Titel: | Neuerungen an Sicherheitsventilen für Dampfkessel. |
Fundstelle: | Band 261, Jahrgang 1886, S. 2 |
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Neuerungen an Sicherheitsventilen für
Dampfkessel.
Patentklasse 13. Mit Abbildungen auf Tafel 1.
Neuerungen an Sicherheitsventilen für Dampfkessel.
Im Anschlusse an den Bericht in D. p. J. 1884 252 * 1 und 253 * 106 sind
nachstehend einige neuere Formen von Sicherheitsventilen für Dampfkessel
aufgeführt.
Von A. Schmid in Zürich (* D. R. P. Kl. 47 Nr. 26858 vom
21. Oktober 1883) rührt das in Fig. 1 und 2 Taf. 1 dargestellte
Ventil mit Federbelastung her. Dasselbe zeichnet sich durch groſse Einfachheit und
besonders dadurch aus, daſs an dem ebenen Ventilteller keinerlei Rippen- oder
Cylinderführung vorhanden ist, welche bekanntlich das Spiel des Ventiles erheblich
beeinträchtigen kann. Die Belastungsfeder liegt zwischen zwei Scheiben i und
h, von denen die untere in einer Höhlung des
gegabelten Armes d ruht, welcher sich andererseits mit
einer gleichen Höhlung auf den Ventilteller stützt. In eine Höhlung der oberen
Platte i greift die Stellschraube k ein. Der Arm d ist
mittels zweier Schrauben e mit Körnerspitzen an dem
einen Arme des Bügels f gelagert. Zur Begrenzung des
Ventilhubes dient der punktirt angedeutete Stift g.
Jede Klemmung und merkbare Reibung ist bei dieser Anordnung ausgeschlossen; das
Ventil kann zwar eine schiefe Lage annehmen, doch erscheint dies hier nicht
nachtheilig. Die Stellschraube k kann durch eine
darüber geschraubte Kappe unzugänglich gemacht werden.
P. Suckow und Comp. in Breslau (* Erl. D. R. P. Nr.
25918 vom 3. Juli 1883) haben, wie aus Fig. 3 und 4 Taf. 1 zu ersehen ist,
zur Verminderung der Reibung in der gegabelten, mit dem Ventilteller aus einem
Stücke hergestellten Ventilspindel ein Röllchen p
angebracht, auf welches sich der Belastungshebel g
stützt. Ein zweites kleineres Röllchen q ist über dem
Hebel behufs Anhebens des Ventiles u.s.w. angebracht. Damit die Berührungsstellen
immer in der Mittelebene der Spindel bleiben, ist der Hebel g an dieser Stelle durch Evolventen bebegrenzt, welche durch Rollen der
Geraden kl auf dem Kreisbogen mno entstehen. Die Ventilspindel ist oberhalb des Hebels in dem Bügel d noch einmal geführt, während sie selbst den Hebel g gegen seitliches Ausweichen sichert und eine
besondere Führungsgabel für denselben überflüssig macht. Die Führungsrippen am
Ventile a fallen hier gleichfalls fort. Die Reibung an
der Ventilspindel kann jedoch ziemlich bedeutend werden, wenn der Belastungshebel
einen zufälligen seitlichen Druck auf dieselbe ausüben sollte.
Mit dem Ventile von Lethuillier und Pinel (vgl. 1884 253 * 106) wurden neuerdings auch von einem Ausschusse
der Société industrielle du Nord de la France Versuche
angestellt, über welche von Mollet-Fontaine in dem Bulletin der Gesellschaft, 1885 * S. 37 berichtet wird.
Diese Versuche fielen ebenso günstig aus wie die früher a. a. O. erwähnten Versuche
von Roland, so daſs in der That dieses Ventil sehr
zweckmäſsig erscheint. Dasselbe hebt sich nicht stoſsweise, sondern langsam bei nur
wenig wachsender Spannung bis auf ¼ des Durchmessers, senkt sich ebenso allmählich
wieder und schlieſst bei einer Pressung, die nur etwa 0,2 bis 0at,25 unter dem Drucke liegt, bei welchem das
Ventil abzublasen beginnt.
Ein neuerer Vorschlag von Lethuillier und Pinel in Rouen
(* D. R. P. Nr. 31151 vom 1. August 1884, Zusatz zu * Nr. 26575 vom 26. Juli 1883)
betrifft die Anordnung, für Schiffs- und andere Kessel,
bei welchen der Dampf nicht unmittelbar in den Kesselraum ausströmen darf, sowie
eine Anordnung mit Federbelastung, bei welcher der schädliche Einfluſs der mit
wachsendem Ventilhube eintretenden Erhöhung der Federspannung aufgehoben wird. In
Fig. 7 bis
13 Taf. 1
sind diese Neuerungen nach dem oben genannten Bulletin dargestellt. Bei der
Anbringung des Ventiles in einer Kammer mit seitlichem Abströmungsrohre stellte es
sich heraus, daſs die groſsen Dampfmengen nicht schnell genug entweichen konnten und
daher einen Rückdruck auf die obere Fläche der mit dem
Ventile verbundenen Scheibe d (Fig. 8) ausübten. Die
Stoſswirkung des Dampfes gegen die untere Fläche von d
wurde dadurch abgeschwächt und das Ventil nicht so hoch gehoben wie bei ganz freiem
Dampfaustritte. Es ist deshalb der das Ventil umgebende Mantel a, wie in Fig. 7 und 11 ersichtlich, oben noch
mehr eingezogen, so daſs zwischen diesem und der Scheibe d nur ein schmaler Spalt bleibt. Auſserdem ist oberhalb d noch ein Aufsatz von etwas kleinerem Durchmesser
angebracht, welcher mit geringem Spielraume in den eingeschraubten Deckel e eintritt. Bei dieser Anordnung soll die Wirkung
dieselbe sein wie bei freiem Dampfaustritte. Bei ganz gehobenem Ventile legt sich
die Scheibe d gegen den unteren Rand von e.
Alle Gelenke sind von Lethuillier und Pinel in Form von
Schneiden ausgeführt, so daſs die Reibung an denselben sehr gering ausfällt.
Fig. 7 und
8 zeigen
das Ventil für Gewichtsbelastung mit seitlichem Dampfabströmungsrohre und für
offenen Dampfaustritt, Fig. 11 für
Federbelastung eingerichtet. Im letzteren Falle steht auf dem Ventile ein senkrecht
geführter Stift c2, auf
diesem mit einer Kegelspitze ein zweiter Stift c1 und auf diesem unter Einschaltung eines kleinen
Hebels f ein dritter Stift c, welcher in der in den Muff g
eingeschraubten Stellschraube gehalten wird. An g ist
das obere Ende der Feder befestigt, während das untere Ende derselben an dem in das
Gehäuse eingeschraubten Muffe g1 gehalten wird. Die Feder wird mithin auf Zug beansprucht. Die Stifte c1 und c
fassen den Hebel f zwischen zwei Schneiden, welche
gegen die Achse des Hebels eine solche Lage haben, daſs bei geschlossenem Ventile
die Achsen von c1 und
c zusammenfallen (Fig. 11), bei gehobenem
Ventile aber nach entgegengesetzten Seiten gedrückt werden (vgl. Fig. 10), so daſs der
Hebelarm des Dampfdruckes vergröſsert, der der Belastung aber verkleinert und damit
die Zunahme der letzteren ungefähr ausgeglichen wird. Durch diese schiefe Stellung
der oberen Stifte wird allerdings an dem unteren Stifte c2 die Reibung in der Führung erheblich
vergröſsert. Der Hebel f wird von einer in g1 eingeschraubten
Stange i gehalten. Das Ganze ist in eine Hülse l eingeschlossen, an welcher auſsen ein Handgriff h sowie ein zweitheiliger Winkelhebel jk zum Anheben des Ventiles von Hand gelagert sind. Der
Theil k bildet selbst wieder einen kleinen Winkelhebel,
dessen kurzer Arm sich gegen eine mit j verbundene
Knagge n derart legt, daſs durch Anheben des
Handgriffes h (Fig. 12) auch das Ventil
angehoben werden kann, daſs aber andererseits ein selbstthätiges Anheben des
Ventiles nicht gehindert wird und eine Ueberlastung desselben durch die Hebel
unmöglich ist. Die Stahlknagge n ist durch einen
gewöhnlichen Stahlzapfen
und auſserdem durch einen Bleizapfen m mit j verbunden. Durch einen leichten Schlag auf n kann der letztere abgeschert und n in die Lage Fig. 13 gebracht werden,
wenn ein Feststellen des Ventiles bei einem Federbruche o. dgl. nöthig wird.
F. H. Hills in New-York (* D. R. P. Nr. 31528 vom 14.
Oktober 1884) will eine genügende Erhebung des Ventiles in folgender Weise erzielen:
Wie aus Fig.
17 Taf. 1 ersichtlich, hat die Ventilscheibe einen breiten Rand, in
welchen eine Ringnuth n eingedreht ist. Von dieser Nuth
geht eine Anzahl Bohrungen o (vgl. Fig. 18 und 19 Taf. 1)
durch die Ventilscheibe hindurch und eine gleiche Zahl, jedoch schräg gestellter
Bohrungen o1 befindet
sich in einer auf dem Ventilteller drehbar ruhenden Scheibe b. Die relative Drehung beider Scheiben gegen einander wird durch einen in
eine Aussparung von b greifenden Stift c (Fig. 20) begrenzt. Bei
geschlossenem Ventile wird die Scheibe b durch eine
Feder i in der einen Grenzlage gehalten, bei welcher
die Bohrungen o und o1 nur ganz wenig über einander greifen. Wird das
Ventil gehoben, so wird der in die Ringnuth n
eintretende Dampf zum groſsen Theile durch diese Löcher entweichen und wegen der
schrägen Stellung der Löcher o1 die Scheibe b bei
steigendem Dampfdrucke allmählich in die andere Grenzstellung drängen, in welcher
die Löcher o und o1 sich gegenseitig decken (vgl. Fig. 19) und dadurch dem
Dampfe eine genügende Ausfluſsöffnung schaffen. Bei abnehmender Spannung wird die
Scheibe b ebenso allmählich durch die Feder i wieder zurückgedreht. Da hier, sobald das Ventil sich
nur etwas gehoben hat, auf die untere Fläche seines breiten Randes ein erheblicher
Ueberdruck hervorgerufen wird, so ist anzunehmen, daſs auch eine ziemlich bedeutende
Erhebung des Ventiles stattfinden wird. Von wesentlichem Einflüsse wird dabei die
Gröſse des zwischen den Scheiben a und b und der Hülse h
bleibenden Ringspaltes sein. Um einen dichten Abschluſs zu erreichen, wird es nöthig
sein, die äuſsere Ringfläche des Ventilrandes nicht aufsitzen zu lassen.
Th. Foster und A. Budenberg in Manchester (* D. R. P.
Nr. 30659 vom 26. Juli 1884) wollen zwei Ventilteller von gleichem Durchmesser über
einander lagern, um eine hinreichende Ausfluſsöffnung zu erhalten. In Fig. 5 und 6 Taf. 1 sind
zwei derartige Anordnungen abgebildet. Das untere Ventil b hat oben einen breiten Rand b1, auf welchem sich der Sitz für das obere Ventil
a befindet. Auf letzterem ruht die Belastung. Wird
nun das Ventil a durch den Dampfdruck – allein oder
gleichzeitig mit b – etwas gehoben, so wird durch den
über den Rand b1
hinwegblasenden Dampf der auf demselben lastende Luftdruck zum Theile aufgehoben,
das untere Ventil b folglich etwas entlastet. Damit bei
der Anordnung Fig.
6 nicht auch durch den unten ausblasenden Dampf eine Druckverminderung auf
der unteren Fläche des Randes b1 hervorgerufen werde, ist an den mit dem
Ventilsitze verbundenen Führungsrippen f ein fester
Ring l angebracht. Damit ferner die durch die
Ausströmung am unteren
Sitze hervorgerufene Druckverminderung nicht auf das obere Ventil a schädlich einwirke, ist für dieses ein besonderes
Zuströmungsrohr h vorgesehen. Die Anordnung Fig. 5
unterscheidet sich von der Anordnung Fig. 6 im Wesentlichen nur
dadurch, daſs die Sitzfläche des oberen Ventiles a
kugelförmig gewählt und dem entsprechend auch der Rand von b nach oben aufgebogen ist. Die Patentschrift enthält noch eine Verbindung
des Ventiles mit einem Schwimmer, welcher bei zu tief sinkendem Wasserstande das
Ventil etwas entlastet, so daſs dasselbe zugleich als Speiserufer wirkt.
Die durchaus unzuverlässige Anwendung von Kolben an Stelle von oder in Verbindung mit
Ventilen ist auch wieder mehrfach in Vorschlag gebracht. So wollen M. Castelnau und Ch.
Michelet in Paris (* D. R. P. Nr. 30680 vom 30. August 1884) auf den
Dampfkessel einen kleinen Cylinder c (Fig. 15 Taf. 1)
anbringen, dessen Kolben k einerseits durch den
Dampfdruck, andererseits durch eine Feder f oder einen
Gewichtshebel belastet und dessen Stange an einen Kolbenschieber s angeschlossen ist. Wird der Kolben k bei übermäſsiger Dampfspannung verschoben und dadurch
auch der Schieber s bewegt, so öffnet dieser einen
Kanal a, durch welchen der Dampf aus dem Kessel frei
entweichen kann. Die groſse Reibung eines dicht schlieſsenden Kolbenschiebers würde
allein den Apparat unbrauchbar machen.
S. Volquardsen in Wyk auf Föhr hat nach dem Praktischen Maschinenconstructeur, 1885 * S. 304 bei
einem ähnlichen Sicherheitsventile statt des Kolbenschiebers einen flachen Schieber angewendet. Der Teller des Ventiles
a (Fig. 14 Taf. 1) ist als
Kolben b gebildet, gegen welchen die Feder f drückt. An das Ventil a
ist der Schieber m angehängt, so daſs bei einer
Erhebung des ersteren der letztere das Dampfausströmungsrohr öffnet.
Etwas zweckmäſsiger erscheint die in Fig. 16 Taf. 1
abgebildete Einrichtung von J. und R. Pendlebury in
Preston (Englisches Patent 1884 Nr. 10524). Ein kleines Ventil v mit unmittelbar angehängter Belastung läſst beim
Ueberschreiten der festgesetzten Spannung Dampf unter den Kolben k des kleinen Cylinders c
treten, dessen Kolbenstange unter den Belastungshebel des eigentlichen
Sicherheitsventiles stöſst. Je nach der Gröſse des Kolbens k wird das eigentliche Sicherheitsventil hierdurch theilweise oder ganz
entlastet, so daſs es sich hinreichend erheben kann. Sobald in Folge Sinkens der
Dampfspannung das Ventil v wieder niederfällt, kann der
in c befindliche Dampf oberhalb v frei entweichen, worauf auch das eigentliche Sicherheitsventil sich
wieder schlieſsen wird. Der Kolben k darf hier
allerdings einigen Spielraum haben, so daſs ein Festklemmen desselben nicht so
leicht zu befürchten ist; doch wird man derartige umständliche Einrichtungen gern
vermeiden, wenn man auf einfachere Weise denselben Zweck erreichen kann, wie es mit
manchen der neueren Sicherheitsventile in der That der Fall zu sein scheint.
Um eine Mehrbelastung des Gewichtshebels von Sicherheitsventilen zur Erzielung einer
höheren Dampfspannung im Kessel unmöglich zu machen, haben W. N. Nicholson und A. Th. Allcock in Newark
upon Trent (* D. R. P. Nr. 30143 vom 24. Juli 1884) in einem einfachen, von dem
Gewichtshebel unter Vermittelung einer Feder angepreſsten Ventile ein zweites
entgegengesetzt sich öffnendes kleineres Ventil angeordnet, welches mit dem
Druckstifte für den Gewichtshebel verbunden ist. Wird demnach der Gewichtshebel mehr
als zulässig belastet, so wird die Feder zusammengedrückt und das kleinere Ventil
geöffnet, der Dampf kann also ausströmen und dabei gleichzeitig eine Pfeifenglocke
zum Tönen bringen.
In dem Zusatzpatente * Nr. 34063 vom 5. April 1885 wird zur Ausgleichung des kleinen
Ventiles dasselbe als Doppelsitzventil ausgeführt. Das Ventil A (Fig. 21 Taf. 1) hat zwei
Kammern B und C, von
welchen die obere Kammer B durch zwei seitliche nach
abwärts gerichtete Kanäle mit dem Dampfraume des Kessels, die untere Kammer durch
zwei in der Mitte zwischen den ersteren Kanälen radial gerichtete Kanäle mit dem
Innenraume der Glocke G und durch Oeffnungen O in derselben mit der Auſsenluft in Verbindung steht.
Das Ventil A wird von dem Gewichtshebel H unter Vermittelung der Feder F angepreſst und ist die letztere durch eine Mutter auf der Spindel E zu spannen. An der Spindel E sitzt unten das Doppelsitzventil Z), welches also bei Eröffnung durch
die Kammer C auch nach unten eine Verbindung mit der
Auſsenluft herstellt und dadurch dann entlastet ist. Um das Ventil D einbringen zu können, ist die Kammer C von unten durch einen Schraubenpfropfen K verschlossen; derselbe erhält wie auch das Ventil D eine vorstehende Nase I,
so daſs bei Drehung der Spindel E auch das Hauptventil
A mitgenommen wird und folglich eingeschliffen
werden kann. Die Glocke G, deren Befestigungsschrauben
gegen ein unberufenes Lösen mit Schlössern versehen sind, verhindert somit einen
unberufenen Zugang zu den Ventilen und der Feder F.