Titel: | Neuerungen in der Herstellung von Theerfarbstoffen. |
Fundstelle: | Band 262, Jahrgang 1886, S. 84 |
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Neuerungen in der Herstellung von
Theerfarbstoffen.
Patentklasse 22.
Neuerungen in der Herstellung von Theerfarbstoffen.
Verwendung von Thiodiphenylamin, dessen Methyl- und
Aethylderivaten zur Darstellung blauer und blaugrüner Farbstoffe der
Rosanilinreihe. Durch Condensation von tertiären alkylirten Amidoderivaten
des Benzophenons mit secundären und tertiären aromatischen Aminen unter dem
Einflüsse von Phosphorchlorür, Phosphoroxychlorid, Phosgen und ähnlichen Körpern in
Gegenwart von Chloraluminium oder Chlorzink entstehen bekanntlich (vgl. 1884 254 389) violette, blaue und grüne Farbstoffe der
Rosanilinreihe, die sogen. Auramine. Nach Angabe der Badischen Anilin- und Sodafabrik in Ludwigshafen a. Rh. (D. R. P. Nr.
36818 vom 29. December 1885, II. Zusatz zu Nr. 27 789) können bei der Darstellung
blauer und blaugrüner
Farbstoffe der Rosanilingruppe die erwähnten secundären und tertiären Amine durch
Thiodiphenylamin und dessen tertiäre Alkylsubstitute ersetzt werden.
So erhält man einen wasserlöslichen Farbstoff, welcher blaugrün färbt, nach folgendem Verfahren: Eine Mischung
von 1k Tetramethyldiamidobenzophenon, 1k Thiodiphenylamin, 0k,5 Toluol und 0k,6 Phosphoroxychlorid
wird unter 2 maligem Umrühren während etwa 24 Stunden bei 20 bis 30° sich selbst
überlassen. Die Reaction verläuft unter den schon früher beschriebenen
Erscheinungen. Zunächst erwärmt sich die Mischung von selbst, wird tief blau und
verflüssigt sich in Folge der schnell eintretenden Einwirkung des
Phosphoroxychlorids auf die Ketonbase. Mit der fortschreitenden Condensation wird
die Masse nach und nach zäher und erstarrt schlieſslich zu einer kupferglänzenden
Schmelze. Durch Erwärmen im Wasserbade läſst sich die Reaction erheblich
beschleunigen; indessen bilden sich dann leicht gröſsere Mengen harzartiger
Producte.
Zweckmäſsig laugt man die Schmelze zuerst wiederholt mit kaltem
und dann mit kochendem Wasser aus, bis der Farbstoff mit blauer Farbe in Lösung zu
gehen beginnt, behandelt darauf den Rückstand mit Toluol und zieht schlieſslich mit
Alkohol aus. Die alkoholische Lösung hinterläſst nach dem Abdestilliren des
Alkoholes den Farbstoff in Form einer kupferglänzenden Masse, welche in siedendem
Wasser nur unvollkommen löslich ist.
Zur Darstellung eines völlig wasserlöslichen Farbstoffes trägt man
zweckmäſsig die alkoholischen Auszüge in viel siedendes Wasser ein, filtrirt, fällt
mit Kochsalzlösung, wäscht den Niederschlag vollständig mit kaltem Wasser aus und
trocknet. Die wässerigen Lösungen des Farbstoffes werden durch Mineralsäuren
gefällt.
Auf ganz ähnliche Weise kann man einen wasserlöslichen, indigoblau
färbenden Farbstoff erhalten, wenn man eine Mischung von 1k Tetramethyldiamidobenzophenon, 1k,6 Methylthiodiphenylamin, 0k,5 Toluol und 0k,6 Phosphoroxychlorid, während ungefähr 4 Stunden auf 110° erwärmt. Statt
des Methylthiodiphenylamins kann auch das Aethylderivat in Reaction gesetzt
werden.
Darstellung wasserlöslicher blauer Rosanilinfarbstoffe und
Oxydation dieser Farbstoffe auf der Faser. Durch Einwirkung von Anilin und
seiner Homologen auf Rosanilin entstehen Farbstoffe, welche als phenylirte
Rosaniline aufzufassen sind und als deren Vertreter das Anilinblau anzusehen ist. Die salzsauren Salze dieser phenylirten
Rosaniline sind in Wasser nahezu unlöslich. Nach Dahl und Comp. in Barmen (D. R. P. Nr. 36 900 vom 11.
März 1886) gelingt es nun, wasserlösliche blaue
Rosanilinfarbstoffe darzustellen, wenn man die Diamine
des Benzols und homologer Kohlenwasserstoffe auf Rosanilin einwirken läſst. Die
Darstellung dieser neuen Farbstoffe erfolgt ganz ähnlich wie beim Anilinblau; auch
können die Salze des Rosanilins (Fuchsin) in Reaction gesetzt werden, wenn man
essigsaures Natron in solcher Menge zugibt, daſs Umwandlung in essigsaures Rosanilin
möglich ist.
Als Beispiel diene die Darstellung des blauen Farbstoffes aus
Rosanilin und p-Phenylendiamin: 50k Rosanilin
werden mit 50k p-Phenylendiamin und 3k Benzoësäure in einem mit Destillirvorrichtung
versehenen Kessel zusammengeschmolzen und unter fortwährendem Rühren 3 Stunden lang
auf 180° gehalten. Hierauf jagt man kurze Zeit Wasserdampf durch die Reactionsmasse,
wäscht das zurückbleibende kupferglänzende Harz mit heiſsem Wasser aus und löst in
der genau ausprobirten Menge Salzsäure. Durch Abfiltriren, Aussalzen, Umlösen und
Pressen erhält man den Farbstoff in fester Form.
Alle Diamine liefern brauchbare Producte; doch zeichnen sich die
mit Paradiaminen zu erhaltenden durch gröſsere Lichtechtheit aus.
Die Farbstoffe färben Baumwolle und
Leinenfaser in ungebeiztem oder mit Tannin
vorgebeiztem Zustande blau bis blaugrau und zwar geben die mit den Homologen des Phenylendiamins zu
gewinnenden die graueren Töne. Wolle wird ohne Beize
gefärbt. Die besprochenen Rosanilinfarbstoffe geben mit Oxydationsmitteln, z.B.
chromsaurem Kali, in wässeriger Lösung dunkle unlösliche Niederschläge. Diese
Eigenschaft wird nutzbar gemacht zur Erzielung dunklerer und echterer Farbtöne auf
der Faser. Man braucht die gefärbten Stücke nur durch ein 60° warmes Oxydationsbad
von chromsaurem Kali zu ziehen, welches 5 bis 7 Procent dieses Salzes vom Gewichte
der Waare enthält, um völlig licht- und waschechte graue bis schwarzblaue Farben
herzustellen.
Den Farbenfabriken vormals Bayer und Comp. in Elberfeld
(D. R. P. Nr. 37067 vom 10. December 1885) ist es gelungen, blaugrüne Farbstoffe herzustellen, welche als Ersatz der theureren
Indigopräparate Verwendung finden können und vor dem zu gleichem Zwecke vielfach
gebrauchten Lichtgrün S den Vorzug gröſserer Echtheit
und geeigneteren Farbtones voraus haben.
O. und E. Fischer haben
gezeigt (vgl. 1879 233 166), daſs Metanitrobenzaldehyd
und alkylirte Aniline sich zu Nitroleukobasen condensiren lassen, welche durch Reduction
in Amidoleukobasen umgewandelt werden können. So erhält man z.B. aus
Metanitrobenzaldehyd und Dimethylanilin Metanitrotetramethyldiamidotriphenylmethan,
das durch Reduction in die Triamidoverbindung übergeht:
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Diese Synthesen sind von O. Fischer und Ph. Greiff sowie O.
Fischer und J. Ziegler (1880 236 75. 237 155. Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1880 S.
669 und 671) weiter ausgedehnt worden, indem sie einerseits Paranitrobenzaldehyd auf salzsaures Anilin einwirken lieſsen, das
entstandene Paranitrodiamidotriphenylmethan reducirten und daraus Paraleukanilin
erhielten, andererseits Metanitrobenzaldehyd mit
salzsaurem Anilin in Reaction setzten und bei Einhaltung des gleichen Verfahrens zu
einem isomeren Leukanilin, dem sogen. Pseudoleukanilin,
gelangten. Die letztgenannte Basis ist die Muttersubstanz der neuen Farbstoffe,
welche als Sulfosäuren benzylirter Pseudorosaniline zu
betrachten sind.
Für Zwecke der Technik haben sich brauchbar erwiesen die Condensationsproducte von
Metanitrobenzaldehyd mit Dimethyl-, Diäthyl-, Monomethyl- und Monoäthylanilin und
die daraus durch Reduction entstehenden Pseudoleukaniline. Ferner Gemische von
Amidobasen, entstehend aus Metanitrobenzaldehyd und einem Gemische von je 1 Mol.
Mono- und Dimethyl- oder Mono- und Diäthylanilin und Reduction dieser
Nitroproducte.
Um zu den Farbstoffen zu gelangen, werden die genannten Amidobasen benzylirt, darauf
sulfurirt und durch Oxydation Farbstoffsulfosäuren hergestellt. Die Sulfogruppen
sind durchweg in die Benzylreste eingetreten und die letzteren können als bestimmend
für die Eigenschaften der Farbstoffe angesehen werden, denn sie ermöglichen die
leichte Sulfurirung der Leukobasen und bedingen die Löslichkeit der fertigen
Farbstoffe, welche mit der Zahl der Benzylreste zunimmt. Man erhält auf diese Weise
als Endproducte: die Sulfosäuren von Tetramethyldibenzyl-, Trimethyltribenzyl-,
Dimethyltetrabenzyl-, Tetraäthyldibenzyl-, Triäthyltribenzyl-,
Diäthyltetrabenzyl-Pseudorosanilin.
Im Folgenden ist die Verarbeitung des aus Metanitrobenzaldehyd und Dimethylanilin
erhaltenen Tetramethyl-Pseudoleukanilin als Beispiel gegeben. Diese Base vermag
gemäſs ihrer Constitution zwei Benzylgruppen aufzunehmen.
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50k Tetramethyl-Pseudoleukanilin
werden mit der 2 Mol. Chlorbenzyl auf 1 Mol. Tetramethyl-Pseudoleukanilin
entsprechenden Menge Chlorbenzyl und der äquivalenten Menge einer 10procentigen
Natronlauge in Druckkesseln im Oelbade von etwa 115° während 4 bis 6 Stunden
erhitzt. Die benzylirte Basis wird zur Entfernung öliger Nebenproducte längere Zeit
mit Wasserdampf behandelt und dann getrocknet; sie bildet eine in der Kälte spröde, schwach gelblich
gefärbte Masse, welche nicht krystallisirt und in verdünnten Mineralsauren schwer
löslich ist. Das Benzyliren der übrigen Tri- und Dialkyl-Pseudoleukaniline und deren
weitere Behandlung erfolgt in derselben Weise, nur mit dem Unterschiede, daſs,
entsprechend der Constitution, die theoretisch erforderlichen Mengen Chlorbenzyl und
Natronlauge verwendet werden, so daſs stets hexa-alkylirte Basen entstehen. Die
tribenzylirten und tetrabenzylirten Basen sind, gleichviel ob sie neben Benzyl- auch
Aethyl- oder Methylgruppen enthalten, in verdünnten Mineralsäuren gar nicht mehr
löslich.
Die nun erfolgende Sulfurirung wird in nachstehender Weise
vorgenommen: 50k trockenes
Dibenzyltetramethyl-Pseudoleukanilin werden allmählich unter guter äuſserer Kühlung
in 200k rauchende Schwefelsäure von 20 bis 28
Proc. Anhydridgehalt eingetragen. Sobald die Lösung vollendet ist, wird noch so
lange unter guter äuſserer Kühlung rauchende Schwefelsäure hinzugefügt, bis freies
Anhydrid vorhanden ist. Damit ist die Sulfurirung beendet. Die Aufarbeitung der
Sulfosäure geschieht nach den in der Technik üblichen Methoden.
Die freie Sulfosäure ist in kaltem Wasser sehr schwer, in heiſsem
Wasser etwas leichter löslich; in den Lösungen ihres auch in kaltem Wasser ziemlich
leicht löslichen Alkalisalzes erzeugen verdünnte Mineralsäuren und Essigsäure in der
Kälte Niederschläge der freien Sulfosäure, in der Wärme bringen nur verdünnte
Mineralsäuren eine theilweise Fällung hervor, Essigsäure dagegen nicht. Die
Sulfosäuren der tribenzylirten Basen, welche als Trisulfosäuren zu betrachten sind,
zeigen eine gröſsere Löslichkeit in Wasser. In den Lösungen ihrer sehr leicht
löslichen Alkalisalze bewirken nur verdünnte Mineralsäuren eine theilweise Fällung,
Essigsäure überhaupt nicht. Endlich sind die Sulfosäuren der tetrabenzylirten Basen
durchaus leicht löslich, in den Lösungen ihrer Alkalisalze in Wasser wird durch
keinerlei Säure eine Fällung hervorgerufen. Krystallisirt konnten sämmtliche
Sulfosäuren bisher nicht erhalten werden.
Die Oxydation der Sulfosäuren geschieht nach bekannten Methoden
mittels Braunstein, Bleisuperoxyd oder mit ähnlich wirkenden Oxydationsmitteln. Der
fertige Farbstoff wird aus seiner tiefblauen Lösung durch Kochsalz leicht gefällt
als dunkler Niederschlag, welcher beim Erwärmen zu einer kupferglänzenden Masse
zusammenschmilzt. Er wird als Natronsalz in den Handel gebracht. Das Natronsalz ist
in Wasser ziemlich leicht löslich; in dieser Lösung erzeugt verdünnte Schwefelsäure
eine theilweise Fällung, Essigsäure nicht.
Die Farbstoffe dieser Reihe sind grün mit starkem Stich
ins Blaue; sie färben Wolle aus saurem Bade auch im Gemische mit anderen Farbstoffen
sehr leicht und gleichmäſsig und zeichnen sich durch ihre groſse Waschechtheit
aus.
Verfahren zur Herstellung eines orseillerothen
Azofarbstoffes. Bekanntlich ist die in den β-Naphtolsulfosäuren enthaltene Hydroxylgruppe des unmittelbaren Austausches
gegen die Amidogruppe fähig und diese Reaction benutzte die Farbfabrik vormals Brönner in Frankfurt a. M., um die Schäffer'sche β-Naphtolmonosulfosäure in zwei β-Naphtylaminsulfosäuren überzuführen, von denen die eine, als Hauptproduct
entstehende Säure, in Wasser schwer löslich, die zweite, in geringerer Menge sich
bildende, leichter löslich ist. Keine der beiden Säuren ist aber identisch mit der
aus β-Naphtylamin unmittelbar erhaltenen
Monosulfosäure. Beide Säuren lassen sich diazotiren und liefern mit den Phenolen,
Oxyphenolen und Naphtolen, wie auch deren Aethern und Sulfosäuren schöne Farbstoffe,
die schwer lösliche β-Naphtylaminsulfosäure mit mehr
gelben, die leicht lösliche mit rothen bis blauen Farbtönen. Die genannte Farbfabrik
hat nun einen Farbstoff von sehr werthvollen Eigenschaften erhalten durch Einwirkung von p-Diazonitrobenzol auf die schwer lösliche
β-Naphtylaminsulfosäure (vgl. D. R. P. Nr. 36757 vom 27. August 1885,
Zusatz zu Nr. 22547, vgl. 1883 249 351).
Das Verfahren ist folgendes: 13k,8 p-Nitranilin werden in 1500l Wasser und
50k Salzsäure von 20 Proc. aufgelöst and mit
28k Natriumnitritlösung von 25 Proc. in die
Diazoverbindung umgewandelt. Letztere läſst man in eine Auflösung von 24k,5 β-naphtylaminsulfosaurem Natrium in 500l
Wasser einlaufen. Hierauf wird die Lösung einige Stunden umgerührt, wobei die
Bildung des Farbstoffes erfolgt. Nach 24stündigem Stehen wird mit Soda neutralisirt,
auf 80° angewärmt und mit heiſser Kochsalzlösung ausgesalzen. Der Farbstoff wird
abfiltrirt, gepreſst und getrocknet.
Der Farbstoff zeichnet sich durch groſse Löslichkeit und langsames, gleichmäſsiges
Ausfärben aus. Derselbe hat einen blaurothen, Orseille
ähnlichen Farbton und ist völlig verschieden von dem Farbstoffe, welcher aus der
schwer löslichen, durch unmittelbares Sulfuriren von β-Naphtylamin erhaltenen Monosulfosäure entsteht; letzterer ist schmutzig
gelb-roth und schwer löslich.
Reindarstellung der β-Naphtoldisulfosäure (γ-Säure) aus dem
Spirituslöslichen β-naphtoldisulfosauren Natron (G-Salz). Bei der Sulfirung
des β-Naphtols erhält man zwei β-Naphtoldisulfosäuren, deren Natronsalze zur Herstellung der unter den
Namen Ponceau und Bordeaux bekannten Farbstoffe dienen. Beide Natronsalze werden
durch Behandlung mit 80 bis 90° Spiritus getrennt, wobei ein Salz (R-Salz) ungelöst
zurückbleibt, während das andere (G-Salz) sich im Spiritus löst (vgl. 1879 232 543. 1880 235 155). Die
Farbwerke vormals Meister, Lucius und Brüning in
Höchst a. M. (D. R. P. Nr. 36491 vom 1. März 1884, zweiter Zusatz zu Nr. 3229) haben
nun ein Verfahren zur Darstellung der reinen Säure des
G-Salzes aufgefunden. Um diese Säure, welcher der Name γ-Säure beigelegt wurde, bei der Sulfirung des β-Naphtols in vorwiegender Menge zu erhalten, ist es nothwendig, die
Sulfirung bei nicht zu hoher Temperatur vorzunehmen, die Einwirkung der
Schwefelsäure aber längere Zeit andauern zu lassen. Man führt das β-Naphtol zuerst in Naphtylschwefelsäure über und
sulfirt diese vorsichtig weiter.
1 Th. fein gepulvertes Naphtol wird in 5 Th. auf 0° abgekühlte
Schwefelsäure von 66° B. eingerührt und die Temperatur alsdann im Verlaufe von etwa
36 Stunden auf 60° gesteigert, wobei der Hauptsache nach β-Naphtol-y-Disulfosäure, welche sich in der Schmelze ausscheidet,
entsteht; als Nebenproduct tritt fast ausschlieſslich die Schäffer'sche Naphtolmonosulfosäure auf. Oder es wird 1 Th. β-Naphtol in 4 Th. 66° Schwefelsäure eingerührt, wobei
die Temperatur auf 50 bis 60° steigt. Die Schmelze wird etwa 48 Stunden auf 60°
gehalten oder 8 bis 10 Tage bei 20° sich selbst überlassen.
Die Reinigung der so gewonnenen γ-Säure kann nun leicht durch Umkrystallisiren der Baryt-, Natron- oder
Kalisalze vorgenommen werden, da die Baryt- und Natronsalze der verunreinigenden
Säuren leichter löslich sind als diejenigen der γ-Säure, während es beim Kalisalze sich umgekehrt verhält.
In vielen Fällen, namentlich bei darauf folgender Verwendung der
y-Säure zur Darstellung von Azofarbstoffen, ist es jedoch zweckmäſsiger, die Trennung durch
fractionirte Fällung mit Diazoverbindungen zu vollziehen. Das mit Spiritus aus dem
Gemische der Natronsalze ausgelöste G-Salz enthält nämlich stets gröſsere oder
kleinere Mengen Natronsalze von Sulfosäuren, welche mit Diazoverbindungen des Xylols,
Naphtalins u.s.w. in verdünnter Lösung Farbstoffe geben, während die reine γ-Säure mit diesen Diazoverbindungen nicht sofort
reagirt.
Um die Trennung zu bewerkstelligen, wird in der alkalisch
gehaltenen Lösung der aus der Rohsulfirung erhaltenen Natronsalze die Menge der die
γ-Disulfosäure begleitenden Naphtolsulfosäuren mit
einer Lösung von salzsaurem Diazo-a-Naphtalin von
bekanntem Gehalte titrirt. Entsprechend dem Ergebnisse dieser Titrirung werden
nunmehr die begleitenden Naphtolsulfosäuren durch die äquivalente Menge irgend einer
Diazoverbindung, wozu sich die Diazoderivate der Kohlenwasserstoffe: Diazobenzol,
Diazotoluol, Diazoxylol u. dgl., besonders gut eignen, ausgefällt.
Die Farbstoffe werden nach Ausfällung mit Kochsalz abfiltrirt. Das
Filtrat enthält dann das reine Natriumsalz der γ-Disulfosäure.
Verfahren zur Darstellung eines grünen Farbstoffes durch
Nitriren des Liebermann'schen Phenolfarbstoffes. Durch Einwirkung von Schwefelsäure und
Nitrosylschwefelsäure auf Phenol kann ein rothbrauner Farbstoff erhalten werden,
welcher unter dem Namen Liebermann'scher
Phenolfarbstoff bekannt ist. Dieser Farbstoff konnte indeſs bis jetzt technisch noch
nicht verwerthet werden; seine Zusammensetzung soll nun nach Untersuchungen von R. J. Petri in Berlin (vgl. D. R. P. Nr. 36760 vom 21.
Oktober 1885) durch nachstehende Formel I ausgedrückt werden können. Petri hat gefunden, daſs sich aus dem Liebermann'schen Farbstoffe durch Nitrirung ein
Nitroproduct gewinnen lasse, welchem die vorstehende Zusammensetzung II zukommen
soll.
Textabbildung Bd. 262, S. 89
Die Darstellung dieses grünen Farbstoffes soll folgendermaſsen
erfolgen: Der Liebermann'sche Phenolfarbstoff wird auf
gewöhnliche Weise dargestellt, nur durch Absaugen von anhängender Schwefelsäure
befreit, sonst aber nicht weiter gereinigt. Das noch feuchte Product trägt man in
kalte rauchende Salpetersäure ein, worin es sich mit rothbrauner Farbe und unter
Entweichen rother Dämpfe löst. Wird diese Lösung in viel Wasser gegossen, so fällt
der neue Farbstoff in voluminösen, grünen Flocken aus, welche abfiltrirt,
ausgewaschen und getrocknet werden. Die Lösungen des Farbstoffes in Alkohol, Aether
oder Wasser sollen unmittelbar als Färbeflotten Verwendung finden. (Vgl. auch Lehmann und Petri, Chemisches Centralblatt,
1885 Bd. 16 S. 483.)