Titel: | Sigfried Taussig's Sicherheits-Telegraph gegen Einbruch. |
Fundstelle: | Band 262, Jahrgang 1886, S. 259 |
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Sigfried Taussig's Sicherheits-Telegraph gegen
Einbruch.
Mit Abbildungen.
Taussig's Sicherheitstelegraph gegen Einbruch.
Die in jüngerer Zeit vorgekommenen groſsen Laden- und Kassen-Einbrüche haben selbst
vorzügliche mechanische Verschlüsse nicht als völlig zureichend nachgewiesen und
bewirkt, daſs man in den zumeist betroffenen Ländern jetzt die Laden-, Kassen- oder
sonstigen Verschlüsse häufiger als früher durch elektrische Einrichtungen ergänzt. Zu letzteren gehört auch der
Sicherheitstelegraph von Sigfried Taussig, welchen L. Kohlfürst in der Elektrotechnischen Zeitschrift, 1886 * S. 300 beschrieben hat.
In Fig. 1 bedeutet L1
L2 eine
Telegraphenleitung, welche eine Stadt, einen Stadttheil, ein Fabrikgebäude u. dgl.
durchzieht; in dieselbe ist eine beliebige Anzahl von Sendstationen (Fig. 1) und eine Empfangsstation (Fig. 2)
eingeschaltet. Letztere wird je nach der Sachlage in einer Polizeiwachstube, einem
Feuerwehramte oder einem sonstigen, etwa mit einem öffentlichen Polizei- oder
Feuerwehramte telegraphisch oder telephonisch verbundenen Wachzimmer untergebracht
und enthält einen Morse-Farb- oder Stiftschreiber M mit
Selbstauslösung und Weckerlokalschluſs sowie die Betriebsbatterie B.
In jeder Sendstation (Fig. 1) ist unter strengem
Verschlüsse eine Vorrichtung A vorhanden, welche mit der
Telegraphenlinie L1
L2 in Verbindung steht
und im Wesentlichen den bekannten sogen. Feuerautomaten und ähnlichen Apparaten
gleicht, aber nicht nur mit der Hand, sondern auch auf elektrischem Wege in Gang
gesetzt werden kann. Ein durch ein Gewicht Q, durch
eine Feder, durch Wasserdruck u.s.w. getriebenes Laufwerk dreht dann das Contactrad
r, welches bei seinen Umdrehungen in Gemeinschaft
mit dem Arme a Stromschlieſsungen bezieh.
Stromunterbrechungen in der Leitung L1
L2 hervorruft, durch
die der Morse-Apparat M der Empfangsstation in
Wirksamkeit gesetzt wird. Während der arbeitende Morse im Lokalschluſs einen
Alarmwecker W in Thätigkeit versetzt, schreibt derselbe
gleichzeitig mehrere Male das Zeichen des anrufenden Senders nieder, wie dies
allgemein bei den Feuertelegraphen geschieht. Wesentlich abweichend von den
letzteren aber wird hier in der Sendstation die Sperrklinke u des Sender-Triebwerkes für gewöhnlich von einem Naschen oder Häkchen aus
Stahl festgehalten, welches aus dem um die Achse x
drehbaren, durch die Feder f abgerissen erhaltenen
Ankerhebel eines Elektromagnetes m vorsteht, und erhält
das Laufwerk des Senders A so lange in Ruhe, als der
Anker des Elektromagnetes m in seiner Ruhelage
verbleibt; wird der Ankerhebel aber von m angezogen, so
wird der auf der Windflügelachse des Laufwerkes festsitzende Sperrarm u frei und der Sender kommt zur Wirkung. Eine
gewöhnliche Selbsteinlösung am Laufwerke bringt dieses nach einer bestimmten Anzahl
von Umdrehungen des Contactrades wieder zum Stillstande, in Bereitschaft für eine
nächste Auslösung.
Fig. 1., Bd. 262, S. 260
Fig. 2., Bd. 262, S. 260
In jeder Sendstation befindet sich ferner eine gewöhnliche
Sicherheits-Telegraphenanlage, indem in die Leitung nn die nöthige Anzahl von Thür-, Fenster-, Kassen-, Tritt-, Bohr- oder
sonstigen Vexir-Contactent v oder auch Thermoskope
u.s.w., sodann die Lokalbatterie B und der
Elektromagnet m eingeschaltet sind. Diese Apparate sind
in Fig. 1 als in Arbeitstromschaltung befindlich
gezeichnet, würden aber ebenso gut, ja selbst noch besser, auf Ruhestrom geschaltet
werden können. Der Elektromagnet m hat nun auſser der
Auslösung des Laufwerkes A noch die Aufgabe, durch die
Bewegung seines Ankers den Wecker w in Thätigkeit zu
setzen, sobald einer der Contacte v in die Arbeitslage
gebracht wird. Nach der in Fig. 1 gewählten Anordnung
würde beispielsweise der um y drehbare Arm C vermöge des Uebergewichtes g auf die Contactschraube S herabfallen und
auf diese Weise die Lokalbatterie B durch den
Selbstunterbrecher w schlieſsen. Dieser Wecker w wird etwa in der Wohnung des Besitzers der
Sendstation oder in der des Hausmannes, eines Kassendieners, Fabrikaufsehers o. dgl.
aufgestellt sein.
Der Anker des Elektromagnetes m berichtet also die
Herstellung bezieh. Unterbrechung eines der Contacte v
des Sicherheitstelegraphen nicht nur an die zur Sendstelle selbst gehörige und in
der unmittelbaren Nähe gelegene Wachstelle, sondern gleichzeitig auch an die
obengenannte entfernte Empfangs- (Central-) Station, von wo sofort Hilfe gesendet
werden kann. Eine solche von auswärts herbeikommende, sozusagen behördliche
Hilfeleistung bei Einbrüchen und Feuersgefahren ist natürlich an sich von hohem
Werthe, selbst wenn die örtliche Bewachung zur Abwendung der gemeldeten Gefahr
ausreicht; sie wird aber zur dringendsten Nothwendigkeit, wenn die gedachte
Bedingung nicht erfüllt ist, oder wenn überhaupt die Ortsaufsicht in der in Frage
kommenden Sendstation, sei es wegen Abwesenheit oder zufälliger oder absichtlich
herbeigeführter Dienstunfähigkeit desjenigen Aufsichtsorganes, in dessen Wohnung der
Alarmwecker aufgestellt ist, zur maſsgebenden Zeit gänzlich fehlt.
Eine solche Sicherheits-Telegraphen anläge läſst sich äuſserst leicht mit allen
bestehenden ähnlichen Signalanlagen verbinden und es würde jeder Stadttelegraphen-,
Telephon- oder Feuertelegraphenanlage u.s.w. durch sie ohne groſse Kosten und
Schwierigkeiten eine werthvolle Erweiterung gegeben werden können. Bei einer neu
einzurichtenden Anlage würde man nach Fig. 2 die
eigentliche, durch einen dickeren Strich gekennzeichnete Hauptdrahtleitung LL als eine in sich geschlossene Schleife
herstellen und durch das Centralamt führen, wo in dieselbe eine Blitzschutz
Vorrichtung P, ein Galvanoskop G1 und eine schwache galvanische Batterie
B1 eingeschaltet
sind; die Leitung soll thunlichst an Stellen, z.B. auf den Hausdächern, angebracht
werden, zu denen der allgemeine Zutritt möglichst erschwert ist; sie führt an allen
Sendstationen vorüber und bei jeder derselben ist ein besonderer Draht nach dem
Sender A abgezweigt, welcher in der Ruhelage des
Senders daselbst isolirt ist, in der Sprechlage aber mit der Erdleitung e in Verbindung gelangt. Eine gleiche Abzweigung
besteht in der Centralstation; dort ist jedoch der Anschluſs zur Erde ein dauernder
und führt von z aus durch die Elektromagnetrollen des
mit Selbstauslösung und einem den Wecker W in
Thätigkeit setzenden Relaisschlusse versehenen Morseschreibers M, durch die kräftige Betriebsbatterie B2 und das Galvanoskop
G2 zur Erdplatte
des Blitzableiters P und zur Erde E.
Diese SchaltungUeber frühere Verwendungen dieser Schaltung durch Zetzsche bezieh. Mc Cullough vgl. S.
18 d. Bd. ist mit Vorbedacht gewählt; falls sich etwa ein
Hochstapler unter die Zahl der Abonnenten aufnehmen lieſse, in der Absicht, durch
die Zerstörung seiner eigenen Apparate oder das Abschneiden seiner Leitungen im
geeigneten Zeitpunkte eine Störung der Gesammteinrichtung herbeizuführen, so würde
dem, insoweit es sich um eine Unterbrechung der in die Sendstation geführten
Zweigleitung handelt, durch die gewählte Schaltung in der That vorgebeugt sein und
auch das Abschneiden des Hauptleitungsdrahtes oder ein Zerreiſsen desselben hebt die
Betriebsfähigkeit der Einrichtung nicht auf, da dem Arbeitsstrome immer noch ein Weg
offen bleibt. Selbst nicht allzu starken Ableitungen wird durch gröberes Einstellen
des Morse-Schreibers theilweise begegnet werden können. Fehler im Schlieſsungskreise
werden sich in dem Centralamte unverzüglich äuſsern und zwar wird G1 jede Unterbrechung
des Hauptkreises und G2
jedwede Nebenschlieſsung zur Anzeige bringen; auf diese Weise wird sonach der
Betriebszustand der Anlage immerwährend überwacht. Den Dienst in dem Empfangs-
bezieh. Centralamte, insbesondere für gröſsere Städte, denkt sich Taussig in Händen der Staats- oder Ortspolizei.