Titel: | Ueber die Fabrikation des Methylenblau; von Dr. Otto Mühlhäuser. |
Autor: | Otto Mühlhäuser |
Fundstelle: | Band 262, Jahrgang 1886, S. 371 |
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Ueber die Fabrikation des Methylenblau; von Dr.
Otto Mühlhäuser.
Mühlhäuser, über die Fabrikation des Methylenblau.
Zur industriellen Herstellung von Methylenblau dienen 2 Reactionen: Mittels der
einen, welche Caro im J. 1876Vgl. 1879 231 174. 232
486. 1880 236 74. entdeckte, entsteht
es durch Oxydation von Dimethylparaphenylendiamin bei Gegenwart der nöthigen Menge
Schwefelwasserstoff in saurer Lösung; nach der anderen von Oehler im J. 1882Vgl. 1881 241 310. 311. 242 377. 1884 251 240. 252 78. 80. 1885 258
48. beschriebenen Reaction entsteht es durch Oxydation einer Schwefel haltigen
Base, die sich durch Einwirkung von Schwefelwasserstoff auf Nitrosodimethylanilin in
stark schwefelsaurer Lösung erzeugt. Beide Verfahren sind technisch gleich werthvoll
und beide im Betriebe eingeführt.
Sodaschlamm-Verfahren.
An Apparaten zur Herstellung der Rohfarbe sind zunächst
3 Holzbütten erforderlich, welche Rührwerke, Deckel mit Mannloch zur Eingabe der
Materialien und Abzüge zum Schornsteine zur Ableitung der beim Betriebe entstehenden
Gase besitzen. Unter diesen Rohfarbbütten stehen 3 andere Bütten, die sogen.
Zinkfarbbütten; jede der letzteren trägt ein groſses, zur Aufnahme der Rohfarbe
dienendes Kastenfilter, während die abfiltrirende Brühe in die Bütten selbst läuft
und dort auf weitere Farbstoffmengen verarbeitet wird, welche wieder in einem
Kastenfilter gesammelt werden. Die hiervon getrennte Brühe läuft weg.
Dieses dreitheilige Büttensystem, bestehend aus: 3 Rohfarbbütten und 3 Zinkfarbbütten
nebst 6 Filterkästen benöthigt ein zweitheiliges Büttensystem zum Reinigen der rohen
Farbe, bestehend aus: 2 Bütten zum kalten oder warmen Anwässern der Rohfarbe und 2
anderen Bütten zur Aufnahme der Filtrate, aus denen der niedergeschlagene Farbstoff
im vorgelegten Filter gesammelt und von der nunmehr werthlosen Brühe getrennt wird.
Sämmtliche Bütten haben je einen Inhalt von 3000l.
Die Herstellung der Rohfarbe umfaſst:
I) Die Darstellung der Nitrosodimethylanilinlösung, II) die Schwefelung, III) die
Oxydation, IV) die Fällung und V) die Filtration.
I) Zur Herstellung der Nitrosodimethylanilinlösung
bereitet man: a) die salzsaure Dimethylanilinlösung und
b) die Nitritlösung.
a) In jede der 3 Rohfarbbütten gibt man 1200l
Wasser. Dazu gieſst man eine vorher bereitete Lösung von 10k
Dimethylanilin und 1 Ballon Salzsäure, deren Mischung am besten im emaillirten Gefäſse geschieht,
indem man in die vorher mit etwa 50l Wasser
verdünnte Salzsäure das Dimethylanilin einrührt. Man nimmt sich diese Mühe des
Einrührens, um eine vollkommene Lösung des Oeles zu erzielen, welche nicht so rasch
stattfände, wenn man Amin und Säure im groſsen Rührbottiche mischen wollte, was
schlieſslich auch durchführbar wäre, aber mehr Zeit beanspruchte.
b) Zur Herstellung der Nitritlösung kommen in jedes den
3 Farbbottichen entsprechende Nitritgefäſs, welche mit Auslaufhähnen versehen sind:
6k,6 Natriumnitrit und etwa 150k
Wasser.
c) Nitrosirung. Nach etwa 12 Stunden öffnet man den Hahn
der Nitritgefäſse und läſst die Lösung durch eine bleierne Trichterröhre, welche am
Boden der Rohfarbbütte mündet, während 2 Stunden einlaufen. Die Temperatur der
Lösung soll vor der Nitrosirung ungefähr 8 bis 9° haben; nach derselben ist sie 10 bis 12°. Im
Sommer oder Winter regelt man die Temperatur mit Eis oder Dampf. Das Nitrosiren
geschieht unter fortwährendem Umrühren; nach demselben werden noch 2 Ballons
Salzsäure auf jede Bütte zugegeben.
II) Die Schwefelung hat den Zweck, die überschüssige
salpetrige Säure auszutreiben, die Nitrosoverbindung zu Amin zu reduciren und die
Flüssigkeit mit Schwefelwasserstoff zu sättigen. – Die Entwickelung des
Schwefelwasserstoffes geschieht mit ganz frischem, feuchtem Sodaschlamme.
1) Abtrieb der salpetrigen Säure. Zum Messen des Sulfids
dient zweckmäſsig ein Holzeimer von etwa 25l
Inhalt. Der stark mit Sodaschlamm angefüllte Eimer hat dann ein Nettogewicht von
ungefähr 35k. Die Füllung zweier solcher Eimer ist
zum Abtreiben der salpetrigen Säure aller 3 Bütten nöthig. Man gibt in jede Bütte ⅓
Eimer Sodaschlamm mit einer Handschaufel zu. Es entwickelt sich nun ein gelbgrüner
Schaum und bei Zugabe eines weiteren Drittels entweichen die rothgelben Dämpfe der
salpetrigen Säure, verdrängt durch den sich im Wasser lösenden Schwefelwasserstoff.
Die genannten Arbeiten werden bei fortwährendem Umrühren ausgeführt und dauern etwa
5 Minuten. Die Flüssigkeit riecht dann nach Schwefelwasserstoff.
2) Reduction und Sättigung mit Schwefelwasserstoff. Vor
der Reduction gibt man noch in jede Bütte 2 weitere Ballons Salzsäure und beginnt
hierauf mit dem Eintragen des Sodaschlammes. Jede Bütte erhält in Pausen von etwa 1½
bis 2 Stunden 4 bis 5 Eimer Sulfid. Bei Zugabe jedes Eimers Schlamm – was ungefähr 2
Minuten dauert – wird stets das Rührwerk im Gange erhalten, um den Schlamm
gleichmäſsig auf der Bodenfläche zu vertheilen. Vorsicht ist hierbei geboten, da die
Masse leicht überschäumt, was bei zeitigem Abstellen des Rührwerkes indessen zu
verhindern ist. Nach dem Eintragen läſst man das Rührwerk still stehen, so daſs die
Entwickelung des Schwefelwasserstoffes ruhig und langsam vor sich gehen kann und
viel Gelegenheit zum Lösen, wenig zum Entweichen geboten ist. Die Reduction ist
gewöhnlich nach dem Eintragen des 4. Eimers fertig. Ein in die Flüssigkeit
getauchter Filtrirpapierstreifen darf dann den charakteristischen gelben
Nitroso-Rand nicht mehr erscheinen lassen. Da die Brühe über Nacht stehen bleibt, so
gibt man noch, je nachdem die Reduction und Sättigung durch Schwefelwasserstoff
vorgeschritten ist, ½ oder 1 Eimer Schlamm zur Nachentwickelung zu.
Nach Zugabe des Sodaschlammes ist die Lösung milchig weiſs; sie enthält im
Wesentlichen: salzsaures Amidodimethylanilin und geringe Mengen einer geschwefelten
Base, welche beide den blauen Farbstoff ergeben, ferner Schwefelmilch und den
Rückstand vom Sodaschlamme, nebst etwas unangegriffenem Sulfid, wodurch später unten
zu besprechende Störungen bei der Gewinnung des Farbstoffes verursacht werden. Das
gebildete
Chlorcalcium kommt hier nicht in Betracht; es wirkt später höchstens mit
aussalzend.
Während des Abschwefelns macht die Brühe eine Reihe von Farbwandlungen durch, welche
schlieſsen lassen, daſs bei der Schwefelung nicht nur Diamin, sondern auch Farbstoff
entsteht, der theils zu Methylenweiſs reducirt, theils durch höhere Schwefelung in
Methylenroth übergeführt wird.
In folgender Tabelle sind die bei einer Schlammreduction gemachten Beobachtungen
zusammengestellt:
Nummer desElmers
Temperaturnach derSchlammzugabe
Zeit
Reaction auf Filtrirpapier
Aussehen derBrühe
1 †
16°
9 Uhr 20
rein gelb
braungelb
10 15
gelb, orange
schwarzgrün
10 30
gelb, orange, roth
schwarz
2
17½
11 05
schwarzbraun
11 20
gelb, roth, blau
schwarz
11 45
gelb, roth sehr stark
tiefschwarz
3
19
12 00
chocoladebraun
12 30
gelb, blau und roth
blau
4
20
1 50
sehr blau
2 50
roth
5 ††
21
4 00
farblos
† Anfangstemperatur 14°. †† Der 5. Eimer wurde nicht
vollständig zugegeben.
III) Die Oxydation geschieht durch Zusatz einer Lösung
von Eisenchlorid von 1,16 bis 1,17 sp. G., was einem Gehalte von 20 bis 21 Proc.
Fe2Cl6
entspricht, zur geschwefelten Flüssigkeit. Man fügt soviel Eisenchloridlösung zu,
bis der Geruch nach Schwefelwasserstoff ganz verschwunden und ein geringer
Ueberschuſs von Eisenchlorid vorhanden ist. Zur Oxydation genügen fast immer 4
Ballons zu 70k Eisenchlorid von genanntem
specifischem Gewichte.
Ob man genug Eisenchlorid zugesetzt hat, sieht man meist mit bloſsem Auge. Die
oxydirte Brühe muſs nämlich tiefblau erscheinen; ist sie blauroth, so muſs noch
nachoxydirt werden. Manchmal ereignet es sich, daſs die mit Eisenchlorid versetzte
Flüssigkeit nach einiger Zeit wieder Schwefelwasserstoff entwickelt; auch in diesem
Falle setzt man noch etwas Eisenchlorid zu. Diese Zufälligkeiten, welche dann und
wann vorkommen können, rühren theils von ungleichmäſsigem Eintragen des Schlammes,
theils von ungenügendem Umrühren her.
Die Proben zur Feststellung, ob eine Bütte genug Eisenchlorid erhalten hat, sind
folgende: Eine mit Kochsalz und etwas Chlorzinklösung gefällte Probe wird auf einen
Streifen Filtrirpapier gebracht und der entstehende Rand mit einer Lösung von
Ferrocyankalium betupft; entsteht an der Berührungszone ein schwach blauer Flecken,
so ist genügend Eisenchlorid zugesetzt worden. Wird dagegen ein in die Farbbrühe
getauchter Filtrirpapierstreifen beim Betupfen mit Eisenchloridlösung dunkler, so
muſs zur Farbbrühe noch Eisenchlorid zugesetzt werden.
Sind die Lösungen vollkommen oxydirt, so wird der Farbstoff ausgesalzen.
IV) In jede Bütte werden 180k Steinsalz unter
Umrühren eingetragen. Der Farbstoff fällt dann nur theilweise aus; zum vollständigen
Niederschlagen gibt man noch in jede Bütte etwa 25k Chlorzinklösung von 1,5 sp. G. zu.
Um sich nun zu überzeugen, ob der Farbstoff vollkommen ausgefällt ist, macht man
folgende Probe: Man bringt auf einen Filtrirpapierstreifen einen Tropfen der Fällung
bezieh. man taucht denselben in die Flüssigkeit ein und betrachtet das Papier bei
auffallendem Lichte; man sieht dann – wenn der Farbstoff ganz gefällt ist – auf
rothem Grunde blaue Flocken. Ist dagegen der Grund blau oder blauroth gefärbt – dies
sieht man am besten am Rande – so ist noch nicht genügend ausgefällt und muſs noch
etwas Steinsalz oder Chlorzinklösung zugesetzt werden. Zeigt die Papierprobe
vollkommene Fällung an, so filtrirt man sofort durch ein doppeltes, im Filterkasten
liegendes Wollfilter.
V) Die Filtration geschieht unter fortwährendem Umrühren
und dauert etwa 2 bis 3 Stunden. Die Rohfarbe befindet sich dann auf dem Filter und
die rothe Brühe wird in der unten stehenden Bütte aufgefangen. In der oberen
Farbbütte bleibt noch ein Rückstand. Man schöpft denselben zweckmäſsig in eine
Holzwanne und schlämmt denselben dort so lange mit Wasser auf, bis er keine Farbe
mehr abgibt. Den wässerigen Auszug bringt man später mit der Rohfarbe in die
Auszugsbütte, den Rückstand wirft man weg.
Die Rohfarbe wird zur Beförderung des Abtropfens mit einem Holzspatel umgestochen und
ist dann zur Extraction fertig.
Die Rohfarbe besteht aus Methylenblau, Schlammrückstand,
mit Methylenblau angefärbtem Schwefel und Steinsalzrückstand.
Das rothe Filtrat wird auf Zinkfarbe verarbeitet. Zur
Aufarbeitung der rothen Brühe werden 36k Zinkstaub
mit wenig Wasser zum Brei angerührt; auf eine Bütte kommen also 12k Zink. Das Eintragen des Metallteiges geschieht
mit einem eisernen Löffel und zwar gibt man von 10 zu 10 Minuten in jede Bütte einen
Löffel voll unter heftigem Umrühren zu. Die Flüssigkeit arbeitet und schäumt, Ströme
von Schwefelwasserstoff entweichen. Man trägt so lange Zink ein, bis die Brühe
farblos geworden ist. Unter tüchtigem Umrühren wird nun noch in jede Bütte ein
Ballon = 70k Eisenchlorid zugesetzt, wobei eine
tiefblaue Lösung entsteht, aus welcher sich das Blau in Folge des Gehaltes an Salz
und Chlorzink unmittelbar und ohne weiteres Zuthun ausscheidet. Der gut
durchgerührte Inhalt der Bütten wird filtrirt. Die Brühe läuft weg, auf dem Filter
bleibt die Zinkfarbe.
Es folgt nun die Farbaufarbeitung. Bei der Fabrikation
des Methylenblau erhält man, wie erwähnt, die Rohfarbe und die Zinkfarbe; daraus
muſs nun der reine Farbstoff ausgezogen werden.
A) Aufarbeitung der
Rohfarbe.
1. Auszug: Die Lösebütte wird mit Wasser angefüllt und mit Dampf auf 24°
gebracht. In das mit etwa 18k Eisenchlorid
versetzte Wasser bringt man die Rohfarbe von 6 Bütten, rührt durch bis zur
vollständigen Sättigung des Wassers mit Farbstoff und anhängenden Salzen, läſst
absitzen und streut zur besseren Klärung der Flüssigkeit noch einige Hände voll
Kochsalz über die Oberfläche der Farblösung. Nach etwa 12 stündiger Ruhe
decantirt man die Farbbrühe mittels eines Hebers auf ein Filter. Nach weiteren 2
Stunden befindet sich das ganze Filtrat in der unten stehenden Bütte. Beim
Anfiltriren der Lösung läſst man zweckmäſsig die ersten trüben Antheile auf ein
zweites, ebenfalls über der Bütte liegendes Filter laufen; sobald die Lösung
klar ist, filtrirt man durch ein anderes Filter. Die Filtration geht auf die
angegebene Weise sehr rasch von statten.
Das Filtrat wird nun mit 200k reinem Kochsalz
und 30k Chlorzink vollständig ausgesalzen. Hat
man sich davon durch die Papierprobe überzeugt, so filtrirt man durch ein
untergestelltes Filter sogleich ab. Ehe die Farbe aufs Filter läuft, läſst man
sie durch ein feines Sieb gehen, um die gröberen Bestandtheile des Kochsalzes
zurückzuhalten. Der Farbstoff' wird schlieſslich vollkommen abtropfen
gelassen.
2. Auszug: Die Auszugsbütte wird zu weiterer Extraction von Farbstoff wieder mit
Wasser aufgefüllt, auf 24° angewärmt und mit 18k Eisenchlorid versetzt. Der auf dem Filter verbliebene Rückstand wird
ebenfalls eingerührt und der Inhalt genau wie beim 1. Auszug weiter
behandelt.
3. Auszug: Bei der dritten Extraction gibt man nur ungefähr 9k Eisenchlorid zu, im Uebrigen wird wie zuerst
verfahren. Dieser Auszug liefert nun, da alle Salze ausgezogen sind, die
schönste, stärkste und reinste Farbe. Vor Allem findet sich in diesem Auszuge
kein Methylenroth mehr vor. War die Farbe sehr ergiebig, so muſs man unter
Umständen noch einen 4. Auszug machen; gewöhnlich genügen jedoch drei.
Der beim letzten Auszuge auf dem Filter und in der Bütte verbleibende Rückstand
kommt in die Kochbütte, wo er mit Salzsaure aufgeschlossen wird.
B) Kochfarbe.
1. Auszug: Die Kochbütte wird zur Hälfte mit Wasser angefüllt, der gut
durchgerührte Inhalt mit 15k Salzsäure
versetzt und zum Kochen erhitzt. Die anfangs stark blaue Flüssigkeit wird
blaſsblau und unter Umständen auch farblos; salpetrige Säure entweicht. Sobald
die Masse kocht, gibt man 30k Eisenchlorid zu
und filtrirt sofort in eine unten stehende Bütte ab. Der Zweck des Aufkochens
ist die Reduction des auf fein vertheiltem Schwefel niedergeschlagenen bezieh.
anhaftenden Methylenblau. Das Filtrat wird in der unteren Bütte noch mit 8k Eisenchlorid nachoxydirt und dann mit
ungefähr 150k Steinsalz und 30k Chlorzinklösung ausgesalzen.
Sollte der in der Kochbütte verbleibende Rückstand noch nicht ganz aufgeschlossen
sein, was selten der Fall ist, so macht man noch einen zweiten Auszug, füllt hierbei die Bütte aber nur zu ¼ mit Wasser und
behandelt weiter, wie oben beschrieben.
C) Zinkfarbe.
1. Auszug: Die Zinkfarbe von 6 Ansatzbütten kommt in die Kochbütte und wird dort
mit kaltem Wasser aufgerührt. Die Flüssigkeit wird dann – zur besseren Klärung
nach Zusatz von etwas Kochsalz – 12 Stunden absitzen gelassen und in die unten
stehende Bütte filtrirt. Das Filtrat wird mit 10k Eisenchlorid, 150k Steinsalz und
30k Chlorzinklösung ausgesalzen und
filtrirt. Der Filterrückstand kommt wieder in die Bütte zurück.
2. Auszug: Die Bütte wird zu ¼ mit Wasser gefüllt und wie oben weiter verfahren,
aber nur mit 40k Salz und 6k Chlorzinklösung ausgefällt. – Den zweiten
Zinkfarbenauszug läſst man jedoch in der Regel weg und arbeitet so, daſs man,
wenn die Kochfarbe aus der Rohfarbenbütte in die Kochbütte kommt, eben mit dem
ersten Auszuge der Zinkfarbe fertig ist. Es wird auf diese Weise zweckmäſsig der
Rückstand der Zinkfarbe mit der Kochfarbe aufgearbeitet.
Aufarbeitung der reinen Farben.
Der Aufarbeitung der Rohfarbstoffe gemäſs haben wir 3 Sorten von Reincarmin:
Reinfarbe, Zinkfarbe und Kochfarbe auf den Filtern liegen. Nach jeder Filtration
wird der Farbstoff auf dem Filter zusammengekratzt und in einem wollenen
Spitzfilter abtropfen gelassen; dort läuft die letzte Salzbrühe ab. Die gut
abgetropften Farbstoffe werden dann in einem Fasse gemischt und zur Mischung
soviel Wasser zugesetzt, bis sich eben anfängt, auch Farbstoff und nicht bloſs
Salz zu lösen, d.h. bis ein Streifen Filtrirpapier, mit der Lösung befeuchtet,
sich schwach blau färbt. Der einige Stunden sich selbst überlassene Teig wird
hierauf durch Filterbeutel filtrirt, in starke Baumwolltücher eingeschlagen und
unter der Spindelpresse ausgepreſst.
Die Preſsfarbe, d.h. die so erhaltenen Preſskuchen
werden auf Zinkblechen vertheilt mittels Holzspatel zerschnitten und in der mit
Dampfröhren geheizten Trockenstube bei etwa 60° getrocknet.
Statt die 3 Farbsorten in der angegebenen Weise zu mischen, kann man auch jede
für sich aufarbeiten. Dann ist die Reinfarbe die farbkräftigste und reinste, die
Kochfarbe die schwächste.
Werden diese Farbstoffe, deren Identität noch nachzuweisen ist, für sich
angewässert, so ist die Reinfarbe blau, die
Zinkfarbe und die Kochfarbe grau. Ebenso verhalten
sich die gepreſsten und getrockneten Farbstoffe.
Die Ausbeute beträgt für jede Bütte 5 bis 6k
Farbstoff.
Der in der Kugelmühle gemahlene Farbstoff stellt ein bronzefarbenes Pulver dar.
In folgender Tabelle sind die in Obigem gegebenen Zahlen übersichtlich
zusammengestellt:
Farbsorte
Oel
HCl
NaNO2
Schlamm
Fe2Cl6
Steinsalz
ZnCl2
Zinkstaub
Kochsalz
Ausbeute
RohfarbeReinfarbe A I „ A
II „ A IIIKochfarbe A IZinkfarbe A
IFertige Waare
3030––––––
10501050–––15––
19,819,8––––––
500500––––––
10501050 18 18
9 38 10–
540540––––––
75753030303030–
3636––––––
––200200200150150–
–––––––36
60
2115
39,6
1000
2193
1080
300
72
900
36
Die Rohmaterialien müssen folgende Beschaffenheit besitzen:
Dimethylanilin beste Güte (darf sich mit Acetylchlorid kaum
erwärmen)
Salzsäure
Sp. G. = 20° B.
Natriumnitrit
Enthält 98 % NaNO2
Sodaschlamm
Frisch
Eisenchlorid
Sp. G.
1,16 bis 1,17 = 20 bis 21 % Fe2Cl6
Chlorzink
„ „
1,50 bis 1,55 = 44 bis 49 % ZnCl2
Steinsalz
Roh
Kochsalz
Sehr rein.
Schwefelzink-Verfahren.
Wird Schwefelwasserstoff in Schwefelsäure von 40 bis 50° B. eingeleitet, so
scheidet sich Schwefel ab und die Schwefelsäure wird zu Schwefligsäure reducirt:
SO4H2 +
SH2 = SO2 +
S + 2H2O. Letztere zerfällt aber sofort bei
Berührung mit H2S unter weiterer Abscheidung von
Schwefel: SO2 + 2H2S = 2H2O + 3S.
Läſst man diese Schwefelabscheidung bei Gegenwart von schwefelsaurem
Nitrosodimethylanilin vor sich gehen, so wird dasselbe in eine farblose
Schwefelbase verwandelt, die oxydirt einen blauen Farbstoff gibt.
Zur Nitrosirung sind folgende Apparate nöthig: 3
emaillirte, mit Rührwerk und Kühlmantel versehene eiserne Kessel von je 400l Inhalt, 3 Schwefelungskessel, jeder zu
1500l Inhalt, mit Kühlmantel, Abzug für
Schwefelwasserstoffgas, Manometer und Deckel, mit Mannloch versehen (Rührwerk
und Kessel sind verbleit); ferner eine Klärbütte nebst Kastenfilter und ein
untergestellter Oxydationsbottich, schlieſslich 1 Reinigungssystem, bestehend
aus einem Umlösebottich und Fällbottich mit Filterkasten.
An Materialien sind nöthig: Methylanilin, Kochsalz,
Eisenchlorid, Chlorzink von der oben genannten Beschaffenheit, ferner
Schwefelsäure von 25° B. und solche von 60° B.; erstere erhält man durch
Mischung von 23k englische Säure und 50k Wasser, letztere aus 150k Schwefelsäure und 22k,5 Wasser. Das Schwefelzink muſs rein,
trocken und fein gesiebt sein.
Die Herstellung der Rohfarbe umfaſst: 1) Die
Nitrosirung, 2) die Schwefelung, 3) die Klärung und 4) die Oxydation.
1) Nitrosirung. In jeden Nitrosokessel rührt man
10k Methylanilin und 75k Schwefelsäure von 25° B. ein, kühlt die
Mischung mit Eis auf 6 bis 8° ab und läſst dann eine Lösung von 6k,25 NaNO2 in
30k Wasser aus einer Hahnflasche und unter
andauerndem Umrühren zulaufen, wobei die Temperatur 12° nicht übersteigen soll.
Nach Beendigung der Nitrosirung mischt man die Masse mit 175k Schwefelsäure von 60° B. unter Einhaltung
der Temperatur von 12°. Der Inhalt der in solcher Weise beschickten Kessel wird
nun mittels Luft in je den zugehörigen Schwefelungskessel abgedrückt.
2) Die Schwefelung der Masse geschieht durch
postenweises Eintragen von 100k staubfeinem,
trockenem Schwefelzink unter fortwährendem Umrühren bei Innehaltung einer
Temperatur von 20 bis 25°. Nach dem Eintragen des Schwefelzinkes schlieſst man
den Kessel und digerirt den Inhalt bei 35 bis 40° bis zur Vollendung der
Reaction, welche durch die Entfärbung der nach einander hellgrünen, dann blauen,
tiefblauen und zuletzt rothen Lösung angezeigt wird.
3) Klärung. Sämmtliche Kesselinhalte werden in die
etwa 3000l Wasser haltende Klärbütte gedrückt
und, nach tüchtigem Mischen, 12 stündiger Ruhe überlassen. Darauf filtrirt man
vom Schwefel ab, kocht denselben noch mit ungefähr 5k Schwefelsäure und 1000l Wasser
auf, läſst absitzen und filtrirt.
4) Oxydation. Die vereinigten Filtrate werden mit 5
Ballons Eisenchlorid, wie oben beschrieben, oxydirt, der Farbstoff mit Kochsalz
ausgefällt und filtrirt.
Behufs schlieſslicher Reinigung des Farbstoffes wird
derselbe, einmal umgelöst und wie oben beschrieben fertig gestellt.
Das nach diesem Verfahren erzeugte Blau ist sehr farbkräftig und bedeutend
stärker als das nach der ersten Darstellungsweise erhaltene Mischproduct.Vgl. Bernthsen 1883 249 320.
Alexandria, Va., Nordamerika, Mai 1886.