Titel: | T. C. Fidler's Umsteuerung für Dampfmaschinen. |
Autor: | K–r. |
Fundstelle: | Band 262, Jahrgang 1886, S. 439 |
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T. C. Fidler's Umsteuerung für
Dampfmaschinen.
Mit Abbildung auf Tafel
28.
T. Fidler's Umsteuerung für Dampfmaschinen.
Eine Umsteuerung für Dampfmaschinen von T. C. Fidler in
London-Westminster (Englisches Patent, vgl. Engineering, 1886 Bd. 42 * S. 315), welche in Fig. 9 Taf. 28 in einer
für Locomotiven geeigneten Form dargestellt ist, hat groſse Aehnlichkeit mit der Heusinger'schen Steuerung (vgl. 1876 219 * 8), insofern auch bei der neuen Anordnung die
Bewegung des Schiebers sich aus zwei Bewegungen zusammensetzt, nämlich der Bewegung
des Punktes F, welche ein ohne Voreilen angebrachtes Excenter mit Hilfe eines Gleitrahmens
hervorbringt, und der Bewegung des Punktes D, welche in
genau der Kolbenbewegung entgegengesetzter Richtung vor sich geht und zur Erreichung
des linearen Schiebervoreilens dient. Diese Bewegung ist allerdings hier nicht von
dem Querhaupte, wie bei Heusinger v. Waldegg, sondern
von der Lenkstange AB abgeleitet, welche, wie
ersichtlich, den Punkt C in einer hierzu völlig
geeigneten Weise schwingen läſst.
Bei Fidler's Umsteuerung steht die das Excenter
vertretende Gegenkurbel so, daſs durch dieselbe ein Gleitrahmen, an welchen die
Lenkstange mittels eines Armes bei B angehängt ist, in
Schwingung versetzt wird, so daſs die Mittelstellung des Gleitrahmens genau den
todten Punkten der Kurbel entsprichtentspicht. Im vorliegenden Falle steht die Gegenkurbel der Hauptkurbel genau
gegenüber. In dem Gleitrahmen bewegt sich das Gleitstück G der Stange GF, welche an den doppelarmigen
Hebel DEF angeschlossen ist, dessen Drehzapfen E an der Schieberstange sitzt. An dem Ende D des Hebels DF aber
greift die Stange DC an, deren anderes Ende an die
Lenkstange AB bei C
angeschlossen ist.
Der Gleitrahmen ist natürlich nach dem Radius FG
gekrümmt; da der Gleitrahmen um einen festen Zapfen schwingt, so wird ein
Verschieben des Gleitstückes von der einen Seite nach der anderen die Umsteuerung
der Maschine bewirken. Die in Fig. 9 gezeichnete
Stellung (gehobenes Gleitstück) entspricht dem Rückwärtsgange der Maschine, während
ein Senken des Gleitstückes den Vorwärtsgang herbeiführen würde. Die angegebenen
Pfeile zeigen die Bewegungen der Haupttheile der Steuerung im dargestellten
Augenblicke.
Läſst man die Fehler, welche aus der endlichen Länge der Stangen u.s.w. hervorgehen,
unberücksichtigt, so wird man den Schieberweg s
(Entfernung aus der Mittelstellung) durch die Formel angeben können:
s=\frac{a\ cos\,\varphi\pm b\
sin\,\varphi}{2}\,r,
worin r die Excentricität der
Gegenkurbel, φ den Drehungswinkel der Kurbel, a das Verhältniſs
\overline{BC}:\overline{AB} und b eine Constante bezeichnen, welche sich aus dem Abstande des Gleitstückes
G vom Drehpunkte des Gleitrahmens, dividirt durch
die Länge des an letzterem befestigten Armes, ergibt. Wie leicht ersichtlich, wird bei der
Mittelstellung des Gleitrahmens, wobei der Kolben im todten Punkte steht, die
Stellung des Hebels FD stets dieselbe sein, wo auch das
Gleitstück G in dem Rahmen stehen, auf welchen
Füllungsgrad man also die Steuerung gestellt haben mag. Das Voreilen des Schiebers
ist also gleichbleibend; die Gröſse des Voreilens ist nur von dem Verhältnisse
\overline{BC}:\overline{AB} abhängig.
Nachstehende Tabelle gibt einigen Anhalt über die Art der Dampfvertheilung bei Fidler's Steuerung. Die Zahlen geben die Dauer der
einzelnen Perioden – Einströmung, Ausströmung, Compression – in Procent des
Kolbenweges:
Vorwärtsgang.
Stellung desGleitbackens
Einströmung
Ausströmung
Compression
vorn
hinten
vorn
hinten
vorn
hinten
Volldampf
74,5
74
91
91
9
9
¾-Dampf
65,5
64,5
86,5
86,5
13,5
13,5
½-Dampf
50
50
80
80,5
19,5
20
¼-Dampf
30
32
69
70
30
31
Todter Punkt
15
17
53,5
53,5
46,5
46,5
Rückwärtsgang.
Stellung desGleitbackens
Einströmung
Ausströmung
Compression
vorn
hinten
vorn
hinten
vorn
hinten
Volldampf
75
74
91
90,5
9,5
9
¾-Dampf
64,5
63,5
87
86,5
13,5
13
½-Dampf
50
50
80,5
80,5
19,5
19,5
¼-Dampf
31
32
69
69,5
31
31
Todter Punkt
15
17
53,5
53,5
46,5
46,5
Als Vortheile der Fidler'schen Steuerung werden deren
einfache und geschlossene Anordnung, sowie der Umstand angegeben, daſs die
hauptsächlichsten Theile, namentlich der Gleitrahmen, von dem Erdboden entfernt, in
bequeme zugängliche Lage zu liegen kommen und auch dem Staube möglichst entzogen
werden. Die Steuerung soll deshalb für Schmalspur- oder
Straſsenbahn-Locomotiven mit auſsenliegenden Cylindern sehr empfehlenswerth
sein. Auch scheint keinerlei Hinderniſs zu bestehen, durch entsprechende Abänderung
der Abmessungen die Steuerung in jeder Weise dem vorhandenen Bedürfnisse anzupassen.
Doch stehen diesen Vorzügen auch Nachtheile gegenüber. Als solche müssen sicherlich
die verhältniſsmäſsig kurze Excenterstange AB sowie der
Umstand angesehen werden, daſs der Abstand zwischen Triebachse und Drehzapfen des
Gleitrahmens nicht bloſs von der Abnutzung der Achsbüchsen, sondern auch von der
Belastung der Federn, z.B. bei leeren und vollen Wasserbehältern u.s.w., abhängig
ist. Dadurch kann die genaue Dampfvertheilung sehr beeinträchtigt werden. Der
schlimmste Uebelstand aber ist jedenfalls, daſs in Folge der gewählten senkrechten
Lage der Excenterstange alle Stöſse, welche das
Triebrad erfährt, sich unvermindert auf die Steuerungstheile und Schieber fortpflanzen, was der
Dauerhaftigkeit des Gleitrahmens, der Hebelführung DEF
u.s.w. keine besonders günstigen Aussichten eröffnet.
K–r.