Titel: | Einfluss der Lochung auf die Festigkeitsverhältnisse des Schweisseisens. |
Fundstelle: | Band 262, Jahrgang 1886, S. 257 |
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Einfluſs der Lochung auf die
Festigkeitsverhältnisse des Schweiſseisens.
Tetmajer, Einfluſs der Lochung auf Schweiſseisen.
In der Schweizerischen Bauzeitung, Februar 1886 bezieh.
in Stahl und Eisen, S. 173 sind die Ergebnisse von
Festigkeitsversuchen veröffentlicht, wie solche Prof. L.
Tetmajer in Zürich angestellt hat, um den Einfluſs der Lochungsmethoden
klar zu legen. Die Versuche sind systematisch mit bestimmtem Material durchgeführt,
so daſs die Wirkung der hier in Frage kommenden Beeinflussungen erkannt werden
konnte. Die hauptsächlichsten Kosten für die Herstellung der 132 Probekörper hatte
mit dankenswerther Bereitwilligkeit die Maschinenfabrik von Escher, Wyſs und Comp. übernommen.
Die zur Untersuchung verwendeten Bleche waren Kesselbleche, „Prima
Low-Moor-Qualität“ von Grillo, Funcke und Comp.
in Schalke. Jede Blechtafel hatte 3m Länge, 1m,5 Breite und angeblich 8mm Dicke. Eine dieser Blechtafeln diente zur
Erzeugung solcher Probekörper, die durch Ausstoſsen, die andere zu solchen, welche
durch Bohren gelocht wurden. Die Weite der Matrize für die Herstellung der Löcher
durch Ausstoſsen war gleich dem Durchmesser des Stempels vermehrt um 4 bis 5mm. In einer Anzahl Versuchstücke wurden auſserdem
die ausgestoſsenen Löcher noch ausgerieben bezieh. ausgefeilt und ebenso wurden auch
ausgebohrte Löcher auf diese Weise erweitert.
Für das ungelochte Material fand sich im Mittel die Streckgrenze bei 29,6 k/qmm, während die
Zugfestigkeit 41,9 k/qmm betrug; die Bruchdehnung für 200mm war 24,7 Proc.
die Contraction 39 Proc. der Tetmajer'sche
Qualitätscoefficient 1,05 (Zugfestigkeit t/qc mal Dehnung der Einheit).
Aus den übrigen Zahlenzusammenstellungen, wie dieselben a. a. O. ausführlicher
mitgetheilt sind, geht nun folgendes hervor.
Die Festigkeitsverhältnisse der Schweiſseisenbleche sind selbst in ein und derselben
Richtung (Längsrichtung) veränderlich; sie sind in der
Blechmitte gröſste Werthe und nehmen nach den beiden Rändern hin ziemlich
gleichmäſsig ab. Die Gröſse des Unterschiedes der Festigkeitswerthe kann die durch
die Lochung und die nachträgliche Behandlung der gelochten Platten bedingten
Veränderungen theilweise, unter Umständen gänzlich verdecken. Mit wachsender
Festigkeit nehmen im Allgemeinen Dehnung und Contraction ab, der
Qualitätscoefficient bleibt aber ziemlich unverändert; in der Blechmitte ist der
Qualitätscoefficient gröſser als in der Nähe der Ränder.
Es ergab sich ferner, daſs durch das Ausstoſsen der
Löcher das Material an Festigkeit verliert. Der Verlust
an Festigkeit wächst mit abnehmender Stärke zur Lochweite. Bei einer Lochweite
gleich der Blechstärke beträgt der Verlust selbst bei einem so vorzüglichen Eisen
wie das untersuchte immer noch etwa 20 Procent der ursprünglichen Festigkeit.Ueber die Breite der Versuchstücke und über die Gröſse der Niettheilung ist
hierbei in unserer Quelle nichts gesagt und lassen sich diese Gröſsen auch
nicht aus den dort mitgetheilten Zahlenwerthen berechnen, da die
Zahlenzusammenstellungen nur die bereits auf die Flächeneinheit
zurückgerechneten Festigkeiten enthalten.E. M.
Durch Ausglühen der gestoſsenen Bleche kann der
Festigkeitsverlust nach Maſsgabe seiner Gröſse theilweise oder ganz aufgehoben
werden. Die Grenze, bei welcher durch Ausglühen die ursprüngliche Festigkeit des
ungelochten Bleches wieder hergestellt werden kann, liegt beim Verhältnisse der
Lochweite d zur Blechstärke s gleich 1,5. Bei d : s kleiner als 1,5 wird durch das Ausglühen der gestoſsenen Bleche die
ursprüngliche Festigkeit nicht mehr erreicht, bei d :
s gröſser als 1,5 wird die ursprüngliche Festigkeit
nach dem Ausglühen sogar erhöht und es kann diese Festigkeitssteigerung bis ungefähr
17 Proc. betragen.
Durch Ausreiben gestoſsener Löcher läſst sich nach
Maſsgabe der Locherweiterung der Festigkeitsverlust theilweise oder gänzlich
aufheben. Die Grenze, bei welcher durch Ausreiben um 2mm die ursprüngliche Festigkeit des ungelochten Materials wieder
hergestellt werden kann, liegt annäherungsweise beim Verhältnisse d : s gleich 1,5. Durch
gänzliches Ausreiben der durch das Ausstoſsen erzeugten Beschädigung am Lochumfange
(1 bis 2mm) wird die Festigkeit dem ungelochten
Materiale gegenüber um etwa 8 Proc. erhöht.
Gebohrtes Material zeigt eine Erhöhung der
ursprünglichen Festigkeit von 3 bis 12, im Mittel von 8 Proc. Der Zuwachs an
Festigkeit nimmt mit wachsendem Verhältnisse der Lochweite zur Blechstärke ebenfalls zu. Durch Ausglühen der gebohrten Bleche wird eine weitere
Festigkeitssteigerung erzielt; diese ist um so gröſser, je weniger verbessernd der
Einfluſs des Bohrens gewesen. Die Wirkung des Ausglühens gebohrter Bleche wächst
also mit abnehmendem Verhältnisse der Lochweite zur Blechstärke. Durch Bohren und
Ausglühen läſst sich die Festigkeit des ungelochten Bleches im Mittel um etwa 10
Proc. erhöhen.
Das Ausreiben gebohrter Bleche ist zwecklos. Dagegen
steigert das Ausfeilen der Bohrlöcher die Festigkeit
des gebohrten und damit auch diejenige des ungelochten Materials. Die
Festigkeitsteigerungen des ausgefeilten gegenüber dem einfach gebohrten bezieh.
ausgeriebenen Materiale beträgt höchstens 3,6 Proc. so daſs gebohrte und
nachgefeilte (rund 1mm) Bleche im Mittel etwa 10
Proc. stärker sind als die ungelochten.
Die vorstehenden Zahlen gelten zunächst für das Versuchsmaterial. Die Entscheidung,
ob und in welchem Maſse die gewonnenen Ergebnisse auf stärkere und minderwerthigere
Blechmarken zu übertragen sind, bleibt weiteren Versuchen vorbehalten. Die scheinbar
widersinnige Thatsache, daſs die Einheitsfestigkeit des gelochten Materials gröſser
ist als diejenige des ungelochten, findet sich auch bei dem gleichmäſsigeren
Fluſseisen, gleichviel ob dasselbe gebohrt, ausgestoſsen und ausgerieben, oder
ausgestoſsen und geglüht worden ist (vgl. 1886 261 *
431).