Titel: | R. Abt's Zahnstangensystem für Bergbahnen. |
Autor: | M-M. |
Fundstelle: | Band 260, Jahrgang 1886, S. 489 |
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R. Abt's Zahnstangensystem für Bergbahnen.
Mit Abbildungen auf Tafel
30.
Abt's Zahnstangensystem für Bergbahnen.
Die bis jetzt schon so vielfach bei Zahnradbahnen angewendete Riggenbach'sche Zahnstange (vgl. 1870 198 *
279) hat bekanntlich eine leiterartige Zusammensetzung, welche dadurch gebildet
wird, daſs zwischen zwei profilirte Träger, gewöhnlich ⊏-Eisen, die einzelnen Zähne eingenietet werden, in welche das von der
Maschine angetriebene Rad eingreift. Die Breite der Zähne ist gewöhnlich 100 bis
130mm, die Zahntheilung mit 80 und 100mm ausgeführt worden, was für den auftretenden
Gesammtdruck von etwa 6000k eine entsprechende
Sicherheit bot. Immerhin aber blieb der gefährliche Umstand, daſs an der
Widerstandsfähigkeit eines einzigen Stückes die Betriebsfähigkeit des ganzen
Fahrzeuges hing, falls nicht, wie bei Personenbahnen allerdings immer geschah, ein
zweites leer mitlaufendes Zahnrad für den Nothfall als Bremse diente. Aber auſserdem
hat die einfache Verzahnung, deren Eingriff bei der groſsen Theilung und dem auf
geringes Maſs beschränkten Theilkreisdurchmesser ein sehr kurzer ist, den Nachtheil
einer nicht ganz gleichförmigen Bewegung, welche sich besonders beim Bergabfahren
schon in den Personenwagen, noch mehr aber auf der Maschine ruckweise geltend macht
und das Ueberschreiten einer Geschwindigkeit von höchstens 8 bis 10km in der Stunde nicht gestattet.
Um diese Uebelstände zu vermeiden, hat der langjährige Constructeur und Mitarbeiter
Riggenbach's, Ingenieur Roman Abt in Aarau, eine
neue Construction der Zahnstange angegeben, welche in Fig. 1 bis 3 Taf. 30 nach einem
erschöpfenden Berichte von J. Antinelli in der Wochenschrift des Oesterreichischen Ingenieur- und
Architektenvereins, 1886 * S. 102 dargestellt ist.
Hier bilden die Zähne nicht mehr die Sprossen einer Leiter, sondern sie sind in
Fluſsstahlbänder von 110 × 20mm Querschnitt mit
120mm Theilung eingefräst und statt einer Zahnstange liegen nun drei neben einander und zwar je um ⅓ der Zahntheilung versetzt. Hierdurch
wird gleichzeitig ein völlig stoſsfreier Gang und eine mit der einfachen Zahnstange
gar nicht zu vergleichende Sicherheit erzielt, da selbst beim Bruche eines Zahnes
oder selbst zweier Zähne noch keine Gefahr droht. Weiter erwächst noch der Vortheil,
daſs diese Zahnstangen vermöge ihrer geringen Breite auch gebogen und in Curven
verwendet werden können, während für die Leiterstange die betreffenden Stücke eigens
hergestellt werden müssen. Die Weichenstellung sowie das Einfahren aus dem
Adhäsionsgeleise in die Zahnstange mit Hilfe der Abfederung der Einlaufstelle ist in
ähnlicher Weise wie bei dem alten Systeme durchzuführen.
Diese neue Zahnstange ist bei zwei Bahnen im Harz angewendet, von denen die eine
bereits über ein Jahr im anstandslosen Betriebe steht und zwar bei der
normalspurigen combinirten Adhäsions- und Zahnstangenbahn von Blankenburg nach Tanne und
bei der Schleppbahn nach Oertelsbruch, welche gleichfalls normalspurig ist. Erstere
dient dem Lokal verkehre und hat eine Gesammtlänge von 27km, darunter an 10 verschiedenen Stellen vertheilt
zusammen 7km,8 Zahnstange mit einer gröſsten
Steigung von 60 auf 1000. Die zweite Bahn bedient einen Schieferbruch des
Commerzienraths v. Oertel und hat eine Zahnstangenlänge
von 1km,25 mit einer gröſsten Steigung von 80 auf
1000.Die Länge der Adhäsionsstrecke ist nicht angegeben.
Bei der Lokalbahn ist die Vautherin'sche eiserne
Querschwelle angewendet und sind die Zahnstangenträger sowie die rechts und links
davon befindlichen Tragschienen in der aus Fig. 1 bis 4 Taf. 30 ersichtlichen
Weise nach einem vom Bahndirektor A. Schneider
abgeänderten Systeme mittels Keilen befestigt. Die Schleppbahn hat gleichfalls
eiserne Querschwellen; die Schienenbefestigung ist nach dem Systeme Roth und Schüler und sind der geringen Belastung
entsprechend nur 2 Zahnstangen verwendet.
Für beide Bahnen sind die Locomotiven nach Abt's Plänen
ausgeführt und zwar für die Lokalbahn 4 Stück schwere Sechskuppler, wie sie Fig. 8 Taf. 30
veranschaulicht, von der Maschinenfabrik Eſslingen in
Eſslingen (Württemberg), für die Schleppbahn ein Stück Vierkuppler von der aus Fig. 5 bis 7 ersichtlichen
Einrichtung von der Locomotivfabrik Winterthur in
Winterthur (Schweiz). Beide Maschinen haben die Bewegung der Adhäsionsräder völlig
getrennt von jener der Zahnräder und für jeden
Zweck zwei besondere Cylinder mit getrennter Steuerung; sie besitzen zwei mit
einander gekuppelte Zahnräder, welche aus je 3 (bezieh. für die Schleppbahn aus 2)
Scheiben bestehen und auch wieder in ⅓ Theilung gegen einander versetzt sind, so
daſs immer 5 Zähne (bezieh. 3) sicher im Eingriffe sind und alle 20 bezieh. 30mm ein neuer Zahn eingreift. Die Zahnräder sind in
einem engen Rahmen gelagert, welcher unmittelbar von den Adhäsionsachsen getragen
wird und bei eintretender Abnutzung der Radreifen durch Stellschrauben höher gerückt
werden kann. Auf jeder Zahnradachse sitzen zwei Bremsrollen und auſserdem sind,
unabhängig hiervon, die Adhäsionsräder gebremst. Das Hintertheil der Maschine ruht,
um Ueberhang zu vermeiden, auf einem Bissel'schen
Truckgestell. Die Luftbremse und Wassereinspritzung sind wie bei den bisherigen
Zahnradmaschinen. Die Sechskupplermaschine (Fig. 8) hat folgende
Hauptabmessungen:
Adhäsionscylinder
450mm
Durchm.,
600mm
Hub
Zahnradcylinder
300
„
600
„
Treibraddurchmesser
1250mm
Laufraddurchmesser
750mm
Heizfläche
152qm
Rostfläche
1,87qm
Dampfspannung
10at
Wasserraum
4,5cbm
Kohlenraum
2,0cbm
Gewicht leer
45,7t
Gewicht in Dienst
55,9t
Bei der Vierkupplermaschine (Fig. 5) der
Schleppbahn:
Adhäsionscylinder
270mm
Durchm.,
400mm
Hub
Zahnradcylinder
270
„
600
„
Die Maschine hat 99 Siederohre von 50mm Durchmesser; dieselbe wird im Dienst etwa 14t wiegen.
Die Abmessungen der Radstände sowie weitere Einzelheiten sind aus Fig. 5 bis 8 zu entnehmen.
M-M.