Titel: | Ueber Neuerungen an auslösenden Dampfmaschinen-Steuerungen mit schwingenden Cylinderschiebern. |
Fundstelle: | Band 262, Jahrgang 1886, S. 97 |
Download: | XML |
Ueber Neuerungen an auslösenden
Dampfmaschinen-Steuerungen mit schwingenden Cylinderschiebern.
Patentklasse 14. Mit Abbildungen auf Tafel 7 und 10
ff.
Neuere Steuerungen mit schwingenden Cylinderhähnen.
Auslösende Steuerungen mit schwingenden cylindrischen Schiebern oder Hähnen zur
Dampfvertheilung, deren grundlegende Anordnung von Corliſs im J. 1862 angegeben wurde und welche namentlich in der ersten
Hälfte der 70er Jahre vielfache Anwendungen erfuhrenVgl. Corliß 1874 214
* 217. 1876 222 * 97. 1878 229 * 311. 1879 233 * 3. 1880 240 * 168. Douglas
und Grant 1871 199 *
161. Spence 1871 199
* 162. Wood 1874 211
* 161. Inglis und Spencer 1874 214 * 270. Märky und Schulz 1874 214 * 274. Bède und Farcot 1874 214 *
347. Steiner 1876 221 * 491., sind in neuerer Zeit weniger ein
Arbeitsfeld für Constructeure gewesen; die Zahl der seit dem Bestehen des deutschen
Reichspatentgesetzes in Deutschland auf solche Steuerungen ertheilten Patente ist
deshalb auch gegenüber den Ventil- und Flachschiebersteuerungen eine sehr geringe.
Trotzdem pflegen einige groſse Maschinenbauanstalten, auſserhalb Deutschlands, noch
immer die Ausführung von Steuerungen mit schwingenden CylinderschiebernVgl. Société Cail 1879 233 * 6. Schneider-Creuzot 1884 253 * 182. 1885 256
*289. 333. 258 284. Ruston 1886 260 * 193. Ogden 1886 260 *
12. und finden sich in der nachfolgenden Zusammenstellung
verschiedene hierfür bekannt gewordene neuere Beispiele.
Bei dem von Berger-André und Comp. in Thann, Elsaſs
(vgl. Erl. * D. R. P. Nr. 6328 vom 7. Februar 1879) entworfenen Mechanismus zur
Bewegung der Steuerhähne geht wie bei der Wheelock'schen Steuerung (vgl. 1878 229 * 413) die
Bewegung der Einlaſsschieber von den
Auslaſsschiebern aus; doch sind, wie aus Fig. 2 Taf. 7 zu entnehmen
ist, diese Schieber an verschiedenen Cylinderseiten angeordnet. Die am Cylinder
befestigten Schiebergehäuse bilden in ihren glockenartigen durchbrochenen
Verlängerungen E und A
hohle Zapfen (vgl. Fig. 3 bis 5), auf welchen die
mehrarmigen Hebelstücke R und P sitzen. Die mit drei Armen versehenen Stücke P sind durch die Zapfen e mit den auf der
Achse der Auslaſsschieber befestigten Kurbeln K, sowie
durch die stellbaren Stangen L mit den Hebelstücken R der Einlaſsschieber verbunden und werden vom Excenter
auf der Schwungradwelle der Dampfmaschine mittels der Stange B in Schwingungen versetzt. Das Stück R
bewegt durch den Arm S und die Falle O (Fig. 6 Taf. 7) die fest
auf der Achse des Einlaſsschiebers sitzende Scheibe N.
Ein zweites, auf dem Hohlzapfen von E (vgl. Fig. 3 und 4) drehbares,
durch die Stange T vom Regulator aus bewegtes
Hebelstück Q bewirkt die Auslösung des
Einlaſsschiebers, sobald die an der Falle O sitzende
feste Gegen falle r an die Nase q trifft, wodurch die Falle O gehoben wird
und die Mitnehmerplättchen abschnappen. Der Schieber wird dann schnell durch den
auch von Corliſs gebrauchten Luftbufferkolben U mittels der Stange Z
zurückgezogen und die Einlaſsöffnung geschlossen. Der Regulator verändert die
Füllung im Cylinder durch Aenderung der Stellung der Nase q. Bei einem etwaigen
Reiſsen des Regulatortreibriemens setzt sich die Nase q1 unter das vordere Ende der Gegenfalle
r, hebt die Falle O
und stellt dadurch die Maschine ab.
Eine mit dieser Steuerung versehene, in Armengaud's Publication industrielle, 1884 Bd. 29 * S. 188
beschriebene Dampfmaschine von 380mm
Cylinderdurchmesser und 910mm Hub erzielte bei
einer Eintrittsdampfspannung von 4at,5, einer
Cylinderfüllung von 0,25 und bei 60 Umdrehungen in der Minute eine wirkliche
Leistung von 75 Pferd, was einem Wirkungsgrade der Maschine von nahezu 90 Proc.
entsprechen würde.
P. Kyll in Köln-Beyenthal (vgl. Erl.* D. R. P. Nr. 15981
vom 11. Mai 1881) hat zur Dampfvertheilung nur zwei Cylinderschieber angewendet, von denen jeder den
Ein- und Auslaſs des Dampfes, sowie die Expansion auf der zugehörigen Cylinderseite
vermittelt. Auf der Achse c (Fig. 8 Taf. 7) jedes
Schiebers sitzt ein Winkelhebel d; derselbe läuft nach
oben in eine lange Büchse aus, in welcher der Zapfen e
steckt, der mit der schienenförmig ausgeschmiedeten und an dem Muffe f befestigten Hülse E ein
Stück bildet. Durch die Hülsen E und E1 und Muffen f und f1 geht eine verschiebbare Stange D, welche bei m verstärkt
ist, Stahlknaggen n und n1 trägt und an den Enden mittels
festgemachter Ringmuttern je eine Fangplatte s bezieh.
s1 trägt. Zwischen
den auf den Muffen f, f1 drehbar gelagerten Klinken g und g1 befindet sich der
vom Regulator bethätigte ankerförmige Auslöser k. Die
Excenterstange greift zur Hin- und Herverschiebung der Stange D an derselben am Zapfen o
an. In der in Fig.
8 gezeichneten Stellung erfolgt durch den rechten Schieber
Dampfausströmung, während der linke Schieber den Dampfeinlaſskanal zum Cylinder
geschlossen hält. Die Tellerflächen der Hülse E1 und Platte s1 liegen an einander und die Klinke g1 vor der Knagge n1; bei Weiterbewegung
der Stange D wird der rechte Schieber nach rechts
zurückgedreht, der Dampfaustritt geschlossen und der Dampfeintrittskanal geöffnet,
bis beim Auslösen der Klinke g1 durch den Anker k die
Feder im zugehörigen Luftbuffer Q den rechten Schieber
in die den Dampfeintrittskanal deckende Stellung zurückbringt. Die Tellerflächen von
E1 und s1 haben sich getrennt,
während die gleichen Flächen von E und s zusammen gekommen sind und der linke Schieber in die
Ausströmungstellung gedreht wird. Nachdem dann die Klinke g vor die Knagge n gekommen ist, geht bei
Umkehrung der Bewegung der Stange D der beschriebene
Vorgang mit dem linken Schieber vor sich. In den um die Zapfen z drehbaren Luftbuffergehäusen Q befinden sich Kolben i, welche mit den
Winkelhebeln d der Dampfvertheilungsschieber in
Verbindung stehen. Während des Schieberweges beim Dampfeinlassen wird die Feder C zusammen gedrückt und beim Auslösen des Schiebers der
Kolben zurückgeschoben und durch Zusammendrückung der im Räume h befindlichen Luft der Schlag beim Auslösen, wenn der
Kolben i
auf den unteren, mit
Leder bedeckten Boden des Gehäuses schnellt, gemildert.
Bei der von A. Pozdena angegebenen, in
Oesterreich-Ungarn am 30. Oktober 1880 geschützten Steuerung sind wie bei der vorher
beschriebenen ebenfalls nur zwei Cylinderschieber
benutzt. Nach der dem Praktischen
Maschinen-Constructeur, 1883 * S. 241 entnommenen Abbildung Fig. 7 Taf. 7 besteht der
Bewegungsmechanismus für jeden Schieber aus einem Luftbuffer ähnlicher Construction
wie bei Kyll und einer Klinke A. Die Klinken A werden von zwei in die
Scheibe S eingesetzten Stahlplatten B gefaſst, so daſs, wenn die Scheibe S, von einem auf der Kurbelwelle sitzenden Excenter in
Schwingungen versetzt, nach der in Fig. 7 gezeichneten
Pfeilrichtung bewegt wird, die Klinke A des rechten
Schiebers mitgenommen und der Dampfeinlaſskanal geöffnet wird. Die Mitnahme des
Schiebers dauert so lange, bis die Klinke A, mit ihrer
oberen Verlängerung an das vom Regulator unmittelbar bethätigte Stück C anstoſsend, von der zugehörigen Stahlplatte B abgedrängt wird; der Schieber gelangt dann durch den
Luftbuffer in die dem Schlüsse des Dampfeinlaſskanales entsprechende Stellung. Bei
Rückwärtsdrehung der Scheibe S fällt die Klinke A wieder ein und bringt den Schieber in die der
Dampfausströmung entsprechende Stellung. Je nach der vom Regulator abhängigen
veränderlichen Lage des Stückes C erfolgt durch die
Schieber das frühere oder spätere Abschlieſsen des Dampfes.
T. F. Rowland in Greenpoint-Brooklyn bringt an stehenden
Dampfmaschinen mit schwingendem Uebertragungshebel eine ähnliche, unter der
Bezeichnung Twiss' Patent bekannte Steuerung zur
Ausführung. Eine Dampfmaschine dieser Art von 90 Pferd, welche 85 Umdrehungen in der
Minute macht, ist im Scientific American, 1881 Bd. 45 *
S. 415 abgebildet. Für jeden der beiden Cylinderschieber ist eine Dampfkammer
angeordnet, für welche der Dampf zu- und abgeleitet wird. Auf der Rückseite der
Schieber befindet sich, in der hohlen Achse der letzteren geführt, ein zweiter Schieber (vgl. Ogden 1886 260 * 12). Die Bewegung beider
Schieber erfolgt von einer schwingenden Scheibe aus
durch besondere Stangen. Unter der Einwirkung eines vom Regulator bethätigten
Sperrhakens mit Daumen, welcher sich auf die Angriffshebel der Stangen an den
Schiebern legt und einer Feder werden die Schieber ausgelöst und geschlossen.
Die sogen. Rundschiebersteuerung von J. R. Frikart in Lille (* D. R. P. Nr. 31242 vom 26.
September 1884) soll Füllungen von 0 bis 0,9 des Kolbenhubes gestatten. Die Achse
y (Fig. 9 Taf. 7), welche
durch ein Kegelräderpaar C, B gleichzeitig mit dem
Regulator ihren Antrieb von der Welle A erhält,
ertheilt durch die auf derselben sitzende kleine Kurbel x mittels der Stange D der am Cylinder
drehbaren Scheibe F eine schwingende Bewegung, welche
durch Stangen auf die oberen Einlaſsschieber und unteren Auslaſsschieber übertragen
wird. Die Spindel des Einlaſsschiebers trägt, wie in Fig. 10 und 11 Taf. 7
besonders gezeichnet ist, eine Kurbel K, welche durch
eine Stange mit dem im Cylinder G befindlichen und,
damit der Schieber geschlossen bleibt, durch Schraubenfedern fortwährend gegen die
Mitte des Cylinders gedrückten Luftbuffer verbunden ist. Die schwingende Scheibe F wirkt auf jeder Seite auf einen auf der Büchse E sich frei drehenden Winkelhebel H, dessen einer Arm das mit Stahlnase versehene und in
einen Hebel endigende Stück J auf einem Zapfen drehbar
trägt. Die auf der Schieberspindel festgekeilte Kurbel K hat ebenfalls eine Stahlnase, welche bei Mitnahme durch das Stück J das Oeffnen des Schiebers bewirkt. Die jedesmalige
Lage des Stückes J wird somit durch zwei von einander
unabhängige Bewegungen bestimmt: einmal wird sein Schwingungsmittelpunkt durch den
Hebel H, die Scheibe F und
die Kurbel X in Schwingungen versetzt; sodann wird vom
Regulator aus durch die Hebel L und M das Stück J um seinen
Drehzapfen bewegt, so daſs seine Stahlnase von der Kurbel K zeitweise abgleitet, wodurch mittels der Feder im Cylinder G der Schieber den Dampfeinlaſskanal sofort schlieſst.
Je länger demnach das Stück J an der Kurbel K verbleibt, desto länger wird der Dampfeinlaſs offen
bleiben und desto gröſser die Füllung sein. Die Regulatorsäule R trägt in zwei Armen einen um zwei Zapfen schwingenden
Rahmen P und sitzt auf der Verlängerung des einen
Zapfens ein Hebel N, welcher durch eine Lenkstange von
der über den Angriffzapfen der Kurbel X verlängerten
Stange D bewegt wird; auſserdem bewegt sich, auf der
Säule R durch Stangen S
mit dem Muffe des Regulators verbunden, die Hülse O,
welche auf jeder Seite an Zapfen einen Winkelhebel Q
trägt, die mit dem einen Ende in am Rahmen P
angebrachten Gelenken p gleiten und mit dem anderen
Ende an die zu den Hebeln M führenden Stangen T angeschlossen sind. Während der Rahmen P regelmäſsige Schwingungen macht, ändern die Hebel Q ihren Ausschlag je nach der Stellung der Hülse O; die durch die Hebel M
beschriebenen Kreisbogen verschieben sich, so daſs die von der Spitze des Stückes
J beschriebene Curve sich von dem Mittelpunkte der
Kurbel K entfernt bezieh. sich demselben nähert. Durch
das auf diese Weise erreichte frühere oder spätere Abgleiten des Stückes J von der Kurbel K ist
somit eine vom Regulator abhängige veränderliche Expansion erreicht. Eine zwischen
den Hebeln L und M
eingeschaltete Feder (vgl. Fig. 10) dient zur
Vermeidung von Stöſsen.
Damit die Steuerung von 0 bis zur ganzen Füllung arbeitet, hat man die Maschine so zu
reguliren, daſs die höchste Regulatorstellung der Füllung 0 entspricht und bei der
tiefsten Stellung das Stück J nicht mehr von der Kurbel
K abgleitet.
B. Goodfellow in Hyde bei Manchester hat nach Engineering, 1883 Bd. 36 * S. 311 bezieh. den Annales Industrielles, 1885 Bd. 1 S. 346 die in Fig. 1 Taf. 7
dargestellte, von J. Ramsbottom angegebene Steuerung an
einer für eine Spinnerei bestimmten Compound-Dampfmaschine ausgeführt. Die wagerecht
liegende, an zwei Hebeln A und A1 hängende Gelenkstange B erhält von der Excenterstange C ihre Bewegung. Zwei auf B befestigte
Frösche D und D1 tragen je einen ungleicharmigen Winkelhebel LL1; die kürzeren Arme
L1 sind mit den auf
den Schieberspindeln aufgekeilten Kurbeln E und E1 durch kurze
Gelenkstücke F verbunden. Die vom Regulator kommende
Stange G bewegt zwei Winkelhebel H und H1, welche durch Zahnbogen mit einander und am oberen
Ende mit zwei wagerechten Stangen h und h1 verbunden sind, an
deren Enden sich auf Führungen p und p1 gleitende Nasen P und P1 befinden. Bewegt sich in Fig. 1 die Stange B in der gezeichneten Pfeilrichtung, so wird durch
Drehung der Kurbel E die Dampfeinströmung rechts in den
Cylinder so lange stattfinden, bis der Hebelarm L von
der Nase P1
zurückgeworfen und gleichzeitig der Arm L1 mit einem Ansätze auf der Stange B gehoben wird; der Schieber schlieſst sich unter
Einwirkung einer in einem Gehäuse befindlichen Feder und der Hebel L gelangt in die in Fig. 1 links angedeutete
Stellung. Beim Rückwärtsgange der Stange B hebt sich
der Arm L, indem L1 durch das Gelenkstück F von der festliegenden Schieberkurbel E
niedergezogen wird.
(Fortsetzung folgt.)