Titel: | H. Aron's elektrische Uhrenregulirung. |
Fundstelle: | Band 262, Jahrgang 1886, S. 405 |
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H. Aron's elektrische Uhrenregulirung.
Mit Abbildungen auf Tafel
27.
Aron's elektrische Uhrenregulirung.
H. Aron in Berlin (* D. R. P. Kl. 83 Nr. 35138 vom 23.
August 1885) verfolgt bei seiner elektrischen Uhrenregulirung den Zweck, ein System
selbstständig gehender Nebenuhren, ähnlich wie dies bei den Stundenstellern
geschieht, durch eine Hauptuhr zu regeln und zwar selbstthätig, jedoch nicht
stoſsweise, sondern durch die gleichförmige Einwirkung eines in seiner Stärke nicht
veränderlichen Stromes. Durch von solchen gleichmäſsigen Strömen auf einen Magnet
ausgeübte Kräfte werden Wirkungen auf das Pendel hervorgerufen, ähnlich den
Wirkungen der ebenfalls unveränderlichen Schwerkraft; addirt sich die neue Wirkung
zu derjenigen der Schwere, dann wird das Pendel in seinem Gange beschleunigt, im
entgegengesetzten Falle aber verzögert. Läſst man nun die magnetische Kraft in
richtiger Stärke und in richtiger Weise auf das Pendel einer sonst von der Hauptuhr unabhängig
gehenden Nebenuhr wirken, so kann man durch sie die Nebenuhr in Uebereinstimmung mit
der Hauptuhr bringen, auch wenn die Schwingungsdauer des Pendels der Nebenuhr
wesentlich von der Schwingungsdauer des Hauptpendels abweicht.
In dem vorliegenden Falle, wo es sich mehr um die Stärke der Einwirkung, als um die
Gleichmäſsigkeit handelt, ist es zweckentsprechend, am unteren Ende des Pendels der
Nebenuhr eine Rolle anzubringen, welche mit dem Pendel über einem Magnete schwingt,
oder noch besser, wie dies in Fig. 4 Taf. 27 dargestellt
ist, umgekehrt, den Magnet am Pendel zu befestigen, die Rolle aber auſserhalb in dem
magnetischen Felde zwischen den Polen anzuordnen. Zur Verstärkung der Wirkung sind
hier zwei Hufeisenmagnete angewendet und die beiden oberen Pole derselben durch
Eisen verbunden.
Die Drahtrolle ist für gewöhnlich stromlos; sie erhält nur in bestimmten Zeiträumen
durch Vermittelung zweier Umschalter, von denen der eine in der Hauptuhr, der andere
in der Nebenuhr angebracht ist, Strom. Je nach der Richtung, in welcher dieser Strom
die Rolle durchflieſst, bilden sich an den Enden elektromagnetische Pole, welche
gleich oder entgegengesetzt den gegenüber stehenden permanenten Magnetpolen sein
können. Im ersteren Falle findet eine Abstoſsung des Pendels von beiden Seiten
statt; die in der Tangente des Schwingungsbogens nach der Gleichgewichtslage hin
gerichtete Componente wird gröſser und das Pendel beschleunigt. Im anderen Falle
findet eine Verzögerung des Pendels statt. Es kommt also nur darauf an, daſs man
nach bestimmten Zeitabschnitten, z.B. nach je einer Stunde, falls die Nebenuhr etwas
zurückgeblieben ist, den Strom so durch die Rolle leitet, daſs das Pendel so lange
beschleunigt schwingt, bis das in der Stunde Versäumte wieder nachgeholt ist. Ging
die Nebenuhr aber zu schnell, so soll dieselbe Einrichtung wiederum in umgekehrtem
Sinne wirken.
Die Umschalter in der Hauptuhr, wie in den Nebenuhren, sitzen auf entsprechenden
Achsen und drehen sich also mit gleicher Geschwindigkeit; auf diesen als Scheiben
gebildeten Umschaltern schleifen kleine Hebel, welche durch die eigenthümlich
gestaltete Form der Scheiben Contact machen und den Strom in der einen oder anderen
Richtung durch die Leitung senden.
In Fig. 1 bis
3 Taf. 27
bedeutet H den Umschalter der Hauptuhr; n1 bis n3 die Umschalter in
den Nebenuhren N1 bis
N3; diese Scheiben
sind isolirt auf die Achsen aufgesteckt. Die Oberfläche der Scheibe H der Hauptuhr liegt in drei verschiedenen, zum
Mittelpunkte der Scheibe concentrischen Kreisen.
Wenn nun der Hebel a auf der höchsten
oder auf der tiefsten Stufe der Scheibe liegt, ist die Möglichkeit eines
Stromschlusses durch die Hauptuhr gegeben; in ersterem Falle tritt der positive
Strom der rechts gezeichneten Batterie (vgl. Fig. 2) in den Draht L1 der Leitung und
kehrt durch den Contact zwischen a und b aus der
Leitung L2 zurück; im
anderen Falle (vgl. Fig. 3) gelangt der negative Strom der links gezeichneten Batterie mit
Hilfe des Contactes c in die Leitung L1.
Liegt dagegen der Hebel a auf der
mittleren Stufe (Fig. 1), so ist ein Stromschluſs überhaupt nicht möglich, weil beide bei
der Hauptuhr gezeichnete Batterien von L1 getrennt sind. Die Schaltung ist in diesem
Beispiele so gewählt, daſs, wenn der Hebel a in der
höchsten Lage sich befindet, alle in den Stromkreis eingeschalteten Nebenuhren in
ihrem Gange verzögert werden; wenn aber der Hebel a auf
der tiefsten Stelle steht, so werden die Nebenuhren beschleunigt.
Wenn nun auch durch die Hauptuhr die Möglichkeit eines
Stromschlusses gegeben ist, so tritt derselbe doch erst durch Vermittelung des
Umschalters der Nebenuhren ein. In denselben haben die Scheiben n1 bis n3 nur zwei Stufen; die
zugehörigen Contacthebel sind a1 bis a3.
Geht daher, wie in Fig. 1 angenommen ist,
z.B. die Nebenuhr N1
übereinstimmend mit der Hauptuhr, so schlieſst sich der Stromkreis überhaupt nie,
weil er entweder in der Hauptuhr (Fig. 1) oder in der
Nebenuhr (N1 und N3 in Fig. 2, N1 und N2
Fig. 3)
unterbrochen ist. Geht aber eine Nebenuhr vor, z.B. N2 in Fig. 2, so wird in dieser
Nebenuhr der Strom geschlossen, während der Hebel a
noch auf der höchsten Stufe sich befindet; also wird ihr Gang verzögert, während die
Nebenuhren N1 und N3 nicht beeinfluſst
werden. Die nachgehende Nebenuhr N3 in Fig. 3 wird dagegen
beeinfluſst und zwar beschleunigt, sobald der Hebel a
auf der tiefsten Stufe ruht. Die Scheiben sind auf entsprechende Achsen gesetzt,
welche in diesem Beispiele mit Hilfe von Wechselrädern von der Achse des groſsen
Bodenrades aus getrieben werden und zwar so, daſs sie gleiche Umlaufszeiten wie jene
haben, und es ist von groſser Wichtigkeit, daſs nicht jene Achse unmittelbar zum
Antriebe dient, sondern das Viertelrohr auf derselben; denn es wird dadurch erzielt,
daſs, wenn man eine Uhr stellt, die Scheiben folgen und ihre richtige Einstellung
sich nicht ändert, und ferner wird dadurch bewirkt, daſs, wenn die Hauptuhr von der
währen Zeit einmal abweicht und man sie richtig stellt, alle Nebenuhren allmählich
von selbst nachfolgen.
Zu erwähnen ist ferner, daſs die Stufen nicht durch scharfe
Absätze in einander übergehen dürfen, da sonst eine Sperrung des Gehwerkes nach vorn
oder rückwärts eintreten würde; dies zu vermeiden, werden diese Uebergänge bis
unterhalb des Reibungswinkels der beiden Materialien abgeschrägt. Nach Fig. 1 bis 3 werden die
Nebenuhren in denselben Stromkreis in Parallelschaltung gebracht, so daſs, wenn man
die Erde als Rückleitung benutzt, nur eine Leitung für ein groſses System nöthig
ist. Um nun aber auch eine geringe Anzahl Elemente oder wenig Strom zu brauchen,
muſs die Einwirkung des Magnetes möglichst groſs gemacht werden. Dazu muſs der
Magnet möglichst groſs sein, damit er kräftig wirkt, gleichzeitig aber auch die
Rolle sehr nahe den Polen schwingen. Da bei Pendeluhren das Pendel aber überhaupt
einen sehr kleinen Ausschlag macht, widersprechen sich diese Bedingungen, wenigstens
wenn man die Rolle über der Mitte des Magnetes schwingen läſst. Um diese
Schwierigkeit zu vermeiden, wurde der Magnet auſserhalb der Rolle angeordnet.
Als Nebenuhr kann man jede Pendeluhr, also elektrische Regulateure, Gewichts- oder
Federzugwerke, anwenden und diese verschiedenenverchiedenen Uhren können ferner sämmtlich in denselben Stromkreis in Parallelschaltung
geschaltet werden. Ganz besonders wichtig ist, daſs die atmosphärische Elektricität
auf das System nicht merklich wirken und die Angaben nicht fälschen kann; vielen
Zeigerwerken und selbst den Stundenstellern gegenüber ist dies ein groſser Vorzug.
Der einfache Regulirungsmechanismus läſst sich an jeder Pendeluhr anbringen und mit
geringen Kosten der Güte der Ausführung und Einstellung, ferner der Güte und Bauart der
einzelnen Uhrwerke entsprechend fast jede Genauigkeit in der Regulirung erreichen,
während bei den Stundenstellern die Secunde nothwendig falsch sein muſs, also eine
Präcisionsregulirung überhaupt nicht möglich ist.
Der Stromverbrauch ist auſserordentlich gering; mit wenigen Elementen kann man eine
groſse Anzahl Uhren reguliren und schon ein gutes Leclanché-Element wird für diese
Zwecke wohl viele Jahre ausreichen.