Titel: | Mekarski's Pressluftlocomotive. |
Autor: | M. |
Fundstelle: | Band 262, Jahrgang 1886, S. 7 |
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Mekarski's Preſsluftlocomotive.
Mit Abbildungen auf Tafel
2.
Mekarski's Preſsluftlocomotive.
Die zur Ausführung bestimmte Pariser Stadtbahn veranlaſst wieder einen Wettbewerb
unter den verschiedenen Locomotivsystemen, welche sich die Vermeidung der aus der
Feuerung entstehenden Belästigungen zum Ziele gesetzt haben. Es erscheint sowohl die
elektrische Locomotive, als Lamm-Francq's feuerlose
Maschine (vgl. 1882 246 * 308) und endlich das mit
Preſsluft arbeitende System von Mekarski (vgl. 1883 247 * 107) zum Wettkampfe und man muſs der schlieſslichen
Entscheidung mit Spannung entgegensehen, da die Anwendung gewöhnlicher geheizter
Locomotiven bei der Pariser Stadtbahn ausgeschlossen zu sein scheint.
Der von Mekarski empfohlene Entwurf liegt bereits vor
und sind demselben die Fig. 1 bis 4 Taf. 2 entnommen. Zum
ersten Male hat Mekarski hier sein System zu einer
vollständigen groſsen Locomotive von 40t
Dienstgewicht ausgebildet, während die bisherigen Ausführungen nur die Anbringung
des mit Preſsluft arbeitenden Motors an Straſsenbahnwagen zum Gegenstande hatten. In
letzterer Anordnung, zu welcher gerade das von Mekarski
angeordnete Kraftmittel, Preſsluft, besonders geeignet ist, hat das System
entschiedene Erfolge aufzuweisen, so in Nantes, wo seit 1881 die städtische
Straſsenbahn mit seinen „Voitures automobiles“
betrieben wird, und in neuerer Zeit auch in London auf der Straſsenbahnlinie
Kings-Cross-Holloway. Diese Maschinen haben sammt dem Wagen ein Gewicht von 6 bis
8t im Dienste, wovon 4t,5 als Adhäsion auf das angetriebene Räderpaar
kommen. Der Inhalt des mit Luft von 30at Spannung
gefüllten Behälters beträgt sammt dem nöthigen Luftvorrathe 2cbm,8 oder etwa 100k Luft, was bei einem durchschnittlichen Luftverbrauche von 6,5 bis 8k für 1km für
eine Strecke von 10 bis 12km ausreicht.
Bemerkenswerth ist, daſs beim Anhängen eines zweiten, gleich groſsen, aber nicht mit
Maschine ausgestatteten Personenwagens der Luftverbrauch nur um 2 bis 3k für 1km
steigt. Der Cylinderdurchmesser beträgt 135mm, der
Hub 260mm, der Treibachsendurchmesser 700mm, der Zugkraftscoefficient
\overline{135^2}\times 260:700=68.
Ein gewaltiger Abstand ist von diesen, wie bemerkt, durchaus bewährten Maschinen zu
den neu in Vorschlag gebrachten. Diese letzteren sind in Fig. 1 und 2 veranschaulicht und
erhalten bei 40t Dienstgewicht einen Luftraum von
20cbm für eine Spannung von 50at. Die Betriebscylinder sind, wie Fig. 3 veranschaulicht,
„compoundirt“, nach dem sogen. Tandem-Systeme hinter einander liegend,
mit gemeinsamer Steuerung; der groſse Cylinderdurchmesser beträgt 570mm, der kleine etwa 300mm und der gemeinsame Hub etwa 650mm, woraus sich der Zugkraftscoefficient für den
kleinen Cylinderdurchmesser mit 450 berechnet.
Eine noch gröſsere Ausführung soll aus zwei zweiachsigen und gekuppelten Maschinen
bestehen, welche zusammen 50t wiegen, 26cbm Preſsluft enthalten und vier Cylinderpaare von
500mm und 260mm Durchmesser und 500mm Hub erhalten
sollen. Die Maschinen sind an ihren hinteren Enden zusammengekuppelt und können von
einem Führer bedient werden. Die allgemeine Anordnung stimmt vollständig mit jener
der 40t-Maschine überein. Auſser den drei groſsen
Behältern von je 1000mm Durchmesser und dem für
den Nothluftvorrath bestimmten kleineren Behälter von 600mm
Durchmesser ist in Querschnittfig. 2 der Condensator C
angedeutet, welcher den Zweck hat, den wenigen mit der aus den Cylindern tretenden
Luft vermischten Dampf unsichtbar zu machen. Die Abkühlung scheint nur durch die
beim Gange der Maschine durch die Röhren strömende Luft beabsichtigt zu sein.
Die zum Betriebe von Mekarski'schen Locomotiven
bekanntlich wesentliche Schwängerung der Preſsluft mit einer geringen Menge heiſsen
Wassers (von 150 bis 160°) erfordert bei diesen Maschinen etwa 1000k Wasser, welches in weiteren zwei, in Fig. 1 und 2 nicht
ersichtlichen, Behältern zwischen den Rahmen untergebracht ist. Dieselben stehen mit
dem aus Fig. 1
ersichtlichen Gefäſse A von 500mm Durchmesser, welches im Schutzhause aufgestellt
ist und von Mekarski „Bouillotte“ (von bouillir = sieden) genannt wird, in Verbindung. Am
Boden dieses Gefäſses strömt die Preſsluft aus den Behältern durch ein nach abwärts
gekrümmtes Rohr aus, sättigt und erwärmt sich beim Aufwärtssteigen durch das heiſse
Wasser und gelangt, an dem Wasserfänger vorüber, durch ein Druckverminderungsventil
zu dem darüber befindlichen Regulatorraume und von diesem mit einer von 50 auf 10at ermäſsigten Spannung in die Schieberkasten der
Arbeitscylinder.
In Fig. 4 ist
das Druckverminderungsventil dargestellt; dasselbe ist vollständig verschlossen und
wird durch den in dem Wasserraume der „Bouillotte“ herrschenden Ueberdruck abgedichtet. Zum Ingangsetzen
der Maschine schraubt der Führer den Tauchkolben k
oberhalb des Ventiles herab, bis die in dem ringförmigen Räume r eingeschlossene Luft derart zusammengepreſst ist,
daſs der Druck auf die mit dem oberen Teller t des
Ventiles verbundene Kautschukscheibe groſs genug wird, um den auf das untere Ventil
wirkenden Druck des Sammelbehälters zu überwinden. Dann stellt sich ein
Gleichgewichtzustand ein, indem die im Gehäuse des Tauchkolbens bestehende
Luftspannung dem Ventile nur so viel Oeffnung erlaubt, als dazu nöthig ist, damit im
Ventilgehäuse dieselbe Spannung herrscht wie im Gehäuse des Tauchkolbens. Es ergibt
sich hieraus, wie bei der fortwährend abnehmenden Spannung in den Sammelbehältern
dennoch stets gleichmäſsiger Druck in die Arbeitscylinder kommen kann, bis der
vorräthige Ueberdruck erschöpft, das Druckverminderungsventil völlig geöffnet ist
und im Regulator dieselbe Spannung herrscht wie in den Behältern. Alles dies
geschieht selbstthätig und hat der Führer während der Fahrt nur auf die Steuerung
und Bremse zu achten. Der Führer hat jedoch die Möglichkeit zur Erreichung einer
augenblicklichen Mehrleistung, den Tauchkolben noch weiter als normal vorzuschieben
und dadurch beliebig die Spannung im Regulator und in den Cylindern zu erhöhen.
Damit dem Führer dies auch bei schon erschöpften Sammelbehältern möglich sei, führt
die Maschine den bereits oben erwähnten Nothluftvorrath mit sich.
M.