Titel: | Ueber Abnutzung durch Schleifen; von A. Martens. |
Fundstelle: | Band 262, Jahrgang 1886, S. 161 |
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Ueber Abnutzung durch Schleifen; von A.
Martens.
Mit Abbildungen.
Martens, über Abnutzung durch Schleifen.
In den Mittheilungen aus den Kgl. technischen
Versuchsanstalten, 1886 * S. 3 veröffentlicht A.
Martens vergleichende Versuche über die Prüfung mehrerer
Linoleum-Korkteppiche verschiedener Herkunft gegen Abnutzung. Da die
Versuchsanordnungen Anregung zu weiterem Vorgehen geben dürften, sollen sie im
Nachfolgenden kurz mitgetheilt werden.
Die Wichtigkeit der Feststellung des Widerstandes der in der Technik verwendeten
Rohstoffe gegen die mechanische Abnutzung ist zwar allgemein anerkannt; aber es ist
bislang nur bei wenigen Stoffen gelungen, einigermaſsen zufriedenstellende
Untersuchungsverfahren zu ersinnen. Der Vorgang der Abnutzung beim Abschleifen ist
ein so verwickelter, daſs man für jeden neuen Rohstoff andere Anordnungen des
Versuches auffinden muſs, wenn man auch nur innerhalb der betreffenden
Materialgattung vergleichbare Ergebnisse, also eine Gütebestimmung ermöglichen
will.
Dem jeweiligen Zwecke entsprechend hat man bei den Schleif- und Polirmitteln die
Härte und die Gröſse des Kornes, die Art des Bindemittels, die Art der
Wasserbespülung u.s.w. in Betracht zu ziehen und zu ändern. Man wird beim Schleifen
und Poliren füglich auf folgende Vorgänge Rücksicht nehmen müssen: ob das
schleifende Korn in einem Bindemittel fest gebettet ist
und einen Bestandtheil des festen Körpers bildet (Schleifstein, Schmirgelscheibe,
Schmirgel-, Polirfeile u.s.w.), oder ob das schleifende Korn einen selbstständig
bewegten Körper bildet (Sandstrahlgebläse, Schmirgel-, Polirpulver u.s.w.). In dem
zuerst angeführten Falle wirkt das gewöhnlich härtere Korn mit seinen scharfen Ecken
und Kanten gewissermaſsen als Meiſsel auf den gewöhnlich weicheren abzuschleifenden
Körper, während im zweiten Falle die einzelnen Körner zwischen der Unterlage und dem
zu schleifenden Körper entweder rollen, oder im Gas- oder Flüssigkeitsstrome gegen
die zu schleifende Fläche geschleudert werden; die scharfen Ecken des Schleifmittels
bilden dann bei weichen Körpern kurze, grübchenförmige Löcher, oder bei spröden
Körpern werden kleine Theilchen ausgesprengt.Vgl. Kick: Das Gesetz der proportionalen
Widerstände, (Leipzig 1885) S. 17. H.
Schröder über Schleifen und Poliren in
der Centralzeitung für Optik und Mechanik. 1886
Heft 2. In Wirklichkeit hat man allerdings weder den ersten, noch
den zweiten Fall ganz rein vor sich, sondern immer mehr oder weniger eine
Vereinigung von beiden.
Bei Auswahl des zur Herstellung künstlicher Steine zu verwendenden Bindemittels oder
bei Werthschätzung des im natürlichen Steine vorhandenen hat man auſserdem darauf zu
achten, daſs während der Bestimmung der Abnutzung durch Schleifen das Schleifmittel
auch möglichst seine
ursprüngliche Beschaffenheit beibehält. Die Natur des Bindemittels wird eine solche
sein müssen, daſs die abgenutzten Körner während des Schleifvorganges fortwährend
losgelassen und entfernt werden, ferner daſs auch das Bindemittel selbst schwinde
und so immer wieder neue scharfe Körner bloſslege. Das Bindemittel muſs also
entweder durch die Spülflüssigkeit allmählich gelöst, oder durch die losgetrennten
Körner zerrieben und zerbröckelt werden, oder endlich, es muſs zufolge seiner
Festigkeitseigenschaften gegen die Masse der Körner so weit zurücktreten können,
daſs ohne weiteres neben der durch das herausspringende Korn entstehenden Lücke die
Kanten der benachbarten Körner als neue angreifende Punkte hervortreten.
Die Geschwindigkeit, mit welcher das schleifende Korn
auf die zu schleifende Fläche trifft, ist ebenfalls von groſser Bedeutung sowohl für
die Gröſse der Abnutzung des Schleifkörpers, als auch für die der verwendeten
Schleifmittel.
Nach dem Vorstehenden dürfte einleuchten, daſs eine ganze Anzahl von Umständen in
Betracht zu ziehen sind, wenn man für die Bestimmung der Abnutzbarkeit von
Baumaterialien überhaupt auf Schleifversuche zurückgreifen will, und daſs viele
Reihen von Versuchen auszuführen nothwendig sind, bevor an eine allgemeine
Einbürgerung dieses Prüfungsverfahrens gedacht werden kann. So führt Martens z.B. an, daſs beim Schleifen von Stahlproben
aus einer und derselben Stange, von denen einige glashart, andere gelb und blau
angelassen und wieder andere vollkommen ausgeglüht waren, auf einer Guſseisenscheibe
unter beständiger Schmirgel- und Wasserzuführung ganz verschiedene Ergebnisse
erhalten wurden, je nachdem die Versuchsbedingungen abgeändert waren. Dies ging so
weit, daſs sich einmal die härtesten, ein andermal die weichsten Körper als die am
meisten abgenutzten ergaben, wobei alle gleichzeitig denselben Bedingungen
unterworfen waren.
Textabbildung Bd. 262, S. 162In dem eingangs erwähnten Falle der Prüfung mehrerer Linoleum-Korkteppiche war es möglich, zu vergleichbaren Versuchen zu kommen. Die Versuche wurden
in folgender Weise ausgeführt: Auf einer Drehbank war ein Schleifstein von 347mm Durchmesser eingespannt und über seinem
Scheitelpunkte durch eine Parallelführung ein guſseiserner Stempel a derart festgehalten, daſs er etwaigen
Steinschwankungen in lothrechter Richtung leicht folgen konnte. Dieser Stempel trug
oben einen Rundeisenstab b, auf welchen durchlochte Bleigewichte zur
Beschwerung aufgeschoben werden konnten. Die untere Auflagefläche enthielt 5 × 5 =
25qc und war nach dem Halbmesser des
Schleifsteines gekrümmt. Auf ihr wurden Platten c des
zu untersuchenden Linoleums mittels Schellack aufgekittet und lagen dieselben also
mit einem Drucke gleich dem Gewichte des Stempels mehr dem halben Gewichte der
Parallelführung auf dem Umfange des Schleifsteines auf. Die Umdrehungszahl des
Steines wurde mittels eines Zählwerkes an dem Vorgelege der Drehbank
festgestellt.
Da der Stein, wie eine groſse Reihe von Vorversuchen ergab, durch das fortgesetzte
Schleifen allmählich an Schärfe verlor, so wurde seine Oberfläche durch
fortwährendes Aufstreuen ganz feinen, durch ein Sieb mit 900 Maschen auf 1qc gesiebten Sandes rein und rauh erhalten. Zur
Regelung des Sandzuflusses war folgende Vorrichtung vorhanden. Von einem Trichter
aus strömte der Sand durch eine feine Glasspitze auf die Kante eines im Winkel
scharf gebogenen Bleches f. Ein Theil des Strahles
floſs dadurch in der Richtung d auf den Stein, während
der andere nach l an der schrägen Blechfläche hinab in
ein untergesetztes Gefäſs gelangte. Die durch einen Schlauch mit dem Trichter
verbundene Glasspitze konnte durch eine Klemme K in
einer bestimmten Lage festgehalten und somit der Sandzufluſs zum Steine geregelt
werden.
Während der zum Messen der Abnutzung nöthigen Unterbrechung wurde der gesammte
Sandzufluſs in der Richtung l durch Auflegung eines
Stückes Kartenpapier, welches über den Grat des Bleches nach links hinwegragte,
abgelenkt. Man änderte absichtlich nichts in der Stellung der Glasspitze und des
Bleches, um sicher zu sein, daſs bei jedem folgenden Versuche stets derselbe
Sandzufluſs wieder stattfinde.
Zur Befeuchtung des Steines fielen zwischen Stempel und Sandzulauf während des
Umlaufes stetig 30 Tropfen in der Minute. Durch eine auf den Schlauch gesetzte
Klemmschraube k wurde der Zufluſs genau bemessen. Zum
Abstellen des Zuflusses von W wurde auch hier nichts an
der Klemme geändert, sondern ein besonderer Durchgangshahn benutzt.
Die Messung der Abnutzung geschah von 10 zu 10 Minuten durch Bestimmung der beiden
Abstände h. Daſs der Stein hierbei in die durch eine am
Vorgelegerade befindliche Marke festgelegte Lage eingestellt wurde, braucht wohl
nicht besonders hervorgehoben zu werden. Meſsbare Abnutzungen des Steines während
der Dauer eines Versuches waren nicht nachzuweisen.
Es wurden 3 Sorten Linoleumstoffe mit der Bezeichnung A,
B und C untersucht und zwar von jeder 5
Probestücke; deren Untersuchung fand aber abwechselnd statt, um die etwa
eintretenden Veränderungen im Zustande der schleifenden Steinoberfläche möglichst
auszugleichen. Der Umfang des Steines betrug 1m,09; derselbe machte im Mittel 27,8 Umdrehungen, was einer Geschwindigkeit
von 0m,505 entspricht. Der Druck, mit welchem die Platten an den
Stein gepreſst wurden und der sich auf 25qc
vertheilte, betrug 2k,915. Die Abnutzung war
nahezu proportional dem Schleifwege und betrug für 100m Schleifweg bei A 0,218, bei B 0,214 und bei C 0mm,168. A und B hatten sich also um 26 Proc. mehr
abgenutzt als C. Die Einzelversuche der verschiedenen Gruppen stimmen gut
überein.