,9 Proc., nur ausnahmsweise über 1 Proc. Die Säure strömt unter Lufteindrücken
und Rühren des Oeles langsam durch den Röhrenkranz zu und wird etwa 1½ bis 2 Stunden
weiter gemischt, wobei Erwärmung des Oeles unter Entwickelung von Schwefligsäure
eintritt. Man läſst absitzen, gieſst die unten abgesetzte Schwefelsäure durch ein
besonderes Zweigrohr ab, um sie bei einer folgenden Behandlung wiederholt zu
verwerthen, und versetzt
das Kerosin ein zweites Mal mit frischer Säure. Es kommt sonach jeder Posten Säure
2mal zur Verwendung und wird das Kerosin 2 mal mit Säure behandelt. Nach der zweiten
Säuerung folgt ein Waschprozeſs mit kaltem Wasser,
wobei jedoch letzteres mittels des Drehkreuzes nur aufgespritzt und nicht mehr
besonders mit dem Oele gemischt wird, weil die Wiederscheidung eine zu langwierige
würde.
Nach etwa einstündiger Klärung folgt das Ablassen und Ueberleiten in den tiefer
stehenden Behälter und die Behandlung mit Natronlauge.
Dabei empfiehlt es sich, zuerst eine stärkere (1,28 bis 1,35 sp. G.), dann, für
leichtere Klärung, eine dünnere Lauge zu nehmen, also 2 mal hinter einander zu
laugen. Die Menge des Aetznatrons richtet sich nach dem Säuregehalte des Oeles; bei
richtiger Vorarbeit sollen nicht über 0,3 Proc. gebraucht werden. Manche arbeiten
dabei mit Lackmuspapier genau auf neutrale Reaction. Nach Behandlung mit Natronlauge
darf nicht mehr mit Wasser gewaschen werden, weil die geringe Menge gelöster
Natronseife dabei sich zersetzt und nur schwer zu beseitigende Trübung bewirkt.
In einer Raffinerie sah ich den Waschprozeſs mit Wasser bezieh. verdünnter Lauge
durch eine Behandlung des Oeles mit Wasserdampf ersetzt. Das fertige Brennöl flieſst
entweder noch durch einen oder mehrere Klärbehälter, oder gleich in die
Kerosinbehälter, wo dann häufig noch eine Nachklärung eintritt. Auch ohne
schlieſsliches Waschen mit Wasser beträgt der Aschengehalt des Kerosins bei
richtiger Arbeit nur 3mg in 1l und ein Kohlen am Dochte beim Brennen desselben
tritt nicht ein.
C) Die Prüfung des Kerosins.
In den meisten gröſseren Raffinerien Bakus finden sich sehr gut eingerichtete
chemische Laboratorien, welche in Bezug auf Ausstattung vielen Laboratorien unserer
chemischen Industrie zum Vorbilde dienen könnten. Auch habe ich darin eine ganze
Reihe sehr tüchtiger junger Chemiker, meist aus der Schule Beilstein's oder Markownikoff's, kennen
gelernt. In diesen Laboratorien werden die End- und Zwischenproducte einer
fortwährenden genauen Prüfung unterworfen.
Zur Prüfung des Kerosins auf organische Säuren, welche
noch aus der Naphta stammen, schüttelt man dasselbe mit etwa 2 Procent einer
Natronlauge von 1,2 sp. Gr., läſst absitzen und säuert die getrennte
Natronflüssigkeit an. Die entstehende Trübung bildet den Maſsstab für die Menge der
noch vorhandenen Säure.
Zur Prüfung auf genügende Behandlung mit Schwefelsäure
schüttelt man eine Probe des Oeles gleichfalls mit einigen Tropfen Natronlauge bis
zur Emulsion, welch letztere im auffallenden Lichte rein weiſs und nicht im
geringsten gelblich erscheinen muſs.
Die colorimetrische Probe erfolgt mittels Stammer's Colorimeter, worüber in dem oben erwähnten
Berichte Redwood's ausführliche Angaben sich finden.
Das gute Brennöl ist farblos und wasserklar.
Bei der photometrischen Messung benutzt man Bunsens Photometer mit Spiegelvergleich und
Normalkerze. (Letztere ist die Normalkerze deutscher Gasfachmänner. Flammenhöhe
52mm.)
Die Destillationsprobe wird mit Hilfe des Glinsky'schen Dephlegmators durchgeführt bei
jedesmaliger Füllung des Siedekölbchens mit 250cc
Oel und einer Destillationszeit von etwa 2 Stunden. Immer wird gegen den Schluſs
langsamer destillirt.
Zur Bestimmung des Entflammungspunktes sah ich meist den
Abel'schen Apparat in Anwendung. Für Rufsland wurde
bisher Kerosin von 28 bis 30° Entflammungspunkt hergestellt; nach einem Beschlusse
der Naphtaerzeuger will man fernerhin auf 25° heruntergehen.
D) Ausbeute und Kosten der Raffination
der Naphta.
Die Ausbeute an den einzelnen Producten der Kerosindestillation ist je nach Art der
Arbeit sehr verschieden. Je mehr Benzin und Schweröle zu dem eigentlichen, von 150
bis 290° siedenden Brennöle genommen werden, desto mehr von letzterem, aber auch von
um so geringerer Beschaffenheit wird erhalten und umgekehrt. Deshalb herrscht auch
in den Ausbeuteangaben der verschiedenen Raffinerien keine Uebereinstimmung. Aus
zahlreichen mir gewordenen Mittheilungen komme ich zu folgenden Ausbeutewerthen:
Benzin (mit Gasolin)
5
bis
7
Proc.
Kerosin I (Brennöl)
27
„
33
Kerosin II (Solaröl)
5
„
8
Rückstände
50
„
60
Im Allgemeinen werden zur Gewinnung von 1 Th. Kerosin 3,5 Th. Rohnaphta verbraucht.
Je rascher man destillirt, desto mehr, aber auch um so schlechteres Kerosin wird
erhalten.
Die Siedepunkte sind etwa folgende: für Benzin bis 150°, Kerosin I. Sorte 150 bis
270°, II. Sorte 270 bis 300°. Als „Gasolin“ bezeichnet man in Baku den über
100°, also schwerer siedenden Theil des „Benzins,“ welcher etwa ⅔ der ganzen
unter 150° siedenden Fraction ausmacht.
Die specifischen Gewichte der Einzelfractionen gehen mit steigender Temperatur rasch
in die Höhe. Bei einer im Groſsen durchgeführten Destillation, wobei in
Einzelfractionen von 5 zu 5° aufgefangen wurde, zeigte der niedrigst siedende, von
50 bis 55° übergehende Antheil ein specifisches Gewicht von 0,658, die Fraction 150
bis 155° von 0,764, die Fraction 265 bis 270° von 0,8537 (bei 15° bestimmt). Das
zwischen 150 und 270° überdestillirende Oel hatte den Entflammungspunkt 30°. Nach
Redwood's Angabe beträgt bei der Kaspischen Gesellschaft je nach Entflammungspunkt die
Ausbeute:
Spec. Gew.
Entflammung
Ausbeute
Kerosin, Extra-Sorte
0,815
30°
20%
Kerosin I. Sorte
0,820
25
33
Kerosin II. Sorte
0,821/822
22
38
Aus Kerosin II wird durch Mischen mit Gasolin ein geringwerthiges Leuchtöl
dargestellt.
In der Nobel'schen Raffinerie hält sich die Ausbeute an
Kerosin von 32° Entflammungspunkt auf 27 Proc., von 50° Entflammungspunkt auf 23
Proc. und die specifischen Gewichte betragen für Benzin 0,754, für Gasolin 0,787,
für Kerosin 0,820/822. Bei Pallaschkowsky erhält
man:
Kerosin
A
von
30°
Entfl.
mit
0,817
sp. G.
„
B
„
28
„
„
0,822
„
„
C
„
25
„
„
0,825
„
Tagieff und Sarkisoff, welche das leichtere Oel von
Bibieybat verarbeiten, erhalten:
Spec. Gew.
Grenzen der spec. Gew.
Benzin
3 Proc.
0,695
(0,660 bis 0,720)
Gasolin
7 bis 8
0,740
(0,720 bis 0,775)
Kerosin
40
0,818/820
(0,775 bis 0,880)
Solaröl
13,5
0,860/868
–
Die Kosten für 1 MC. oder 100k
Brennöl (Kerosin) berechnen sich folgender maſsen:
3,5 MC. Rohnaphta
1,78 M.
Schwefelsäure
0,15
Aetznatron
0,11
Arbeitslöhne
0,06
Verwaltung
0,07
Kesselrevisionen
0,18
Tilgung (Amortisation) 15 Proc.
0,24
–––––
Zusammen
2,59 M.
Zu dem Brennöle kommen noch als Ausbeute 50 Proc., also rund 1,7 MC. Rückstände,
welche zur Zeit einen Werth von etwa 40 bis 50 Pf. für 1 MC. besitzen; auſserdem
gehen 6 Proc. Rückstände in der Fabrikheizung (Destillation, Dampfkessel u. dgl.)
auf.
Die Arbeitslöhne betragen für einen Arbeiter 40 M. monatlich, sind also nicht hoch
und dabei bilden die für die gewöhnlichen Arbeiten meist angestellten Tataren
dortiger Gegend ein sehr zuverlässiges und anstelliges Arbeiterpersonal. Weniger
werden die Perser gerühmt. Als Aufseher u. dgl. findet man meist Russen, auch
Armenier und Deutsche, bei Gebrüder Nobel Schweden.
Bezüglich der Kosten für Neuanlage einer Raffinerie gilt
nach Ragosine als Norm, daſs man bei groſsen
Raffinerien, mit mehr als 80000 MC. Jahreserzeugung, die Productionsziffer in MC.
mit 1,2 multiplicirt, um die erforderliche Summe in Mark zu erhalten. Eine
Fabrikeinrichtung zu 100000 MC. Jahreserzeugung kommt hiernach auf 120000 M. zu
stehen. Die Kosten sind, abgesehen von den Apparaten, dadurch verhältniſsmäſsig
gering, daſs wegen des nur ausnahmsweise eintretenden Regenwetters Kessel, Blasen,
Behälter u. dgl. unmittelbar im Freien, also ohne Ueberdachung aufgestellt werden.
Für kleine Fabriken hat man anstatt mit 1,2 mit einer höheren Zahl, bis zu 1,8, zu
multipliciren.
(Schluſs folgt.)