Titel: | R. C. Parsons' Dampfmaschine mit 4 kreisenden Cylindern. |
Fundstelle: | Band 262, Jahrgang 1886, S. 390 |
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R. C. Parsons' Dampfmaschine mit 4 kreisenden
Cylindern.
Mit Abbildungen im Texte und auf Tafel 26.
Parsons' Dampfmaschine mit 4 kreisenden Cylindern.
Zum unmittelbaren Antriebe von Dynamomaschinen, Flügelpumpen
und Flügelgebläsen o. dgl. findet in England die von R. C. Parsons in Leeds angegebene sogen.
Sterndampfmaschine mit vier kreisenden Cylindern, welche früher (1886 259 295) bereits kurz erwähnt wurde, neben dessen
Dampfturbine (vgl. 1886 260 * 294), eine vielfache
Anwendung. Es erscheint darum gerechtfertigt, auch auf die Einrichtung dieses von
Kitson und Comp. in Leeds ausgeführten schnell
laufenden Motors hier näher einzugehen.
Wie aus Fig.
10 Taf. 25 zu entnehmen ist, stellt sich diese Dampfmaschine als eine
sogen. Boxmaschine dar. Durch das guſseiserne, die
Cylinder und Bewegungsmechanismen einhüllende Gehäuse führt die mit zwei einander
gegenüber stehenden Kröpfungen A versehene getriebene
Welle hindurch, deren eines Ende unmittelbar mit der Hauptwelle der zu treibenden
Maschine durch eine elastische Kuppelung verbunden wird. Der Motor und die zu treibende
Maschine sind entweder auf einer gemeinschaftlichen Grundplatte angeordnet, oder das
Gestelle der letzteren wird, wie in Fig. 10 dargestellt, mit
dem Gehäuse der Dampfmaschine verschraubt.
Die vier einfach wirkenden Cylinder der Maschine sind, gleichmäſsig im Kreise
vertheilt, paarweise in zwei verschiedenen Ebenen an einem runden Rahmen befestigt,
welcher seinerseits ebenfalls wieder drehbar gelagert ist, aber derart, daſs seine
Achse mit einem Punkte des Kurbelkreises zusammenfällt. Die Kolben B zweier gegenüber liegender Cylinder sind fest mit
einander verbunden und umfassen mit einem Auge in der Mitte einen der Kurbelzapfen
A. Der cylindrische Körper C, an welchem die Cylinder befestigt sind, ist auf Ansätzen D des Gehäuses gelagert, welche zur Kurbelachse
excentrisch stehen. Wird Dampf in die Cylinder gelassen, so kreisen Kurbelachse und
die Cylinder nach derselben Richtung, aber erstere mit doppelt so viel Umdrehungen
als die letzteren.Textabbildung Bd. 262, S. 391Diese Bewegung der Maschine beruht auf dem bekannten Satze, daſs
eine Hypocycloide, welche durch Wälzen eines Kreises im Inneren eines
anderen Kreises vom doppelten Durchmesser erzeugt wird, eine gerade Linie
und zwar ein Durchmesser des Grundkreises wird.Rollt z.B., wie nebenstehend ersichtlich, der Kreis
vom Durchmesser ox = ½ cd innerhalb des Kreises vom Durchmesser cd, so werden irgend zwei Punkte a
und a1
desselben sich in Durchmessern ef und cd des letzteren Kreises bewegen. Stehen die
Punkte a und a1 einander im Durchmesser des Rollkreises
gegenüber, so werden die beiden Durchmesser ef
und cd auf einander senkrecht stehen müssen.
Denkt man sich nun die Punkte w und o festgehalten, so werden beide Kreise um
dieselben sich drehen und, da die Geschwindigkeit bei x gleich ist, der kleinere Kreis mit der
doppelten Umdrehungszahl wie der gröſsere. In Parsons' Maschine aber ist w der
Mittelpunkt der Kurbelwelle, a und a1 sind die
Kurbelzapfen und in c, d, e, f sind die 4
Cylinder angebracht, von deren Kolbenstangen die Punkte a und a1 in den Durchmessern cd und ef bewegt
werden, wodurch also die Kurbelwelle sowohl, wie der Cylinderkranz in
Umdrehung nach gleicher Richtung, wie oben erläutert, versetzt
wird.
Die Dampfvertheilung erfolgt durch einen runden Schieber E, welcher auf der ebenen Stirnfläche des Cylinderrahmens C sich bewegt. Die Bewegung gegen seinen
Schieberspiegel erhält der Schieber aber dadurch, daſs derselbe, wie bei Wynne's Sterndampfmaschine (vgl. 1886 259 * 294), in excentrischer Stellung gegen den
Cylinderrahmen durch einen Ring F an einen festen
Zapfen G des Gehäuses angeschlossen ist. Bei der
Drehung des Cylinderrahmens tritt also offenbar genau dieselbe Relativbewegung gegen
diesen ein, als wenn der Schieber bei festliegenden Cylindern sich selbst
excentrisch um die Achse bewegte. Durch die Höhlung des Schiebers strömt der Abdampf wie
gewöhnlich aus. Der Arbeitsdampf wird von dem Dampfrohre H aus in den Hohlraum unter dem Ringe eingeführt, welcher den Schieber
gegen die Stirnseite des Cylinderrahmens hält. In dem Dampfrohre H ist noch ein Regulirventil angebracht, welches durch
einen sehr empfindlichen Regulator gestellt wird, wodurch sich eine sehr
gleichmäſsige Geschwindigkeit erzielen läſst. Um die Maschine umzusteuern, oder den
Expansionsgrad zu verändern, zieht man bloſs mittels eines Handrades mit Schraube
den Excenterring F um den Zapfen G mehr nach rechts oder links.
Um die Maschine gehörig zu schmieren, ist dieselbe mit einer kleinen Pumpe P versehen, welche durch besonders angebrachte Schmier
röhren einen Strom von Oel nach allen bewegten Theilen drückt. Wenn das Oel aus den
Schmierflächen austritt, fällt es im Gehäuse zu Boden und wird von dort wieder durch
die Pumpe aufgesaugt.
Da der Schwerpunkt jedes Kolbenpaares mit dem Mittelpunkte seines Kurbelzapfens
zusammenfällt und beide Paare gleich schwer sind, so gleichen sich deren Gewichte an
den entgegengesetzt stehenden Kurbeln vollständig aus; in gleicher Weise sind
Schieber, Cylinder und Cylinderrahmen sorgfältig ausgewogen. Die Maschine arbeitet
deshalb selbst bei 1200 bis 1500 Umdrehungen in der Minute durchaus ruhig und
erfordert weder Untermauerung, noch Befestigung. Als sparsam im Betriebe läſst sich
dieselbe freilich nicht wohl bezeichnen, da sie auf das indicirte Pferd in der
Stunde etwa 18k Dampf verbraucht; doch ist
geringer Dampfverbrauch bei Maschinen solcher Art ein ziemlich nebensächlicher
Umstand; man ist befriedigt, wenn die Maschine bei ihrer hohen Geschwindigkeit nur
auf lange Zeit ohne Geräusch oder Bruch im Gange bleibt. Uebrigens braucht diese
Maschine sicher nicht mehr Dampf als irgend eine andere mehrcylindrige schnell
laufende Dampfmaschine für ähnliche Zwecke.