Titel: | Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. |
Autor: | A. Morgen |
Fundstelle: | Band 263, Jahrgang 1887, S. 41 |
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Ueber Fortschritte in der
Spiritusfabrikation.
Patentklasse 6.
Morgen, über Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
I) Rohmaterialien und Malz.
Die Frage: Ist es zweckmäſsig, Kartoffeln mit hohem
Stärkegehalte, wenn auch niedrigem Ertrage, oder Kartoffeln mit niedrigerem
Stärkegehalte, aber hohem Ertrage zu bauen, wird in einem in der
Generalversammlung des Vereins der Stärke-Interessenten in Deutschland am 25.
Februar 1886 von Prof. Maercker gehaltenen Vortrage
sowohl vom Standpunkte der Stärke–, wie der Spirituserzeugung eingehend erörtert. In
Bezug auf die Stärkefabrikation kommt Maercker bei
seinen Ausführungen zu dem Schlusse, daſs im Allgemeinen in Rücksicht auf die
Verarbeitungskosten u.s.w. es vortheilhafter sein wird, Kartoffeln mit hohem
Stärkegehalte zu erzielen, daſs aber andererseits auch die Möglichkeit besteht,
ebenfalls mit an Stärkemehl ärmeren Kartoffeln eine höhere Rente zu erreichen, wenn
es eben gelingt, in Form von an Stärkemehl ärmeren Kartoffeln bedeutend mehr Stärke auf der Flächeneinheit zu ernten
als in Form von an Stärkemehl reicheren Kartoffeln. Ganz anders liege die Sache aber
für die Spiritusfabrikation, da hierbei die Steuerverhältnisse in Betracht kommen.
Wenn es auch durch Ablaufenlassen des Fruchtwassers möglich ist, selbst aus an
Stärkemehl ärmeren Materialien concentrirtere Maischen herzustellen, so geht dies
doch nur bis zu einer gewissen Grenze und im Allgemeinen wird man immer aus an
Stärkemehl reicheren Kartoffeln concentrirtere Maischen herstellen können und damit
auch höhere Erträge vom Maischraume ziehen. So ergibt z.B. die Rechnung, daſs unter
den augenblicklichen Verhältnissen bei gleicher Spirituserzeugung bei Verarbeitung
von 17procentigen Kartoffeln der Betrieb für das Hektar um 176 M. theurer wird als
bei Verarbeitung von 20procentigen Kartoffeln und daſs bei Verarbeitung von an
Stärkemehl ärmeren Kartoffeln eine Rente nur bei sehr hohen Spirituspreisen
herauszurechnen ist. Für die Brennerei ist daher die Beschaffung eines an Stärkemehl
möglichst reichen Materials anzustreben.
Das Endziel bleibt natürlich immer die Gewinnung von recht viel und dabei an Stärke
sehr reichen Kartoffeln. Zur Erreichung dieses Zieles sind die zweckmäſsige Auswahl
der für die betreffenden Verhältnisse geeignetsten Art
und andererseits die Kulturmethode die Hilfsmittel. In
Betreff der Arten sind in den letzten Jahren durch die
Züchtung so bedeutende Fortschritte gemacht, daſs die Vereinigung von hohem Ertrage
mit hohem Stärkegehalte durchaus kein Widerspruch ist. Man muſs jedoch bei Auswahl
der Art auf klimatische sowie Boden- und Kulturverhältnisse gebührend Rücksicht
nehmen, da gerade die Kartoffel eine gegen solche Einflüsse in hohem Grade
empfindliche Pflanze ist. Beim Uebergange zu einer neuen Art ist es daher
Grundbedingung, daſs ein Jeder durch selbst ausgeführte Versuche sich die für seine
Verhältnisse geeignetste Sorte ausmittle. Die Hilfsmittel, welche die Kultur
zur Erzeugung an Stärkemehl reicher Kartoffeln bietet, faſst Maercker kurz in folgenden Satz zusammen: Man vermeide die Ueberdungung
mit Stickstoff, gebe soviel Phosphorsäure, als nöthig ist, und vermeide die
unmittelbare Anwendung von Kalisalzen für die Kartoffel. (Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1886 S. 204.)
Behandlung des Topinambur mit Schwefligsäure zur
Traubenzuckerfabrikation für Brennerei- und Brauereizwecke o. dgl. Champy et fils in Antwerpen (D. R. P. Nr. 35825 vom 14. November 1885) verwenden
reine oder mit Kohlensäure oder Stickstoff gemengte Schwefligsäure, um die in dem
Topinambur enthaltenen oder aus demselben gezogenen Säfte gleichzeitig zu klären, zu
reinigen, zu entfärben und in Zucker überzuführen.
Die Frage, ob ein Zusatz von Melasse zur Verarbeitung von
Kartoffeln auf Spiritus vortheilhaft ist, wird in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1885 S. 10 von W. dahin beantwortet, daſs ein solcher Zusatz für an
Stärkemehl arme Kartoffeln sich empfiehlt, um dadurch die Concentration der Maische
auf 24° zu erhöhen.
Untersuchungen von Stingl, Gruber und Morawski über die Verwendung der Sojabohne in der Spiritus- und Preſshefefabrikation führten nach der
Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1886 S. 352 zu
folgenden Ergebnissen: 1) Durch das vorhandene sehr wirksame diastatische Ferment
übertrifft die Sojabohne in Bezug auf verzuckernde Kraft jede bisher bekannte
Rohfrucht. 2) Dieses Ferment verwandelt, wenn die Bohnen in kleinen Mengen verwendet
werden, etwa ⅔ des angewendeten Stärkemehles in Zucker und etwa ⅓ in Dextrin. Es
ähnelt in dieser Beziehung dem diastatischen Ferment der Gerstenrohfrucht und
unterscheidet sich wie dieses von dem Enzym des
Gerstenmalzes, welch letzteres um so mehr Dextrin und um so weniger Zucker bildet,
je kleiner die Menge des Malzes im Vergleiche zur Stärkemenge ist, auf welche
dasselbe einwirken soll. 3) Die Sojabohnen enthalten nur sehr wenig Dextrin. Die für
Dextrin gehaltenen Extractivstoffe sind ein Gemisch verschiedener Zuckerarten,
welche in der Menge von etwa 12 Proc. in der Sojabohne vorkommen und durch leichte
Vergährbarkeit ausgezeichnet sind. 4) Durch das Vorhandensein des kräftig wirkenden
diastatischen Fermentes kann der geringe Gehalt der Sojabohne an Stärkemehl erklärt
werden, sowie das Vorkommen des letzteren in so kleinen Körnern, daſs die gröſsten,
wie Meiſsl und Becker
angeben, die Bruchstücke der Reisstärke an Gröſse nicht erreichen.Ueber Verwendung von Kürbis in
Spiritusbrennereien, vgl. R. Ulbricht 1886 259 523.
Ueber beregnete und nicht beregnete Gerste. Nach
früheren Untersuchungen von Lauenstein und MaerckerVerhandlungen des Vereins zur Beforderung der
Landwirthschaft, 1877/8 Bd. 38. Vgl. auch Maercker: Handbuch der Spiritusfabrikation, 4. Auflage S.
71. ist bekannt, daſs die Gerste durch das Beregnen hauptsächlich in der Keimfähigkeit
geschädigt wird; denn es keimten z.B. von der normalen Gerste 98 Proc., von der
begegneten aber nur 45 Proc. Die chemische Untersuchung ergab, daſs durch das
Beregnen und Auswachsen eine Zunahme der in Wasser löslichen Bestandtheile
stattfindet, während der Gehalt an Stärkemehl abnimmt, und endlich, daſs gerade auch
die Stickstoffhaltigen Stoffe eine tief eingreifende Veränderung erleiden, indem
eine nicht unbeträchtliche Abnahme sowohl an löslichem wie unlöslichem Eiweiſs,
dagegen eine sehr erhebliche Zunahme an amidartigen Verbindungen nachgewiesen wurde.
Alle diese Beobachtungen finden eine Bestätigung durch neuere Untersuchungen von Fr. Farsky, mitgetheilt im 5.
Berichte über die Thätigkeit der landwirthschaftlich-chemischen Versuchsstation
in Tabor (1886). Verfasser benutzte reif geschnittene Probsteier Gerste,
von welcher ein Theil trocken eingefahren war, während ein anderer 8 Tage bei
Regenwetter auf dem Acker ausgebreitet lag. Die gesunden Körner ergaben eine
Keimfähigkeit von 98 Proc., die beregneten und zum Theile ausgewachsenen nur von 45
Proc. Die chemische Untersuchung ergab an in Wasser löslichen Bestandtheilen bei der
normalen Gerste 8,40 Proc., bei der beregneten 13,99 Proc.Eine bedeutende Zunahme
zeigte der Gehalt an Maltose, nämlich 1,56 bezieh. 4,27 Proc. Bei den Stickstoff
haltigen Stoffen trat besonders eine bedeutende Zunahme des Amidstickstoffes hervor;
derselbe betrug, auf Gesammtstickstoff bezogen, bei der normalen Gerste 1,5 Proc.,
bei der beregneten 20,0 Proc.Das lösliche Eiweiſs hatte eine Abnahme von 4,52 auf
2,77 Procent des Gesammtstickstoffes erfahren, ebenso die unlöslichen Eiweiſsstoffe,
in welcher Form vom Gesammtstickstoff in der normalen Gerste 93,33, in der
beregneten 76,69 Proc.vorhanden waren.
Im Anschlusse an diese Versuche berichtet Farsky an
derselben Stelle über weitere Arbeiten, welche die Frage entscheiden sollten,
wodurch sich ausgewachsene Gerste von Normalmalz
unterscheidet. Die Untersuchung wurde mit gut entwickelter Chevalier-Gerste
ausgeführt, von welcher ein Theil unberegnet, ein anderer während des Regens
eingefahren war, während ein dritter Theil durch Besprengen mit Wasser zum
Auswachsen gebracht wurde. Es wurde nun aus den so gewonnenen Gersten sowohl
Grünmalz, wie Darrmalz dargestellt und sämmtliche Proben wurden einer eingehenden
Prüfung unterzogen, welche sich auf eine Trennung der verschiedenen
Stickstoffverbindungen sowie auch der Glieder der Kohlehydratgruppe erstreckte. Aus
den analytischen Wahlen ergibt sich Folgendes.
Beim Beregnen der Gerste findet ein Verlust an Stickstoff haltigen Bestandtheilen
statt, während beim üblichen Einweichen der Gerste ein solcher Verlust gar nicht
oder doch nur in sehr geringem Grade auftrat. Durch das Beregnen fand eine Zunahme
an Ammoniakstickstoff statt, bei der Malzerzeugung ist dies nicht der Fall. Durch
das Beregnen erfahren die
Amidverbindungen eine bedeutende Zunahme- besonders ist das aus beregneter Gerste
dargestellte Malz sehr reich an diesen Körpern. Sehr tiefgreifend verändert wird
durch das Beregnen das Fett: das Malz aus beregneter Gerste enthielt um etwa 10
Proc. weniger Fett als das normale Malz. Die Stickstoff freien Stoffe erleiden einen
Verlust, welcher um so gröſser wird, je länger die Dauer der Einwirkung des
Regenwassers ist, indem sich lösliche Verbindungen bilden, welche ausgelaugt werden-
selbst der Gehalt an Holzfaser hatte durch das Beregnen eine Verminderung erfahren.
Die gesunde Gerste lieferte 130 Proc. Grünmalz und 88 Proc. Darrmalz, die beregnete
gab 90,4 Proc. keimfähige und 9,6 Proc. unkeimfähige Waare.
Für das Weichen der Gerste im Quellstock wird in der Zeitschrift für Spiritus- und Preſshefeindustrie, 1886
S. 113 eine Vorrichtung empfohlen, welche eine gleichzeitige Lüftung der Gerste
ermöglicht, was erhebliche Vortheile haben soll, so u.a. auch den, daſs das Quellen
bis zum Beginne des Keimens ausgedehnt werden kann. (Vgl. auch Hackmann 1886 262 *
263.)
Der Einfluſs von stehendem und flieſsendern Wasser auf das
Weichen wird in der Allgemeinen Zeitschrift für
Spiritus- und Preſshefeindustrie, 1886 S. 159 kurz erörtert, wonach die
Anwendung von strömendem Wasser keine besonderen Vortheile gegenüber stehendem
Wasser bietet, mitunter sogar nachtheilig wirken kann und deshalb., wenn überhaupt,
stets nur vorübergehend, etwa in höchstens ½stündiger Dauer, zur Anwendung kommen
soll.
Die Trennung klein- und groſskörniger Gerste bei der
Malzbereitung, insbesondere bei der Erzeugung von
Darrmalz, wird in Anbetracht dessen, daſs die kleinen und groſsen Körner in
Bezug auf die ausziehende Wirkung des Wassers sich sehr verschieden verhalten, zur
Erzielung eines gleichmäſsigen Malzes in der Zeitschrift für
Spiritus- und Preſshefeindustrie, 1886 S. 254 empfohlen.
(Fortsetzung folgt.)
A. Morgen.